E. A. von Hannover, Kopfportrait in „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung”

Gericht

LG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

19. 04. 2002


Aktenzeichen

324 O 697/97


Leitsatz des Gerichts

  1. Prinz E.A. von Hannover war jedenfalls bis zu der im konkreten Fall angegriffenen Bild-Veröffentlichung im August 1997 keine „absolute Person der Zeitgeschichte” im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Er ist zumindest bis zu dieser Zeit keine Person gewesen, die sich durch Geburt, Stellung, Leistungen, Bekleidung von Ämtern, Taten oder Untaten außergewöhnlich aus dem Kreis ihrer Mitmenschen herausgehoben hat, so dass der Allgemeinheit ein Informationsinteresse an dieser Person und allen Vorgängen, die ihre Teilnahme am öffentlichen Leben ausmacht, zuzubilligen wäre.

  2. Die Bildberichterstattung über Angehörige oder Partner „absoluter Personen der Zeitgeschichte” ist zulässig, wenn diese selbst Gegenstand eines überwiegenden öffentlichen Interesses sind. Dies ist i.d.R. dann der Fall, wenn sich das Informationsinteresse gerade auf das gemeinsame „Wirken” bezieht. Die entsprechenden Voraussetzungen sind vom Publizierenden darzulegen.

  3. Der „vertraute” Begleiter einer absoluten Person der Zeitgeschichte hat die zustimmungsfreie Veröffentlichung von Bildnissen seiner Person grundsätzlich in Situationen hinzunehmen, in welchen er zusammen mit dieser Person in der Öffentlichkeit auftritt oder mit ihr bzw. für sie repräsentative Aufgaben wahrnimmt. Die Darlegungs- und Beweislast für das konkrete Vorliegen einer solchen Situation liegt beim Berichterstattenden.

  4. Die Zulässigkeit von Bildnisveröffentlichungen des „Begleiters” der absoluten Person der Zeitgeschichte ist nicht auf neutrale Portraitfotos beschränkt, sondern umfasst auch die Veröffentlichung „kontextneutraler” und „kontextgerechter” Bildnisse. Voraussetzung ist auch hier, dass es sich um ein „Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte” handelt.

  5. Um ein „Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte” handelt es sich bei der Abbildung eines beliebigen Portraitfotos nur, wenn es eine Meldung illustriert, die im Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung von einem gewichtigen öffentlichen Interesse war. Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Publizierende. Dieser Darlegungslast ist nicht Genüge getan,

    • wenn die „Meldung” ein „alter Hut” war,
    • wenn es sich um eine blanke Spekulation handelte,
    • wenn spätere Ereignisse keinen Rückschluss auf Ausmaß und Gewicht des öffentlichen Interesses zur Zeit der angegriffenen Berichterstattung zulassen,
    • wenn eine Glosse teilweise satirisch die Beziehung einer absoluten Person zum Abgebildeten thematsiert.

Tenor

I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre),

zu unterlassen,

das in der Zeitung "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" vom 10.8.1997 im Rahmen des Artikels "Es muß Carolines Spange gewesen sein" abgedruckte Foto mit der Bildunterschrift "Ernst August von Hannover" erneut zu veröffentlichen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 15.000,- vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen einer Fotoveröffentlichung in einem Presseorgan auf Unterlassung in Anspruch.

Der Kläger ist Repräsentant des Adelshauses von Hannover und Ehemann von Caroline Prinzessin von Hannover (vormals: von Monaco). Im Verlag der Beklagten erscheint wöchentlich die Zeitung "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". In der Ausgabe dieser Zeitung vom 10.8.1997 veröffentlichte sie im Rahmen eines Artikels mit der Überschrift "Es muß Carolines Spange gewesen sein" ein Foto mit der Bildunterschrift "Ernst August von Hannover", das den Kläger zeigt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Veröffentlichung wird auf die Anlage K1 verwiesen.

Dieses Foto war am 16.6.1997 bei einem Empfang im Celler Schloß zum Ausklang eines internationalen Planungstreffens zur Expo 2000 aufgenommen worden.

