Titelblattgestaltung zugunsten von „Frau im Trend”

Gericht

LG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

01. 04. 2003


Aktenzeichen

312 O 121/03


Leitsatz des Gerichts

  1. Zwischen den Titeln "Bild der Frau - Schlank & fit" und "Frau im Trend - Schlank & Schön" besteht keine Verwechslungsgefahr.

  2. Der Haupttitel "Bild der Frau" wird überwiegend durch dessen Bestandteil "Bild" geprägt.

  3. Der in den Untertiteln "Schlank & fit" sowie "Schlank & Schön" enthaltene Bestandteil "Schlank" ist für eine Frauenzeitschrift mit dem Schwerpunktthema "Schlankheit' stark beschreibend und verfügt aufgrund der Häufigkeit seines Gebrauchs nur über er schwache Kennzeichnungskraft.

  4. Aufgrund der Vielzahl der im Verkehr angebotenen Zeitschriftentitel achten die angesprochenen Verkehrskreise bereits auf geringfügige Unterschiede, so dass der im Untertitel enthaltene Unterschied ("schön" statt "fit") zum Ausschluß der Verwechslungsgefahr ausreichend ist.

  5. Die konkrete Gestaltung des Titelblattes von "Bild der Frau - Schlank & fit" ist urheberrechtlich nicht schutzfähig. Ihr kommt auch keine für einen Nachahmungsschutz nach § 1 UWG erforderliche "wettbewerbliche Eigenart" zu.

  6. Die Gestaltungselemente des Titellogos von "Bild der Frau" (weiße Schrift auf rotem Untergrund) sind typische - nicht monopolisierbare - Gestaltungsmerkmale für Titelseiten von Frauenzeitschriften.

Tenor

  1. Die einstweilige Verfügung vom 28. Februar 2003 wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.

  2. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 7.000,- abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand


Tatbestand:

Im Verlag der Antragstellerin erscheint seit 1983 die wöchentlich erscheinende Frauenzeitschrift "Bild der Frau". Seit einigen Jahren gibt die Antragstellerin in unregelmäßigen Abständen jeweils Spezialhefte mit Sonderthemen unter der Leitmarke "Bild der Frau" heraus. Von diesen Spezialheften erscheinen jeweils zwölf Ausgaben pro Jahr. Bisher hat es Sonderhefte zu den Themen "Bild der Frau - Gut kochen & backen", "Bild der Frau - Balkon & Garten", "Bild der Frau - Wohnen & Gestalten", "Bild der Frau - Schlank & Fit" gegeben. Spezialhefte von "Bild der Frau - Schlank & fit" gab es im Jahre 2002 insgesamt dreimal, im Jahr 2001 zweimal und einmal im Jahr 2000. Anfang Februar 2003 erschien das erste Spezialheft "Bild der Frau - Schlank & fit" in diesem Jahr. Die Erscheinungstermine der "Bild der Frau" - Spezialausgaben für 2003 sind bereits im Herbst 2002 von der Antragstellerin angekündigt worden.

Erstmals im Oktober 2002 erschien im Verlag der Antragsgegnerin ein Spezialheft unter dem Haupttitel "Frau im Trend" mit dem Untertitel "Wohnen & wohlfühlen". Im Februar 2003 erschien das im vorliegenden Verfahren beanstandete weitere Spezialheft "Frau im Trend - Schlank und schön". Anfang März 2003 ist ein weiterer Titel "Frau im Trend - Gut kochen & genießen" herausgekommen. Schließlich ist als vierter Spezialtitel noch "Frau im Trend - Balkon & Terrassen" vorgesehen.

Beginnend mit einem ersten Heft, welches am 29. März 2003 herausgekommen ist, soll künftig auch eine wöchentlich erscheinende Frauenzeitschrift mit dem Titel "Frau im Trend" erscheinen.

Die Antragstellerin beanstandet mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Aufmachung der Titelblattgestaltung, und zwar im oberen Fünftel des Titelblattes, des im Februar 2003 (zum selben Erscheinungstermin wie "Bild der Frau Schlank & fit") erschienenen Spezialhefts "Frau im Trend Schlank und schön" und sieht hierin eine unzulässige Anlehnung an die Aufmachung von "Bild der Frau - Schlank & fit", wodurch es zu von der Antragsgegnerin auch intendierten Verwechslungen kommen könne. Diese Gefahr werde noch dadurch verstärkt, dass die Antragsgegnerin gegenüber dem Grosso darauf hingewiesen habe, dass die neue Zeitschrift möglichst neben die entsprechende Ausgabe von "Bild der Frau" im Handel platziert werden solle.

Die Antragstellerin erwirkte die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28. Februar 2003, mit welcher der Antragsgegnerin unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel verboten worden ist,

im geschäftlichen Verkehr eine Frauenzeitschrift mit einem Titelbild wie in Farbkopie in den Beschlusstenor eingefügt (oberes Fünftel des Titelblattes) im Verkehr zu bringen.

