Rückabwicklung nach einem Statusurteil

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

29. 05. 2002


Aktenzeichen

5 AZR 680/00


Leitsatz des Gerichts

Ist ein Arbeitsverhältnis von den Vertragsparteien irrtümlich als freies Mitarbeiterverhältnis angesehen und behandelt worden und kann der Arbeitgeber deshalb die Rückzahlung überzahlter Honorare verlangen (BAG 14. März 2001 - 4 AZR 152/00 - BAGE 97, 177; 21. November 2001 - 5 AZR 87/00 - zVv.; 12. Dezember 2001 - 5 AZR 257/00 - zVv.), so umfasst der Anspruch die Summendifferenz zwischen sämtlichen Honorarzahlungen und sämtlichen Vergütungsansprüchen. In die vorzunehmende Verrechnung ist auch ein etwaiger tariflicher Abfindungsanspruch einzubeziehen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die klagende Rundfunkanstalt fordert Honorarzahlungen zurück, die ihr Rechtsvorgänger SWF an den Beklagten über dessen tarifliche Gehaltsansprüche hinaus geleistet hat. Mit seiner Widerklage begehrt der Beklagte eine Abfindung gemäß dem Manteltarifvertrag.

Der Beklagte war beim SWF vom 1. Juli 1990 bis zum 31. März 1995 als Reporter und redaktioneller Mitarbeiter tätig. Er war in diesem Zeitraum Mitglied der IG Medien. Der Beschäftigung lagen mehrere befristete Rahmenvereinbarungen zugrunde, die durch nachträglich erstellte, auf bestimmte Dienstleistungen bezogene Honorarverträge ausgefüllt wurden. Der SWF wendete den von ihm mit der IG Medien abgeschlossenen Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen an. Danach zahlte er an den Beklagten im Vertragszeitraum insgesamt 538.740,02 DM an Honoraren und führte Beiträge zum Versorgungswerk der Presse in Höhe von 21.805,97 DM ab. Ferner hatte der SWF mit der IG Medien mehrere Tarifverträge für Arbeitnehmer abgeschlossen, ua. den Manteltarifvertrag vom 9. Juni 1976 (MTV) einschließlich einer Vergütungsordnung sowie Gehaltstarifverträge.

Mit Urteil vom 22. April 1998 (- 5 AZR 342/97 - BAGE 88, 263) stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass zwischen dem SWF und dem Beklagten vom 1. Juli 1990 bis zum 31. März 1995 Arbeitsverhältnisse bestanden und das letzte Arbeitsverhältnis auf Grund wirksamer Befristung mit Ablauf des 31. März 1995 endete.

Die Klägerin machte mit Schreiben vom 19. November 1998 erstmals Rückforderungsansprüche gegen den Beklagten geltend. Der Beklagte machte seinerseits mit Schreiben vom 16. Dezember 1998 einen Abfindungsanspruch nach Rn. 249 MTV geltend, wobei er eine geschuldete Grundvergütung für den Vertragszeitraum in Höhe von 370.704,75 DM zugrunde legte. Zuvor hatte der Justitiar der Klägerin am 10. August 1998 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten telefonisch erklärt, die Klägerin werde sich nicht auf Verjährung und Ausschlussfristen berufen.

Mit der im Februar 1999 erhobenen Klage begehrt die Klägerin Rückzahlung überzahlter Honorare.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zur Zahlung von 147.707,50 DM zzgl. 4 % Zinsen hieraus seit dem 31. Dezember 1998 zu verurteilen und die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und die Klägerin zu verurteilen, an ihn 18.535,24 DM brutto = netto zzgl. 6 % Zinsen seit dem 15. April 1995 zu zahlen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 17.258,93 DM brutto nebst Zinsen zu zahlen, und die weitergehende Widerklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin mit einer Maßgabe zum Zinsanspruch zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel unverändert weiter.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nur hinsichtlich der Widerklage begründet, im übrigen unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die Klage unbegründet ist. Ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin ist zwar dem Grunde nach entstanden, aber gemäß der tariflichen Ausschlussregelung verfallen.