Nachdem er die Beklagte erfolglos aufgefordert hatte, diesbezüglich eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, erhob der Kläger die vorliegende Klage. Mit Urteil vom 6.2.1998 untersagte die Kammer der Beklagten die erneute Veröffentlichung dieses Fotos. Die Berufung der Beklagten vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht (HansOLG) blieb ohne Erfolg (Urt. v. 8.9.1998, Az. 7 U 48/98). Auf eine Verfassungsbeschwerde der Beklagten hob das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluß vom 26.4.2001 (Az. 1 BvR 1857/98) beide Urteile auf und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Hamburg zurück.

Der Kläger ist der Ansicht, daß die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos ein rechtswidriger Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht bzw. sein Recht am eigenen Bild sei. Zwar möge die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den berechtigten Interessen des Abgebildeten im vorliegenden Verfahren "etwas dürftig" ausgefallen sein, die Urteile des HansOLG und der Kammer seien aber im Ergebnis zutreffend. Er der Kläger - sei keine sog. "absolute Person der Zeitgeschichte". Die Ausführungen des BVerfG ließen offen, warum die streitgegenständliche Fotoveröffentlichung auch nur ansatzweise rechtmäßig sein könne. Eine Einwilligung gemäß § 22 KUG sei unstreitig nicht erfolgt und er sei auch nicht als Begleiter von Caroline Prinzessin von Hannover abgebildet. Es handele sich aber auch nicht um eine "Ereignis-Berichterstattung" im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Der im Text erörterte Vorgang sei nicht von überragender Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung, vielmehr werde auf rein spekulativer Grundlage sein privates Beziehungsleben thematisiert. Der Bericht der Beklagten über die Haarspange gehöre in die Kategorie der erfundenen Ereignisse. Der teilweise satirische Charakter des Berichts ändere daran nichts. Der Ereignischarakter könne bei einem - auch liebevoll erdachten - Artikel niemals bejaht werden.


Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens DM 500.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre),

zu unterlassen,

das in der Zeitung "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" vom 10.8.1997 im Rahmen des Artikels "Es muß Carolines Spange gewesen sein" abgedruckte Foto mit der Bildunterschrift "Ernst August von Hannover" emeut zu veröffentlichen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.


Die Beklagte macht geltend, die Veröffentlichung des Fotos sei schon deshalb zulässig, weil der Kläger als absolute Person der Zeitgeschichte anzusehen sei, so daß er die Veröffentlichung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zu dulden habe. U.a. verweist die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die jüngste Berichterstattung über die Verurteilung des Klägers wegen Körperverletzung und Beleidigung. Dies könne aber letztlich auch dahinstehen, da die Verbreitung des Bildnisses des Klägers im vorliegenden Fall in verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift zulässig sei. Auch Presseberichte, die über Ereignisse berichteten, die den Leser in erster Linie unterhielten, könnten grundsätzlich zeitgeschichtliche Ereignisse im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zum Gegenstand haben. Das öffentliche gemeinsame Auftreten der früheren Prinzessin Caroline von Monaco mit dem Kläger sei aber zweifellos als ein zeitgeschichtliches Ereignis einzuordnen. Bei der vorliegenden, auf mehrere in der jüngeren Vergangenheit liegende Ereignisse bezugnehmenden Glosse handele es sich zwar nicht um eine "Ereignis-Berichterstattung" im engeren Sinne, entscheidend sei aber, daß das Interesse an den beschriebenen Ereignissen noch in die Gegenwart der Berichterstattung hineinreiche. Eine zeitgeschichtliche Berichterstattung liege nicht nur dann vor, wenn der inhaltliche Standard einer umfassenden, chronologisch abschließenden und "sachlichen" Berichterstattung über das zeitgeschichtliche Ereignis der Verbindung des Klägers mit Caroline Prinzessin von Monaco erfüllt sei, sondern auch dann, wenn die Presse sich mit diesem zeitgeschichtlichen Ereignis in Forrn einer satirischen Glosse beschäftige. Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 23 Abs. 2 KUG sei zu berücksichtigen, daß das verwandte Foto kontextneutral sei und zu keiner besonderen Beeinträchtigung des Klägers führe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

I.
Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB (analog) i.V.m. §§ 22, 23 KUG verlangen, daß diese es unterläßt, die beanstandete Fotografie erneut zu veröffentlichen. Die Verbreitung dieser Aufnahme verletzt den Kläger bei bestehender Wiederholungsgefahr in seinem Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG).

