Fristlose Kündigung einer Neubau-Mietwohnung wegen erheblichen Mängeln
Gericht
AG München
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
03. 02. 2003
Aktenzeichen
453 C 16422/02
Auch wenn eine Mietwohnung als "Neubau Erstbezug" vermietet wird, so ist eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses durch den Mieter nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB dann gerechtfertigt, wenn das Anwesen zum Zeitpunkt des vereinbarten Bezugstermins den Charakter einer Baustelle aufweist.
Provisorien hinsichtlich des Hauszugangs, ein stehendes Gerüst, eine provisorische Briefkastenanlage und Müllentsorgung stellen erhebliche Mängel dar, die die fristlose Kündigung rechtfertigen.
Endurteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen samtverbindlich die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die Beklagten in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Mietzinsforderungen.
Mit Mietvertrag vom 1.2.2002 vermieteten die Kläger an die Beklagten eine Wohnung im Anwesen ... in München. Der ursprünglich geplante Mietbeginn zum 1.3.2002 wurde einvernehmlich auf den 1.4.2002 abgeändert. Es handelte sich um einen Neubau. Am 30.3.2002 sprachen die Beklagten die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus, die allerdings von den Klägern nicht akzeptiert wurde. Die Kläger akzeptierten die Kündigung zum 30.6.2002 und verlangen mit der Klage Mietzins für die Monate April, Mai und Juni 2002.
Die Kläger tragen vor, den Beklagten war bekannt gewesen, daß die ursprünglich geplante Bezugsfertigkeit zum 1.3.2002 nicht eingehalten werden konnte, so daß der Mietbeginn auf den 1.4.2002 abgeändert werden musste. Ein Grund für die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses habe nicht vorgelegen. Zum 1.4.2002 sei die Wohnung bezugsfertig gewesen. Lediglich die Außenanlagen seien noch nicht fertiggestellt gewesen. Eine fristlose Kündigung sei daher nicht möglich gewesen. Die monatlich vereinbarte Gesamtmiete von EUR 2.111,-- sei für die drei streitgegenständlichen Monate zu bezahlen.
Die Kläger beantragen:
Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an die Kläger EUR 6.333,-- nebst Zinsen aus jeweils EUR 2.111,-- in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 5.4., 7.5., sowie 5.6.2002 zu zahlen.
Die Beklagten tragen samtverbindlich die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagten beantragen
Klageabweisung.
Die Beklagten tragen vor, der vertragsgemäße Gebrauch sei nicht rechtzeitig gewährt worden. Sie hätten daher die streitgegenständliche Wohnung nicht bezogen. Die Beklagten hätten ursprünglich zum 1.5.2002 die Wohnung anmieten wollen, dies sei jedoch von der Maklerin L nicht akzeptiert worden, da die Kläger bereits zum 1.3.2002 vermieten wollten. Letztlich hätten die Beklagten einer Verlegung des Bezugstermins auf den 1.4.2002 zugestimmt. Eine Fertigstellung zum 1.4. sei Grundlage für das Festhalten am Vertrag seitens der Beklagten gewesen. Am 22.3. hätten die Beklagten zusammen mit der Maklerin der Zeugin L, dem Hausverwalter Herr S und dem Projektleiter H die Baustelle besichtigt und festgestellt, daß das Gebäude ein Gerüst an der Außenfassade aufwies, der Außenanstrich fehlte, ebenso Klimaanlagen, Mülltonnen und Briefkästen, das Gebäude sowie die Tiefgarage nur über lockeren Kieselboden zu erreichen war, das Treppenhaus nicht gestrichen, die wände Risse und Einkerbungen aufwiesen, der Boden mit Dreck und einer dicken Staubschicht bedeckt sei, im Schlafzimmer eine Scheibe kaputt, die Duschkabine fehlte und der Balkon lediglich rohbaumäßig vorhanden gewesen sei.
Es seien außerdem noch zahlreiche Handwerker im Anwesen beschäftigt gewesen, die erheblichen Schmutz und Lärm verbreitet hätten.
Am 30.3. sei der Zustand gegenüber dem Besichtigungstermin vom 23.3. unverändert gewesen. Auch in der Folge sei der Zustand nicht wesentlich verändert gewesen. Am 6.5. sei das Gerüst teilweise entfernt gewesen, nicht jedoch im Bereich der streitgegenständlichen Wohnung. Am 22.5. sei der Eingangsbereich immer noch eine Baustelle gewesen.
Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Schriftsätze mit Anlagen, insbesondere die durch die Beklagten übergebenen Fotos Bezug genommen.
Gemäß Beweisbeschluß vom 10.10.2002 hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L und S. Hinsichtlich des Beweisbeschlusses wird auf Bl. 85 der Akte, hinsichtlich der Aussagen der Zeugen auf das Protokoll vom 2.12.2002 (Bl. 91/95 der Akte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Erhebliche Mängel einer Mietsache können die fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB durch die Mieter rechtfertigen. Es kommt darauf an, ob derartige Mängel zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung, am 30.3.2003 vorgelegen haben. Dies hat die Beweisaufnahme in Verbindung mit den durch die Beklagten vorgelegten Fotos ergeben. Daß in der Anlage 1 zum Mietvertrag vom 1.2.2002 festgehalten ist, daß es sich um einen Erstbezug handle mit Mängeln durch Bauausfeuchtung (Bl. 24) rechtfertigt nicht die zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung vorliegenden Mängel. Es kommt auch nicht darauf an, ob tatsächlich Einzelheiten wie eine zerbrochene Scheibe oder eine fehlende Duschkabine vorgelegen haben. Entscheidend ist, daß das Anwesen zum 30.3. immer noch den Charakter einer Baustelle aufwies. Insoweit sagte die Zeugin L aus, daß man ins Haus nur über ein Brett gelangten konnte, die Mülltonnen seien erst im April gekommen, daß das Gerüst zu diesem Zeitpunkt stand, steht ebenfalls fest. Der Zeuge S bestätigte ebenfalls den baustellenartigen Charakter zum Zeitpunkt des 30.3. Allein daraus, daß die Beklagten auf Angaben des Zeugen S oder der Zeugin L, daß nicht sicher sei, daß das Gerüst zum 30.3. entfernt sei, nichts gesagt haben lässt sich ein Verzicht auf das Minderungsrecht nicht entnehmen. Provisorien hinsichtlich des Hauszugangs, ein stehendes Gerüst, eine provisorische Briefkastenanlage und Müllentsorgung stellen erhebliche Mängel dar, die die fristlose Kündigung rechtfertigen. Die von den Klägern geltend gemachten Mietzinsansprüche bestehen daher nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Wetekamp
Richter am Amtsgericht
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