Zur Versetzung als Mittel der Arbeitsplatzsicherung

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

02. 04. 1996


Aktenzeichen

1 ABR 39/95


Leitsatz des Gerichts

  1. Fallen mehrere vergleichbare Arbeitsplätze weg und stehen lediglich für einen Teil der betroffenen Arbeitnehmer andere gleichwertige Arbeitsplätze zur Verfügung, so kann der Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung eines Arbeitnehmers auf einen niedriger einzustufenden Arbeitsplatz gem. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG mit der Begründung verweigern, der Arbeitgeber habe soziale Auswahlkriterien nicht berücksichtigt (Anschluß an Senatsbeschluß vom 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - AP Nr. 5 zu § 99 BetrVG1972 Versetzung).

  2. Entspricht die Versetzung dem Wunsch des betreffenden Arbeitnehmers, so kann der Betriebsrat die Zustimmung nicht wegen ungerechtfertigter Benachteiligung des Arbeitnehmers verweigern. Allein der Verzicht auf die Erhebung einer Klage gegen eine entsprechende Änderungskündigung genügt jedoch nicht, um auf einen solchen Wunsch schließen zu lassen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

A. Die Beteiligten streiten über die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung und Herabgruppierung von Arbeitnehmern.

Die Arbeitgeberin, die in ihrem Druckereibetrieb ca. 1600 Arbeitnehmer beschäftigt, hat ihre Führungsstruktur umorganisiert. Die bisherige Hierarchie sah sechs Stufen vor: Abteilungsleiter, Schichtleiter, Saalmeister, Maschinenführer, Fachkräfte und Hilfskräfte. Saalmeister waren in die VergGr. G 7 bzw. G 8, Schichtleiter in die VergGr. G 8 des maßgebenden GehaltsTV eingruppiert. Mit der neuen Struktur hat die Arbeitgeberin die Aufgaben auf vier Hierarchiestufen konzentriert: Schichtabteilungsleiter, Schichtteamleiter, Fachkräfte und Hilfskräfte. Die Positionen der insgesamt 19 Schichtleiter und 37 Saalmeister entfallen dadurch. Gleichzeitig wurden statt der bisher vier Abteilungsleiterstellen nunmehr 15 Positionen als Schichtabteilungsleiter der VergGr. G 9 geschaffen. Diese Stellen wurden innerbetriebl. ausgeschrieben.

Die Arbeitgeberin unterrichtete den Betriebsrat am 27. 9. 1993 darüber, daß sie beabsichtige, 12 von Stellenstreichungen betroffene Mitarbeiter auf die neugeschaffenen Schichtabteilungsleiterstellen zu versetzen und in die VergGr. G 9 höherzugruppieren. Zugleich teilte sie mit, daß sie die anderen betroffenen Mitarbeiter unter Abgruppierung in VergGr. G 7 auf Schichtteamleiterstellen umzusetzen beabsichtige. Der Betriebsrat verweigerte in sieben Fällen seine Zustimmung zur Versetzung auf die höherwertigen Schichtabteilungsleiterstellen. Gleichzeitig widersprach er der Versetzung von sieben "übergangenen" Arbeitnehmern auf Stellen als Schichtteamleiter. In seinem Schreiben vom 30. 9. 1993 heißt es im einzelnen:

"Aus Ihren Vorstellungen geht hervor, daß bei Nichtberücksichtigung bisheriger Schichtleiter und Saalmeister als Schichtabteilungsleiter, eine Abgruppierung zwangsläufig die Folge ist und somit die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, daß infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer von Änderungskündigungen bzw. Beendigungskündigungen bedroht sind oder Nachteile durch Abqualifizierung erleiden, ohne daß dies aus betriebl. oder persönl. Gründen gerechtfertigt ist.

Der Betriebsrat hält alle innerbetriebl. Bewerber als auch betroffene Schichtleiter und Saalmeister für gleichqualifiziert und vermißt eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten, da Ihre Auswahl der Schichtabteilungsleiter auch gleichzeitig eine Auswahl der Abzugruppierenden ist.

Aus diesem Grund stimmt der Betriebsrat der Versetzung und Abgruppierung ... nicht zu, weil eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten nicht erfolgte. Der Betriebsrat ist bei seiner Auswahl nach den Richtlinien verfahren, die im zur Zeit verhandelten Sozialplan beinhaltet sind."

Die Arbeitgeberin legte mit Schreiben vom 27. 10. 1993 nochmals ihren Standpunkt dar und bestätigte, daß eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats bis zum 10. 11. 1993 erwartet werde. Am 5. 11. 1993 teilte der Betriebsrat mit, er halte an der Zustimmungsverweigerung fest. Am 26. 11. 1993 schlossen die Betriebspartner wegen der geplanten Umstrukturierungen einen Sozialplan. Dieser sieht u. a. vor, daß Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz entfällt, ein anderer zumutbarer Arbeitsplatz angeboten wird. Soweit dies nicht möglich ist und betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen sind, soll ein Punkteschema für die Sozialauswahl maßgebend sein.

Nach Abschluß des Sozialplans erhielten die sieben Arbeitnehmer, die die Arbeitgeber dafür vorgesehen hatte, eine Änderungskündigung. Die bisher als Saalmeister in VergGr. G 8 tätigen Arbeitnehmer K. und S. erhoben keine Änderungsschutzklage, wie in der Rechtsbeschwerdeinstanz unstreitig wurde. Die übrigen fünf Arbeitnehmer sind inzwischen aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden.

Die Arbeitgeberin leitete zwei Beschlußverfahren ein. Mit dem ersten verfolgte sie das Ziel, die Zustimmung des Betriebsrats insoweit zu ersetzen, als er Versetzungen auf Schichtabteilungsleiterstellen und den damit verbundenen Höhergruppierungen widersprochen hatte. Ihrem Antrag wurde in zwei Instanzen stattgegeben. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hat der Senat durch Beschluß vom 30. 8. 1995 (1 ABR 11/95 - AP Nr. 5 zu § 99 BetrVG1972 Versetzung) den Beschluß des LAG aufgehoben und die Sache zur anderweiten Entscheidung zurückverwiesen.