1. Die Beklagte hat - wie weiterhin unstreitig ist - die in Rede stehende Fotografie ohne das Einverständnis des Klägers abgedruckt. Die Einholung der Zustimmung wäre indes erforderlich gewesen, denn die Voraussetzungen für eine einwilligungsfreie Veröffentlichung sind vorliegend nicht gegeben. Auf den - hier allein in Betracht kommenden Rechtfertigungsgrund gemäß § 23 Abs. 1 KUG vermag sich die Beklagte nicht mit Erfolg zu berufen, da es sich bei dem umstrittenen Bild nicht um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt.

a. Insbesondere ist das angegriffene Foto nicht bereits deshalb ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, weil der Kläger darauf abgebildet ist. Zwar kann die Verbreitung der Abbildung einer Person ohne deren Einwilligung auch dann zulässig sein, wenn es sich bei dieser Person um eine sog. "absolute Person der Zeitgeschichte" handelt. Entgegen der Ansicht der Beklagten trifft dies jedoch auf den Kläger nicht zu.

aa. Der Begriff der "absoluten Person der Zeitgeschichte" ist lediglich eine abgekürzte Kennzeichnung für solche Personen, deren Bild die Öffentlichkeit allein um der dargestellten Person willen der Beachtung wert findet und deshalb alleine deswegen grundsätzlich ein Bildnis aus dem Bereich des Zeitgeschichte ist (vgl. BGH NJW 1996, 1128, 1129; HansOLG, Urt.v. 6.6.2000 - 7 U 29/00). Bei dem Begriff der "absoluten Person der Zeitgeschichte" handelt es sich demnach nicht um einen gesetzlichen Begriff, sondern lediglich um eine von Literatur und Rechtsprechung zur Erleichterung der Subsumtion unter § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entwickelte Rechtsfigur. Verfehlt ist es daher, diesen Begriff nicht mehr als rechtlichen, sondern als tatsächlichen Begriff zu verwenden, vielmehr ist die Frage, ob eine Person als "absolute Person der Zeitgeschichte" anzusehen ist, ebenso eine Rechtsfrage, wie die Einordnung eines Bildnisses als ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG; die Beantwortung dieser Rechtsfrage hängt zwar von tatsächlichen Voraussetzungen ab, gleichwohl ist die Bewertung dieser Tatsachen vom Gericht vorzunehmen.

Für die Beantwortung der Frage, ob eine Person eine derart hervorgehobene Bedeutung hat, daß das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer bildlichen Darstellung dieser Person - abgesehen von privaten oder familiären Situationen - stets deren Persönlichkeitsrecht überwiege, kann nicht alleine auf das Ausmaß und die Dauer der Berichterstattung über diese Person abgestellt werden. Zwar hat das öffentliche Interesse an einer Person nicht stets dann zurückzustehen, wenn der Grund für dieses Interesse nicht "berechtigt" oder "legitim" ist. Auch rein oder vorwiegend unterhaltende Veröffentlichungen genießen den Schutz der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG. Eine Bewertung der Gerichte, welche Themen die Öffentlichkeit zu interessieren haben, ließe sich mit der Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit für das demokratische Gemeinwesen nicht vereinbaren. Dies bedeutet indes keineswegs, daß alleine das Ausmaß des tatsächlichen öffentlichen Interesses, welches die Allgemeinheit dem Leben und Wirken einer Person entgegenbringt, ausschlaggebend wäre. Denn eine derartige - rein statistische Betrachtung ließe außer acht, daß bei der Beurteilung, ob eine Bildveröffentlichung als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte anzusehen ist, auch die Auswirkungen für die abgebildete Person zu berücksichtigen sind. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG bedeutet für Personen, die dem öffentlichen Leben angehören, eine erhebliche Einschränkung ihres Rechts am eigenen Bild und hat daher Ausnahmecharakter (vgl. BGH NJW 1996, 985). Deshalb ist stets im Einzelfall zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit - als Spiegelbild der Pressefreiheit - und dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten abzuwägen (vgl. BVerfG Urt.v. 15.12.1999 - 1 BvR 653/96 - Absatz Nr. 106). Im Rahmen dieser Abwägung ist selbstverständlich - als Kriterium für das Gewicht des Informationsinteresses der Öffentlichkeit - zu berücksichtigen, welche Bedeutung die fragliche Bildveröffentlichung für den Meinungsbildungsprozeß hat.

