Irreführung durch "eUVP **DM ... Sie haben gespart; DM ..."
Gericht
OLG Frankfurt a.M.
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
11. 04. 2002
Aktenzeichen
6 U 31/01
Der empfohlene Preis wird vielfach mit Abkürzungen wie "UVP" bezeichnet. Im Hinblick darauf versteht der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher bei der Werbung "eUVP DM ..., Sie haben gespart; DM ..." die Abkürzung "eUVP" als eine Variante, mit der die derzeitige Herstellerempfehlung bezeichnet werden soll.
Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher versteht unter "eUVP" dagegen nicht: "ehemalige unverbindliche Preisempfehlung".
Es ist daher irreführend i.S.d. § 3 UWG, wenn bei Preisangaben mit der Abkürzung "eUVP" geworben wird, wenn die zugrunde liegende Preisempfehlung des Herstellers nicht mehr aktuell ist und dem Verbraucher somit ein tatsächlich nicht vorhandener Preisvorteil vorgetäuscht wird.
Die Irreführungsgefahr wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die irreführende Angabe einen Sternchenhinweis enthält, mit welchem über die tatsächliche Bedeutung der Abkürzung (eUVP = ehemalige unverbindliche Preisempfehlung) aufgeklärt wird, wenn der Verbraucher - wie vorliegend - in diesem Verweis eine bloße Erläuterung vermutet, nicht dagegen annimmt, die Angabe werde dort berichtigt.
Tatbestand:
...
Die Beklagte betreibt den Einzelhandel mit Elektrogeräten. Sie warb in Zeitungsbeilagen für das Philips-Navigationssystem Carin SY 522 und für die Krups Kompakt Aroma 130 Kaffeemaschine jeweils mit der unter dem Preis in einem orangefarben unterlegten Kästchen zusätzlich angebrachten Angabe
"eUVP **DM ...
Sie haben gespart; DM ...".
Am oberen rechten Rand der zeitungsgroßen Beilagenseiten findet sich der kleingedruckte vertikale Hinweis
"**eUVP = ehemalige unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers".
...
Entscheidungsgründe:
...
Dem Kläger steht - wie das Landgericht mit Recht angenommen und der erkennende Senat bereits nach Erlass des angefochtenen Urteils im vorausgegangenen Eilverfahren (6 U 221/00) mit Urteil vom 22.03.2001 (OLG-Report 2001, 165 = GRUR-RR 2001, 242) ausgeführt hat - der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 13 II Nr. 3 UWG zu.
Die in ihrer konkreten Gesamtgestaltung angegriffene Werbung enthält irreführende (§ 3 UWG) Angaben über die Preisgestaltung, da sie beim durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der das Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt (vgl. hierzu BGH WRP 2002, 81, 84 - Anwalts- und Steuerberatung; BGH WRP 2001, 1286, 1289 - Mitwohnzentrale; BGH WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster) die unzutreffende Vorstellung hervorrufen kann, bei dem dem verlangten Preis gegenübergestellten, als "eUVP" bezeichneten höheren Preis handele es sich um den aktuellen vom Hersteller empfohlenen Preis.
Im Einzelhandel besteht inzwischen die verbreitete Übung, in der Werbung den eigenen Preis dem höheren, vom Hersteller empfohlenen Preis gegenüberzustellen. Dabei wird der empfohlene Preis vielfach mit Abkürzungen wie "UVP" bezeichnet. Im Hinblick darauf versteht der Durchschnittsverbraucher im vorliegenden Fall die Abkürzung "eUVP" lediglich als eine Variante, mit der ebenfalls die derzeitige Herstellerpreisempfehlung bezeichnet werden soll. Dies drängt sich vor allem deswegen auf, weil die Abkürzung ohne weiteres als "empfohlener unverbindlicher Preis" gelesen werden kann. Dagegen ist die Überlegung, der Buchstabe "e" in der Abkürzung könne für "ehemalig" stehen, im vorliegenden Fall deswegen fernliegend, weil der zugleich gegebene Hinweis "Sie haben gespart: DM ..." zusätzlich einen aktuellen Preisvorteil vorspiegelt, der nur bei dem Vergleich mit einer derzeit noch bestehenden Preisempfehlung vorhanden ist.
Diese auf der allgemeinen Lebenserfahrung beruhende Feststellung kann der Senat, dessen Mitglieder zum angesprochenen Verkehrskreis gehören, selbst treffen. Die demgegenüber von der Beklagten aufgestellte Behauptung, "eUVP" habe sich im Verkehr als Abkürzung für "ehemalige unverbindliche Preisempfehlung" durchgesetzt, ist durch nichts belegt; die Beklagte hat - worauf der Kläger mit Recht hingewiesen hat - kein Beispiel dafür vorgelegt, dass ein anderes Unternehmen diese Abkürzung entsprechend verwendet.
