Berufsunfähigkeit - Verweisungsberuf

Gericht

BSG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

05. 04. 2001


Aktenzeichen

B 13 RJ 23/00 R


Leitsatz des Gerichts

  1. Bei der Prüfung von Berufsunfähigkeit verletzt die Tatsacheninstanz die ihr hinsichtlich des Vorhandenseins von Verweisungstätigkeiten obliegende Sachaufklärungspflicht, wenn sie zwar in der Berufsbezeichnung Pförtner einen „Sammelbegriff“ sieht, hinter dem sich eine Vielzahl von Berufsbildern verbirgt, aber die Klärung unterlässt, ob eine und ggf welche der von dem Sammelbegriff erfassten Tätigkeiten für den Versicherten konkret noch in Betracht kommt.

  2. Auf die von der Bekl. insoweit zu tragende Darlegungslast und objektive Beweislast kommt es erst dann an, wenn die benannten Verweisungsberufe sämtlich ausscheiden und eine andere Verweisungstätigkeit für das Gericht nach Aktenlage oder auf Grund Gerichts- bzw Allgemeinkunde nicht ersichtlich ist (Anschluss an und Fortführung von BSGE 78, 207 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13).

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bet. streiten nur noch über die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU).

Der am 5. 3. 1942 geborene Kl. erlernte den Beruf eines Kessel- und Behälterbauers. Nach Abschluss seiner Ausbildung im Jahre 1959 arbeitete er bis März 1962 als Formenträger und anschließend bis September 1976 als Kraftfahrer und Messgehilfe. Von September 1976 bis November 1978 war er als Aufkäufer von Wertstoffen tätig, ohne für diese Zeit Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Danach war er bis Oktober 1994 als Schulhausmeister und (zeitweise) Heizer beschäftigt.

Den am 19. 1. 1994 gestellten Antrag auf Zahlung von Rente wegen BU bzw Erwerbsunfähigkeit (EU) nach dem SGB VI bzw Invalidenrente nach Art 2 § 7 des Rentenüberleitungsgesetzes (RISSiG) lehnte die Bekl. ab, weil der Kl. mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig Arbeiten verrichten könne. Auf Grund seines beruflichen Werdegangs sei er als angelernter Arbeiter zu beurteilen und somit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Das LSG hat auf die Berufung des Kl. die Bekl. verurteilt, dem Kl. ab 24. 3. 1994 Rente wegen BU zu bewilligen, und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen.

Die Revision war iS der Zurückverweisung erfolgreich.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Streitig ist im Revisionsverfahren allein noch die Gewährung von Rente wegen BU, weil nur die Bekl. gegen die im Berufungsurteil ausgesprochene Verurteilung zur Zahlung von Rente wegen BU Rechtsmittel eingelegt hat. Hinsichtlich der Ablehnung der Ansprüche des Kl. auf Gewährung von Rente wegen EU und - hilfsweise - von Invalidenrente ist das Urteil des LSG rechtskräftig. Streitig ist auch nur noch die Zahlung von Rente wegen BU ab dem 24. 3. 1994, nachdem der Kl. insoweit seinen Antrag im Berufungsverfahren eingeschränkt hat.

Der Rentenanspruch des Kl. richtet sich nach § 43 SGB VI in der bis zum 31. 12. 2000 geltenden Fassung. Die zum 1. 1. 2001 durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbsG) vom 20. 12. 2000 (BGBl I 1827) in Kraft getretene Neuregelung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Art 24 RRErwerbsG) berührt den Anspruch des Kl. nach dem bisherigen Recht nicht (§ 300 II SGB VI).

§ 43 SGB VI in der bisherigen Fassung setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§ 43 I 1 Nr 3 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls (§ 43 I 1 Nr 2 SGB VI) voraus. Darüber hinaus muss BU vorliegen (§ 43 I 1 Nr 1 SGB VI).

Berufsunfähig sind nach § 43 II SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die bisherigen Tatsachenfeststellungen lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob der Kl. berufsunfähig iS dieser Vorschrift ist.

Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der „bisherige Beruf“, den der Versicherte ausgeübt hat (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 107, 169). In der Regel ist dies die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 130, 164).

Nach diesen Grundsätzen hat das LSG zutreffend als bisherigen Beruf des Kl. den eines (Schul-)Hausmeisters angenommen. Nicht zu beanstanden ist, dass es den von dem Kl. erlernten Beruf eines Kessel- und Behälterbauers der Beurteilung nicht zu Grunde gelegt hat, weil der Kl. sich nach der Ausbildung in diesem Beruf anderen Berufen zugewandt hatte. Auch diese anderen, vor der Hausmeistertätigkeit ausgeübten Berufe hatte der Kl. nach den Feststellungen des LSG endgültig aufgegeben, ohne aus Gesundheitsgründen dazu gezwungen gewesen zu sein. Daher durften sie für die Beurteilung der BU außer Betracht bleiben.

Den Beruf eines (Schul-)Hausmeisters kann der Kl. nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Damit ist er aber noch nicht berufsunfähig; dies ist vielmehr erst dann der Fall, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Aus gesundheitlichen Gründen sind dem Kl. nach den tatrichterlichen Feststellungen vollschichtig nur noch leichte Arbeiten ohne dauerndes Sitzen und Stehen möglich. Ob auf Grund dieses Leistungsvermögens dem Kl. noch sozial zumutbare und fachlich geeignete Berufstätigkeiten möglich sind, lässt sich anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nr 132, 138, 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten, förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 II 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl zB BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 27, 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 143; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 5).

Dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des LSG ist zu entnehmen, dass dieses den Kl. zumindest als angelernten Arbeiter des oberen Bereichs angesehen hat. Die dieser Beurteilung zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen sind von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden. Das LSG hat es weiter aber offengelassen, ob der Kl. nach dem Stufenschema des BSG sogar dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen ist. Auf dieser Grundlage könnte ein Rentenanspruch nur dann bejaht werden, wenn dem Kl. auch unter Zugrundelegung der vom LSG als möglich angesehenen Einstufung in den oberen Bereich der Gruppe angelernter Arbeiter keine Verweisungstätigkeit aufgezeigt werden könnte. Davon ist das LSG zwar offenbar ausgegangen. Doch hat es insoweit keine hinreichenden Tatsachenfeststellungen getroffen.

Soweit die Vorinstanz den Beruf eines Pförtners als Verweisungsberuf geprüft hat, sind seine Tatsachenfeststellungen im wesentlichen auf Grund einer Verkennung des Umfanges der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) zu unbestimmt geblieben. Obwohl das LSG diese Berufsbezeichnung als Sammelbegriff angesehen hat, der eine Vielzahl von Berufsbildern erfasst, ist es nicht für erforderlich gehalten worden, dieser Vielfalt weiter nachzugehen, also nach konkreten Pförtnerberufen zu suchen, die als Verweisungstätigkeit in Betracht kommen. Eine diesbezügliche Sachaufklärungspflicht bestand jedenfalls insoweit, als ein Einsatz des Kl. in diesem Berufsfeld. nicht von vornherein aus Gründen der sozialen Zumutbarkeit oder der fachlichen bzw gesundheitlichen Eignung ausschied.

Der Umfang der dem Tatsachengericht obliegenden Amtsermittlungspflicht richtet sich nach dem Streitgegenstand, dh nach dem Anspruch des Kl. sowie der Verteidigung des Bekl. und der möglichen Entscheidung des Gerichts (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, § 103 RdNr 4); die Ermittlungen haben sich somit auf alle Umstände zu beziehen, die rechtlich erheblich sind (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, Kap III RdNr 11; Wenner/Terdenge/Martin, Grundzüge der Sozialgerichtsbarkeit, 2. Aufl, RdNr 321). Zwar haben die Bet. die Pflicht, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken (§ 103 Satz 1 Hs 2 SGG), eine Beweisführungslast oder -pflicht iS der Verpflichtung, die Beweismittel selbst beizubringen, haben sie dagegen nicht (Meyer-Ladewig aaO RdNr 19; zum Umfang der Mitwirkungspflicht vgl auch Krasney/Udsching aaO Kap III RdNr 16). Die Frage nach der Verteilung der sog objektiven Beweislast stellt sich erst, wenn das Gericht bestimmte Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen kann (BSGE 27, 40 = SozR Nr 8 zu § 548 RVO).