Als "absolute Person der Zeitgeschichte" sind demnach solche Personen anzusehen, die sich durch Geburt, Stellung, Leistungen, Bekleidung von Ämtern, Taten oder Untaten - also nicht nur positiv, sondern auch negativ außergewöhnlich aus dem Kreis ihrer Mitmenschen herausheben (Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., § 60 UrhG / § 23 KUG Rz. 10), so daß der Allgemeinheit ein Informationsinteresse an ihrer Person und allen Vorgängen, die ihre Teilnahme am öffentlichen Leben ausmacht, zuzubilligen ist (vgl. auch Soehring, Presserecht, 2. Aufl., Rn. 21.3; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Aufl., Rz. 8.4; die zudem darauf abstellen, ob dieses Informationsinteresse als "legitim" oder "berechtigt" anzusehen ist). Entscheidend ist hierbei, ob im konkreten Einzelfall das Informationsinteresse der Öffentlichkeit - als Spiegelbild der Pressefreiheit - das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten überwiegt; hierbei kann auch zu berücksichtigen sein, in welchem Maß die betreffende Person das Interesse der Öffentlichkeit hervorgerufen hat (HansOLG AfP 1995, 512, 513).

bb. Unter Beachtung jener Grundsätze ist der Kläger nach ständiger Rechtsprechung des mit Pressesachen befaßten Senats des HansOLG und der Kammer nicht als sog. "absolute Person der Zeitgeschichte" einzustufen (vgl. u.a. Urt. des Hans.OLG v. 17.3.1998 [Az.: 7 U 208/97] und vom 6.6.2000 [Az.: 7 U 29/00); Urt. der Kammer v. 13.2.1998 [Az.: 324 O 823/98] und vom 6.10.2000 [Az.: 324 O 347/00]). An dieser Rechtsprechung hält die Kammer auch im Lichte der Ausführungen des BVerfG im Beschluß vom 26.4.2001 fest.

Zwar kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der Kläger eine bekannte Persönlichkeit ist. Es ist gerichtsbekannt und zudem durch die vorgelegten Presse- und Fernsehberichte belegt, daß der Kläger bis in jüngste Zeit Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen vor allem in verschiedensten Presseorganen aber auch in anderen Medien war. Nach den vorstehenden Ausführungen begründen Ausmaß und Dauer eines tatsächlich vorhandenen öffentlichen Interesses indes nicht per se ein Übergewicht des Informationsinteresses über das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Die gebotene Abwägung zwischen diesen widerstreitenden Interessen führt vielmehr dazu, daß das Persönlichkeitsrecht des Klägers jedenfalls nicht generell gegenüber dem öffentlichen Informationsinteresse an einer bildlichen Darstellung seiner Person zurückzustehen hat. Die von der Beklagten dagegen angeführten Argumente greifen nicht durch:

Die Tatsache, daß der Kläger zum Hochadel gehört, macht ihn nicht zu einer Person der Zeitgeschichte im vorbezeichneten Sinn. In einer demokratischen Gesellschaft, in der die gesetzlichen Adelsprivilegien seit Jahrzehnten abgeschafft sind, kann eine derart hervorragende Stellung nicht alleine aufgrund der Zugehörigkeit einer Person zu bestimmten Familien angenommen werden (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Aufl., Rz. 8.5; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rz. 21.3b). Die Tatsache, daß der Kläger auf einem hinteren Rang in der Thronfolge des Britischen Königshauses stand und steht, begründet ebenfalls keine derart hervorgehobene Stellung des Klägers; daß dieser Rang des Klägers eine auch nur minimale Wahrscheinlichkeit begründe, daß er tatsächlich jemals den Britischen Thron besteigen werde, ist nicht ersichtlich.