Im vorl. zweiten Verfahren begehrt die Arbeitgeberin nunmehr die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung der Arbeitnehmer K. und S. auf Stellen als Schichtteamleiter und zu der damit verbundenen Herabgruppierung. Sie hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat habe die Zustimmung nicht verweigern dürfen. Die vorgesehene Änderung der Arbeitsbedingungen bedeute keine Benachteiligung i. S. des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG. Sie beruhe auf dem Wegfall der Saalmeisterstellen, nicht aber auf einer negativen Auswahlentscheidung. Im übrigen wäre die Nichtberücksichtigung bei einer Beförderung nur dann ein Nachteil i. S. des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG, wenn die übergangenen Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch oder eine rechtsverbindl. Anwartschaft auf die Beförderungsstelle gehabt hätten. Daran fehle es bei den Arbeitnehmern K. und S. Soziale Gesichtspunkte seien bei der Auswahl der zu befördernden Arbeitnehmer nicht zu berücksichtigen gewesen. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG stelle nicht auf den Maßstab der sozialen Rechtfertigung ab. Anders als bei § 1 Abs. 2 KSchG genügten betriebl. oder persönl. Gründe, um eine personelle Maßnahme zu rechtfertigen.

Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Umgruppierung und Versetzung der Arbeitnehmer Oswin K. und Bernhard S. zu Schichtteamleitern mit der Gehaltstarifgruppe 7 zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, er habe die Zustimmung zu Recht verweigert. Den Arbeitnehmern K. und S. sei ein nicht gerechtfertigter Nachteil i. S. des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG entstanden. Ihnen sei eine geringer qualifizierte und schlechter vergütete Arbeitsaufgabe zugewiesen worden. Dieser Nachteil habe zwei Ursachen: den Wegfall des alten Arbeitsplatzes und die Besetzung der Schichtabteilungsleiterstellen mit anderen Bewerbern. Letzteres sei weder aus betriebl. noch aus persönl. Gründen gerechtfertigt. Die Arbeitgeberin hätte bei der Auswahlentscheidung soziale Gesichtspunkte berücksichtigen müssen, weil es um die Alternative Änderungskündigung oder Weiterbeschäftigung zu besseren Bedingungen gegangen sei.

Das ArbG hat dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben und die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt. Das LAG hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hat Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Sache ist an das LAG zurückzuverweisen, da es weiterer Tatsachenfeststellungen bedarf.

I. Entgegen der Auffassung des LAG läßt sich noch nicht abschließend beuteilen, ob sich der Betriebsrat nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG weigern durfte, der beabsichtigten Versetzung zuzustimmen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen ist nicht auszuschließen, daß die Arbeitnehmer K. und S. durch die Versetzung benachteiligt wurden, ohne daß dies aus betriebl. oder in ihrer Person liegenden Gründen gerechtfertigt gewesen wäre.

1. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung formgerecht und innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unter Angabe konkreter Gründe verweigert. Er hat im Schreiben vom 30. 9. 1993 ausgeführt, daß die vorgesehene Versetzung u. a. die Arbeitnehmer K. und S. benachteilige, ohne daß dies aus betriebl. oder persönl. Gründen gerechtfertigt sei. Alle innerbetriebl. Bewerber um die Schichtabteilungsleiterstellen seien gleichqualifiziert, so daß eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten geboten gewesen wäre. Damit hat der Betriebsrat einen Zustimmungsverweigerungsgrund dargetan.

2. Die Berufung des Betriebsrats auf § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Arbeitnehmer K. und S. keine Änderungsschutzklage erhoben haben.

a) § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG dient allerdings allein der Wahrung der Interessen des betroffenen Arbeitnehmers (s. schon Senatsbeschluß vom 6. 10. 1978 - 1 ABR 51/77 - AP Nr. 10 zu § 99 BetrVG1972 [II 1b der Gründe]; Senatsbeschluß vom 20. 9. 1990 - 1 ABR 37/90 - BAG 66, 57, 67 = AP Nr. 84 zu § 99 BetrVG1972 [B II 3a cc der Gründe]; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 4. Aufl., § 99 Rz. 128; Kraft in GK-BetrVG, 5. Aufl., § 99 Rz. 143). Die Vorschrift spricht nur von der Benachteiligung des Arbeitnehmers, der durch eine personelle Maßnahme belastet wird. Sie stellt nicht auf mittelbar betroffene Arbeitnehmer oder die Belegschaft ab. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht bei Nichtbeachtung berechtigter Belange des unmittelbar von einer personellen Maßnahme betroffenen Arbeitnehmers einzuräumen (vgl. Amtl. Begründung BT-Drucks. VI 1786, S. 51).

Weitergehende Auffassungen im Schrifttum (vgl. etwa Heinze, Personalplanung, Einstellung und Kündigung, 1982, Rz. 326; Kittner in Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 5. Aufl., § 99 Rz. 194; jedenfalls für die Einstellung Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 99 Rz. 55) überzeugen nicht. Es läßt sich weder aus dem Regelungszusammenhang noch aus der möglichen Betroffenheit anderer Arbeitnehmer folgern, der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG sei dem Betriebsrat allein im Interesse der Gesamtbelegschaft verliehen worden, so daß er einer personellen Maßnahme selbst dann widersprechen könne, wenn diese Wünsche des betroffenen Arbeitnehmers erfüllt. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG will erkennbar den einzelnen Arbeitnehmer kollektivrechtl. schützen und dessen individualrechtl. Schutz dadurch ergänzen. Soweit andere Arbeitnehmer durch eine im Einverständnis mit diesem Arbeitnehmer vorgenommene personelle Maßnahme betroffen sind, kann sich ein Zustimmungsverweigerungsgrund aus den übrigen Tatbeständen des § 99 Abs. 2 BetrVG - insbesondere aus § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG - ergeben. Es entsteht also keine Mitbestimmungslücke.