Den notwendigen Ermittlungen zur Prüfung etwa vorhandener Verweisungsberufe durfte das Berufungsgericht sich auch nicht unter Bezugnahme auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 14. 5. 1996 - 4 RA 60/94 - (BSGE 78, 207 = SozR3-2200 § 43 Nr 13) mit dem Hinweis entziehen, die Bekl. sei ihrer Pflicht zur Benennung einer zumutbaren Verweisungstätigkeit nicht nachgekommen und es sei weder das Recht noch die Pflicht der zur Neutralität verpflichteten Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit, von Amts wegen Beweise zu erheben, wenn sich weder aus dem Beteiligtenvorbringen noch aus der Aktenlage oder aus Gerichts- oder Allgemeinkunde konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines fachlich und gesundheitlich zumutbaren Vergleichsberufs aufdrängten. Soweit der 4. Senat in der zitierten Entscheidung auf die dem Versicherungsträger obliegende Darlegungslast und objektive Beweislast für das Vorhandensein eines zumutbaren Verweisungsberufs verwiesen hat, darf dies nicht verwechselt werden mit dem im zivilprozessualen Verfahren geltenden Beibringungsgrundsatz, wonach der Bet., der sich auf eine ihm günstige Tatsache beruft, die Beweismittel für das Vorliegen dieser Tatsache beizubringen hat. Auch der 4. Senat geht in der zitierten Entscheidung grundsätzlich von der Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen aus und hat lediglich einschränkend ausgeführt, dass dieser Grundsatz nicht zu Ermittlungen „ins Blaue hinein“ oder zur Erhebung von Ausforschungsbeweisen verpflichtet (BSGE 78, 207, 213 = BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 13). Der Hinweis des 4. Senats auf die Neutralitätspflicht der Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit entbindet diese Gerichte aber nicht von der im Gesetz verankerten Pflicht, von Amts wegen Beweise zu erheben, um den Sachverhalt aufzuklären. Insbesondere hat das Berufungsgericht übersehen, dass die Verpflichtung, von Amts wegen Beweise zu erheben, nur dann nicht (mehr) besteht, wenn sich weder aus dem Beteiligtenvorbringen noch aus der Aktenlage oder aus Gerichts- oder Allgemeinkunde konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Vergleichsberufen aufdrängen (BSGE 78, 207, 216 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13). Auch nach dem erwähnten Urteil ist demnach konkreten, sich aufdrängenden Anhaltspunkten im Wege der Amtsermittlung nachzugehen. lm übrigen hat der 4. Senat in einem anderen Urteil ausdrücklich die Pflicht des Berufungsgerichts betont, nach der Ermittlung des qualitativen Wertes des „bisherigen Berufs“ und der dementsprechenden Eingruppierung in das Mehrstufenschema nach einer qualitativ und gesundheitlich „zumutbaren“ Verweisungstätigkeit zu suchen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 41). Im Einzelfall mag zwar zweifelhaft sein, welches Maß an tatsächlichen Angaben oder Anhaltspunkten vorliegen muss, um die Tatsacheninstanz zu weiteren Ermittlungen zu drängen (vgl hierzu Wenner/Terdenge/Martin aaO RdNr 328; Schultes, SGb 1997, 555, 559); ein solcher Zweifelsfall liegt hier aber nicht vor.

