Lebensgefährtin des Bundesaußenministers: Unterscheidung zwischen Gerücht und offener Frage

Gericht

LG Berlin


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

18. 12. 2003


Aktenzeichen

27 O 771/03


Leitsatz des Gerichts

  1. Eine unrichtige Altersangabe in einem Pressebericht genießt nicht den Schutz der durch Art. 5 Abs.1 GG gewährleisteten Meinungsäußerungsfreiheit.

  2. Bei der Ankündigung, eine Person werde an einem bestimmten Ereignis „angeblich“ teilnehmen, handelt es sich nicht um eine sog. „offene“ Frage, die nicht einen eigenen Entschluss des Betroffenen zum Gegenstand hat, sondern um die nicht verifizierte und rechtswidrige Wiedergabe eines Gerüchts.

Tenor

  1. Die einstweilige Verfügung vom 13. November 2003 wird bestätigt.

  2. Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Antragstellerin macht im einstweiligen Verfügungsverfahren einen äußerungsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

Die Antragsgegnerin verlegt die Zeitschrift ..., in deren Ausgabe Nr. 45/2003 sie die Antragstellerin wie folgt als neue Freundin von Außenminister Fischer vorstellte:

...

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, dass sie - was unstreitig ist - nicht 25 Jahre, sondern 28 Jahre alt sei und dass sie sich in Wahrheit auch zu keinem Zeitpunkt mit der Absicht getragen habe, den Außenminister zum Bundespresseball zu begleiten.

Sie hat am 13. November 2003 eine einstweilige Verfügung der Kammer erwirkt, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden ist,

zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:

"... Minu (25). Beim Bundespresseball am 14.11. wird die Studentin und Mutter einer kleinen Tochter angeblich in die Gesellschaft eingeführt."

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.

...

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung ist gemäß §§ 925, 936 ZPO zu bestätigen, weil sie zu Recht ergangen ist.

...

2. Der Antrag ist auch in der Sache begründet.

...

b) Die Ankündigung, beim Bundespresseball am 14. November werde die Antragstellerin angeblich in die Gesellschaft eingeführt, war gleichfalls unzutreffend, weil die Antragsgegnerin mit ihrer Formulierung nicht eine offene Frage in den Raum gestellt hat, sondern einen vermeintlichen Entschluss der Antragsstellerin kolportiert hat, den diese in Wahrheit nicht gefasst hatte. Mit dem eingeschobenen Wort "angeblich" hat die Antragsgegnerin zwar zum Ausdruck gebracht, dass sie sich auf die Erkenntnisse Dritter stützen müsse, die sie nicht habe verifizieren können. Damit hat sie die weitergetragene Behauptung aber nicht in Frage gestellt, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, dass es sich um ein Gerücht handele. Da sie dieses Gerücht weiterverbreitet hat, ist sie dafür auch verantwortlich (vgl. Prinz/Peters, Medienrecht, Rdnr. 39).

Die gegen die zum Zwecke der Glaubhaftmachung eingereichte eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin erhobenen Bedenken sind auch in diesem Fall ohne Bedeutung, weil die Antragsgegnerin nicht in Abrede stellt, dass die Antragstellerin selbst zum Zeitpunkt ihrer Berichterstattung den Bundespresseball nicht besuchen wollte.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO.


Mauck
von Bresinsky
Richterin am Landgericht Gollan ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Mauck

Rechtsgebiete

Presserecht