1. Der Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Honorare folgt aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB, da das Dienstverhältnis als Rechtsgrund für die Honorarzahlungen nicht bestanden hat und die Klägerin deshalb Leistungen rechtsgrundlos erbracht hat.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (14. März 2001 - 4 AZR 152/00 - BAGE 97, 177, zu V 2 der Gründe mwN) kann der Arbeitgeber die Rückzahlung überzahlter Honorare verlangen, wenn der Arbeitnehmerstatus eines vermeintlich freien Mitarbeiters rückwirkend festgestellt wird. Mit dieser Feststellung steht zugleich fest, dass der Dienstverpflichtete als Arbeitnehmer zu vergüten war und ein Rechtsgrund für die Honorarzahlungen nicht bestand, wenn bei dem Dienstberechtigten unterschiedliche Vergütungsordnungen für freie Mitarbeiter und für Arbeitnehmer galten. War anstelle eines höheren Honorars das für Arbeitnehmer vorgesehene niedrigere Arbeitsentgelt zu zahlen, umfasst der Bereicherungsanspruch des Arbeitgebers nicht sämtliche Honorarzahlungen, sondern nur die Differenz zwischen beiden Vergütungen. Im übrigen ist er nicht ohne Rechtsgrund bereichert.

b) Der Honoraranspruch des Beklagten war im Streitfalle unstreitig höher als der arbeitsvertragliche Vergütungsanspruch, wenn man von einer etwaigen Mehrarbeitsvergütung absieht (dazu unten II 3 b dd). Der Vergütungsanspruch ergab sich gem. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend aus den für Arbeitnehmer abgeschlossenen Tarifverträgen, insbesondere der Vergütungsordnung und der "Allgemeinen Vergütungstabelle", da der Beklagte kraft Organisationszugehörigkeit und der SWF als Tarifvertragspartei an die Tarifverträge gebunden waren. Allein aus dem Umstand, dass der Beklagte fälschlich als freier Mitarbeiter angesehen und entsprechend vergütet wurde, durfte er nicht schließen, die Honorarvereinbarung sei unabhängig von dem tatsächlichen Status und stelle eine übertarifliche Vergütung dar, wenn die Tätigkeit tatsächlich im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht werde.

c) Dem Rückzahlungsanspruch steht § 814 BGB nicht entgegen.

aa) Nach § 814 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewußt hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Erforderlich ist die positive Kenntnis der Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung, nicht ausreichend die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt. Der Leistende muß wissen, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Dafür ist der Leistungsempfänger darlegungs- und beweispflichtig.

bb) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfalle nicht vor. Zwar hat der Beklagte behauptet, der SWF habe unter Ausnutzung seiner Machtstellung und in Kenntnis der Rechtslage den Abschluss von Dienstverträgen als freier Mitarbeiter verlangt. Er bleibt jedoch jeglichen konkreten Vortrag hierzu schuldig. Insbesondere ist nicht ersichtlich, welche Kenntnisse der SWF im Hinblick auf die rechtliche Qualifizierung des Beschäftigungsverhältnisses tatsächlich hatte und woraus sich ergeben könnte, dass die Leistungen auch für den Fall der Nichtschuld erbracht werden sollten.

2. Die Höhe des Anspruchs bedarf ebenso wie ein etwaiger Wegfall der Bereicherung im vorliegenden Zusammenhang keiner Prüfung. Der Anspruch ist jedenfalls gem. Rn. 811 Abs. 2 Satz 1 MTV verfallen. Nach dieser Bestimmung sind sonstige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Fälligkeit, spätestens aber drei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen; dies gilt auch für Ansprüche der Rundfunkanstalten.

a) Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass die tarifvertraglichen Ausschlussfristen für das Arbeitsverhältnis unmittelbar und zwingend galten, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG.

