Ermöglichung der Teilnahme an einem im Ausland erlaubten Glücksspiel
Gericht
OLG Hamburg
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
10. 01. 2002
Aktenzeichen
3 U 218/01
Man benötigt eine deutsche Erlaubnis, um in einem Internet-Dienst deutschen Nutzern die Möglichkeit des Wettens um Geld anzubieten, sofern der Dienst wesentlich auf deutsche Nutzer zugeschnitten ist. Wird Werbung für diese Möglichkeit gemacht, so ist dies nach § 284 Abs. 4 StGB strafbar.
Ohne dass weitere Umstände hinzukommen müssen, handelt es sich bei Verletzung der wertbezogenen Norm § 284 StGB um einen Wettbewerbsverstoß (§ 1 UWG).
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Antragstellerin betreibt im Internet unter ... einen Dienst, der es Nutzern ermöglicht, Tipps für das Gewinnspiel Lotto des Deutschen Lottoblocks und Wetten für Oddset, die Sportwette des Deutschen Lottoblocks, zur Weiterleitung an eine Lottoannahmestelle abzugeben. Eigene Glücksspiele bietet sie nicht an.
Die Antragsgegnerin hält als deutsche Konzernmutter unter anderem 51 % an der österreichischen Firma bet-at-home.com-GmbH (Anlage AS 2b). Diese betreibt unter www.bet-at-home.com einen Dienst, der den Abschluss von Sportwetten über das Internet ermöglicht. An den Wettspielen von bet-at-home.com können auch Deutsche teilnehmen. Die Kunden können z.B. auf den Ausgang von Fußballspielen, den Gewinner von Formel-I-Rennen und auf den nächsten Torschützen in einem Spiel wetten. Dazu müssen sie einen Wetteinsatz bezahlen. Der Teilnehmer kann den Wetteinsatz (auch für mehrere Wetten) entweder auf ein Wettkonto überweisen oder über Kreditkarte einziehen lassen. Gewinner der Wette erhalten Geldpreise (Anlage AS 3). Die bet-at-home.com-GmbH besitzt für ihre Tätigkeit eine österreichische Lizenz, aber für Deutschland weder eine Glücksspiellizenz noch eine Gewerbeerlaubnis zum Angebot von Glücksspielen.
Im Rahmen ihres Internet-Auftritts unter der Anschrift www.xxx.de weist die Antragsgegnerin an einigen Stellen auf die bet-at-home.com-GmbH hin. Das geschieht bei der Darstellung der Konzernstruktur und der Produktpalette (Anlage AS 2b und 10). Bis zur Abmahnung der Antragstellerin war das Firmenemblem der bet-at-home.comGmbH noch mit sog. "Links" unterlegt, die einen Aufruf von Angeboten dieser Firma ermöglichten. Weiterhin finden sich auf den Seiten der Antragsgegnerin verschiedene Pressemitteilungen, in denen in unterschiedlicher Weise auf das Angebot unter www.bet-at-home.com eingegangen wird (Anlage AS 11).
Zusammen mit der bet-at-home.com-GmbH betreibt die Antragsgegnerin darüber hinaus einen Sportinformationsdienst unter der Adresse "www.yyy.com" (Anlage AS 12), über die man durch ein "Link" zum von Antigua aus betriebenen Online-Glücksspiel "Casino On Net' gelangen kann. Auch dieses Spie) wurde von den örtlichen (antiguanischen) Behörden genehmigt, eine deutsche Lizenz gibt es nicht. Ein weiterer "Link" in der Rubrik "Sportwetten" führt von der Seite www.yyy.com direkt auf das Angebot von bet-at-home.com (Anlage AS 14).
Außerdem betreibt die bet-at-home.com-GmbH im Internet unter www.bet-at-home.de ein Angebot für Sportwetten, bei dem nicht um Geld gespielt wird, doch kann man über diese Seiten auf das Angebot der Dienste unter www.bet-at-home.com gelangen. Zudem wurden hier bis zur Abmahnung der Antragstellerin an verschiedenen Stellen Hinweise erteilt, in denen darauf aufmerksam gemacht wurde, daß Wetten mit "echtem Geld" unter www.bet-at-home.com platziert werden könnten (Anlagen AS 6 und 7).
