Abschleppen eines verbotswidrig geparkten Pkw bei Hinterlassen der Handynummer

Gericht

OVG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

14. 08. 2001


Aktenzeichen

3 Bf 429/00


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bekl. wandte sich gegen die Aufhebung eines Gebührenbescheids über Abschleppkosten.

Der Kl. parkte am 25. 1. 1999 seinen Pkw in der M.-Str. vor einer Bordsteinabsenkung, an der ein Fußweg einmündet. Ein Bediensteter der Bekl. veranlasste das Abschleppen des Fahrzeugs durch ein privates Unternehmen. Mit Bescheid vom 24. 3. 1999 machte die Bekl. für das Beiseiteräumen des Fahrzeugs Kosten in Höhe von 173,10 DM geltend. Zur Begründung hieß es, das Fahrzeug habe von 11.25 Uhr bis 11.32 Uhr vor jener Bordsteinabsenkung geparkt und den Durchgang für die Fußgänger blockiert. Der Kl. legte Widerspruch ein, den er im Wesentlichen damit begründete, er habe dort nur weniger als zehn Minuten geparkt. Nachweisbar sei es zu keiner Behinderung gekommen. Der Fußweg werde angesichts der vorhandenen sehr gut ausgebauten Geh- und Radwege nur außerordentlich selten genutzt und sei nicht einmal mehr in dem aktuellen Straßenplan eingezeichnet. Im Übrigen habe er auf dem Armaturenbrett des Fahrzeugs einen etwa 10 × 10 cm großen Zettel mit der Aufschrift „Bei Störung bitte anrufen, komme sofort“ und der Rufnummer seines tragbaren Telefons ausgelegt. Auf eine telefonische Nachricht hin hätte er sein Fahrzeug in weniger als einer halben Minute entfernt. Mit Bescheid vom 16. 12. 1999 wies die Bekl. den Widerspruch zurück: Das Fahrzeug sei im Wege der unmittelbaren Ausführung gem. § 7 I HbgSOG zu Recht beiseite geräumt worden. Der Kl. habe gem. § 7 III HbgSOG für die entstandenen Kosten wie für die Kosten einer Verwaltungsvollstreckung einzustehen. Er habe das Fahrzeug unter Verstoß gegen §§ 1 II , 12 III Nr. 9 StVO geparkt. Nach einer Stellungnahme des zuständigen Polizeireviers werde der Fußweg dort häufig genutzt, und es sei durch das geparkte Fahrzeug zu diversen Behinderungen gekommen. Der im Wagen ausgelegte Zettel habe nach der einschlägigen Rechtsprechung keine Nachforschungspflicht ausgelöst. Die auch der Höhe nach rechtmäßigen Kosten setzten sich zusammen aus dem Werklohn des Abschleppunternehmers (100,36 DM), einer Personalkostenpauschale (57 DM) und einem auf die Summe erhobenen Gemeinkostenzuschlag von 10%. Mit seiner Klage hat der Kl. im Wesentlichen vorgetragen: Das Abschleppen des von ihm geparkten Fahrzeugs habe gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Der Gehweg, vor dessen Einmündung das Fahrzeug gestanden habe, werde kaum genutzt. Überdies habe er festgestellt, dass an der gleichen Stelle parkende Fahrzeuge auch über einen Zeitraum von bis zu sieben Stunden nicht abgeschleppt worden seien. Zudem hätte die Bekl. die Möglichkeit gehabt, ihn telefonisch zum Wegfahren des Fahrzeugs aufzufordern. Die Entfernung des Pkw hätte dann sehr viel früher erfolgen können, da er sich seinerzeit in dem direkt gegenüberliegenden Gebäude aufgehalten habe.

Das VG hat die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Die Berufung der Bekl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Das VG hätte die Klage abweisen müssen, weil die angegriffenen Bescheide rechtmäßig sind (§ 113 I VwGO). Die Bekl. hat den Kl. dem Grunde nach zu Recht für die Kosten, die durch das Abschleppen des von ihm straßenverkehrsordnungswidrig geparkten Pkw entstanden sind, in Anspruch genommen (1), und die Gebührenforderung der Bekl. besteht auch in der geltend gemachten Höhe (2).