Daß der Kläger - wie die Beklagte im vorliegenden Verfahren unbestritten vorgetragen hat - schon seit etwa Ende 1995 (sc. "seit ca. zwei Jahren" zurückgerechnet vom Zeitpunkt des diese Aussage enthaltenden Schriftsatzes der Beklagten vom 28.11.1997) der "ständige Begleiter" seiner späteren Ehefrau, der seinerzeitigen Caroline Prinzessin von Monaco gewesen ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar wird diese nach herrschender Ansicht in der Rechtsprechung als sog. "absolute Person der Zeitgeschichte" angesehen (vgl. nur BGH, AfP 1996, 140). Für Angehörige oder Partner von "absoluten Personen der Zeitgeschichte" gilt, daß diese zwar ihrerseits als "relative Personen der Zeitgeschichte" Gegenstand eines überwiegenden Informationsinteresses der Öffentlichkeit sein können, dies wird aber in aller Regel nur im Zusammenhang mit dem Wirken jenes Partners oder Angehörigen der Fall sein (vgl. Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rz. 21.7b). Daß dies hier anders zu beurteilen gewesen sein sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. So ist insbesondere nicht ersichtlich, daß der Kläger vor oder nach der Hochzeit in seiner Eigenschaft als Ehemann von Prinzessin Caroline von Monaco Repräsentationsaufgaben für den Staat Monaco wahrgenommen hätte. Vielmehr ist nicht im Ansatz dargelegt, daß er vor der angegriffenen Veröffentlichung oder danach mit hinreichender Dauerhaftigkeit Tätigkeiten von allgemeiner gesellschaftlicher oder politischer Bedeutung in der Öffentlichkeit ausgeübt hätte. Demnach konnte auch die - ohnehin erst lange nach der angegriffenen Veröffentlichung erfolgte - Heirat des Klägers mit Caroline Prinzessin von Monaco nicht dazu führen, daß der Kläger selbst als "absolute Person der Zeitgeschichte" anzusehen wäre.

Ob jene weiteren Ereignisse, die die Beklagte anführt, - Auseinandersetzungen mit Journalisten, Strafverfahren - den Kläger in einem Maße aus dem Kreise seiner Mitmenschen herausgehoben haben, daß er hierdurch zu einer zeitgeschichtlich bedeutsamen Figur geworden wäre, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen. Denn für die Beurteilung des öffentlichen Informationsinteresses an der Person des Klägers im hier alleine maßgeblichen Zeitraum bis zur angegriffenen Bildnis-Veröffentlichung im August 1997 können derartige spätere Entwicklungen keine Berücksichtigung finden; unstreitig datieren alte diese Ereignisse - ebenso wie die Heirat des Klägers mit Caroline Prinzessin von Hannover - aus der Zeit ab Januar 1998.

b. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers aus anderem Grund nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zulässig gewesen sei, denn der Kläger ist jedenfalls im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Veröffentlichung auch nicht als sog. "relative Person der Zeitgeschichte" anzusehen.

aa. Zwar kann der "vertraute Begleiter" einer "absoluten Person der Zeitgeschichte" gehalten sein, die Veröffentlichung von Bildnissen seiner Person hinzunehmen, wenn er zusammen mit dem betreffenden Partner in der Öffentlichkeit auftritt oder wenn der Begleiter' zusammen mit der "absoluten Person der Zeitgeschichte" oder an seiner statt öffentlich repräsentiert (sog. Begleiterrechtsprechung, vgl. HansOLG AfP 1991, 437; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rz. 21.7b). Denn das Interesse der Öffentlichkeit an der absoluten Person der Zeitgeschichte strahlt dann auf die Person aus, von der jene in der Öffentlichkeit begleitet wird.