Die Antragstellerin hat vorgetragen, die bet-at-home.com-GmbH habe als einziges Konzernunternehmen der Antragsgegnerin ihren Sitz in Österreich, um die Verfolgung wettbewerbsrechtlicher und strafrechtlicher Verstöße in Deutschland zu erschweren. Da es bei dem von der Antragsgegnerin beworbenen Dienst der bet-at-home.comGmbH um behördlich nicht genehmigtes Glücksspiel im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB gehe, sei ihr Verhalten nach § 284 Abs. 4 StGB unzulässig.
Das Landgericht hat der Antragsgegnerin verboten,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für den Abschluss von Sportwetten oder Glücksspielen mit Unternehmen, die über keine deutsche Erlaubnis für den Abschluss mit Sportwetten bzw. die Durchführung von Glücksspielen verfügen, zu werben, insbesondere über das Internet auf ein derartiges Unternehmen bzw. seine Internetadresse hinzuweisen bzw. auf dessen Internetangebot einen verweisenden Link zu setzen.
Im Widerspruchsverfahren hat sich die Antragsgegnerin damit verteidigt, daß die Hinweise auf das Angebot der bet-at-home.com-GmbH der sachlichen Information über den Konzern und dessen Struktur dienten, um die Anlegen, Gesellschafter und Gläubiger schnell zu informieren und Insidergeschäfte zu vermeiden. Sie habe auf das Angebot der bet-at-home.com-GmbH keinen Einfluß und und sei an der Gestaltung der Seiten unter www.....com oder www.bet-at-home.de nicht beteiligt. Sie liefere nur die Sportinformationen für die dortigen Nutzer. Im übrigen könne man auch die Dienste der Antragstellerin unter www.....de vom Ausland in Anspruch nehmen, obwohl sie dort über keine Genehmigungen verfüge.
Das Landgericht hat sein Verbot bestätigt. Hiergegen wendet sich die Berufung der Antragsgegnerin.
Auszüge aus den Gründen:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
I. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung zu Recht erlassen und bestätigt. Das gerügte Verhalten der Antragsgegnerin verstößt gegen das deutsche Strafrecht und damit gegen § 1 UWG.
Wie die Antragstellerin im Termin verdeutlicht hat, soll das Verbot nur dort gelten, wo das deutsche UWG anzuwenden ist, also im deutschen Inland. Es soll auch nur Verstöße erfassen, die sich aus dem bisherigen Auftreten des österreichischen Unternehmens im Internet ergeben, so daß der ursprünglich mit "insbesondere" eingeleitete Teil ihres Antrages nicht drei Unterfälle eines allgemein zu verbietenden Verhaltens bezeichnet, sondern konkretisiert, welche Art von Werbung sie meint. So wird deutlich, was der Begriff "werben" in dem Verbot umfaßt, denn es mag durchaus so sein, daß nicht jeder Hinweis auf ein derartiges Unternehmen bereits für dieses wirbt. Wenn aber der Hinweis die Art des Angebotes erkennbar macht, die das Angebot enthaltende Internetadresse nennt oder als "Link" dazu dient, auf das Angebot hinzuführen, kann er den Absatz des Unternehmens fördern und dafür werben.
Die Klarstellungen sind in der Fassung des Verbotes berücksichtigt (§ 938 ZPO). Nicht von dem Verbot erfaßt sind demnach solche Hinweise, die - etwa wenn eine Konzernstruktur dargestellt werden soll - ein derartiges Unternehmen nur in neutraler Form erwähnen, ohne dessen Angebot erkennbar zu machen oder unmittelbar zu seinem Angebot hinzuführen.
II. Die Antragsgegnerin verletzt § 1 UWG, weil sie entgegen § 284 Abs. 4 StGB für ein nach § 284 Abs. 1 StGB verbotenes Glücksspiel wirbt.