Hinsichtlich des von der Bekl. als zumutbare Verweisungsmöglichkeit benannten Pförtnerberufs ergeben sich bereits - wie das LSG selbst erkannt hat - deutliche Anhaltspunkte dafür, dass sich hinter der Berufsbezeichnung Pförtner als einem „Sammelbegriff“ eine Vielzahl von unterschiedlichen konkreten Pförtnertätigkeiten verbirgt. Damit liegt auch nahe, dass die einzelnen Pförtnertätigkeiten je nach Einsatz- und Aufgabenbereich unterschiedliche Anforderungen an den Versicherten stellen und dementsprechend auch differenziert bewertet und tariflich eingestuft sein können.

Des weiteren lässt sich der bisherigen Rechtsprechung des BSG entnehmen, dass der Pförtnerberuf eine Vielzahl von unterschiedlichen Tätigkeiten umfasst und dem Kl. jedenfalls dann bestimmte Pförtnertätigkeiten sozial zumutbar sein können, wenn er (nur) einem angelernten Arbeiter des oberen Bereichs gleichzustellen ist. Auch wenn von der Rechtsprechung bereits herausgestellt worden ist, dass ein Facharbeiter nicht ohne weiteres auf einfache Pförtnertätigkeiten, die den ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zuzurechnen sind, verwiesen werden kann (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 17, 55; SozR 2000 § 1241d Nr 5), so gilt dies nicht in gleichem Maße für die angelernten Arbeiter des oberen Bereichs. Letztere sind nach dem sog Stufen- und Verweisungsschema grundsätzlich auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, soweit es sich nicht um allereinfachste Tätigkeiten oder Verrichtungen handelt (vgl dazu BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Für die Existenz von Pförtnertätigkeiten, die sich soweit aus diesen allereinfachsten Arbeiten herausheben, dass ein angelernter Arbeiter des oberen Bereichs zumutbar hierauf verwiesen werden kann, ergeben sich aus der bisherigen Rechtsprechung zahlreiche Hinweise (vgl hierzu Senatsurteile vom 17. 12. 1997 - 13 RJ 59/97 - und vom 22. 10. 1996 - 13 RJ 35/95; siehe auch BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 21, 61). Wegen der Vielfalt der in der Lebenswirklichkeit vorkommenden Pförtnertätigkeiten kann noch nicht einmal ausgeschlossen werden, dass bestimmte Pförtnertätigkeiten aufgrund ihrer qualitativen Anforderungen sogar den sonstigen Ausbildungsberufen oder gar Facharbeitertätigkeiten gleichzustellen sind (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 21), so dass der Kl. auch als Facharbeiter auf derartige Pförtnertätigkeiten zumutbar verwiesen werden könnte.

Angesichts dieser konkreten Anhaltspunkte für das Vorhandensein von im Bereich der Pförtnerberufe vorhandenen Verweisungstätigkeiten sind die Feststellungen des LSG unzureichend, wenn es zum einen der Berufsbezeichnung Pförtner eine Vielzahl von Berufsbildern zuspricht, zum anderen aber ohne Klärung der angesprochenen Vielfalt den rechtlichen Schluss zieht, eine Verweisung auf diesen Beruf komme nicht in Betracht.

Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob das LSG auch insoweit seine Sachaufklärungspflicht verletzt hat, als ungeklärt geblieben ist, ob der Kl. den fachlichen Anforderungen genügt, wie sie an Bahn- und Weichenwärter, Waschanlagenführer oder Maschinenwärter zu stellen sind.

Auf die von der Bekl. zu tragende Darlegungslast und objektive Beweislast kommt es erst dann an, wenn die hier erwähnten Berufe auch nach dem Ergebnis weiterer Ermittlungen als Verweisungstätigkeiten nicht in Betracht kommen und ein anderer Verweisungsberuf für das Gericht nicht ersichtlich ist.

Da der erkennende Senat die erforderlichen, weiteren Ermittlungen im Revisionsverfahren nicht selbst nachholen kann (vgl § 163 SGG), ist das Berufungsurteil gemäß § 170 II 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Vorinstanzen

LSG SaAnh., L 3 RJ 4/97, 9.9.1999

Rechtsgebiete

Sozialrecht