1. Die Verpflichtung des Kl., die durch das Abschleppen des von ihm geparkten Pkw entstandenen Kosten zu erstatten, beruht auf §§ 7 I , III , 8 I HbgSOG vom 14. 3. 1966 (GVBl S. 77, m. spät. Änd.). Danach kann die Bekl. die Kosten einer im Wege der unmittelbaren Ausführung vorgenommenen Maßnahme von dem Pflichtigen erstattet verlangen. Die Voraussetzungen hierfür sind erfüllt. Das Fahrzeug ist im Wege der unmittelbaren Ausführung abgeschleppt worden (a). Die von der Bekl. getroffene Maßnahme war auch rechtmäßig (b), weshalb der Kl. für die Kosten einzustehen hat (c).

a) Die Bekl. ist im Wege der unmittelbaren Ausführung tätig geworden, weil der Kl. das Fahrzeug unter Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift geparkt (§ 12 II StVO) hatte. Vor einer Bordsteinabsenkung ist das Parken gem. § 12 III Nr. 9 StVO verboten. Eine Parkverbotsregelung durch ein gesondertes Verkehrszeichen, das nach allgemeiner Auffassung als (sofort vollziehbarer) Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung anzusehen und gegebenenfalls im Wege der Ersatzvornahme zu vollstrecken ist (BVerwG in st. Rspr., vgl. etwa BVerwGE 102, 316 [318] = NJW 1997, 1021; OVG Hamburg, NJW 1992, 1909; 2001, 168 [169]), bestand dort nicht.

b) Die im Wege der unmittelbaren Ausführung getroffene Maßnahme der Bekl. war auch rechtmäßig, was Voraussetzung für die Geltendmachung eines hierauf beruhenden Erstattungsanspruchs ist (vgl. BVerwG, DÖV 1984, 887; OVG Hamburg, NJW 2001, 168 [169]).

Gem. § 7 I HbgSOG darf eine Maßnahme im Wege der unmittelbaren Ausführung nur getroffen werden, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht abgewendet oder eine Störung dieser Schutzgüter nicht beseitigt werden kann.

aa) Hier war eine Störung der öffentlichen Sicherheit gegeben. Die öffentliche Sicherheit beinhaltet den Schutz der öffentlichen Rechtsordnung (und damit auch der Normen der Straßenverkehrsordnung), soweit sie bestimmte Gebote oder Verbote enthält (vgl. etwa OVG Hamburg, NJW 2001, 168 [169]).

bb) Diese Störung konnte nicht auf andere Weise als durch das Abschleppen des Pkw beseitigt werden. § 7 I HbgSOG verpflichtet die Behörde, grundsätzlich auch die Störungsbeseitigung durch den Störer selbst in Betracht zu ziehen (vgl. OVG Hamburg, NJW 2001, 168 [169]). Eine Maßnahme darf im Wege der unmittelbaren Ausführung durch die Polizei nur dann erfolgen, wenn die Heranziehung des Störers nach den konkreten Umständen des Einzelfalls keinen Erfolg verspricht und deshalb ausscheidet. So aber liegt es hier.

Die Heranziehung des Kl., der als Verursacher der Störung gem. § 8 I HbgSOG polizeirechtlich verantwortlich war, versprach keinen Erfolg.

Unzweifelhaft hatte sich der Kl. von dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug entfernt und stand deshalb nicht unmittelbar wie jemand, der sich in Ruf- oder Sichtweite seines Fahrzeugs aufhält, zur Störungsbeseitigung zur Verfügung (vgl. dazu VGH München, NJW 2001, 1960 [1961]). Nach gefestigter Rechtsprechung auch des erkennenden Senats sind in einer solchen Situation grundsätzlich keine Ermittlungen nach dem Verbleib des polizeirechtlich Verantwortlichen veranlasst, weil deren Erfolg zweifelhaft ist und zu nicht abzusehenden weiteren Verzögerungen führt (vgl. BVerwG, Buchholz 442.151 § 13 StVO Nr. 3; VGH Kassel, NVwZ-RR 1999, 23 [25]; OVG Hamburg, NJW 2001, 168 [169]; VGH München, NJW 2001, 1960 [1961]).