1. Die österreichische bet-at-home.com-GmbH verstößt gegen deutsches Strafrecht.
a. Dabei bedarf es letztlich keiner Entscheidung, ob ihr Angebot an § 284 Abs. 1 StGB oder § 287 Abs. 1 StGB zu messen ist, ob es sich hierbei also um ein Glücksspiel im engeren Sinne (so generell für Sportwetten OLG Köln, GRUR 2000, S. 538/539 - Sportwetten 11; Lackner/Kühl, StGB 23. Auflage 1999, § 284, Rn. 6) oder eine Lotterie (so Leipziger Kommentar/v. Bubnoff, a.a.O., § 284, Rn. 5) handelt. In keinem Fall geht es um bloße Geschicklichkeitsspiele, wie die Antragsgegnerin meint. Das Ergebnis des Spiels ist vom Teilnehmer nicht maßgeblich beeinflußbar, sondern es hängt für diesen wesentlich vom Zufall ab (Leipziger Kommentar/v. Bubnoff, a.a.O., § 284, Rn. 5 m.w.Nachw.; Lackner/Kühl, a.a.O., § 284, Rn. 6). Die Lotterie stellt nur eine besondere Form des Glücksspiels dar (BGHSt 34, 171/179). Der Schutzzweck beider Vorschriften ist identisch (BT/Drs. 13/8587, S. 67; BGHSt 11, 209/210; vgl. auch Schönke/Schröder-Eser/Heine, StGB, 26. Auflage, 2001, § 287, Rn. 1), und es ergeben sich somit auch hinsichtlich der Frage nach der Wettbewerbswidrigkeit von Verstößen keine Unterschiede. Das Werben ist sowohl für nicht genehmigte Lotterien nach § 287 Abs. 2 StGB als auch für nicht genehmigte Glücksspiele im engeren Sinne nach § 284 Abs. 4 StGB strafbar. Von einer weitgehenden Gleichbehandlung gehen auch die Gesetzesverfasser aus, wie sich an der Begründung zur Neuordnung der §§ 284 ff. StGB (BT/Drs. 13/8587, S. 67 f.) zeigt. Soweit vorliegend von einem Verstoß gegen § 284 Abs. 1 StGB die Rede ist, gilt gleiches auch für die Verletzung von § 287 Abs. 1 StGB.
b. Indem die bet-at-home.com-GmbH deutschen Nutzern die Möglichkeit eröffnet, Wetten im Rahmen des Dienstes bet-at-home.com zu plazieren, "veranstaltet" sie ein Glücksspiel auf deutschem Territorium, für das sie eine Erlaubnis benötigt. Ein Handlungsort dieses Verstoßes gegen § 284 Abs. 1 StGB liegt in Deutschland, was zu einer Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts gern. § 3 StGB führt.
Der Gesetzgeber ist bei der Reform der §§ 284 ff. StGB von einem weiten Veranstaltungsbegriff ausgegangen. Es genügt, daß beispielsweise durch die Zusendung von Teilnahmescheinen an deutsche Teilnehmer unmittelbar die Beteiligung Deutscher an dem Glücksspiel ermöglicht wird (BT-Drs. 13/8587, S. 67; 13/9064, S. 21; Senat, CR 2000, S. 385/386; OLG Köln, GRUR 2000, S. 538/539 Sportwetten 11; OLG Braunschweig, NJW 1954, S. 1777/1779; Schönke/Schröder-Eser/Heine, StGB, a.a.O., § 284, Rn. 12 und § 287 Rn. 15 f. mwN.). Wer Lotterien und Glücksspiele im Ausland veranstaltet und diese potentiellen Spielteilnehmern in Deutschland anbietet, soll bestraft werden, weil er damit sein Vertriebsgebiet ohne behördliche Erlaubnis nach Deutschland ausweitet (BT-Drs. 13/8587, S. 67). Der deutsche Gesetzgeber behält sich die Regelungsbefugnis für die Erteilung von Glücksspielgenehmigungen und für Verstöße gegen das Glücksspielgenehmigungsgebot auf dem eigenen Territorium damit ausdrücklich vor. Nach dem Willen des Gesetzgebers reicht für die Strafbarkeit nach § 284 Abs. 1 und § 287 Abs. 1 StGB, daß der Täter eine Beteiligung ermöglicht (BT/Drs. 13/9064, S. 21).