b) Der Rückforderungsanspruch der Klägerin fällt nicht unter Rn. 811 Abs. 1 MTV, sondern als "sonstiger Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis" unter Rn. 811 Abs. 2 Satz 1 MTV. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der wortgleichen Regelung des Tarifvertrags einer anderen Rundfunkanstalt. Die rückwirkende Feststellung des Arbeitnehmerstatus führt dazu, dass die in dem Vertragsverhältnis erbrachten Leistungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erbracht wurden, auch wenn sie aus Sicht der Parteien seinerzeit als Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vertragsverhältnis als freier Mitarbeiter erfolgt sind (BAG 14. März 2001 aaO, zu V 3 der Gründe).

c) Der Lauf der Verfallfrist für den Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung der überzahlten Beträge beginnt erst, wenn feststeht, dass das Vertragsverhältnis kein freier Dienstvertrag, sondern ein Arbeitsverhältnis war. Erst ab diesem Zeitpunkt der rechtsbeständigen gerichtlichen oder außergerichtlichen Klärung kann erwartet werden, dass der Arbeitgeber seine Ansprüche wegen Überzahlung geltend macht. Eine frühere Geltendmachung ist nicht zumutbar, weil vom Arbeitgeber ein widersprüchliches Verhalten verlangt würde. Die Korrektur des Vertragsverhältnisses kommt vorher nicht in Frage. Außerdem kann der Arbeitnehmer frei entscheiden, ob und ggf. für welchen Zeitraum er sich rückwirkend auf seinen Arbeitnehmerstatus beruft. Deshalb lässt sich der maßgebliche Anspruchszeitraum im voraus nicht sicher bestimmen. Der Arbeitnehmer kann demgegenüber etwaige Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers überprüfen. Er muß nicht durch die Geltendmachung des Arbeitgebers gesondert auf dieses Risiko hingewiesen werden (BAG 14. März 2001 aaO, zu V 4 b der Gründe).

d) Diese Rechtsprechung des Vierten Senats steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Danach wird der Rückforderungsanspruch bei Überzahlungen in einem bestehenden Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Überzahlung fällig. Doch muß es dem Gläubiger tatsächlich möglich sein, seinen Anspruch geltend zu machen. Ihm obliegt es, ohne schuldhaftes Zögern die Voraussetzungen zu schaffen, um seinen Anspruch beziffern zu können. In Fällen der vorliegenden Art kann der Arbeitgeber die Überzahlung in der Regel erst im Zeitpunkt der rechtskräftigen Feststellung oder der außergerichtlichen Klärung erkennen. Bis dahin darf er auf seinem abweichenden Rechtsstandpunkt bestehen.

e) Danach begann der Lauf der Ausschlussfrist nach Rn. 811 Abs. 2 Satz 1 MTV mit der Verkündung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts am 22. April 1998. Anwendbar ist nicht die zwölfmonatige, sondern die dreimonatige Frist, da das Arbeitsverhältnis bereits beendet war. Die Tarifvertragsparteien haben für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewusst eine kürzere Ausschlussfrist gewählt, um nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses rasch Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die Arbeitsvertragsparteien zu schaffen. Dem lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, das Arbeitsverhältnis habe bereits im Jahre 1995 geendet. Die Tarifnorm erlaubt weder nach ihrem Wortlaut noch nach dem tariflichen Zusammenhang eine Auslegung dahin, falls das Arbeitsverhältnis bei Fristbeginn bereits beendet sei, sei keine oder die zwölfmonatige Ausschlussfrist anzuwenden. Vielmehr greift gerade auch in diesem Falle der dargestellte Zweck der Norm ein. Da der Senat im Vorprozess entschieden hat, dass das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit dem 31. März 1995 geendet hat, stand mit Verkündung des Urteils die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses fest. Die Ausschlussfrist ist deshalb gem. § 188 Abs. 2 BGB mit dem 22. Juli 1998 abgelaufen. Die Geltendmachung der Klageforderung mit Schreiben vom 19. November 1998 war nicht mehr geeignet, die Ausschlussfrist zu wahren. Eine frühere Geltendmachung liegt nicht etwa in dem Klageabweisungsantrag im Vorprozess.