Es ist indes weder vorgetragen noch ersichtlich, daß eine "Begleitsituation" in Sinne dieser Rechtsprechung Gegenstand der Berichterstattung im angegriffenen Artikel wäre. Die Darlegungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG trifft die Beklagte, denn nach der Systematik der Vorschriften der §§ 22, 23 KUG stellt das Erfordernis einer Einwilligung gemäß § 22 KUG den Regelfall dar. Will sich die Beklagte auf die in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG normierte Ausnahme von dieser Regel berufen, so hat sie darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, daß ein Fall vorliegt, der unter deren Voraussetzungen zu subsumieren ist. Konkret bedeutet dies, daß sie Tatsachen vorzutragen - und gegebenenfalls zu beweisen - hat, die die Subsumtion zulassen, daß es sich vorliegend um ein "Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte" im Sinne dieser Norm handelt.

Dieser Darlegungslast hat die Beklagte hier indes nicht genügt: So hat auch die Beklagte nicht behauptet, daß die streitgegenständliche Aufnahme in einer Situation entstanden sei, in der der Kläger mit seiner späteren Ehefrau (oder etwa an deren Stelle) öffentlich aufgetreten wäre. Unstreitig enthält der fragliche Artikel überwiegend eine unterhaltend gemeinte Spekulation über eine fiktive Situation, in der es zu der entscheidenden emotionalen Annäherung zwischen dem Kläger und seiner späteren Ehefrau gekommen sei. Soweit aber das Berichtete rein spekulativer Natur ist, rechtfertigt dies nicht eine Beeinträchtigung des Rechts am eigenen Bild einer Person, auf die sonst kein hinreichendes Införmationsinteresse gerichtet ist (vgl. BVerfG, B.v. 26.4.2001 - 1 BvR 758/97-, veröffentlicht in AfP 2001, 212 ff). Schließlich findet sich in dem Bericht noch eine kurze Erwähnung eines Vorganges im "Strand Club Monte Carlo Beach", in dem Caroline Prinzessin von Monaco "händchenhaltend" mit dem Kläger "aufgetaucht" sei und mit ihm "wie ein Teenie gefuttert" habe. Dies mag eine "Begleitersituation" im Sinne der o.g. Rechtsprechung gewesen sein, mit der erforderlichen Substanz dargelegt hat die Beklagte die tatsächlichen Voraussetzungen für eine solche rechtliche Bewertung indes nicht. Namentlich bleibt völlig offen, in welchem zeitlichen Bezug zu der angegriffenen Berichterstattung dieses Geschehnis gestanden hat, so daß sich das Ausmaß des öffentlichen Interesses hieran nicht beurteilen läßt. Ebensowenig hat die Beklagte dargelegt, ob es sich bei jenem Vorgang im "Strand Club Monte Carlo Bauch" seinerzeit um einen gemeinsamen öffentlichen Auftritt des Klägers mit Caroline Prinzessin von Monaco gehandelt hat; nach der - kargen - Schilderung jenes Beisammenseins im angegriffenen Artikel spricht einiges dafür, daß mit einem Bericht hierüber die Privatsphäre des Klägers und seiner späteren Ehefrau verletzt worden sein mag; damit ist zudem keineswegs auszuschließen, daß eine Veröffentlichung eines Fotos von jenem Treffen gemäß § 23 Abs. 2 KUG unzulässig gewesen wäre.

Dahinstehen kann demnach im vorliegenden Fall, ob eine Aufnahme, die in einer "Begleitsituation" entstanden ist, auch dann zur Bebilderung eines Berichts über den "vertrauten Begleiter" - einwilligungsfrei - verwendet werden darf, wenn der Begleitete (sc. die "absolute Person der Zeitgeschichte") selbst auf dem fraglichen Bildausschnitt nicht mit abgebildet ist.