Eine solche Möglichkeit wird deutschen Staatsangehörigen durch das Angebot von bet-at-home.com eröffnet. Daß derartige über das Internet geschaffene Teilnahmemöglichkeiten für die Annahme eines Verstoßes gegen § 284 Abs. 1 StGB ausreichen, wurde vom Senat bereits entschieden (CR 2000, S. 385/386 - Golden Jackpot). Ebensowenig wie in jenem Fall kommt es vorliegend darauf an, ob von einem im Inland veranstalteten ausländischen Glücksspiel dann nicht auszugehen wäre, wenn sich das Angebot nicht gezielt an Inländer wenden würde und diese nur aufgrund der unbegrenzten Möglichkeiten, die das Internet bietet, Zugriff auf den Dienst haben und dabei möglicherweise sogar gegen das Interesse des Veranstalters verstoßen könnten. Unstreitig können und sollen Deutsche an den Spielen bei bet-athome.com teilnehmen. Der Dienst ist wesentlich auf den deutschen Nutzer zugeschnitten, wie sich aus en Anlagen Ast 3 und 4 in aller Deutlichkeit ergibt. Das Vorgehen der bet-at-home.com ist mit dem gezielten Anbieten eines Wettdienstes durch Druckmedien und dem Versenden von Wettscheinen in das Ausland und so mit der Konstellation, die der Entscheidung des OLG Köln "Sportwetten 11" zugrunde lag, durchaus vergleichbar.
Ist die "Veranstaltung" der Dienste von bet-at-home.com danach (auch) in Deutschland erfolgt, liegt hier ein Handlungsort. Auf den Standort des Servers kommt es nicht an.
c. Eine deutsche Genehmigung besitzt die bet-at-home.com GmbH unstreitig weder für eine Lotterie noch für ein sonstiges Glücksspiel. Sie handelt ohne behördliche Erlaubnis.
Eine andere Bewertung ist nicht geboten, weil die Gesellschaft im Besitz einer österreichischen Glücksspiellizenz ist, denn gerade die mit dem Internet einhergehenden Möglichkeiten grenzüberschreitender Angebote von Glücksspielen haben den Gesetzgeber zu einer Anpassung der §§ 284 ff. StGB bewogen. Ausländische Genehmigungen sollen gerade nicht ausreichen, um die Rechtmäßigkeit eines Glückspielangebotes in Deutschland zu begründen (OLG München, NJWE-WettbR 2000, S. 10/11). Dies würde auch dem ordnungspolitischen Zweck der Vorschrift zuwiderlaufen, wonach der Gesetzgeber in Erkenntnis der Sozialschädlichkeit unreglementierter Glücksspiele sich zum Schutze der Allgemeinheit die Entscheidung darüber vorbehält, staatliche Kontrolle über das Angebot von Glücksspielen auszuüben.
Aus der EU Richtlinie 2000/31/EG vom 8. Juni 2000 und dem hierauf beruhenden Entwurf für ein Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (EEG) ergibt sich nichts anderes, Nach § 4 Abs. 4 Ziff. 4 EEG sind die Glücksspiele von der Anwendung des Herkunftslandprinzips ausdrücklich ausgenommen.
2. Indem die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Internet-Auftritts auf das Angebot der bet-at-home-GmbH hinweist, verstößt sie gegen § 284 Abs. 4 StGB, da sie hiermit für ein nach § 284 Abs. 1 StGB unrechtmäßiges Angebot wirbt.
Das geschieht nicht nur dadurch, daß sie das Angebot dieser Firma darstellt. Sie wirbt auch für dieses Angebot, indem sie die Internetanschrift www.bet-at-home.com nennt, denn diese Anschrift enthält den Namen der Firma, der selbst den Unternehmensgegenstand unmißverständlich darstellt. Daß dies in englischer Sprache geschieht, ist unerheblich, denn für sein Verständnis genügen bereits geringe englische Sprachkenntnisse, die in breiten Kreisen der Bevölkerung und besonders bei Internetnutzern vorhanden sind. Nicht anders ist ein "Link" zu beurteilen, denn er zeigt jedem Kundigen, daß er nur zu klicken braucht, um nähere Aufschlüsse über das so erreichbare Unternehmen und sein Angebot zu erhalten. Diese Selbstverständlichkeit macht schon den Link als Werbung erkennbar. Sollte sich allerdings im Einzelfall wider Erwarten dahinter kein Angebot verbergen, hätte sich der Nutzer zwar geirrt, aber die Antragsgegnerin nicht gegen das Verbot verstoßen.