Der Senat hat dementspr. in seinem Beschluß vom 20. 9. 1990 (1 ABR 37/90 - BAG 66, 57 = AP Nr. 84 zu § 99 BetrVG1972) angenommen, bei einer im Einverständnis des betroffenen Arbeitnehmers beabsichtigten Versetzung laufe der Schutzzweck des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG leer, weil der betroffene Arbeitnehmer "in der Tat nicht gegen seinen Willen geschützt" zu werden brauche. Die überwiegende Auffassung in der Lit. sieht das nicht anders. Einige Autoren wollen im Wege teleologischer Reduktion die Geltendmachung des Zustimmungsverweigerungsrechts aus § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG bei einverständl. Versetzung ausschließen (Kraft, aaO, § 99 Rz. 146; Stege/Weinspach, BetrVG, 7. Aufl., § 99 - 101 Rz. 179d; Gaul, Anm. zum Senatsbeschluß vom 20. 9. 1990, EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 95), andere kommen auf der Basis eines subjektiven Nachteilsbegriffs zum gleichen Ergebnis (so etwa Hess/Schlochauer/Glaubitz, aaO, § 99 Rz. 128; MünchArbR/Matthes, § 344 Rz. 82).

b) Eine derartige Übereinstimmung der Interessen ist allerdings nur dann zu bejahen, wenn der betroffene Arbeitnehmer die Versetzung selber angestrebt hat oder diese doch seinen Wünschen und seiner freien Entscheidung entspricht (Senatsbeschluß vom 20. 9. 1990, BAG 66, 57, 68 [B II 3a cc der Gründe]). Das Schutzbedürfnis, das mit § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG erfüllt werden soll, entfällt nur dann, wenn der Arbeitnehmer sich frei für die streitige personelle Maßnahme entschieden hat, weil sie seinen Vorstellungen und Bedürfnissen entspricht (in diesem Sinne auch MünchArbR/Matthes, § 344 Rz. 82; Gaul, Anm. zu BAG EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 95). Nur dann kann man sagen, daß er nicht gegen seinen Willen geschützt zu werden brauche.

Diese Voraussetzungen sind nicht schon dann erfüllt, wenn sich der Arbeitnehmer ledigl. nicht zur Wehr setzt und keine Kündigungsschutzklage erhebt (so auch MünchArbR/Matthes, § 344 Rz. 82). Nimmt der Arbeitnehmer die Änderungskündigung nur hin, läßt sich daraus nicht schließen, daß die Versetzung seinen Wünschen und seiner freien Entscheidung entspräche. Es sind viele Gründe denkbar, warum ein Arbeitnehmer die Störung des Arbeitsverhältnisses durch eine gerichtl. Auseinandersetzung vermeiden und nicht mit seinem Arbeitgeber prozessieren will. Gerade deshalb ist dem Betriebsrat das Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG eingeräumt worden. Die kollektive Schutzebene ist grundsätzl. nicht davon abhängig, daß der Arbeitnehmer seine individuellen Rechtsschutzmöglichkeiten ausschöpft. Wenn dieser von der aktiven Geltendmachung seiner Individualrechte absieht, kann er dennoch mit der Wahrung seiner Interessen durch den Betriebsrat einverstanden sein. Bei einem zeitl. Verlauf wie im vorl. Fall liegt das besonders nahe. Der Betriebsrat hatte der Versetzung schon widersprochen, bevor die Arbeitgeberin die Änderungskündigung aussprach. Die betroffenen Arbeitnehmer wußten also, daß ihre Interessen wahrgenommen wurden, so daß sie mit der Unterlassung einer Änderungsschutzklage nicht zwangsläufig den Verlust ihrer bisherigen Position riskieren mußten.

Hier sind keine Umstände ersichtl., die darauf schließen lassen könnten, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen den Wünschen oder Interessen der Arbeitnehmer S. und K. entsprochen haben könnte. Die Arbeitgeberin hat zwar erstmalig in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorgetragen, die beiden ArbN hätten die Versetzungen "einvernehml. mitvollzogen". Dies ist aber - anders als der Umstand der unterbliebenen Änderungsschutzklage - nicht unstreitig gestellt worden und schon deshalb nicht zu berücksichtigen. Im übrigen wäre dieser Vortrag auch viel zu vage und substanzlos.

3. Die Arbeitnehmer K. und S. werden durch die hier streitigen Versetzungen benachteiligt.

a) Eine Benachteiligung im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG kann sich aus dem Verlust einer Rechtsposition, aber auch aus tatsächl. Nachteilen von nicht unerhebl. Gewicht ergeben, wie sie etwa bei ungünstigen Auswirkungen auf die Umstände der Arbeit anzunehmen sind. Diese Voraussetzungen liegen vor. Durch die beabsichtigte Versetzung auf die Schichtteamleiterstellen verschlechtern sich die materiellen Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer K. und S., die für den zugewiesenen neuen Tätigkeitsbereich nur noch Gehalt nach der niedrigeren VergGr. G 7 beziehen. Darüber hinaus stellt die Position des Schichtteamleiters geringere Anforderungen an ihre Qualifikation, wodurch sich auch die tatsächl. Umstände der Arbeit ändern.

b) Das LAG hat allerdings angenommen, daß diese Benachteiligung eine Zustimmungsverweigerung nicht begründen könne, weil sie aus betriebl. Gründen gerechtfertigt sei. Diese lägen in der durchgeführten Betriebsänderung. In einem solchen Fall sei die Auswahlentscheidung der Arbeitgeberin nach Wortlaut und Zweck des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG nicht an die Grundsätze des § 1 Abs. 3 KSchG gebunden.

Dieser Auffassung des LAG kann nicht gefolgt werden. Wie der Senat schon in dem Streit der Beteiligten um die Besetzung der Schichtabteilungsleiterstellen entschieden hat (Beschluß vom 30. 8. 1995 - 1 ABR 11/95 - AP Nr. 5 zu § 99 BetrVG1972 Versetzung), kann der Betriebsrat im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG seine Zustimmung zur Versetzung eines Arbeitnehmers verweigern mit der Begründung, der Arbeitgeber habe soziale Auswahlkriterien nicht berücksichtigt. Dies muß entspr. gelten für § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG, dessen Widerspruchsgründe trotz leicht abweichenden Wortlauts nach überwiegender Auffassung wie diejenigen des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG auszulegen sind (vgl. etwa Däubler in Däubler/Kittner/Klebe, aaO, § 99 Rz. 196; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz. 183; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz. 96; Hess/Schlochauer/Glaubitz, aaO, § 99 Rz. 130). § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG enthält zwar keinen ausdrückl. Hinweis auf eine Kündigung, sondern erfaßt Benachteiligungen ganz allgemein, aber die Versetzung auf einen geringerwertigen Arbeitsplatz, wegen derer eine Änderungskündigung ausgesprochen wird, führt zu einer Benachteiligung in diesem Sinne. § 99 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 BetrVG stellen in gleicher Weise auf betriebl. oder persönl. bzw. in der Person liegende Gründe ab. Es ist daher davon auszugehen, daß der Widerspruchstatbestand der Nr. 4 auch eine Stärkung der kündigungsschutzrechtl. Position der von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer erreichen will.