Nach Auffassung der Kammer kann eine "Begleitsituation" im Sinne der genannten Rechtsprechung im übrigen nicht in der schlichten Tatsache liegen, daß eine "absolute Person der Zeitgeschichte" einen "Normalsterblichen" als Lebenspartner hat, auch wenn letzterer umgangssprachlich als deren "Begleiter" oder "ständiger Begleiter" bezeichnet werden mag. Die zur Klassifizierung vergleichbarer Situationen und damit lediglich zur Erleichterung der Abwägung im Rahmen der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entwickelte Kategorie der "Begleitsituation" hebt vielmehr rein situativ auf konkrete Anlässe ab, in denen es zu gemeinsamen öffentlichen Auftritten des Begleiters und des Begleiteten (oder repräsentativer Tätigkeit des Begleiters anstelle der "absoluten Person der Zeitgeschichte") gekommen ist. Würde man die Tatsache des Bestehens einer Beziehung hierunter subsumieren, wäre diese Kategorie aufgeweicht und konturenlos und damit weniger brauchbar; dies ist allerdings eine reine Frage der verwendeten Begrifflichkeit.

bb. Allerdings mag die Tatsache einer Liebesbeziehung einer "absoluten Person der Zeitgeschichte" per se (also ohne als "Begleitsituation" im vorbezeichneten Sinne eingeordnet zu werden) eine Bildnis-Veröffentlichung auch des Partners jener Berühmtheit rechtfertigen, denn eine solche Tatsache kann im Einzelfall der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen sein, so daß hierüber auch im Bild berichtet werden könnte. Dies mag insbesondere dann gelten, wenn die Tatsache einer derartigen Beziehung zur Zeit der Veröffentlichung gerade besonderen Neuigkeitscharakter hat.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des HansOLG konnte die Veröffentlichung eines neutral gehaltenen Portraitfotos dann zulässig sein, wenn die betreffende Abbildung zur Illustration einer Wortberichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis verwendet wird (vgl. HansOLG, Urt. v. 17.3.1998, Az.: 7 U 208/97). Diese Rechtsprechung, der die Kammer gefolgt war, dürfte im Lichte des Beschlusses des BVerfG vom 26.4.2001 lediglich insoweit nicht mehr aufrechtzuerhalten sein, als zulässige Veröffentlichungen hiermit auf die genannten neutral gehaltenen Portraitfotos beschränkt worden waren, vielmehr dürfte die Bebilderung eines Berichts über ein Ereignis aus dem Bereich der Zeitgeschichte auch mit kontextneutralen und -gerechten Bildnissen desjenigen zulässig sein, über den berichtet wird.

Dies kann indes im vorliegenden Fall dahinstehen, denn Voraussetzung für eine einwilligungsfreie BildnisVeröffentlichung bleibt auch nach den Ausführungen des BVerfG im genannten Beschluß gemäß dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, daß es sich um ein "Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte" handelt. Die auch insoweit darlegungsbelastete Beklagte hat indes auch hierzu keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen, die eine Subsumtion unter diesen Begriff ermöglichten.

Zwar wird man dem angegriffenen Bericht auch die - verdeckte - Aussage entnehmen können, daß es zu einer - nicht näher spezifizierten - Beziehung zwischen dem Kläger und Caroline Prinzessin von Monaco gekommen sei. Sehr zweifelhaft ist allerdings bereits, ob eine derart substanzarme Aussage - die über den Gehalt, daß es da irgendeine Liebesbeziehung gebe, nicht hinausgeht - überhaupt geeignet sein kann, das Recht des Klägers am eigenen Bildnis zu überwiegen. Jedenfalls wird dies aber nicht dauerhaft und unbedingt der Fall sein können, sondem maßgeblich von der konkreten Bedeutung einer solchen Meldung im Kontext ihrer zeitlichen Verbreitung abhängen. Eine andere Betrachtung hätte zur Folge, daß der Partner einer "absoluten Person der Zeitgeschichte" stets - quasi per "Infizierung" durch seinen berühmten Partner - dauerhaft seines Rechts am eigenen Bild unabhängig von jeglichem konkreten Anlaß verlustig ginge; dies wäre mit der im Rahmen der Anwendung der Norm des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gebotenen einzelfallbezogenen Abwägung indes nicht vereinbar.