f) Nimmt man entgegen der Auffassung oben c) an, die Rückforderungsansprüche seien jeweils im Zeitpunkt der Zahlung der Honorare fällig geworden, begann die Ausschlussfrist spätestens am 31. März 1995. Da zu diesem Zeitpunkt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien noch nicht feststand, war zugunsten der Klägerin die zwölfmonatige Frist der Rn. 811 Abs. 2 Satz 1 MTV anzuwenden. Diese ist mit dem 31. März 1996 abgelaufen. Auch insoweit war die Geltendmachung vom 19. November 1998 verspätet.

II. Die Widerklage ist ebenfalls unbegründet. Der Abfindungsanspruch ist zwar in Höhe von 17.258,93 DM entstanden. Da der SWF aber während der Dauer des Vertragsverhältnisses insgesamt mindestens das gezahlt hat, was dem Beklagten einschließlich des Abfindungsanspruchs als Arbeitnehmer zustand, kann der Beklagte keine weitere Zahlung verlangen.

1. Der Beklagte erfüllt die Voraussetzungen des Abfindungsanspruchs nach Rn. 249 MTV. Danach erhält ein Arbeitnehmer bei Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses von mehr als zwölf Monaten Dauer und gleichzeitigem Ausscheiden eine Abfindung von 5 vom Hundert der während der Vertragsdauer bezogenen Grundvergütung. Der Beklagte war vom 1. Juli 1990 bis zum 31. März 1995 ununterbrochen in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Die Ausnahmeregelungen der Rn. 249 Satz 2 MTV greifen nicht ein. Der Beklagte erhielt weder im Hinblick auf die Befristung eine übertarifliche Vergütung, noch begründete er unmittelbar nach dem Ausscheiden ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei einer anderen Rundfunkanstalt.

2. Die Höhe des Anspruchs beträgt 17.258,93 DM. Die Vorinstanzen haben zu Recht das 13. Gehalt als Teil der Grundvergütung angesehen. Ob darüber hinaus auch das Urlaubsgeld einzubeziehen ist, ist nicht mehr zu entscheiden, da der Beklagte seine diesbezügliche Berufung zurückgenommen hat. Der Anspruch ist am 31. März 1995 fällig geworden. Die Erhebung der Feststellungsklage im Jahre 1995 hat die Fälligkeit nicht hinausgeschoben.

3. Der Beklagte kann Zahlungen aus dem Arbeitsverhältnis aber nur beanspruchen, soweit er nicht bereits Leistungen erhalten hat. Die Ansprüche als freier Mitarbeiter und als Arbeitnehmer sind jedenfalls gegenseitig aufeinander anzurechnen. Ein restlicher Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers besteht ebenso wie ein Bereicherungsanspruch des Arbeitgebers nur, soweit im Vertragsverhältnis insgesamt zu wenig oder zuviel gezahlt worden ist. Der Beklagte hat vom SWF Zahlungen in mindestens der Höhe erhalten, wie sie ihm einschließlich des Abfindungsanspruchs zustanden. Deshalb ist auch sein Abfindungsanspruch erloschen.

a) Der SWF hat an den Beklagten Honorare nach dem Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen in der unstreitigen Höhe von 538.740,02 DM zzgl. weiterer 21.805,97 DM an Beiträgen zum Versorgungswerk der Presse gezahlt.

b) Demgegenüber stand dem Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis selbst unter Einbeziehung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung eine Vergütung von weniger als 500.000,00 DM zu.

aa) Die Klägerin hat tarifliche Vergütungsansprüche in Höhe von 350.778,50 DM eingeräumt, zzgl. der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung insgesamt 412.838,49 DM.