Liegt der Versetzung eine Änderungskündigung zugrunde, ist in Anlehnung an § 1 Abs. 3 KSchG auch die Sozialauswahl zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluß vom 30. 8. 1995 - 1 ABR 11/95 - AP Nr. 5 zu § 99 BetrVG1972 Versetzung [II A 4b der Gründe]). Es wäre ein Wertungswiderspruch, dem Betriebsrat zwar einerseits das Recht zu geben, bei Beförderungen einzuwenden, daß andere Arbeitnehmer nach sozialen Auswahlkriterien vorrangig hätten berücksichtigt werden müssen (Nr. 3), ihm aber die Berufung auf eben diesen Gesichtspunkt im Rahmen der Nr. 4 zu versagen, soweit es um die Interessenwahrung zugunsten der übergangenen Arbeitnehmer geht. Beide Maßnahmen sind Folgen derselben Betriebsänderung und durch die Erforderlichkeit einer Auswahlentscheidung ursächl. verknüpft.

Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin wird damit das Zustimmungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht zu einem "Vehikel verspäteter individualrechtl. Kündigungsschutzprozesse". Der Arbeitnehmer, der eine Kündigungsschutzklage unterläßt, gibt damit seinen individualrechtl. Kündigungsschutz aus der Hand und kann nur noch auf den Erfolg der kollektiven Interessenvertretung hoffen. Er läuft Gefahr, daß der Betriebsrat die tatsächl. Durchführung der Versetzung nach Verhandlungen mit dem Arbeitgeber toleriert. So ist nicht auszuschließen, daß er seine Zustimmung schließl. erteilt, weil sich der Arbeitnehmer selbst nicht zur Wehr gesetzt hat.

c) Nach den bisherigen Feststellungen des LAG kann nicht ausgeschlossen werden, daß ein Zustimmungsverweigerungsgrund aus § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG besteht. Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob bei der Besetzung der Schichtabteilungsleiterstellen eine Sozialauswahl vorzunehmen war und diese evtl. zugunsten der Arbeitnehmer K. und S. ausgefallen wäre. Deren Versetzung auf eine Stelle als Schichtteamleiter wäre dann als Benachteiligung anzusehen. Das LAG ist offensichtl. davon ausgegangen, daß die neuen Stellen der Schichtabteilungsleiter Beförderungsstellen sind, bei denen keine soziale Rangfolge zu beach- ten wäre. Die bisher getroffenen Feststellungen tragen diese Annahme jedoch nicht. Wie der Senat schon in seinem Beschluß vom 30. 8. 1995 (1 ABR 11/95 - AP Nr. 5 zu § 99 BetrVG1972 Versetzung) im Anschluß an die Rechtspr. des Zweiten Senats des BAG erkannt hat, bleiben auch Beförderungsstellen bei der Prüfung von Umsetzungsmöglichkeiten und bei der diesbezügl. Sozialauswahl nicht uneingeschränkt außer Betracht. Fallen die bisherigen Arbeitsabläufe nicht weg, sondern gestaltet der ArbGeb. sie ledigl. um, so daß auf dem neuen Arbeitsplatz im wesentl. die gleichen Tätigkeiten wie bisher zu verrichten sind, so kommt es nicht darauf an, ob sie als "Beförderungsstellen" ausgestaltet werden. Steht nur eine geringere Zahl derart umgestalteter Arbeitsplätze zur Verfügung, hat der ArbGeb. bei ihrer Besetzung unter den bisherigen Arbeitsplatzinhabern eine Sozialauswahl vorzunehmen. Voraussetzung ist allerdings, daß diese für die neue Stelle persönl. und fachl. geeignet sind (BAG Urt. vom 10. 11. 1994 - 2 AZR 242/94 - AP Nr. 65 zu § 1 KSchG1969 Betriebsbedingte Kündigung).

Das LAG hat keine näheren Feststellungen dazu getroffen, ob es sich bei den Schichtabteilungsleiterstellen um echte Beförderungsstellen handelt. Für die Beantwortung dieser Frage ist die neue Bezeichnung und Eingruppierung nicht allein maßgebl. Es kann sich um eine inhaltl. nur unwesentl. aufgewertete Tätigkeit handeln. Entscheidend ist, ob die Schichtabteilungsleiter im wesentl. die gleichen Aufgaben verrichten wie die bisherigen Schichtleiter bzw. Saalmeister. Der Vortrag der Beteiligten hierzu ist streitig und ohne weitere Feststellungen nicht abschließend zu beurteilen. Das LAG hat darüber hinaus - aus seiner Sicht konsequent - keine Feststellungen getroffen, ob sich der ArbN K. und S. persönl. und fachl. für die Tätigkeit eines Schichtabteilungsleiters eignen.

Der angefochtene Beschluß ist demnach aufzuheben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zur anderweitigen Anhörung und Entsch. zurückzuverweisen. Dieses hat zunächst zu klären, ob es sich bei den Schichtabteilungsleiterstellen um echte Beförderungsstellen oder nur um die geringfügig aufgewertete Tätigkeit der früheren Schichtleiter oder Saalmeister handelt. Im letzteren Fall hätte bei ihrer Besetzung - persönl. und fachl. Eignung der betroffenen ArbN K. und S. vorausgesetzt - eine Sozialauswahl durchgeführt werden müssen. Deren Grundsätze wären dann in Anlehnung an § 1 Abs. 3 KSchG auch im Rahmen des § 9 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG zu berücksichtigen (vgl. im einzelnen Senatsbeschluß vom 30. 8. 1995 - 1 ABR 11/95 - AP Nr. 5 zu § 99 BetrVG1972 Versetzung).