Gegen diese einstweilige Verfügung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch.

Die Antragsgegnerin steht auf dem Standpunkt, dass der Antragstellerin ein Anspruch nicht zustehe.

Die einstweilige Verfügung sei bereits deswegen nicht gerechtfertigt, weil die für das einstweilige Verfügungsverfahren erforderliche Dringlichkeit nicht gegeben sei. Es sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin von der bereits im Oktober 2002 erschienenen Ausgabe "Frau im Trend Wohnen & wohlfühlen" Kenntnis genommen habe. Der im vorliegenden Verfahren erhobene Vorwurf der unzulässigen Übernahme von Gestaltungselementen sei gegenüber diesem Titel aus dem Herbst 2002 zumindest in gleicher Weise gegeben. Aus dem Umstand, dass die Antragstellerin gegen diesen Titel nicht eingeschritten sei, sei zu folgern, dass auch für das Spezialheft "Schlank & schön" eine Dringlichkeit nicht bestehe.

Für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch könne sich die Antragstellerin nicht auf ihr Titelschutzrecht an der Zeitschrift "Bild der Frau - Schlank & fit" stützen. Eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG bestehe nicht. Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche seien nicht gegeben. Die von der Antragsgegnerin für die Titelblattgestaltung verwendeten Motive seien Allgemeingut. Es sei nicht zutreffend, dass die Antragsgegnerin die Titelblattgestaltung der Antragstellerin plagiiert habe. Vielmehr habe die Antragstellerin ihrerseits bei den von ihr herausgegebenen Spezialheften Ideen übernommen, die erstmals in der im Verlag der Antragsgegnerin erscheinenden Frauenzeitschrift LISA verwirklicht worden seien.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 28. Februar 2003 aufzuheben und den ihr zugrundeliegenden Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 28. Februar 2003 zu bestätigen.

Die Antragstellerin verteidigt den Erlass der einstweiligen Verfügung und weist auf die vollständige Übereinstimmung bei der Gesamtanmutung der sich gegenüberstehenden Titelblätter hin. Hieraus folge ohne weiteres ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch.

Zur Vervollständigung des Tatbestandes wird ergänzend auf das schriftsätzliche Vorbringen sowie auf die eingereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung vom 28. Februar 2003 ist aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen. Sie erweist sich unter Berücksichtigung des Vortrages der Parteien und nach neuerlicher Prüfung der Sache als nicht gerechtfertigt. Die Antragstellerin kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verlangen, dass die Antragsgegnerin es unterlässt, im geschäftlichen Verkehr die in der einstweiligen Verfügung abgebildete Titelblattgestaltung zu verwenden.

Ein Titelschutzrecht der Antragstellerin an dem Titel "Bild der Frau - Schlank & fit" ist von der Antragsgegnerin keinesfalls verletzt worden. Wie auch die Antragstellerin nicht verkennt, ist der Titel "Frau im Trend" mit dem Titel "Bild der Frau" nicht zu verwechseln. Das gilt abgesehen von der ohnehin offensichtlichen Unterschiedlichkeit der beiden Titel nicht zuletzt auch deswegen, weil der Titel "Bild der Frau" als Bestandteil der Bild-Zeitschriften- und Zeitungsfamilie ganz besonders durch den Bestandteil "Bild" geprägt wird, der im Titel der Antragsgegnerin gerade nicht wiederholt wird.

Auch bei Heranziehung der jeweiligen Untertitel - "Schlank & fit" einerseits - "Schlank & schön" andererseits ist eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben. Die zweifellos bestehende Ähnlichkeit ergibt sich aus der Natur der Sache. Frauenzeitschriften mit dem Schwerpunktthema Schlankheit und Fitness können im Titel auf den Begriff "schlank" schlechterdings nicht verzichten. Demgemäß sind auf dem Markt der Zeitschriften für diese Zielgruppe in nicht übersehbarem Ausmaße entsprechende Titel mit dem Bestandteil "schlank" vorhanden. Der Untertitel der Antragstellerin verfügt somit über eine nur sehr begrenzte Kennzeichnungskraft. Der hier gegebene Unterschied ("schön" statt "fit") ist bereits so deutlich, dass er eine Verwechslungsgefahr zuverlässig auszuschließen vermag, zumal bei der dem Verkehr bekannten großen Zahl von Zeitschriftentiteln, die unvermeidlich zu häufigen Ähnlichkeiten und teilweisen Übereinstimmungen führen muss, die angesprochenen Verkehrskreise auf gegebene Unterschiede zu achten pflegen. Kennzeichenrechtliche Anspruchsgrundlagen für den hier geltend gemachten Unterlassungsanspruch sind somit nicht erkennbar.