Der Irreführungsgefahr, die von den hervorgehobenen Angaben in dem orangefarben unterlegten Kästchen ausgeht, wird auch nicht dadurch hinreichend entgegengewirkt, dass die Abkürzung, "eUVP" mit einem Doppelsternchen versehen ist, welches am oberen rechten Rand der Werbebeilage mit dem kleingedruckten, vertikalen Hinweis "**eUVP = ehemalige unverbindliche Preisempfehlung" erläutert wird. Der Sternchenhinweis nimmt selbst nicht am Blickfang teil und wird daher nicht ohne weiteres beim Lesen des orangefarben unterlegten Kästchens wahrgenommen (vgl. hierzu BGH WRP 2000, 1248, 1251 - Computerwerbung, m.w.N.). Derartige abgesetzte, der hervorgehobenen Basisangabe nicht unmittelbar zugeordnete Sternchenhinweise sind zwar grundsätzlich ein wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstandendes Mittel, um die Basisangabe zusätzlich zu erläutern. Vermittelt dagegen in einem solchen Fall die Basisangabe bereits aus sich heraus beim Leser eine bestimmte - unrichtige Vorstellung, ist auch ein Sternchenhinweis, mit dem die in der Basisangabe gemachte Aussage nicht erläutert, sondern berichtigt werden soll, in der Regel ungeeignet, die Irreführungsgefahr zu beseitigen. Denn wenn der Leser der Werbung meint, den Aussagegehalt der hervorgehobenen Basisangabe bereits vollständig erfasst zu haben, wird er im allgemeinen keinen Anlass sehen, sich überhaupt noch mit dem Sternchenhinweis zu befassen, da er von ihm jedenfalls keine Korrektur der bereits mit dem Blickfang erhaltenen Information erwartet. Dies gilt jedenfalls bei Werbemitteln wie Anzeigen oder Zeitungsbeilagen, mit denen sich selbst der aufmerksame Verbraucher vergleichsweise flüchtig beschäftigt.
Im vorliegenden Fall geht der Leser der beanstandeten Werbung davon aus, dass das Doppelsternchen an der Abkürzung "eUVP" ihn lediglich zu einer Erläuterung darüber führen wird, was er aus den oben bereits genannten Gründen der verwendeten Abkürzung ohnehin schon entnommen zu haben glaubt, nämlich dass es sich hierbei um die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers handelt. Dagegen rechnet er nicht damit, dass damit lediglich die frühere Preisempfehlung gemeint sein könnte. Ungeachtet des vollständigen und zutreffenden Inhalts des Sternchenhinweises bleibt die durch die Basisangabe bereits hervorgerufene Fehlvorstellung daher bestehen. Unter diesen Umständen kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob eine Irreführungsgefahr nach § 3 UWG bereits dadurch begründet werden kann, dass eine lediglich missverständliche Blickfangangabe den Werbeadressaten dazu veranlasst, sich näher mit dem weiteren Inhalt der Werbung zu befassen, der ihn sodann zutreffend aufklärt.
Die hervorgerufene Fehlvorstellung führt auch zu einer relevanten Irreführung i.S.v. § 3 UWG. Die Differenz zwischen den beiden genannten Preisen lässt das Angebot der Beklagten wesentlich günstiger erscheinen, wenn es sich - wie der Leser meint- bei dem höheren Preis um die aktuelle und nicht nur um eine frühere Preisempfehlung des Herstellers handelt. Zwar kann grundsätzlich auch die dem verlangten Preis gegenübergestellte ehemalige Preisempfehlung dem Verkehr als sachgerechte Orientierungshilfe zur Einschätzung der Preiswürdigkeit dienen (BGH WRP 2000, 383, 385 ehemalige Herstellerpreisempfehlung). Eine entsprechende Werbung ist jedoch irreführend, wenn sie wie hier - vom Verkehr fälschlicherweise als Hinweis auf die derzeit verlangte Preisempfehlung verstanden wird und ihr damit der Charakter eines aktuellen Preisvergleiches beigemessen wird.
Der beanstandete Wettbewerbsverstoß berührt im Hinblick auf Art und Bedeutung der hervorgerufenen Irreführung wesentliche Belange der Verbraucher (§ 13 II Nr. 3 UWG).
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