Reiserücktrittskostenversicherung - Bluthochdruck, subjektive Empfindungen

Gericht

AG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

15. 08. 2002


Aktenzeichen

13B C 333/01


Leitsatz des Gerichts

  1. Die Reiserücktrittskosten-Versicherung tritt nur ein bei unerwarteten schweren Erkrankungen. Eine solche liegt nicht vor bei einer unklaren diagnostischen Situation. Es spielt keine Rolle, dass es vernünftigerweise nahe gelegen hätte, die Reise nicht anzutreten. Der bloße Verdacht auf eine unerwartete schwere Erkrankung ist nicht als Versicherungsfall erfasst.

  2. Wird eine Krankheit (Angina pectoris) nur subjektiv empfunden, so liegt darin keine unerwartete schwere Erkrankung, wenn objektiv ärztlicherseits kein Krankheitsbefund festgestellt werden kann.

  3. Bluthochdruck als solcher stellt keine unerwartete schwere Erkrankung dar, insbesondere wenn dieses Krankheitsbild bereits einige Zeit vor Abschluss des Reiserücktrittskosten-Versicherungsvertrages bestanden hat.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kläger begehrt von der Beklagten als seiner Versicherungsgeberin eine Leistung aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag hinsichtlich der Kosten eines Reiserücktritts.

Der Kläger buchte für sich und seine Frau eine Reise nach Sizilien für 7.290,- DM mit geplantem Reiseantritt zum 3. 10. 2001. In Bezug auf diese Reise schloss der Kläger durch Vermittlung eines Agenten in Hamburg mit der Beklagten den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag, welcher als Selbstbehalt 20 % der vertraglich geschuldeten Stornierungskosten bei Eintritt des Versicherungsfalls wegen Erkrankung vorsah. Die Versicherungsbedingungen regelten des Weiteren die verschiedenen versicherten Rücktrittsgründe. Hinsichtlich der Gesundheit ist abschließend aufgeführt:

"Tod, Unfall, unerwartete schwere Erkrankung, Schwangerschaft oder Impfunverträglichkeit der versicherten Person oder einer Risikoperson".

Anfang Oktober suchte der Kläger wegen gesundheitlicher Beschwerden den Zeugen Dr. H. auf, einen Facharzt für Allgemeinmedizin. Dieser riet ihm von der Durchführung der Reise ab. Der Blutdruck des Klägers war mit 210-105 festgestellt worden. Der Kläger war wegen Bluthochdrucks bereits seit einigen Jahren in Behandlung. Ferner diagnostizierte der behandelnde Arzt die Symptomatik einer Angina pectoris sowie Flugangst des Klägers.

Der Kläger stornierte die Reise. Als Stornierungskosten wurden ihm gemäß den Allgemeinen Bedingungen des Veranstalters 60 % des Reisepreises, 4.374,- DM, in Rechnung gestellt und nur der Differenzbetrag von 2.916,-DM zurück gezahlt.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen vertraglichen Anspruch auf Erstattung der Reiserücktrittskosten auf Grund des zwischen ihnen geschlossenen Versicherungsvertrages.

Dem Kläger ist nicht der ihm obliegende Beweis dafür gelungen, dass ein Versicherungsfall eingetreten ist im Sinne einer ausschließlich in Betracht kommenden "unerwarteten schweren Erkrankung". Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht das Gericht zwar davon aus, dass eine unklare diagnostische Situation vorlag, welche vernünftigerweise nahe legte, die Reise nicht anzutreten. Jedoch ist der bloße Verdacht auf eine unerwartete schwere Erkrankung nicht als Versicherungsfall erfasst.

Nach der ausdrücklichen und abschließenden Regelung in den Versicherungsbedingungen kann dieser Sachverhalt auch nicht mit einer tatsächlichen schweren Erkrankung gleichgestellt werden. Es sind etliche Gründe denkbar, die eine Stornierung einer Reise als richtige Lösung erscheinen lassen, ohne dass jene als Versicherungsfall erfasst sind. Ein Anspruch gegen die Beklagte entsteht nicht bei jeder Unzumutbarkeit für den Antritt einer Reise, sondern nur in den vertraglich geregelten Fällen.

Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen der Dr. H. hat lediglich eine subjektiv empfundene Angina-pectoris-Symptomatik vorgelegen mit der Gefahr, dass sich diese in somatische Richtung entwickeln könnte. Wesentlich ist, dass kardio-pulmonal nichts feststellbar war und die Behandlung sich neben der Verabreichung eines Mittels zur Senkung des Bluthochdrucks in einem beruhigenden Gespräch erschöpfte. Der Umstand, dass am 13. 3. 2002 eine koronare Herzinsuffizienz festgestellt wurde, also rund ein halbes Jahr nach Stornierung der Reise, lässt keine zwingenden Rückschlüsse darauf zu, dass eine schwere Herzerkrankung zum damaligen Zeitpunkt der Stornierung vorgelegen hat.

Der Bluthochdruck als solcher stellt keine unerwartete schwere Erkrankung dar, schon weil dieses Krankheitsbild bereits einige Zeit vor Abschluss des Versicherungsvertrages bestanden hat.

Ob die Flugangst als solche ein Krankheitsbild im Sinne der Versicherungsbedingungen überhaupt sein kann oder nur ein subjektives Unwohlsein darstellt, welches insbesondere nach dem Anschlag vom 11. 9. 2001 wohl mehrere Personen betroffen hat, kann dahingestellt bleiben. Der Kläger trägt selbst vor, dass diese Angst nicht der entscheidende Faktor zur Absage der Reise gewesen sei. ...

Rechtsgebiete

Reiserecht