bb) Soweit der Beklagte eine Tarifvergütung von 370.704,75 DM annimmt, bestehen Bedenken gegen die Schlüssigkeit seines Vortrags; denn hiernach ist nicht erkennbar, dass seine vorausgegangene Tätigkeit bei den Südschwäbischen Nachrichten die Eingruppierungsvoraussetzung einer dreijährigen Redakteurstätigkeit bei einem Verlag gem. VergGr. IX erfüllt. Jedenfalls ergibt sich einschließlich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung ein Betrag von höchstens 440.000,00 DM.

cc) Nach dem Vortrag der Parteien muß angenommen werden, für den Beklagten wären auch als Arbeitnehmer Beiträge zum Versorgungswerk der Presse in entsprechender Höhe von 21.805,97 DM angefallen. Zu diesem Einwand des Beklagten hat die Klägerin nicht mehr Stellung genommen.

dd) Dagegen hat der Beklagte keine Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung einschließlich Mehrarbeitszuschlägen erworben. Sein Vortrag hierzu ist nicht ausreichend substantiiert und deshalb unschlüssig.

Der Arbeitnehmer, der die Vergütung von Überstunden fordert, muß im einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Dem Arbeitgeber obliegt, dem Vortrag substantiiert entgegenzutreten. Erst anhand des konkreten Sachvortrags kann das Gericht feststellen, welche Tatsachen streitig sind. Sache des Arbeitnehmers ist es dann, im einzelnen Beweis für die geleisteten Stunden anzutreten. Der Anspruch auf Überstundenvergütung setzt ferner voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren. Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Arbeitsvertragsparteien bei projektbezogener Arbeitsleistung fälschlich das Bestehen eines freien Mitarbeiterverhältnisses angenommen haben. Regelmäßig treten dabei Anordnung, Billigung oder Duldung von Mehrarbeit hinter die Erforderlichkeit des zeitlichen Umfangs der Arbeitsleistung zurück, weil die Vertragsparteien von einer größeren Eigenständigkeit des Dienstverpflichteten ausgegangen sind. Ohne konkrete Darlegung bestimmter Zeiträume kann sich der Arbeitgeber aber auch hier zum Umfang der Arbeitsleistung nicht näher einlassen. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen nachträglich darlegen zu können, ist das Risiko dessen, der sich als freier Mitarbeiter rückwirkend auf den Arbeitnehmerstatus beruft.

Der Beklagte hat zur Erforderlichkeit der von ihm behaupteten Arbeitsstunden nichts dargelegt. Überstunden wurden nicht angeordnet. Die nachträglich angefertigten Arbeitsnachweise dienten der Erstellung der Pauschalabrechnungen in dem von beiden Parteien angenommenen freien Mitarbeiterverhältnis und belegen nicht die Duldung etwaiger Überstunden durch den SWF. Ersichtlich kam es nach den Honorarvereinbarungen auf den Umfang der Arbeitszeit nicht an, da der Beklagte eine Pauschalabgeltung nach Tagessätzen erhielt. Der Beklagte hat nicht nachvollziehbar vorgetragen, der Tagessatz eines freien Mitarbeiters habe mehr als der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit eines Arbeitnehmers entsprochen. Deshalb kann die Bedeutung der Rn. 322 MTV für den Streitfall dahinstehen, wonach ein Mehrarbeitsvergütungsanspruch erst entsteht, wenn innerhalb eines Ausgleichszeitraums von zwei Wochen ein Freizeitausgleich nicht möglich war. Schließlich fehlt es an der hinreichend bestimmten Darlegung der Arbeitszeiten. Der Beklagte hat diese lediglich summarisch nach ihrem Umfang, nicht jedoch nach ihrer Lage vorgetragen. Die Arbeitsnachweise ergeben keinen weiteren Aufschluss.

ee) Der Beklagte macht Sonn- und Feiertagszuschläge für den gesamten Zeitraum des Arbeitsverhältnisses in Höhe von etwa 7.663,00 DM geltend. Ein Anspruch kann zu seinen Gunsten in dieser Höhe unterstellt werden.