Hingegen kann die Benachrichtigung des verantwortlichen Fahrers geboten sein, wenn er selbst den Ermittlungsaufwand reduziert und gleichzeitig die Erfolgsaussichten dadurch vergrößert, dass er einen konkreten Hinweis auf seine Erreichbarkeit und seine Bereitschaft zum umgehenden Entfernen des verbotswidrig geparkten Fahrzeugs gibt (vgl. BVerwG, NJW 1990, 931; VGH Kassel, NVwZ-RR 1999, 23 [25]; OVG Koblenz, NVwZ-RR 1991, 28; NJW 1999, 3573 [3574]; OVG Hamburg, NJW 2001, 168 [169]; Klenke, NWVBl 1994, 288 [290]; Vahle, Deutsche Verwaltungspraxis [DVP] 2001, 58 [63]). Als solcher Hinweis kommt insbesondere eine im Fahrzeug vom Fahrer hinterlassene (deutlich lesbare) Nachricht, die entsprechende Angaben enthält, in Betracht. Es obliegt dem eingesetzten Beamten, sich mit einem Blick in das Fahrzeug über das Vorhandensein einer solchen Nachricht zu vergewissern, die regelmäßig, wie auch bei Parkscheinen, Parkscheiben und anderen Berechtigungen üblich, auf dem Armaturenträger hinter der Windschutzscheibe ausgelegt sein wird. Einem derartigen Hinweis ist dann nachzugehen, wenn damit ein unzumutbarer Aufwand nicht verbunden und eine kurzfristige und zuverlässige Beseitigung der Störung durch den Verursacher zu erwarten ist. Ergibt die Nachricht etwa, dass der Verantwortliche das Fahrzeug im engsten Nahbereich vor seinem derzeitigen Aufenthaltsort geparkt hat, ist es dem eingesetzten Beamten im Regelfall zumutbar, die entsprechende Örtlichkeit aufzusuchen und den Störer zum Wegfahren aufzufordern (vgl. auch OVG Bremen, DAR 1985, 127 [128]; OVG Koblenz, NJW 1999, 3573 [3574]; VG Hamburg, Urt. v. 17. 12. 1998 - 20 VG 3197/98). Allerdings wird dem zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs eingesetzten Beamten dabei kein übermäßiger Einsatz - etwa der Versuch, den Verantwortlichen in größerer Entfernung oder im oberen Stockwerk eines mehrgeschossigen Hauses aufzusuchen - abzuverlangen sein. Die insoweit erforderliche Wertung ist aus der Sicht des eingesetzten Polizeibeamten zu treffen und unterliegt in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle.

Einen solchen konkreten Hinweis auf seine Erreichbarkeit hatte der Kl. indes nicht gegeben. Die Bekl. musste der vom Kl. zurückgelassenen Nachricht deshalb nicht nachgehen, weil ihr Informationsgehalt zu unbestimmt war, um daran die Verpflichtung zu knüpfen, vor dem eingespielten und zuverlässigen Verfahren des Abschleppens den Versuch zu unternehmen, den Kl. zur Selbstvornahme zu veranlassen.

Allerdings hatte der Kl. seinen Zettel (unstreitig) sichtbar ausgelegt. Ferner hält der Senat den erforderlichen Benachrichtigungsaufwand - einen Anruf unter der genannten Telefonnummer - im Regelfall auch dann für zumutbar, wenn der eingesetzte Beamte nicht selbst über ein tragbares Telefon verfügt und telefonischen Kontakt nur über seine Wache, zu der er Verbindung per Funk hält, herstellen kann. Dem VG ist darin beizupflichten, dass dies grundsätzlich schon deshalb zumutbar ist, weil es im Wesentlichen dem Vorgehen bei der Anforderung eines Abschleppfahrzeugs entspricht. Anders wird es etwa zu beurteilen sein, wenn in einer Vielzahl von verbotswidrig geparkten und gleichermaßen störenden Fahrzeugen jeweils Zettel mit den Telefonnummern der Fahrer ausgelegt sind und der Versuch, sämtliche Fahrer anzurufen, einen unzumutbaren Gesamtaufwand darstellen würde oder wenn Gefahr im Verzug im Einzelfall ein unverzügliches Einschreiten erfordert.

