Vertretung einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts einschließlich der GbR von Eheleuten

Gericht

OLG Bremen


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

15. 08. 2002


Aktenzeichen

2 U 10/02


Leitsatz des Gerichts

  1. Wer mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kontrahiert, muß von einer gemeinsamen Vertretungsberechtigung der Geschäftsführer ausgehen. Er kann nicht erwarten, daß die Vertragserklärung nur eines der Geschäftsführer auch für die Gesellschaft bindend ist und zur Haftung des anderen Gesellschafters führt. Wird eine strafbewehrte Unterlassungserklärung von einer BGB-Gesellschaft abgegeben, so kann sich deren Empfänger deshalb nicht auf eine wirksame Abgabe verlassen, wenn die Erklärung nur von einem der vertretungsberechtigten Gesellschafter unterzeichnet worden ist.

  2. Das gilt auch dann, wenn der zweite vertretungsberechtigte Geschäftsführer zu dem Zeitpunkt, in dem die Erklärung abgegeben wurde, urlaubsbedingt ortsabwesend war.

  3. Der Vertragspartner kann sich nicht auf eine Duldungsvollmacht berufen, da der Rechtsverkehr nicht erwarten dürfe, daß regelmäßig während des Urlaubs rechtsgeschäftliche Erklärungen nur eines der gemeinsam vertretungsberechtigten Geschäftsführers genügen, um die Gesellschaft zu verpflichten.

  4. Auch eine Anscheinsvollmacht kann nicht schon bei einer urlaubsbedingten Abwesenheit eines der Gesamtvertreter bejaht werden. Dadurch würde bei kleineren Gesellschaften bürgerlichen Rechts die gesellschaftsvertragliche Gesamtvertretungsregelung ausgehöhlt.

  5. Etwas anderes gilt nur bei besonderen Umständen, etwa wenn der zuvor mit der Angelegenheit nicht befaßte Geschäftsführer nach seinem Urlaub das Handeln des anderen Geschäftsführers gegenüber dem Vertragspartner billigt.

  6. Bei Ehegatten ist von einem einverständlichen Zusammenwirken in der ihnen jeweils wirtschaftlich am günstigsten erscheinenden Rechtsforrn auszugehen. Bleibt infolge nicht einheitlichen Parteivortrags unklar, welcher Ehegatte ein Geschäft (hier: Laserzentrum) betreibt, so kann deshalb jeder von beiden auf Unterlassung nach dem Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens in Anspruch genommen werden.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

Der mit dem Klagantrag zu 2) geltend gemachte Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe, die sich auf die von Frau U.M. unterzeichnete vertragsstrafebewehrte Unterlassungserklärung stützt, ist nicht begründet. Diese Erklärung ist weder im Namen noch auf Grund ausdrücklicher oder stillschweigender Vollmacht der Beklagten abgegeben worden, sondem im Namen des "Laserzentrums in B.", für das im Kopf der Erklärung als Vertretungsberechtigte, der gesetzlichen Regelung der §§ 709, 714 BGB entspr., Frau M. und die Beklagte genannt sind. Da eine Einzelgeschäftsführungs- und Einzelvertretungsbefugnis von Frau M. nach dem Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen war, hätte es für eine Verpflichtung des "Laserzentrums" als Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Beklagten als Gesellschafterin einer Unterschrift der Beklagten selbst bedurft. Ein Vertragspartner, der mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kontrahiert und von einer gemeinsamen Vertretungsberechtigung der Geschäftsführer ausgehen muss, kann nicht erwarten, dass die Vertragserklärung nur eines der Geschäftsführer auch für die Gesellschaft bindend ist und zur Haftung des anderen Gesellschafters führt.

Der Kläger kann sich auch nicht auf eine Duldungs- oder eine Anscheinsvollmacht berufen, wie sie in dem angefochtenen Urteil bejaht worden ist, weil Frau M. während des Urlaubs der Beklagten die Geschäfte geführt, die Beklagte dies akzeptiert und jedenfalls den Anschein einer alleinigen Vertretungsbefugnis von Frau M. erweckt habe. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH v. 3.6.1992 - IV ZR 217/91, MDR 1992, 947 = VersR 1992, 990; st. Rspr.). Es versteht sich, dass bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit zwei Geschäftsführern in Zeiten von Urlaubsabwesenheit notwendigerweise oft auch dann einer von ihnen allein handeln muss, wenn Gesamtvertretung besteht. Darauf kann jedoch keine Duldungsvollmacht für alle rechtsgeschäftlichen Erklärungen während Urlaubsabwesenheiten entnommen werden, vor allem dann nicht, wenn sie erstmals während des Urlaubs zur Debatte stehen. Der Rechtsverkehr darf nicht erwarten, dass regelmäßig während des Urlaubs rechtsgeschäftliche Erklärungen eines der Gesamtvertreter genügen, um die Gesellschaft zu verpflichten. Anders könnte es etwa sein, wenn in der Vergangenheit der nicht befasste Gesamtvertreter nach seinem Urlaub das Handeln des anderen ggü. dem Verkehrspartner gebilligt hätte. Bei der Erteilung der Unterlassungserklärung von Frau M. waren jedoch derartige besondere Umstände nicht erkennbar. Der Kläger hätte sich danach auch um die Unterschrift der Beklagten kümmern müssen. Auch eine Anscheinsvollmacht setzt in jedem Fall voraus, dass der andere Teil annehmen darf, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters (BGH v. 5.3.1998 - III ZR 183/96, MDR 1998, 638 = NJW 1998, 1854). Das kann aber nicht schon bei einer urlaubsbedingten Abwesenheit eines der Gesamtvertreter bejaht werden. Damit würde die gesellschaftsvertragliche Gesamtvertretungsregelung bei kleineren Gesellschaften bürgerlichen Rechts durch die Annahme einer übermäßigen Alleinvertretungsberechtigung aufgrund urlaubsbedingter Duldungs- oder Anscheinsvollmachten ausgehöhlt. Der Kläger kann aus der Überlassungserklärung vom 13.8.1999 somit nichts gegen die Beklagte herleiten. Insoweit musste die Berufung Erfolg haben.

Dagegen ist die Klage hinsichtlich des mit dem Antrag zu 1) verfolgten Unterlassungsanspruchs begründet. Wie im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt ist, rechtfertigt sich der Unterlassungsanspruch aus den §§ 11 Nr. 5a und 6 HWG, 1 UWG, da unzulässigerweise mit Krankheits- und Körperschadensbildern sowie fremd- und fachsprachlichen Bezeichnungen außerhalb des allgemeinen Sprachgebrauchs für Laserbehandlungen geworben worden ist und damit ein Wettbewerbsvorteil durch verbotenes Verhalten erzielt werden konnte. Diese Werbung ist der Beklagten auch zuzurechnen. Sie richtete sich auf ein "Laserzentrum", das bei unterschiedlichen Adressen und wechselnder gesellschaftsrechtlicher Organisation und Firmierung von der Beklagten und ihrem Ehemann sowie (zeitweise) den Eheleuten M. betrieben wurde. Für die Versendung des wettbewerbswidrigen Werbematerials im September 2000 hat die Beklagte zwar allein ihren Ehemann als verantwortlich bezeichnet, da die von ihr und Frau M. gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts ihre Tätigkeit zum 1. 1. 1998 aufgegeben habe. Dies steht jedoch nicht damit im Einklang, dass der Verfahrensbevollmächtigte des Ehemanns der Beklagten im Einigungsstellenverfahren angegeben hat, das "Laserzentrum" werde nicht von ihrem Ehemann, sondern von der Beklagten betrieben. Danach ist von einem einverständlichen Zusammenwirken der Eheleute in der ihnen jeweils wirtschaftlich am günstigsten erscheinenden Rechtsforrn auszugehen. Die Beklagte hat demgemäß auch selbst nicht vorgetragen, dass sie jede tatsächliche Mitarbeit in dem "Laserzentrum" eingestellt habe, bei dem ihr Ehemann Laserbehandlungen vornahm. Sie muss daher zumindest als Gehilfin auch für die Weiterführung der wettbewerbswidrigen Werbung im September 2000 einstehen. Die Berufung war daher hinsichtlich des Klagantrags zu 1) zurückzuweisen.

Vorinstanzen

LG Bremen, 12 O 97/01

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht; Gesellschaftsrecht; Allgemeines Zivilrecht