Auf Seiten der Antragsgegnerin ist auch Vorsatz zu bejahen. Sie macht zwar geltend, die Hinweise dienten der sachlichen Information über den Konzern und dessen Struktur, um die Anleger, Gesellschafter und Gläubiger schnell zu informieren und Insidergeschäfte zu vermeiden. Um das zu erreichen, braucht das Angebot nicht so umfassend dargelegt zu werden. Dies findet aber eine Erklärung in der Absicht, dem Nutzer den Weg zum Angebot der bet-at-home-GmbH zu ermöglichen. Unabweisbar wird dies durch das Einfügen von "Links", die den Zweck verfolgen, auf das Angebot des österreichischen Unternehmens hinzuführen, denn sobald dessen Leitseite auf diese Weise aufgerufen wird, ist das Unternehmen mit seinem Angebot präsent, ohne daß die Konzernangehörigkeit irgendeine Rolle spielen würde. Auf diesem Hintergrund waren sich die bei der Antragsgegnerin verantwortlich Handelnden bewußt, daß schon die Nennung der Internetanschrift eine werbende Wirkung hatte, denn es liegt auf der Hand, daß sich hinter einer solchen Anschrift ein Glücksspiel-Angebot verbirgt, und bei der Antragsgegnerin war bekannt, daß es sich auch wirklich so verhält.
Im übrigen war auf Seiten der Antragsgegnerin spätestens mit diesem Rechtsstreit und dem Urteil des Landgerichts bekannt, daß der Internetauftritt als Werbung gegen § 284 Abs. 4 StGB verstößt, ohne daß die Antragsgegnerin daraus irgendwelche rechtlich verbindlichen Konsequenzen gezogen hätte, denn es ist unerheblich, daß sie nach der Abmahnung auf Link-Verbindungen verzichtet hat, die Wiederholungsgefahr hätte sie nur durch eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung beseitigen können.
Inwieweit die Antragsgegnerin darüber hinaus auch als Störerin, insbesondere für das Angebot "...", haftet, kann unerörtert bleiben.
3. § 284 Abs. 4 StGB behindert nicht europarechtswidrig die europäische Dienstleistungsfreiheit
Nach der Rechtsprechung des EuGH (NJW 1994, S. 2013/2016, Rn. 61 - Schindler) obliegt die Entscheidung, wie weit ein Mitgliedstaat in seinem Gebiet den Schutz bei Lotterien und anderen Glücksspielen ausdehnen will, dem Ermessen der staatlichen Stellen. Hieran wird in der neueren "Zenatti-Entscheidung" ausdrücklich festgehalten. Eine damit verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit ist europarechtlich zulässig, wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt erscheint (GewArch 1999, S. 476/478, Rn. 30, 35). Hierzu zählt der Zweck der verletzten Norm, wie er oben dargelegt worden ist.
4. § 284 StGB ist eine wertbezogene Norm, deren Verletzung einen Wettbewerbsverstoß darstellt, ohne daß weitere Umstände hinzutreten müssen. Sie ist sowohl in ihrem Absatz 1 als auch in Absatz 4 Ausdruck eines sittlich-rechtlichen Gebotes (OLG Köln, GRUR 2000, 533/537 - Sportwetten 1), das dem Schutz der Allgemeinheit dient und sittlich-rechtliche Wertvorstellungen umsetzt, wie sich bei wertender Beurteilung ihres Schutzzweckes und ihrer Funktion ergibt (vgl. Köhler/Piper, UWG, 2. Auflage, 2001, § 1, Rn. 615).