Eine urheberrechtliche Anspruchsgrundlage kommt gleichfalls nicht in Betracht.

Eine urheberrechtlich schutzfähige Leistung in Form der Gestaltung der Titelblätter von "Bild der Frau - Schlank fit" liegt offenbar nicht vor. Die Antragstellerin hat auch gar nicht geltend gemacht, dass diese einem Urheberrechtsschutz zugänglich sein könnte.

Auch ein Anspruch aus § 1 UWG ergibt sich nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht. Die Antragstellerin hat versucht, durch die Art der Begründung ihres Antrages insoweit eine Evidenz darzulegen, dass die Gestaltung der Titelseite von "Frau im Trend - Schlank & schön" ganz offensichtlich unzulässig sein müsse. Eine solche Evidenz vermag die Kammer jedoch nicht (mehr) zu erkennen.

Die Gestaltung des Haupttitels in weißer Schrift auf rotem Untergrund in Form eines Kastens links oben ist zwar zweifellos charakteristisch für die Zeitschrift der Antragstellerin. Es ist jedoch nichts Besonderes, dass der Titel aus drei Wörtern besteht und diese drei Wörter untereinander geschrieben werden. Dass dabei ein Nebenwort wie "im" vergleichsweise kleiner geschrieben wird, ist ebenfalls eine naheliegende grafische Gestaltungsform, der Umstand, dass dieses bei dem Wort "der" im Titel "Bild der Frau" ebenso erscheint, kann sicherlich nicht den Vorwurf eines Plagiats begründen. Das Schriftbild von "Frau im Trend" ist durchaus nicht identisch mit dem des Titels "Bild der Frau". Ebensowenig übereinstimmend ist die Gestaltung des Schriftbilds des Untertitels. Während der Untertitel "Schlank & fit" in einer Zeile erscheint, benötigt der entsprechende Untertitel in der Ausgabe der Antragsgegnerin zwei Zeilen, wobei die Wörter anders als im Untertitel der Antragstellerin in verschiedenen Farben erscheinen.

Die Übereinstimmung in der hellblauen Grundfarbe mag durchaus als Versuch der Antragsgegnerin gewertet werden, sich an das Erscheinungsbild des in gewisser Weise als Vorbild dienenden Produktes der Antragstellerin anzunähern. Im Ergebnis vermag die Kammer aber eine Unlauterkeit nicht zu erkennen. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten bisher in den Jahren 2002 und 2001 erschienenen Spezialheften ist ersichtlich, dass eine hellblaue Hintergrundfarbe nicht in jedem Fall verwendet worden ist. Sie kann daher nicht als Erkennungsmerkmal für die Spezialausgaben mit dem Untertitel "Schlank & fit" angesehen werden. Bei der Vorbereitung des ersten Heftes "Frau im Trend - Schlank & schön" konnte somit auch die Antragstellerin nicht davon ausgehen, dass das gleichzeitig erscheinende Konkurrenzheft der Antragstellerin wiederum in einer hellblauen Hintergrundfarbe gestaltet sein würde. Von daher ist nicht erkennbar, dass es die Antragsgegnerin mit der Art der Titelblattgestaltung in unlauterer Weise darauf angelegt hätte, eine Herkunftstäuschung herbeizuführen. Aufgrund des deutlich unterschiedlichen Titels ist für den Leser und potenziellen Käufer der Zeitschrift im Übrigen von vornherein ersichtlich, dass er es bei der neuen und auch als neu herausgestellten Zeitschrift der Antragsgegnerin mit einem Konkurrenzprodukt zu "Bild der Frau" zu tun hat. Eine Herkunftstäuschung kann sich schon von daher in keinem Fall ergeben.

Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass sich die Aufmachung des oberen Fünftels des Titelblatt der Zeitschrift der Antragsgegnerin zwar durchaus an Merkmale der Ausstattung der Titelblätter von "Bild der Frau - Schlank & fit" anlehnt. Es ist aber auch ganz offensichtlich, dass es nicht zu übersehende deutliche Unterschiede gibt. Eine Annäherung in der "Gesamtanmutung" kann keinesfalls eine Unzulässigkeit i. s. v. § 1 UWG begründen. Die Kammer steht hierzu nach nochmaliger Überprüfung bereits auf dem Standpunkt, dass die für einen UWG - Nachahmungsschutz erforderliche wettbewerbliche Eigenart nicht gegeben ist. In jedem Fall sind die von der Antragstellerin verwendeten Elemente der Titelgestaltung, wie sie in der Antragsschrift herausgestellt worden sind, typisch Gestaltungselemente für Titelseiten von Frauenzeitschriften, die die Antragstellerin keinesfalls für sich monopolisieren kann.

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28. Februar 2003 war daher unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages aufzuheben.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91,708 Nr. 6, 711 ZPO.


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