II. Die Rechtsbeschwerde ist ferner begründet, soweit das LAG die Zustimmung des BetrR zur Umgruppierung der ArbN K. und S. ersetzt hat. Der BetrR kann die Zustimmung zur Umgruppierung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern, wenn sie gegen die angewandte tarifl. Vergütungsordnung verstößt. Das hängt hier davon ab, ob die geplante Umgruppierung der ArbN in die Gehaltsgruppe G 7 deren auszuübender Tätigkeit entspricht. Dies kann aber nicht beurteilt werden, solange nicht über die Versetzung entschieden ist. Hat der BetrR seine Zustimmung zur Versetzung zu Recht verweigert, bleibt maßgebend zunächst die bisherige Tätigkeit, die der Gehaltsgruppe G 8 zugeordnet war. Dies wäre anders zu entscheiden, wenn die Zustimmungsverweigerung des BetrR unbegründet sein sollte, K. und S. also rechtswirksam versetzt worden wären. Der BetrR behauptet nämlich nicht, daß die Eingruppierung der neugeschaffenen Tätigkeit eines Schichtteamleiters in die Gehaltsgruppe G 7 unzutreffend sei.

Der Beschluß ist also auch insoweit aufzuheben und die Sache an das LAG zur anderweitigen Anhörung und Entsch. zurückzuverweisen. Ob die Zustimmungsverweigerung des BetrR zur Umgruppierung berechtigt war, hängt von den gleichen Tatfragen ab wie bei der Zustimmungsverweigerung bezügl. der Versetzung.


Anmerkung:

- Zugleich Anmerkung zur Entscheidung Nr. 5 zu § 99 BetrVG 1972 Versetzung -

Der Sachverhalt der vorl. Entsch. birgt eine aktuelle Problematik und läßt sich wie folgt umreißen: Ein ArbGeb. entschließt sich dazu, die bisherige Führungsstruktur des Unternehmens abzuflachen. Statt sechs Führungsebenen soll es künftig nur noch vier geben, zwei Führungsebenen entfallen also. Mitarbeiter, die auf den Hierarchiestufen tätig sind, die in Zukunft entfallen, können entweder auf eine höhere Führungsebene befördert oder auf eine niedrigere Ebene herabgestuft werden.

Der ArbGeb. will einen Teil der betroffenen Mitarbeiter ("Schichtleiter" und "Saalmeister") auf einer höheren Führungsstufe und zu höherem Entgelt als "Schichtabteilungsleiter" beschäftigen. Das BAG hatte im Beschluß vom 30. 8. 1995 die Frage zu beantworten, ob der BetrR dazu die Zustimmung mit der Begründung verweigern kann, der ArbGeb. habe keine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten vorgenommen. Der BetrR hat geltend gemacht, es bestehe die Besorgnis, daß die ArbN, die auf den künftig entfallenden Hierarchieebenen beschäftigt sind und bei der Neubesetzung der höheren Führungsstufe nicht berücksichtigt wurden, Nachteile in Form von Änderungskünd., Beendigungskünd. oder Abqualifizierungen erleiden. Das BAG meint, ein Zustimmungsverweigerungsrecht gem. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG sei gegeben, falls sich nicht feststellen lasse, daß es sich bei der Tätigkeit als "Schichtabteilungsleiter" wirklich um eine Beförderungsstelle handele. Eine echte Beförderungsstelle liege nur vor, wenn ein wesentl. anderer Arbeitsbereich entstanden sei und die neue Stelle eine Qualifikation erfordere, die übergangene ArbN nicht erfüllten und auch nach zumutbarer Umschulung und Fortbildung nicht erreichen könnten [A II 3b der Gründe].

Im Beschluß vom 2. 4. 1996 ging es um ArbN, die herabgestuft und als "Schichtteamleiter" zu einem geringeren Entgelt weiterbeschäftigt werden sollten. Das BAG vertritt hier konsequent die Auffassung, der BetrR habe die Zustimmung zu diesen Maßnahmen gem. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG verweigern dürfen, sofern die Position als "Schichtabteilungsleiter" nicht als echte Beförderungsstelle anzusehen sei, die Betroffenen diese Position hätten ausfüllen können und bei der Besetzung der Stellen die vorzunehmende Sozialauswahl unterblieb.

I. Um die Beschlüsse - auch gerade in ihren Auswirkungen für die Praxis - würdigen zu können, ist es angebracht, sich die rechtl. Rahmenbedingungen vor Augen zu führen, die ein ArbGeb. vorfindet, wenn er die Führungsstruktur seines Unternehmens verändern will.

In den letzten Jahren hat sich zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, daß tiefgestaffelte Hierarchien (größere Unternehmen haben teilweise acht und mehr Führungsebenen) dazu neigen, sich immer weiter aufzublähen. Umständl. Kommunikationswege zwischen den Führungsebenen können notwendige Entscheidungen hinauszögern und eine kostspielige Bürokratie entstehen lassen. Nach der Konzeption des "Lean Management" (dazu etwa Hunold, Lean Production, 1993, S. 56 ff.; Pfeiffer/Weiss, Lean Management, 1992) sollen Hierarchieebenen abgeflacht werden, um Reibungsverluste zu vermeiden und Entscheidungen zu beschleunigen. Einige Führungsstellen entfallen, andere Führungskräfte erhalten dafür einen Zuwachs an Kompetenzen und Eigenverantwortung. Von den notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen sind regelmäßig nicht nur Führungskräfte, sondern auch andere Mitarbeitergruppen betroffen, so etwa, wenn Vorgesetzte ausgewechselt, Abteilungen zusammengelegt oder ArbN in andere Abteilungen versetzt werden.

Entschließt sich ein ArbGeb. zur Einführung eines Lean-Manage-ment-Systems, so muß er die Vorgaben des Individual- und des Kollektivarbeitsrechts beachten (dazu ausführl. Wank[unter Mitarbeit von G. Jansen], Lean Management und Business Reengineering aus arbeitsrechtlicher Sicht, 1995).