Bei der Wertung, dass ein Anruf bei dem Störer grundsätzlich zumutbar ist, verkennt der Senat nicht, dass dies mit einigem Aufwand für die Bekl. verbunden wäre. Doch ist nicht dargelegt oder erkennbar, dass dies die Bekl. unter Kosten- oder Zeitgesichtspunkten überfordern oder bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nachhaltig beeinträchtigen würde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit keinesfalls geboten erscheint, mehr als einen Anrufversuch zur Benachrichtigung des Verantwortlichen zu unternehmen. Das Risiko der Nichterreichbarkeit hat generell der Störer zu tragen. Auch hält sich der für die „Erfolgskontrolle“ am Abschlepport anfallende zusätzliche Zeitaufwand in Grenzen: für den Regelfall wird dem Verantwortlichen zur Einlösung seiner telefonisch gemachten Zusage, das Fahrzeug zu entfernen, ein Zeitraum von fünf Minuten zuzubilligen sein. Dieser zusätzliche Aufwand wird dadurch aufgewogen, dass die Belastung des Polizeipflichtigen mit den Kosten der unmittelbaren Ausführung sowie der damit verbundene Verwaltungsaufwand entfallen, und dass die Störung im Idealfall nicht nur schneller als im Wege der unmittelbaren Ausführung/Ersatzvornahme beseitigt wird, sondern auch mit deutlich geringeren Beeinträchtigungen für Anwohner und andere Verkehrsteilnehmer, wie sie mit einem Abschleppeinsatz häufig verbunden sind.

Jedoch war der Zettel des Kl. zu unbestimmt, weil er lediglich die Aussage enthielt, bei einer Störung (auf Anruf) „sofort“ zu kommen. Damit war weder erkennbar, dass die Störung (auf Anruf) zeitnah beseitigt werden konnte (1) noch dass hierzu die ernstliche Bereitschaft bestand (2).

(1) Der Nachricht war schon deshalb kein eingrenzbarer Zeitraum bis zum in Aussicht gestellten Wegfahren des Fahrzeugs zu entnehmen, weil das Adverb „sofort“ nach allgemeinem Sprachgebrauch keine objektive Zeitangabe enthält. Wann der Betreffende am Abstellort eintreffen wird, und nur darauf kommt es an, muss der eingesetzte Beamte indes schon der jeweiligen Nachricht entnehmen können. Fehlt es an nachvollziehbaren Angaben, bleibt er hinsichtlich des Zeitpunkts der eigenhändigen Störungsbeseitigung durch den Verantwortlichen auf dessen nicht nachvollziehbare Einschätzung verwiesen. Auch eine bloße Zeitangabe auf dem ausgelegten Zettel würde dem Beamten insoweit keine hinlänglich bestimmte Prognose erlauben. Denn etwa die Erklärung „komme in einer Minute“ würde nichts daran ändern, dass sie auf einer dem Empfänger der Information nicht einsichtigen Fremdeinschätzung beruht. Ein in diesem Sinne für den Adressaten der Nachricht überprüfbares und damit hinlänglich bestimmtes Kriterium dafür, wann der Fahrer auf Anruf bei dem Fahrzeug eintreffen wird, besteht hingegen in der Angabe des jeweiligen Aufenthaltsortes. Denn aus einer derartigen Ortsangabe kann der Beamte unschwer darauf rückschließen, wann der Betreffende (bestenfalls) im Stande sein würde, das Fahrzeug eigenhändig zu entfernen. Nur auf Grund einer solchen eigenen Einschätzung kann der Beamte sachgerecht entscheiden, ob und welche Verzögerungen im Hinblick auf das Ausmaß der Störung im Einzelfall noch hinnehmbar sind.