§ 284 StGB soll nicht allein ein staatliches Glücksspielmonopol erhalten, um einen fiskalischen Nutzen zu wahren (dagegen auch Leipziger Kommentar/v. Bubnoff, StGB, 11. Auflage 1998, vor § 284, Rn. 7). Sein Hauptzweck ist, einen ordnungsgemäßen Spielablauf unter staatlicher Kontrolle zu gewährleisten und auf diese Weise die Bevölkerung davor zu bewahren, daß ihre natürliche Spielleidenschaft ausufert und zu privaten oder gewerblichen Zwecken ausgenutzt wird. Deshalb soll die Erlaubnispflicht eine übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen unterbinden (vgl. Gesetzesbegründung zur Novelle der §§ 284 ff. StGB, BT-Drs. 13/8587, S. 67; Tröndle/Fischer, STGB, 50. Auflage 2001, § 284, Rn. 1; Leipziger Kommentar/v. Bubnoff, a.a.O.). So wird verhindert, daß eine menschlichen Schwäche, die Spielleidenschaft, Existenzen gefährdet und zum Gegenstand ungesteuerten Gewinnstrebens gemacht wird, das diese Schwäche sozialschädlich ausbeutet (BVerwG, NJW 2001, S. 2648 (2648); OLG Köln, GRUR 2000, S. 533/537 - Sportwetten 1).
Diese Erwägungen gelten auch für § 284 Abs. 4 StGB. Diese Vorschrift bringt das Streben des Gesetzgebers zum Ausdruck, das sozialschädliche Ausnutzen der Spielleidenschaft zu unterbinden, indem selbst das Bewerben und damit die Möglichkeit, verstärkt die Aufmerksamkeit auf nach § 284 Abs. 1 StGB illegale Angebote von Glücksspielen zu lenken, als rechtswidrig geahndet wird. Damit begegnet der Gesetzgeber der erhöhten abstrakten Gefahr für die Allgemeinheit, die die Online-Technologie mit sich bringt, weil das Angebot ausländischer Glücksspielanbieter auf diesem Wege leichter erreichbar geworden ist (Gesetzesbegründung zum 6. StrRG vom 26. Januar 1998, BT-Drs. 13/9064, S. 20 f.). Zudem läßt sich mit multimedialer Digital-Technik eine große Variationsbandbreite denkbarer Spielkonzepte mit hoher Anziehungskraft entwickeln und an weite Teile der Bevölkerung vermitteln. Dieser quantitativ und qualitativ erhöhten Suggestion von Glücksspielen, die ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Gefahren für die Bevölkerung dem Gewinnstreben einzelner dienen, wird auf diese Weise entgegengewirkt.
Das Werben wird zwar hinsichtlich des Unrechtsgehalts nicht dem Angebot eines Glücksspiels gleichgestellt, wie die niedrigere Strafandrohung des § 284 Abs. 4 StGB zeigt; das Verbot trägt aber der verstärkten Schutzbedürftigkeit der Allgemeinheit aufgrund der neuen Online-Technologien Rechnung. Nach der Begründung der Gesetzesverfasser wurde diese Vorschrift gerade eingeführt, um die Werbung für in Deutschland nicht genehmigte Glücksspiele aus dem Ausland über das Internet zu verhindern (BT-Drs. 9064, S. 21). Das Rechtsschutzziel des § 284 Abs. 4 StGB entspricht dabei vollständig dem des § 284 Abs. 1 StGB, nur daß der Schutz auf einer anderen - vorgelagerten - Ebene greift, um eine sozialschädlichen Ausweitung der Zugriffsmöglichkeiten auf private, illegale Glücksspiele zu unterbinden. Das Unwerturteil, das durch § 284 Abs. 1 StGB über das Angebot von ungenehmigten Glücksspielen ausgesprochen wird, erstreckt sich nach § 284 Abs. 4 StGB auch auf die Förderung solcher Veranstaltungen.
Liegt danach ein Verstoß gegen § 284 Abs. 4 StGB und somit auch gegen das hier geregelte sittlich-rechtliche Gebot vor, ist eine solche Zuwiderhandlung als unlauter im Sinne des § 1 UWG anzusehen.
5. Der Einwand der unclean hands greift nicht, da durch die unerlaubte Werbung für ungenehmigte Glücksspielangebote in Deutschland Interessen der Allgemeinheit betroffen sind, die der Mitbewerber wahrnimmt (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, 2001, Einl. UWG, Rdnr. 449). Es steht der Antragsgegnerin frei, sich mit den gleichen Mitteln gegen etwaige Verstöße der Antragstellerin zu wehren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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