Individualarbeitsrechtl. stellt sich die Frage, ob der ArbGeb. die Vielzahl der notwendigen Maßnahmen im Wege des Direktionsrechts anordnen kann oder ob die Arbeitsverträge der betroffenen Mitarbeiter - ggf. durch eine Änderungskünd. - geändert werden müssen. Das Direktionsrecht wird zunächst durch den Inhalt des Arbeitsvertrages begrenzt. Läßt der Arbeitsvertrag eine Veränderung des Aufgabenbereiches zu, weil der Vertrag eine Versetzungsklausel enthält, so muß der ArbGeb. den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten (Wank, aaO, S. 29 f.); zudem unterliegt die Ausübung des Direktionsrechts einer Billigkeitskontrolle entspr. § 315 Abs. 1 BGB (BAG AP Nr. 27, 36, 42 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Die Zuweisung einer geringerwertigen oder schlechter bezahlten Tätigkeit ist regelmäßig ausgeschlossen (vgl. zu einzelnen Fallgruppen Wank, aaO S. 17 ff., 27 ff.). Muß der ArbGeb. eine Änderungskünd. aussprechen, so bedarf diese der sozialen Rechtfertigung. Da es sich um eine betriebsbedingte Änderungskünd. handelt, ist eine Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 3 KSchG vorzunehmen.

Darüber hinaus stehen dem BetrR bei den Umstrukturierungsmaßnahmen Beteiligungsrechte zu (ausf. zur Beteiligung des BetrR Wank, aaO S. 55 ff.). Soll eine Veränderung des Entgeltsystems erfolgen, kommt das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Betracht. Etwaige arbeitstechnische Änderungen sind gem. §§ 90, 91 BetrVG beteiligungspflichtig. Bei Versetzungen hat der BetrR ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 BetrVG. Werden Änderungskünd. ausgesprochen, sind zusätzl. die §§ 102, 103 BetrVG zu beachten. Schließlich kann sich die Veränderung der Führungsstruktur als Betriebsänderung i. S. des § 111 BetrVG darstellen (Betriebseinschränkung oder Betriebsorganisationsänderung, vgl. LAG Köln, Beschluß vom 10. 6. 1996 - 11 Ta BV 23/96 - AiB 1996, S. 669); erforderlich ist stets, daß mind. 5% der ArbN betroffen sind, im übrigen können die Zahlen des § 17 Abs. 1 KSchG herangezogen werden (vgl. BAG AP Nr. 10, 26 zu § 111 BetrVG1972). Liegt eine Betriebsänderung vor, muß der ArbGeb. mit dem BetrR über einen Interessenausgleich verhandeln, außerdem ist ein Sozialplan aufzustellen, § 112 BetrVG.

Wie man sieht, ist es für den ArbGeb. keineswegs einfach, die erforderl. Maßnahmen zur Abflachung der Führungshierarchie durchzusetzen. Das geltende Arbeitsrecht trägt den berechtigten Schutzinteressen der ArbN Rechnung und schränkt die Gestaltungsbefugnis des ArbGeb. individual- und kollektivrechtl. ein. Das BAG hat in den vorl. Entsch. den Arbeitnehmerschutz durch eine recht großzügige Auslegung der Zustimmungsverweigerungsrechte aus § 99 Abs. 2 Nr. 3 und 4 BetrVG verstärkt.

II. Der BetrR kann die Zustimmung gem. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG verweigern, falls der ArbGeb. im Zuge der Umstrukturierungsmaßnahmen einen Mitarbeiter auf einer niedrigeren Führungsebene als bisher weiterbeschäftigen, also "herabstufen" will (dazu unten III). Fraglich ist, ob das Zustimmungsverweigerungsrecht aus § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG eingreift, wenn Mitarbeiter künftig auf einer höheren Führungsebene beschäftigt, also "befördert" werden sollen. Ein Nachteil i. S. des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG könnte sich hier nur für diejenigen ArbN ergeben, die auch für diese Tätigkeit auf der höheren Führungsstufe in Frage gekommen wären, jedoch insoweit übergangen wurden. Nun ist es allerdings allgemein anerkannt, daß der Verlust einer Beförderungschance nicht als Nachteil gem. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG zu werten ist, sofern nicht ausnahmsweise eine Rechtsposition oder Anwartschaft durch die unterbliebene Beförderung gefährdet wird; auch im Kündigungsschutzrecht gibt es keinen Anspruch auf Beförderung. Davon geht auch das BAG im Beschluß vom 30. 8. 1995 aus [A II 2 der Gründe]. Danach vollführt das BAG jedoch eine überraschende Volte.

1. Die Vorinstanz hatte angenommen, zwischen der Versetzung von Mitarbeitern auf eine höhere Führungsebene und der möglichen Herabstufung anderer, übergangener Mitarbeiter bestehe schon kein ursächl. Zusammenhang. Die Herabstufung sei ausschließl. durch die Entscheidung zur Veränderung der Führungsstruktur bedingt, nicht durch die Auswahlentscheidung bei der Besetzung freiwerdender Stellen auf einer höheren Hierarchiestufe. Diese Erwägungen beruhen auf der allgemein anerkannten Voraussetzung, zwischen der personellen Maßnahme und dem Nachteil i. S. des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG müsse ein Kausalzusammenhang bestehen (vgl. dazu Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, 5. Aufl. 1996, § 99 BetrVG, Rnr. 184; Dietz/Richardi, 6. Aufl. 1982, § 99 BetrVG, Rnr. 175; GK-Kraft, 5. Aufl. 1995, § 99 BetrVG, Rnr. 138; Hess/Schlochauer/Glaubitz, 4. Aufl. 1993, § 99 BetrVG, Rnr. 123). Das BAG stimmt dem zu [A II 3a der Gründe], meint aber, die erforderl. ursächl. Verbindung sei auch gegeben, wenn sowohl Herauf- als auch Herabstufung Folge derselben Betriebsänderung seien (so schon BAG AP Nr. 45 zu § 99 BetrVG1972). Dem liegt ein logischer Fehlschluß zugrunde: Sind zwei Maßnahmen durch dasselbe dritte Ereignis bedingt, so folgt daraus nicht, daß auch zwischen den beiden Maßnahmen eine Kausalbeziehung besteht. Ursache für die mögliche Herabstufung oder Abqualifizierung anderer ArbN ist nicht die Versetzung von Mitarbeitern auf neu entstandene Führungspositionen, sondern die Umstrukturierung der Führungshierarchie. Die Umstrukturierung ist als unternehmerische Entscheidung den Versetzungen vorgelagert. Durch die weitherzige Interpretation des Tatbestandsmerkmals "infolge" eröffnet das BAG dem BetrR im Ergebnis bedenkl. weitreichende Möglichkeiten, diese Entscheidung über § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG zu beeinflussen.