(2) Aus der Sicht des eingesetzten Beamten war auch keine ernstliche Bereitschaft zum Wegfahren des Fahrzeugs erkennbar. Die Verbindlichkeit der Nachricht des Kl. wurde insoweit dadurch beeinträchtigt, dass ihr kein Bezug zu der konkreten Situation zu entnehmen war. Der ausgelegte Zettel passte von seinem Inhalt vielmehr für jeden Fall verbotswidrigen und störenden Parkens und wurde vom Kl. auch so verwendet. Wird jedoch eine solche Nachricht ohne weitere individualisierende Angaben - oder gar vorgefertigt etwa in Form eines Aufklebers - benutzt, muss dies dem Beamten als gleichsam routinemäßig-unbewusster Gebrauch erscheinen. Dies begründet bei lebensnaher Würdigung jedoch nicht die sichere Annahme, der Fahrer sei sich beim Verlassen des Fahrzeugs hinlänglich bewusst gewesen, er werde im konkreten Einzelfall auch erreichbar und kurzfristig zum Wegfahren des störenden Fahrzeugs bereit und im Stande sein. Im Hinblick darauf, dass auch der Besitzer eines tragbaren Telefons aus einer Vielzahl von Gründen, gewollt oder ungewollt, (vorübergehend) nicht erreichbar sein kann (vgl. insoweit zum stationären Telefon VGH Kassel, NJW 1999, 3793 = DÖV 1999, 916 [917]), wäre es generell nicht hinlänglich erfolgversprechend, auf eine ohne erkennbaren Situationsbezug verwendete Nachricht zu reagieren. Ist der Situationsbezug im Einzelfall nicht evident, bedarf es nach Auffassung des Senats deshalb zusätzlicher Angaben, um dem Beamten einen Rückschluss darauf zu erlauben, dass der Verwender zur eigenhändigen Beseitigung der Störung ernstlich bereit und im Stande ist. Eine solche zusätzliche Angabe kann etwa die Nennung des Datums sein.

Gemessen hieran musste es dem eingesetzten Beamten als zumindest zweifelhaft erscheinen, ob der Kl. verlässlich und ohne weitere Verzögerungen zum Wegfahren des Pkw hätte veranlasst werden können. Ein Anruf unter der angegebenen Telefonnummer war deshalb nicht geboten.

cc) Die Maßnahme stand auch im Übrigen mit den Anforderungen des gerade im Zusammenhang mit dem Abschleppen von Fahrzeugen zu beachtenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (BVerwGE 90, 189 [193] = NJW 1993, 870; OVG Hamburg, NJW 2001, 168 [169]) in Einklang.

Allerdings rechtfertigt der bloße Verstoß gegen eine Rechtsnorm für sich genommen das Abschleppen eines Fahrzeugs grundsätzlich nicht (BVerwGE 90, 189 [193] = NJW 1993, 870). Es mag auch auf sich beruhen, ob die Bekl. insoweit auf die negative Vorbildwirkung abstellen durfte. Die Bordsteinabsenkung war nämlich bereits durch den vom Kl. geparkten Pkw blockiert und ein gleicher Rechtsverstoß damit faktisch unmöglich (vgl. BVerwG, NJW 1990, 931). Die Entscheidung, das Fahrzeug abschleppen zu lassen, war aber jedenfalls deshalb nicht unverhältnismäßig, weil es andere Verkehrsteilnehmer unmittelbar behinderte (vgl. etwa OVG Schleswig, NordÖR 2000, 458 [459]; OVG Hamburg, NJW 2001, 168 [169]). Denn etwa Fußgänger mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer konnten die Bordsteinabsenkung nicht nutzen (vgl. VG Schwerin, NZV 1998, 480 = DAR 1998, 405 [406]). Ob der dort einmündende Fußweg lediglich untergeordnete Bedeutung hat, ist rechtlich unerheblich, solange er nicht aufgehoben und die Bordsteinabsenkung damit funktionslos geworden ist. Das ist jedoch unzweifelhaft nicht der Fall.

Der Kl. kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, ihm sei hinsichtlich der Dauer und der Auswirkungen der Störung lediglich ein nicht ins Gewicht fallender Verstoß anzulasten. Einen geringfügigen Verstoß, der ein besonders sorgfältiges Abwägen der für und gegen eine Vollzugsmaßnahme sprechenden Gründe erfordert (vgl. BVerwG, NJW 1978, 656 [657]), vermag der Senat nicht zu erkennen.

