Keine Sperrzeit des Arbeitslosengelds bei Eigenkündigung wegen Umzug mit nichtehelichem Lebenspartner
Gericht
BSG
Datum
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Ein Arbeitnehmer, der seine Arbeitsstelle kündigt, um mit seinem Lebenspartner umzuziehen, hat zukünftig einen Anspruch auf Arbeitslosengeld vom ersten Tag der Arbeitslosigkeit an. Das hat der 7. Senat des Bundessozialgerichts in einem Grundsatzurteil entschieden (Urteil vom 17.10.2002, Az. B 7 AL 96/00 R). Der Senat gab damit seine bisherige Rechtsprechung auf, nach der in keinem Fall ein wichtiger Grund gemäß § 119 Abs. 1 AFG (jetzt § 144 Abs. 1 SGB III) anerkannt werden konnte, wenn eine Beschäftigungsaufgabe zum Zwecke der Aufrechterhaltung einer eheähnlichen Gemeinschaft erfolgte.
Sachverhalt:
Im konkreten Fall hatte das Arbeitsamt (Beklagte) eine Sperrzeit von sechs Wochen festgesetzt, weil die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis in D. zum 31.12.1996 gekündigt hatte, um mit ihrem Lebenspartner nach dessen neuem Arbeitsort M. umzuziehen. Das Landessozialgericht sah die Voraussetzungen für eine Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld als nicht gegeben an, da der Umzug zum Partner zwecks Fortsetzung der eheähnlichen Gemeinschaft nach seiner Ansicht einen wichtigen Grund gemäß § 119 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) darstellte. Die Beklagte hat sich auf die bisherige BSG-Rechtsprechung berufen.
Konkretisierung «wichtiger Grund»
Der 7. Senat hat mit gestriger Entscheidung das LSG-Urteil bestätigt. In der Begründung hieß es, die bisherige Rechtsprechung zur Arbeitsaufgabe zum Zwecke der Fortsetzung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass § 119 AFG keinen wichtigen Grund mit Verfassungsrang fordere. So stehe etwa Artikel 6 Abs. 1 GG dieser Entscheidung nicht entgegen, da diese Verfassungsnorm zwar positive Schutz- und Förderpflichten für die Ehe, aber gerade kein Benachteiligungsgebot für nichteheliche und andere Lebensgemeinschaften enthalte. Somit können wichtige Gründe alle - auch persönlichen Gründe - der Lebensgestaltung sein, soweit sie bei der gebotenen Abwägung mit den Interessen der Versichertengemeinschaft überwiegen und die Hintanstellung dieser Gründe unzumutbar ist .
Gründe für Verneinung der Sperrzeit
Voraussetzung für die Vermeidung der Sperrzeit ist deshalb nach Auffassung des Gerichts zum einem, dass es sich bei der bereits seit längerer Zeit bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die nicht gleichgeschlechtlich sein darf, um eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG vom 17.11.1992, 1 BvL 8/87) handelt. Darüber hinaus muss der Arbeitslose nachweisen, dass er alle zumutbaren Anstrengungen rechtzeitig unternommen hatte, um die Arbeitslosigkeit zu vermeiden bzw. sich um eine Anschlussarbeitsstelle bemüht hat. Des weiteren darf ein tägliches Pendeln zwischen altem Arbeitsort und neuem Wohnort nicht zumutbar sein. Diese Voraussetzungen lagen nach Ansicht der Richter im konkreten Fall vor.
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