2. Als unternehmerische Entscheidung ist nicht nur die Einführung einer neuen Führungsstruktur anzusehen. Der ArbGeb. ist ebenfalls berechtigt, das Anforderungsprofil für bestimmte Führungsstellen festzulegen; auch insoweit kann seine Entscheidung nur daraufhin geprüft werden, ob sie offenbar unsachl. ist (so auch das BAG [A II 3b aa der Gründe]).

Das BAG hält allerdings die Kontrolle für geboten, ob wirkl. eine Beförderungsstelle neu geschaffen wird oder ob eine neue Position nur als Beförderungsstelle etikettiert ist. Entscheidend soll sein, ob ein ArbN seine Tätigkeit auf der Beförderungsstelle im wesentl. unverändert weiter verrichten könnte - dann liegt nach Ansicht des BAG keine echte Beförderung vor. Ist aber der Arbeitsbereich der neu geschaffenen Stelle ein wesentl. anderer und anspruchsvollerer, dann handelt es sich um eine echte Beförderung, auf die ein übergangener ArbN grundsätzlich keinen Anspruch hat [A II 3 bb der Gründe].

a) Das BAG stützt sich insoweit auf seine Rechtspr. zum Kündigungsschutzrecht. In zwei neueren Entsch. (vgl. BAG AP Nr. 65 zu § 1 KSchG1969 Betriebsbedingte Kündigung = NZA 1996, 528) hat das BAG ausgeführt, daß das KSchG dem ArbN zwar keinen Anspruch auf Beförderung gewähre. Dies gelte jedoch nicht für Fallkonstellationen, in denen der ArbGeb. unter Beibehaltung der bisherigen Arbeitskapazitäten den Arbeitsplatz ledigl. als Beförderungsstelle bezeichne, obwohl die Tätigkeit im wesentl. gleich bleibe. Anderenfalls hätte der ArbGeb. die Möglichkeit, einen mißliebigen Mitarbeiter betriebsbedingt mit der Begründung zu kündigen, er habe keinen Anspruch auf eine Beförderung und andere Arbeitsmöglichkeiten seien nicht vorhanden. Damit hat das BAG letztl. nur klargestellt, daß die rechtsmißbräuchl. Etikettierung eines neu geschaffenen Arbeitsplatzes als (Schein-)Beförderungsstelle nicht ausreicht, um die Pflichten zu umgehen, die den ArbGeb. nach dem KSchG treffen.

b) Fragl. ist, welche Bedeutung dieser kündigungsrechtl. Grundsatz für die betriebl. Mitbestimmung nach § 99 BetrVG hat, wenn der ArbGeb. einem Mitarbeiter eine höhere Führungsposition zuweisen will. Wollte man dem BetrR die Befugnis zusprechen, die Zustimmung mit der Begründung zu verweigern, es handele sich um keine echte Beförderungsstelle und übergangene ArbN seien sozial schutzwürdiger, so müßte im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahren eine Inzidentprüfung des § 1 KSchG hinsichtl. der übergangenen ArbN stattfinden.

Gegen eine derartige Überfrachtung des Beteiligungsverfahren läßt sich einwenden, daß der Wortlaut des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG gerade nicht auf die soziale Rechtfertigung der Künd. abstellt, die dem bei einer personellen Maßnahme übergangenen Dritten möglicherweise droht (vgl. Dietz/Richardi, § 99 BetrVG, Rnr. 177; GK-Kraft, § 99 BetrVG, Rnr. 141). Vielmehr kann die Maßnahme schon aus "betriebl. oder persönl. Gründen gerechtfertigt" sein. Der GesGeb. hat eine vom Wortlaut des § 1 KSchG abweichende Formulierung gewählt. Deshalb ist das Zustimmungsverweigerungsrecht ledigl. in Anlehnung an die Wertungen des KSchG auszuüben (so auch das BAG [A II 4b der Gründe] ). Hinzu kommt, daß ein Verstoß gegen § 1 KSchG nach allgemeiner Ansicht keinen Gesetzesverstoß i. S. des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG darstellt. Die Spezialbestimmung des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG erfaßt nämlich nur Gesetze, welche die tatsächl. Beschäftigung eines ArbN verhindern wollen (so auch das BAG [A I der Gründe] unter Hinweise auf seine st. Rechtspr.). Wäre eine Inzidentprüfung des § 1 KSchG im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG erforderl., dann erhielte § 1 KSchG im Ergebnis doch den Charakter einer absoluten Verbotsnorm. Zu bedenken ist auch, daß das Gesetz ein Widerspruchsrecht des BetrR gem. § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG nur vorsieht, wenn soziale Gesichtspunkte bei einer Künd. nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Auch insofern widerspricht eine Vorverlagerung dieser kündigungsschutzrechtl. Aspekte in das Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG der Systematik des Betriebsverfassungsgesetzes.

Das BAG beruft sich demgegenüber auf den Zweck des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG. Die Vorschrift solle unnötige Kündigungen vermeiden und den Kündigungsschutz ergänzen [A II 3a der Gründe]. Der Gesetzeszweck spricht dafür, kündigungsschutzrechtl. Erwägungen in das Widerspruchsrecht des BetrR gem. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG zu implementieren. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß der Gesetzeszweck des § 99 BetrVG die unternehmerische Entscheidung zur Abflachung der Hierarchien und Umgestaltung der Führungsstruktur sowie zur Festlegung neuer Anforderungsprofile nicht in Frage stellen will. Die Organisationsänderung als solche ist betriebsverfassungsrechtl. nur nach §§ 111 ff. BetrVG beteiligungspflichtig und im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 BetrVG als Vorentscheidung hinzunehmen, die nur einer Willkür- und Rechtsmißbrauchskontrolle unterliegt (vgl. Galperin/Löwisch, § 99 BetrVG, Rnr. 87; GK-Kraft, § 99 BetrVG, Rnr. 141; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 99 BetrVG, Rnr. 87). Das entspricht auch den anerkannten kündigungsrechtl. Grundsätzen zur Überprüfung von Unternehmerentscheidungen (BAG AP Nr. 1, 42 zu § 1 KSchG1969 Betriebsbedingte Kündigung). Wenn das BAG betont, der ArbGeb. solle eine Künd. nicht mit der Situation rechtfertigen können, die er durch die Versetzung von Mitarbeitern auf Schein-Beförderungsstellen selbst geschaffen habe, so läuft dies auf eine Rechtsmißbrauchskontrolle hinaus. Im Hinblick auf das allgemeine Verbot des Rechtsmißbrauchs lassen sich die Wertungen des Kündigungsschutzrechts in den Widerspruchstatbestand des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG einbringen.