In welchem Umfang es durch das Fahrzeug tatsächlich zu Behinderungen gekommen ist, ist für die Annahme einer erheblichen Störung ohne rechtliche Bedeutung. Es reicht aus, dass es, wie hier, durch das Fahrzeug jederzeit zu Behinderungen hätte kommen können. Deren Zahl hängt dagegen weit gehend vom Zufall ab und ist damit für die Bewertung des Ausmaßes der Störung ohne Belang (vgl. OVG Schleswig, NordÖR 2000, 458 [459]).

Auch aus der relativ kurzen Dauer der Störung kann der Kl. nichts für sich herleiten. Denn er macht nicht etwa geltend, dass er den Wagen erkennbar nur für ganz kurze Zeit verbotswidrig habe parken und alsbald zum Fahrzeug zurückkehren wollen. Vielmehr ist gerade aus dem Umstand, dass er jenen Zettel ausgelegt hatte, zu schließen, dass er dort für längere Zeit parken wollte und deshalb mit seiner baldigen Rückkehr nicht zu rechnen war. Eine mit der Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer verbundene Störung muss die Bekl. aber nicht für unabsehbare Zeit hinnehmen, sondern kann unverzüglich polizeiliche Maßnahmen einleiten.

Unerheblich ist schließlich auch, ob in der Vergangenheit an demselben Ort Fahrzeuge mehrere Stunden geparkt hatten, ohne abgeschleppt worden zu sein. Der Bekl. obliegt keine kontinuierliche Überwachung des ruhenden Verkehrs. Insofern ist nichts dafür ersichtlich, dass sie das Parken vor jener Bordsteinabsenkung sonst bewusst geduldet hatte. Eine Selbstbindung bzw. ein schutzwürdiges Vertrauen des Kl. darauf, dass die Bekl. gegen den polizeiwidrigen Zustand in seinem Falle nicht einschreiten würde (vgl. etwa Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. [1986], S. 387), kommt deshalb von vornherein nicht in Betracht.

c) Gem. § 7 III HbgSOG kann die Bekl. vom Kl. als polizeirechtlich Verantwortlichem (§ 8 I HbgSOG) die Kosten der unmittelbaren Ausführung erstattet verlangen. Ihre Erwägungen im Widerspruchsbescheid dazu, von diesem Erstattungsanspruch im Ermessenswege nicht abzusehen, begegnen keinen Bedenken.

2. Die den angegriffenen Bescheiden zu Grunde liegende Erstattungsforderung besteht auch in der geltend gemachten Höhe.

Gem. § 7 III HbgSOG i.V. mit § 19 I 1 und 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes - HbgVwVG - vom 13. 3. 1961 (GVBl S. 79, 136 - m. spät. Änd.) waren die Kosten nach den Aufwendungen der Bekl. festzusetzen. Die erstattungsfähigen Aufwendungen bestehen aus dem Betrag, den der Abschleppunternehmer in Rechnung gestellt hat (100,36 DM) und den angefallenen eigenen Aufwendungen (57 DM), die pauschal festzusetzen waren (§ 1 II 2 Vollstreckungskostenordnung - HbgVKO - vom 24. 5. 1961, GVBl S. 169 - m. spät. Änd.)

Der geltend gemachte Werklohn des Abschleppunternehmers beruht auf einer Festpreisvereinbarung, welche die Bekl. mit dem im Ausschreibungsverfahren ermittelten Unternehmer getroffen hat. Dies Verfahren und der derart ermittelte Kostensatz unterliegen nach der Rechtsprechung des Senats keinen Bedenken (vgl. OVG Hamburg, NJW 2001, 168 [171]).

Die von der Bekl. pauschal geltend gemachten eigenen Personalaufwendungen können gem. § 1 II lit. a HbgVKO in der geltend gemachten Höhe grundsätzlich ebenfalls erstattet verlangt werden (vgl. OVG Hamburg, HbgJVBl 1986, 99 = DÖV 1987, 257). Der Kl. hat die Berechtigung dieses Teils der Gesamtkosten nicht in Zweifel gezogen.

Der erhobene Gemeinkostenzuschlag in Höhe von 10% der entstandenen Aufwendungen ist gem. § 77 III lit. a HbgVwVG i.V. mit § 1 II 1 HbgVKO berechtigt.

Rechtsgebiete

Straßenverkehrs- und Straßenrecht