Tatsachen, die eine Beurteilung ermöglichten, ob eine solche Meldung aber im konkreten Zeitpunkt August 1997 überhaupt von öffentlichem Interesse war und gegebenenfalls weiches Gewicht ein solches Interesse im maßgeblichen Zeitraum bis zum Sommer 1997 gehabt hat, sind aber gerade nicht dargelegt. Die Beklagte selbst hat vortragen lassen, daß die "Heimlichtuerei" um die Intensität der Beziehung zwischen dem Kläger und Caroline Prinzessin von Monaco dadurch ein Ende gefunden habe, daß der Kläger offiziell bei Hofe in Monaco eingeführt worden sei, und hierzu einen Pressebericht aus der Zeitschrift "Bunte" vom 2.4.1998 (Anl. B 8) vorgelegt, sowie zum Beleg ihrer weiteren Aussage, daß der Kläger "nunmehr" (Schriftsatz vom 14.8.1998) auch offizieller Begleiter von Caroline Prinzessin von Monaco sei, einen Pressebericht aus der Zeitung "Bild am Sonntag" vom 9.8.1998 (Anl. B 9) eingereicht. Unbestritten hat sie zudem - wie bereits ausgeführt - vorgetragen, daß der Kläger schon seit etwa Ende 1995 der ständige Begleiter seiner späteren Ehefrau gewesen sei. Damit ist nicht auszuschließen, daß die in der fraglichen Berichterstattung enthaltene "Meldung", daß es eine nicht näher beschriebene, aber erkennbar zumindest auch affektiv geprägte Beziehung gab, im Sommer 1997 bereits ein derart "alter Hut" war, daß hieran kaum noch ein gewichtiges öffentliches Interesse bestanden haben kann. Ebensowenig ist damit andererseits aber auszuschließen, daß es sich bei dieser Aussage zur Zeit der Veröffentlichung um eine blanke Spekulation der Beklagten gehandelt haben kann, für die ebenfalls kein gewichtiges öffentliches Interesse spräche. Auch die Tatsachen, daß zumindest seit der "offiziellen Einführung" des Klägers am monegassischen Hof, die die Beklagte unwidersprochen auf das Frühjahr 1998 terminiert hat, eine Beziehung des Klägers zu Caroline Prinzessin von Monaco öffentlich gemacht ist und daß - gerichtsbekannt - das Öffentliche Interesse an deren späterer Hochzeit erheblich war, können schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis führen, weil dies keinen auch nur annähernd gesicherten Rückschluß auf das Ausmaß und Gewicht des öffentlichen Interesses zur Zeit der angegriffenen Berichterstattung im August 1997 zuläßt. Ohne jegliche Darlegung des zeitlichen Kontextes, in dem die angegriffene Berichterstattung zu der Entwicklung der Beziehung des Klägers zu Caroline Prinzessin von Monaco - und insbesondere zu deren öffentlicher Wahrnehmung - stand, läßt sich aber nicht beurteilen, ob eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein Überwiegen des Informationsinteresses der Öffentlichkeit ergeben hätte, so daß das angegriffene Foto dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen wäre. Angesichts der die Beklagte treffenden Darlegungslast muß dies zu ihrem Nachteil gereichen. Trotz eines entsprechenden Hinweises der Kammer im Termin vom 1.2.2002 hat die Beklagte zu dieser Tatsachenfrage nicht weiter vorgetragen, so daß davon auszugehen ist, daß die Voraussetzungen für eine einwilliungsfreie Veröffentlichung des fraglichen Bildnisses des Klägers nicht vorlagen.

2. Die für eine ordnungsmittelbewehrte Untersagung erforderliche Wiederholungsgefahr folgt aus der rechtswidrigen Erstveröffentlichung, da zu vermuten ist, daß ein einmal erfolgter rechtswidriger Eingriff wiederholt werden wird (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Aufl., Rz. 12.8). Die Beklagte hat nichts vorgetragen, was diese Vermutung widerlegen könnte.

II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.


Buske

Zink

Rechtsgebiete

Presserecht