c) Der Abfindungsanspruch des Beklagten ist mit dem überzahlten Betrag zu verrechnen.

aa) Werden Zahlungen in einem von den Vertragsparteien als solchem nicht erkannten Arbeitsverhältnis geleistet, kann darin eine Erfüllung oder teilweise Erfüllung der arbeitsvertraglichen Ansprüche gem. § 362 Abs. 1 BGB liegen. Die Tilgungsbestimmung des Leistenden setzt keine rechtlich zutreffende Qualifizierung der geschuldeten Forderung als arbeitsvertragliche oder dienstvertragliche voraus. Zahlungen auf bestimmte Forderungen können aber nicht als Zahlungen auf Forderungen, die auf anderen Lebenssachverhalten beruhen, angesehen werden. Deshalb ist der Abfindungsanspruch durch die Überzahlung von Vergütung für bestimmte Zeitabschnitte nicht erfüllt, auch wenn es sich bei ihm um einen nachträglichen Vergütungsanspruch handelt. Die Anwendung von § 364 Abs. 1, § 366 Abs. 2 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht.

bb) Im übrigen stehen nicht erfüllte Forderungen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis und Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht beziehungslos nebeneinander. Vielmehr muß sich der Arbeitnehmer die Zahlungen auf seine Ansprüche anrechnen lassen, ebenso wie der Arbeitgeber von vornherein nur einen etwaigen Überschuss verlangen kann. Im Rahmen der Rückabwicklung besteht nur ein auf die Differenz von Forderungen und Leistungen gerichteter Anspruch. Eine solche Verrechnung ist nach Treu und Glauben geboten. Sie beruht auf der Einheitlichkeit des Vertragsverhältnisses und dient zum einen dem Schutz des Leistungsempfängers, der auf die Ordnungsmäßigkeit der Leistung vertraut hat, zum anderen dem Schutz des Leistenden, der seinerseits auf die Wirksamkeit seiner Tilgungsbestimmung vertraut hat. Die etwaige Unterschiedlichkeit der Ansprüche im Arbeitsverhältnis und bei freier Mitarbeit hat angesichts der irrtümlichen Behandlung des Vertragsverhältnisses zugunsten einer Gesamtbetrachtung zurückzutreten. Ist der Arbeitnehmer nur um die Differenz zu seinen Leistungsansprüchen bereichert, ist es ihm auch verwehrt, Forderungen zu erheben, soweit der Arbeitgeber Überzahlungen geleistet hat. Ob einzelne Ansprüche von der Verrechnung auszunehmen sind, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls sind die überschießenden Honorarzahlungen auf den Abfindungsanspruch des Beklagten nach Rn. 249 MTV, der der Sache nach nichts anderes als eine nachträgliche Vergütung für den gesamten Vertragszeitraum betrifft, anzurechnen.

cc) Der Beklagte muß danach gegenüber seinem Abfindungsanspruch von 17.258,93 DM die Verrechnung mit der Überzahlung seitens des SWF hinnehmen, so dass kein Anspruch zu seinen Gunsten bestehen bleibt. Die Verrechnung wirkt ohne besondere Erklärung unmittelbar zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Abfindungsanspruchs. Da es sich nicht um eine Aufrechnung handelt, kommt es für beide Parteien auf eine rechtzeitige Geltendmachung nach tariflichen Ausschlussregelungen nicht an. Es ist unschädlich, dass die Klägerin ihren Anspruch verspätet geltend gemacht hat, während sie sich selbst nach ihrer Erklärung vom 10. August 1998 auf Ausschlussfristen nicht berufen kann. Ebenso ist unerheblich, ob der Beklagte wegen der Überzahlung gem. § 818 Abs. 3 BGB entreichert ist. Der Wegfall der Bereicherung kann eben nur den "Saldo" der Ansprüche betreffen.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht