Geldentschädigungsforderung wegen Fernsehbericht über Person in spärlicher Bekleidung

Gericht

LG Regensburg


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

12. 12. 2001


Leitsatz des Gerichts

Der Anspruch auf Geldentschädigung aufgrund einer (Fernseh-)Berichterstattung setzt in der Regel eine "schwere" Beeinträchtigung der Persönlichkeit des Betroffenen voraus. Eine solche kann noch nicht angenommen werden, wenn der Betroffene vor Durchführung eines Interviews kurzzeitig in spärlicher Bekleidung abgelichtet wird, sofern er nicht zum Ausdruck bringt, dass er in die Ausstrahlung dieser Sequenz nicht einwillig.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

G r ü n d e

Die beabsichtigte Klage verspricht beim Landgericht mangels sachlicher Zuständigkeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach summarischer Prüfung geht das Gericht von einem Streitwert in Höhe von 8.000,- DM aus (5.000,- DM für den Unterlassungsanspruch und 3.000,- DM für Ersatz des immateriellen Schadens).

Geldentschädigung für Übergriffe auf die Person ist nicht so sehr Schadenersatz, sondern ergänzender Rechtsschutz dort, wo der Eingriff von der Art ist, dass Gegendarstellung, Widerruf, Unterlassung für die Gewährleistung der Persönlichkeit unzureichend sind. Subsidiarität ist die erste Voraussetzung des Anspruches. Danach ist eine schwere Beeinträchtigung der Persönlichkeit zu verlangen. Regelmäßig zu gewähren ist der Anspruch nur, wo über die Persönlichkeit an ihrer Basis verfügt wird, also bei schweren Eingriffen in die Intim-, Privat- und Eigensphäre. Die Geldentschädigung für Persönlichkeitsverletzungen bleibt beschränkt auf eine Zeichensetzung für den Geltungsbereich der Persönlichkeit mit zivilrechtlichen Mitteln. Die Präventivaufgabe der Entschädigung weist diese nur als eine Aufgabe neben der Wiedergutmachungsfunktion aus (zum Ganzen Steffen, Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsverletzung durch Medien NJW 1997, 10 ff.).

In Anwendung dieser Grundsätze kommt eine Entschädigung wegen der Sendung vom 3.12.1998 um 23.30 Uhr nicht in Betracht. Damals wurde der Antragsteller abgelichtet, als er nur mit Unterhose und einem Unterhemd bekleidet seine Wohnungstüre öffnete. Er stand einige Sekunden in dieser spärlichen Bekleidung vor laufender Kamera. Danach erfolgte das Interview in der Wohnung. Er hat gegenüber der Antragsgegnerin nicht zum Ausdruck gebracht, dass diese Anfangssequenz nicht gesendet werden dürfte. Möglicherweise ging er stillschweigend davon aus.

Nach summarischer Einschätzung liegt in der Veröffentlichung der geschilderten Szene am 3.12.1998 keine schwere Beeinträchtigung der Persönlichkeit des Antragstellers. Der Antragsteller ist in normaler Unterwäsche zu sehen, wobei er einen badehosenähnlichen Slip trägt. Nur seine Beine sind unbedeckt. Die Grundsätze der Veröffentlichung von Nacktfotos können demnach nicht angewendet werden. Im Rahmen der Subsidiarität der Entschädigung sowie unter Gewährleistung der Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz scheidet die Zubilligung einer Entschädigung für immateriellen Schaden aus. Der Anspruch auf Unterlassung wird insoweit den Umständen allein gerecht.

Anderes gilt für die Sendung (die Reporter) vom 30.12.2000, wobei ohne Bezug zu einer sachlichen Information allein die Unterhosenszene gesendet wurde. Diese Szene wurde isoliert im Jahresrückblick als einer der "Höhepunkte des Jahres" wiederholt. Nach dem Vortrag des Klägers stürzte sie ihn in Depressionen und gab ihn dem Gespött von Mitmenschen preis. Hier wurde der Antragsteller nur als Mittel zum Zweck instrumentalisiert. Dieser Ausschnitt aus der ursprünglichen Sendung stellt eine ganz rüden Umgang der Antragsgegnerin mit der Persönlichkeit des Antragstellers dar. Es kommt hinzu, dass die Antragsgegnerin damit ihrer eigenen verbindlichen Erklärung vom 14.1.1999, dass die angegriffene Szene künftig nicht nochmals ausgestrahlt werde, zuwider gehandelt hat.

Zu berücksichtigen war auch, dass die Sendung wohl ein Millionenpublikum in ganz Deutschland erreicht hat. Wenn auch die Suggestivkraft der Medien nicht unterschätzt werden darf, so darf umgekehrt die Nachhaltigkeit des Eindrucks beim Publikum auch nicht überschätzt werden, wenn man den heutigen Informationsüberfluss und die allgemeine Reizüberflutung betrachtet.

Sichler
Vorsitzender Richter
am Landgericht

Zetl
Richter
am Landgericht

Rothenbücher
Richter
am Landgericht

Rechtsgebiete

Presserecht