Anforderungen an den Abdruck einer Gegendarstellung und einer redaktionellen Anmerkung

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

28. 09. 2001


Aktenzeichen

9 O 13337/01


Leitsatz des Gerichts

  1. Ist beim Abdruck einer Gegendarstellung der Unterschriftsteil in kleinerer Schrift gehalten als der Text der Gegendarstellung, so kann einem hierauf gestützten Verlangen eines Neuabdrucks der Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit (§ 242 BGB) entgegenstehen.

  2. Die Grenzen des "Rechts auf Glossierung" sind nicht überschritten, wenn an die Gegendarstellung eine redaktionelle Anmerkung vergleichbarer Textlänge angefügt und von dieser durch die drucktechnisch hervorgehobenen Worte "Anmerkung der Redaktion" abgesetzt wird.

  3. Der Zweck der Gegendarstellung wird durch eine redaktionelle Anmerkung grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Die Rechte des Gläubigers sind ausreichend dadurch gewahrt, dass die in der Anmerkung enthaltenen neuen tatsächlichen Angaben einen Anspruch auf Abdruck einer neuen Gegendarstellung auslösen können. Etwas anderes gilt nur, wenn die mit der Gegendarstellung beabsichtigte Information an die Leser durch die redaktionelle Anmerkung entwertet wird.

Tenor

  1. Der Antrag des Gläubigers auf Festsetzung eines Zwangsgeldes von 20.000,00 DM, durch welches die Schuldnerin zum (erneuten) Abdruck der durch einstweilige Verfügung vom 3.8.2001 angeordneten Gegendarstellung angehalten werden soll, wird zurückgewiesen.

  2. Der Gläubiger trägt die Kosten des Vollstreckungsverfahrens.

  3. Der Streitwert des Vollstreckungsverfahrens wird auf 20.000,00 DM festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Gründe:

Durch die (zwischenzeitliche) Veröffentlichung der Gegendarstellung in der Ausgabe des "Focus" 34/2001 vom 20.8.2001 auf Seite 168 ist der Anspruch des Gläubigers auf Abdruck einer Gegendarstellung gemäß der einstweiligen Verfügung des Landgerichts München I vom 3.8.2001 i.S.v. § 362 BGB erfüllt.

Der Anspruch ist deshalb erloschen. Ein erneuter Abdruck kann nicht verlangt werden, weshalb auch die Festsetzung eines Zwangsgeldes nicht in Betracht kommt.

1.
Es begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass der Unterschriftsteil in kleinerer Schrift gehalten ist, als der Text der Gegendarstellung.

Zwar ist die Unterschrift grundsätzlich notwendiger Teil der Gegendarstellung. Selbst wenn man darüber hinaus auch grundsätzlich die Anordnung "in gleicher Schrift" auf den Unterschriftsteil beziehen wollte, so steht vorliegend jedenfalls der Einwand der Rechtsmißbräuchlichkeit (§ 242 BGB) einem Anspruch auf erneuten Abdruck entgegen.

Ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Gläubigers kann nicht erkannt werden. Die geschehene Veröffentlichung ist allenfalls als geringfügige Interessensverletzung einzustufen. Die Person des entgegnenden Gläubigers geht nämlich schon aus dem großgeschriebenen Text der Gegendarstellung selbst hervor. Seine Identifikation wird durch den Wechsel der Schrifttype im Unterschriftsteil sicher nicht erschwert.

Vor diesem Hintergrund erweist sich ein auf das Schriftbild des Unterschriftsteils gestütztes Verlangen auf Neuabdruck zumindest als unverhältnismäßig.

2.
Der (notwendige) Absatz zwischen der Wiedergabe der Erstmitteilung und der Entgegnung ist gewahrt (vgl. Einrückung vor "Das ist falsch"). Dieser Absatz wird durch den Spaltenwechsel eher noch verdeutlicht.

Weitergehende Anforderungen würden die Pressefreiheit unnötig einschränken, zumal Leerzeilen dem Schriftbild des "Focus" fremd sind.

3.
De "Anmerkung der Redaktion" überschreitet das Maß des grundsätzlich Zulässigen nicht. Sie ist drucktechnisch von der Gegendarstellung deutlich getrennt.

Die Gegendarstellung wird weder optisch "erschlagen", noch inhaltlich entwertet.

D ie Textlänge ist vergleichbar. "Anmerkung der Redaktion" ist (notwendigerweise) drucktechnisch hervorgehoben, aber immerhin in kleinerer Schrift als "Gegendarstellung"

Der Zweck der Gegendarstellung wird durch die redaktionelle Anmerkung auch nicht etwa in Frage gestellt. Die Rechte des Gläubigers sind zunächst ausreichend dadurch gewährt, dass die in der Anmerkung enthaltenen neuen tatsächlichen Angaben einen Anspruch auf Abdruck einer neuen Gegendarstellung auslösen können.

Eine im übrigen unzulässige Ausübung des "Rechts auf Glossierung" kann nicht erkannt werden, weil die mit der Gegendarstellung vom 27.7.2001 beabsichtigte Information des Gläubigers an die Leser (keine Ermahnung durch den Vorstandsvorsitzenden) durch die redaktionelle Anmerkung nicht entwertet wird.

Es wird dort lediglich (erneut) die Kritikwürdigkeit der Berichterstattung des "stern" Über den Tod von Hannelore Kohl als solche dargestellt. Dies kannn nicht beanstandet werden, zumal diese Kritikwürdigkeit im Kern auch schon Gegenstand der mit der Gegendarstellung vom 27.7.2001 angegriffenen Erstmitteilung war, ohne dass der Gläubiger hiergegen vorgegangen ist.

4.
Kosten: §§ 891, 91 ZPO.

Streitwert: § 3 ZPO (Interesse an der.Durchführung der Zwangsvollstreckung).










Dr. Kainz Odersky Rauschenbach
Vors. Richter am Landgericht Richterin am Landgericht Richter am Landgericht

Rechtsgebiete

Presserecht