Die entscheidende Frage ist richtigerweise, ob der ArbGeb. rechtsmißbräuchl. eine Versetzung auf eine Schein-Beförderungsstelle vorgenommen hat, die er einem sozial schutzwürdigeren ArbN vorenthalten will. Liegen dafür keine hinreichende Anhaltspunkte vor, so ist die personelle Maßnahme gem. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG aus betriebl. Gründen gerechtfertigt. Nicht um Rechtsmißbrauch, sondern um eine Versetzung auf eine echte Beförderungsstelle dürfte es sich handeln, wenn die neue Stelle höher vergütet wird und die Tätigkeit sich nicht nur unwesentl. von der bisherigen unterscheidet (anderenfalls stellt sich übrigens die Frage, ob überhaupt eine mitbestimmungspflichtige Versetzung i. S. des § 95 Abs. 3 BetrVG vorliegt, denn geringfügige Änderungen des Tätigkeitsbereichs scheiden aus (BAG AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht; AP Nr. 13, 26 zu § 95 BetrVG1972; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 99 BetrVG, Rnr. 46; Wank, aaO S. 63 f.). Das BAG meint allerdings, die Vergütungsgruppe könne nur einen groben Anhaltspunkt bieten; die Beförderungsstelle müsse einen wesentl. anderen Arbeitsbereich mit erhebl. erweiterten Leitungsbefugnissen und einem höheren Maß an Verantwortlichkeit aufweisen. Je strenger hier der Kontrollmaßstab ist, desto größer ist die Gefahr, daß letztl. die unternehmerische Entscheidung zur Abflachung und Umstrukturierung der Führungshierarchien in Frage gestellt wird (Riepshoff/Wahsner, AiB 1996, S. 488 f., die der Entsch. des BAG zustimmen, wenden sich denn auch ausdrückl. gegen das Modell der Personalkostensenkung durch systematische Rationalisierung im Rahmen eines Lean Management-Konzeptes).

III. Ändert der ArbGeb. die Führungsstruktur und wird ein Mitarbeiter deshalb auf einen Arbeitsplatz mit geringerer Entlohnung herabgestuft, so kann der BetrR die Zustimmung gem. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG verweigern. Auch bei gleichbleibendem Einkommen liegt möglicherweise eine Benachteiligung i. S. des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG vor, falls die neue Arbeitsaufgabe als geringerwertig anzusehen ist, z. B. wegen des Verlustes von Personalführungsbefugnissen oder von Statussymbolen (dazu Wank, aaO S. 64 ff.).

Weil § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG den Schutz des betroffenen ArbN bezweckt, stellt sich die Frage, ob die Vorschrift auch dann eingreift, wenn der ArbN mit der Versetzung einverstanden ist. Im Beschluß vom 2. 4. 1996 hat das BAG zu Recht ausgeführt, daß der BetrR sich in diesem Fall nicht auf § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG berufen kann [B I 2a der Gründe]. Das Einverständnis des Betroffenen soll aber nicht schon dann vorliegen, wenn der ArbN keine Kündigungsschutzklage erhebt, sondern erst dann, wenn er die Versetzung selbst angestrebt hat oder sie seinen Wünschen und seiner freien Entscheidung entspricht [B I 2b der Gründe]. Dies steht im Einklang mit der Rechtspr. des BAG zum endgültigen Wechsel des ArbN in einen anderen Betrieb: Beruht die Versetzung auf dem eigenen Wunsch des Mitarbeiters, so entfällt das Zustimmungsverweigerungsrecht des BetrR gem. § 99 BetrVG im abgebenden Betrieb (BAG AP Nr. 84 zu § 99 BetrVG1972). Beizupflichten ist der Auffassung des BAG, daß der Verzicht auf die Klageerhebung noch kein Einverständnis des ArbN bedeutet und die Beteiligung des BetrR nicht entfallen läßt. Der BetrR ist vor der Durchführung einer personellen Maßnahme gem. § 99 BetrVG zu beteiligen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich in der Regel noch nicht absehen lassen, ob der ArbN die Maßnahme gerichtl. überprüfen lassen wird, zumal bei Versetzungen, die im Wege des Direktionsrechts angeordnet werden, die Klagefrist gem. § 4 KSchG nicht gilt (BAG AP Nr. 8, 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht; ein konkludenter Änderungsvertrag kann daher erst zustande kommen, wenn der ArbN nach der Versetzung länger als drei Wochen widerspruchslos auf dem neuen Arbeitsplatz weiterarbeitet; dazu Wank, aaO S. 42 f.).

Auch im Beschluß vom 2. 4. 1996 hat das BAG die Frage aufgeworfen, ob die herabgestuften ArbN als Schichtabteilungsleiter hätten beschäftigt werden können, weil es sich bei dieser Position nicht um eine echte Beförderungsstelle handelte. Sofern für eine rechtsmißbräuchl. Schein-Beförderung keine hinreichenden Anhaltspunkte vorliegen, ist die Versetzung allerdings gem. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG aus betriebl. Gründen gerechtfertigt.

IV. Die Rechtspr. des BAG zur Besetzung von Beförderungsstellen macht das Arbeitsrecht in der Praxis nicht einfacher. Bei betriebl. Umstrukturierungen ist nicht erst bei der Herabstufung, sondern auch schon bei der Beförderung von Mitarbeitern eine Sozialauswahl durchzuführen - es sei denn, die Anforderungen sind erfüllt, die das BAG an eine "echte" Beförderungsposition stellt. Daß die Stelle höher dotiert ist, reicht nicht aus, um einen Anspruch übergangener ArbN auf die Beförderung auszuschließen, hinzukommen muß eine erhebl. Veränderung und Aufwertung der Tätigkeit. Die Gerichte haben im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes, der im Beschlußverfahren gilt, bei Beförderungen zu überprüfen, inwiefern eine vom ArbGeb. als solche bezeichnete Beförderungsstelle tatsächl. als anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für übergangene ArbN außer Betracht bleiben muß.

Vorinstanzen

LAG Köln

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht