Duldung von Wettbewerbsverstößen durch Zeitschriftenwerber, die vorgeben, eine Meinungsumfrage veranstalten zu wollen

Gericht

OLG München


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

31. 05. 1990


Aktenzeichen

29 U 7102/89


Leitsatz des Gerichts

  1. Zwischen den Mitgliedern eines Verbandes von Meinungsforschungsinstituten und einer Zeitschriftenvertriebsgesellschaft besteht ein Wettbewerbsverhältnis, wenn für letztere Werber auftreten, die bei Hausbesuchen zunächst vorgeben, eine Umfrage durchführen zu wollen.

  2. Zur Frage der Haftung der Zeitschriftenvertriebsgesellschaft nach § 13 Abs. 4 UWG.

Tatbestand

Aus dem Tatbestand:

Der Kläger ist ein in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisierter Verband, dem alle führenden, privatrechtlich verfaßten Markt- und Sozialforschungsinstitute der Bundesrepublik Deutschland angehören, deren gewerbliche Interessen der Kläger zu wahren und zu fördern hat. Insbesondere gehört es zu den Aufgaben des Klägers, unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen.

Die Beklagte, eine 100%ige Tochtergesellschaft des H.B. Verlagskonzerns, ist eine Zeitschriftenvertriebs- und Verwaltungsgesellschaft, welche sich in der Hauptsache mit der Verwaltung des Abonnementvertriebs der von den im H. B. Verlagskonzern herausgegebenen Zeitschriften befaßt. Zu diesemn Zweck arbeitet die Beklagte mit rechtlich selbständigen Werbefirmen zusammen, um die über die Mitarbeiter dieser Firmen geworbenen Abonnementverträge zu kaufen, zu verwalten und im weiteren abzuwickeln. Der Kauf der solcherart akquirierten Abonnementverträge geschieht in der Form, daß die Belieferungsrechte auf die Beklagte übertragen und von dieser auf dem üblichen Weg der Abonnementverwaltung weiterbearbeitet werden. Hierbei bedient sich die Beklagte bundesweit verschiedener Werbefirmen, zu welchen auch die Firma Z.-Verlagswerbung GmbH in D. gehörte.

Die Mitarbeiter dieser Werbefirmen verwenden ein als "Auftragsbestätigung" bezeichnetes Formular (Anlage K 19), welches vom Werber und vom Abonnenten zu unterschreiben ist und in welchem u.a. die zu liefernde Zeitschrift angekreuzt bzw. eingetragen wird. In der genannten Auftragsbestätigung heißt es:

"Hiermit bestelle ich bei der Lieferfirma ... für zunächst
12 Monate die untenstehend angekreuzte Zeitschrift ... "

Der Kläger hat vorgetragen: Die Beklagte lasse es zu, daß Mitarbeiter der mit der Beklagten kooperierenden Werbefirmen sich unter dem Vorwand, sie seien Meinungsforscher bzw. führten eine Meinungsumfrage durch, Zugang zu den angesprochenen Personen verschafft hätten, um anschließend Werbung für Zeitschriftenabonnements zu betreiben. In dieser Weise seien die Werbefirmen, u.a. die Firma Z.-Verlagswerbung GmbH, im März 1988, im Juli 1988, im Februar 1989 und am 14.4.1989 bei verschiedenen Zeugen vorgegangen. Diese Art und Weise der Werbung von Abonnementverträgen sei sittenwidrig und irreführend im Sinne der §§ 1, 3 UWG.

Die Beklagte sei selbst nach § 13 Abs. 4 UWG passiv-legitimiert, da die Werbefirmen im Auftrag der Beklagten tätig seien und deren Tätigkeit der Beklagten letztlich zugute komme. Aus der Nennung der Beklagten in den Auftragsbestätigungen ergebe sich, daß die Werbefirmen nach außen als Vertreter bzw. Bevollmächtigte der Beklagten auftreten und insoweit Bestandteil der Vertriebsorganisation der Beklagten seien. Im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Position gegenüber den Werbefirmen sei die Beklagte auch durchaus in der Lage, Einfluß auf deren Verhalten zu nehmen. Die Aktivlegitimation des Klägers sei gegeben. Die Belange der Mitglieder des Klägers würden dadurch berührt, daß sich die Werber als Meinungsforscher ausgäben und erklärten, Meinungsumfragen durchführen zu wollen. Die Tätigkeit der Markt- und Meinungsforschungsinstitute und ihrer Mitarbeiter sei abhängig vom Vertrauen, welches ihnen entgegengebracht und welches durch das Vorgehen der Werber erschüttert werde. Jedenfalls insoweit, als die Interessen der Mitglieder des Klägers betroffen seien, könne der Kläger auch zur Unterbindung des unlauteren Wettbewerbs der Beklagten gegen diese vorgehen. Insoweit liege auch ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Mitgliedern des Klägers und der Beklagten vor.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, es ... zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Absatzes von Zeitungsabonnements Gespräche zur Erlangung solcher Vertragsabschlüsse in der Weise zu führen oder von einem Angestellten oder Beauftragten führen zu lassen, daß der Umworbene unter dem Hinweis, es werde eine Umfrage durchgeführt, zunächst gebeten wird, einige Fragen zu beantworten, der Umworbene aber bei dem Eröffnungsgespräch noch nicht darüber aufgeklärt wird, daß er zum Abschluß eines Vertrages bewegt werden soll.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Das tatsächliche Vorbringen des Klägers im Hinblick auf die beanstandete Art und Weise der Werbung von Abonnementverträgen sei nicht zutreffend. Sie habe aufgrund der Abmahnung bei den Werbefirmen Erkundigungen eingezogen; diese hätten den vom Kläger behaupteten Sachverhalt in Abrede gestellt.

Die Passivlegitimation der Beklagten sei aus mehreren tatsächlichen wie rechtlichen Gründen zu verneinen. Die fraglichen Werbefirmen handelten weder "im Auftrag" der Beklagten noch mache sich die Beklagte das Verhalten der Werbefirrnen "zunutze", noch könne die Beklagte auf die Bezieherwerbung der Werbefirmen Einfluß nehmen. Daher seien die Werbefirmen weder in die Vertriebsorganisation der Beklagten eingegliedert noch habe die Beklagte dementsprechend die Rechtsmacht, ihren Willen und Einfluß durchzusetzen, um eventuelle Wettbewerbsverstöße zu verhindern. Allerdings weise die Beklagte die Werbefirmen auf das Erfordernis einer wettbewerbskonformen Werbearbeit hin und fordere - schon bei behaupteten - Wettbewerbsverstößen unverzüglich Information und Abstellung unter Androhung von Konsequenzen. Die Beklagte habe auch gefordert, daß die Werbefirmen Kontrolleure einsetzen, die die eigentliche Werbearbeit laufend überprüften. Auch die Beklagte selbst beschäftige Kontrolleure, die ebenfalls Stichproben vornähmen. Bei begründeten Verstößen werde den Werbefirmen ausdrücklich angedroht, daß Abonnementverträge, die unter Verletzung wettbewerblicher Vorschriften zustandegekommen seien, nicht übernommen bzw. zurückgegeben würden. Gegebenenfalls würden Vertragsstrafeerklärungen verlangt oder äußerstenfalls die Beziehung zu der betreffenden Werbefirma abgebrochen. Zwischen der Beklagten und den maßgebenden Gesellschaftern der Werbefirma Z.-Verlagswerbung GmbH sei die Zusammenarbeit schon vor Monaten beendet worden. Sofern Mitarbeiter dieser Firma tatsächlich am 14.4.1989 das Auftragsformular gemäß Anlag K 19 verwendet hätten, sei dies mißbräuchlich gewesen und daher der Beklagten nicht zuzurechnen. Jedenfalls habe die Beklagte ein derartiges Abonnement nicht übernommen; überhaupt sei der Firmenaufdruck der Beklagten auf diesen Auftragsbestätigungen lediglich aus steuerrechtlichen Gründen erfolgt und die erworbenen Scheine würden - unabhängig vom jeweiligen Aufdruck - im Rahmen einer sogenannten "Scheine-Börse" von den Werbefirmen an diejenige Vertriebsgesellschaft abgegeben, die die besten Konditionen biete. Schließlich sei festzustellen, daß in sämtlichen vom Kläger beanstandeten Fällen die bestellten Zeitschriften nicht zu den von der Beklagten verwalteten Verlagsobjekten gehörten.

Im übrigen sei der Kläger nicht aktivlegitimiert, da es ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien nicht gebe.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat einen der behaupteten Verletzungsfälle als erwiesen angesehen und zum Ausdruck gebracht, daß die Beklagte gemäß § 13 Abs. 4 UWG für die Wettbewerbsverstöße der für sie tätigen Werbefirmen verantwortlich sei.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Sie trägt vor: Es liege kein Wettbewerbsverhältnis vor. Ein solches sei nur gegeben, wenn sich die Betroffenen als Rivalen um Geschäftsabschlüsse bemühten. Hier handelt es sich auch um keinen Substitutionswettbewerb. Gerade wenn das Verhalten einiger Werbefirmen gleichsam als "Türöffner" qualifiziert werde, ergebe sich der zwingende Schluß, daß von den Mitarbeitern eine ernsthafte Umfrage nicht beabsichtigt gewesen sei. Die Mitarbeiter stellten sich sehr wohl bei Beginn als Mitarbeiter von Werbefirmen vor und suchten zugleich um die Beantwortung einiger Fragen nach.

Aus der Schilderung des Zeugen Sch., daß eine Umfrage veranstaltet worden und danach ein Werbegespräch geführt worden sei, werde nicht belegt, daß die Umfrage nur vorgeschützt gewesen sei, um das Werbegespräch führen zu können.

Die Beklagte müsse sich das Verhalten der Mitarbeiter der Werbefirmen nicht anrechnen lassen. Wenn es vereinzelt Fälle gebe, in denen versehentlich oder mißbräuchlich von Werbern fremder Werbefirmen "Auftragsbestätigungen" der Beklagten für Fremdobjekte aus anderen Verlagen verwendet würden, müsse die Beklagte dafür nicht einstehen. Allein die Verwendung von Auftragsbestätigungen gemäß K 19 könne nicht zur Beauftragtenhaftung führen. Darin liege eine wettbewerbsrechtliche Gefährdungshaftung, die das Gesetz nicht vorsehe. Die Beklagte habe nicht den bestimmenden Einfluß und die Rechtsmacht, ihren Willen und ihren Einfluß auf die Geschäftsmethoden der Werbefirmen durchzusetzen. Sie habe keinen bestimmenden Einfluß auf die Leistung der Werbefirmen. Dann könne auch von einem einheitlichen Betriebsorganismus nicht gesprochen werden. Die Werbefirmen seien völlig frei, wem sie die geworbenen Scheine anböten. Auf den Bestellblöcken der Beklagten seien zahlreiche Anschriften ausgedruckt, die nicht zum H. B. Konzern gehörten. Die von der Rechtsprechung verlangte Abhängigkeit liege im Verhältnis der Beklagten zu den rechtlich selbständigen Werbefirmen deshalb nicht vor. Daß Beklagte und Werbefirmen aufeinander angewiesen seien, reiche für ein Abhängigkeitsverhältnis nicht aus.

Am 14.4.1989 sei für die Wochenzeitung »Die Zeit« geworben worden. Hierbei handele es sich um kein Produkt des H. B. Verlages. Die Möglichkeit der Bestellung der von der Beklagten verwalteten Presseorgane reiche nicht aus, um ihre Haftung zu begründen.

Die Beklagte habe alles unternommen, um Wettbewerbsverstöße durch die bei den Werbefirmen angestellten Werber zu vermeiden. Das Erstgericht hätte darlegen müssen, welche denkbaren und zumutbaren Maßnahmen die Beklagte hätte unternehmen müssen, um die beanstandeten Verstöße zu verhindern.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er trägt vor: Der Tenor des Ersturteils sei zutreffend gefaßt. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Aktivlegitimation nicht zu beanstanden. Aufgrund des durch die Beweisaufnahmen bestätigten Sachverhalts sei nachgewiesen, daß die Belange der Mitglieder des Klägers berührt würden und deshalb die Akivlegitimation des Verbandes gegeben sei. Für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses reiche es bereits aus, daß eine bloße Beeinträchtigungsmöglichkeit bestehe und der Anschein eines Wettbewerbsverhältnisses hervorgerufen werde. Die Beklagte widerspreche sich, wenn sie nun den Sachverhalt so darzustellen versuche, als würden tatsächlich Leserbefragungen durchgeführt, während sie in ihrem Schriftsatz vom 28. 11. 1988 die Werbegespräche, wie vom Kläger geschildert, bestritten habe. Die Beklagte habe bisher auch nicht ansatzweise behauptet, es würden tatsächlich Umfragen durchgeführt. Tatsache sei, daß sich die Werber durch täuschendes Verhalten Zutritt zu Wohnung verschafften und darüber hinaus mit dieser Täuschung auch die potentiellen Besteller noch aus Mitleid zu Vertragsabschlüssen bewegen wollten. Die Beklagte behaupte selbst nicht, daß die Verwendung ihrer Bestellblöcke beim Zeugen Sch. mißbräuchlich oder versehentlich geschehen sei. Aus der Schilderung ihrer Betriebsorganisation im Schriftsatz vom 28. 11. 1988 ergebe sich, daß es allein Aufgabe der Beklagten sei, Abonnementverträge zu kaufen und zu verwalten, sie als Firma somit allein und ausschließlich von solchen Aufträgen lebe. Damit bediene sie sich der für sie tätigen Werbefirmen. Es bestehe kein Zweifel, daß diese samt den Werbern als Glied in der Vertriebsorganisation der Beklagten tätig seien, es sogar das Vertriebskonzept der Beklagten sei, auf diese Weise zu Abonnementverträgen zu kommen. Es sei nicht entscheidend, weiches Verlagsprodukt im konkreten Falle verkauft worden sei. Es reiche aus, daß die Werbefirma von der Beklagten verwaltete Verlagsobjekte jedenfalls angeboten habe.

Entscheidungsgründe

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Berufung ist unbegründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Durch das Berufungsvorbringen veranlaßt, ist ergänzend folgendes auszuführen:

1. Die vom Landgericht gewählte Tenorierung "von einem Angestellten oder Beauftragten" ist nicht zu beanstanden. Das Gericht hat sich insoweit am Gesetzeswortlaut des § 13 Abs. 4 UWG orientiert. Das Gesetz behandelt die Haftung für Angestellte und Beauftragte gleichwertig.

2. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Wettbewerbsverhältnis besteht. Es reicht aus, daß ein solches zwischen den Mitgliedern der Klägerin, deren Interessen die Klägerin wahrnimmt, und der Beklagten gegeben ist (vgl. Nordemann, Wettbewerbsrecht, RdNr. 30). Der Klägerin gehören alle führenden privatrechtlich verfaßten Markt- und Sozialforschungsinstitute der Bundesrepublik Deutschland an. Sie nimmt deren Interesse wahr. Nach § 2 der Satzung stellt sich der Arbeitskreis die Aufgabe, alle gemeinsamen Belange der ihm angehörenden Institute zu wahren und fördern, wobei dieses Ziel insbesondere auch durch Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs erreicht werden soll (§ 2 e der Satzung).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Wettbewerbsverhältnis zwischen ihr und den Mitgliedern der Klägerin zu bejahen. Die Meinungsforschungsinstitute erfüllen ihre Aufgaben zu einem wesentlichen Teil dadurch, daß sie Meinungsumfragen durchführen. Durch das Verhalten ihrer Werber setzen sich die Werbefirmen in Wettbewerb zu den Mitgliedern der Klägerin. Die Werber verschaffen sich Zutritt zu potentiellen Kunden, indem sie vorgeben, eine Meinungsumfrage durchzuführen, während es ihnen in Wirklichkeit nicht darum geht, eine echte Meinungsbefragung vorzunehmen, sondern einen Zugang zum Kunden zu finden. Nach Stellen einiger Fragen versuchen die Werber dem Kunden Zeitschriften zu verkaufen. Dies folgt aus der Aussage des vom Erstgericht vernommenen Zeugen Sch..

Das Wettbewerbsverhältnis läßt sich auch nicht damit verneinen, daß von den Mitarbeitern der Werbefinnen eine ernsthafte Meinungsumfrage nicht beabsichtigt ist. Durch die als "Türöffner" benutzte vorgeschobene Meinungsumfrage entsteht beim Kunden der Eindruck, daß der Frager im Auftrag eines Meinungsforschungsunternehmens kommt und eine ernsthafte Umfrage durchführen will, während es in Wirklichkeit nur um den Verkauf von Zeitschriften geht. Durch dieses Gebahren wird die Tätigkeit der Meinungsforschungsunternehmen behindert und auf Dauer schwer beeinträchtigt. Es kann der Eindruck entstehen, daß es bei Meinungsumfragen letztlich nicht um die Durchführung einer Umfrage, sondern nur um den Verkauf von Zeitschriften gehe. Ernsthafte Meinungsumfragen sind aber nur möglich, wenn sich Bürger finden, die bereit sind, sich den Fragen eines Instituts zu stellen und diese seriös zu beantworten. Wird die Tätigkeit, wie hier, mißbraucht, gerät sie in ein schiefes Licht. Wer auf solche Weise "einschlägige Erfahrungen" gesammelt hat, wird nicht mehr bereit sein, bei einer echten und ernsthaften Meinungsumfrage mitzuwirken. Dadurch werden die einzelnen Unternehmen und letztlich die gesamte Branche in Mitleidenschaft gezogen, da sie darauf angewiesen sind, daß ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung bereit ist, sich befragen zu lassen. Nach der Rechtsprechung reicht es für die Bejahung eines Wettbewerbsverhältnisses bereits aus, daß sich der Verletzter durch die Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu den Betroffenen gestellt hat, was auch dadurch geschehen kann, daß er sich durch eine Gleichstellungsberatung an den Ruf der fremden Ware anhängt und diesen für den Absatz seiner Ware auszunutzen sucht (vgl. BGH GRUR 1988, 453 - Ein Champagner unter den Mineralwässern - und BGH in GRUR 1985, 550, 552 - Dimple). Im übrigen ist es für die Annahme des erforderlichen Wettbewerbsverhältnisses ausreichend, wenn nach der Verkehrsauffassung auch nur der Anschein eines Wettbewerbsverhältnisses hervorgerufen wird (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht 15. Aufl., Einl. UWG, RdNr. 216); dies ist vorliegend geschehen.

Dem Vortrag der Beklagten, die Mitarbeiter der Werbefirmen stellten sich sehr wohl bei Beginn des Gesprächs als solche vermag der Senat, wie auch das Landgericht, nicht zu folgen. Der Aussage des Zeugen Sch. zufolge erfolgte eine solche Aufklärung seitens des Werbers, der ihn aufgesucht hat, nicht. Durch die Aussage wird entgegen der Auffassung der Beklagten belegt, daß die Umfrage nur vorgeschoben wird, um ein Werbegespräch führen zu können. Es ist kein anderer Grund ersichtlich, wieso ein Werber vorgibt, eine Meinungsumfrage durchführen zu wollen, ohne von einem solchen Unternehmen zu kommen, wenn er, nachdem er sich unter Hinweis auf eine Meinungsumfrage Zugang zur Wohnung verschafft hat, darum bemüht ist, eine Zeitschrift zu verkaufen.

3. Die Beklagte ist für das Verhalten der Werber verantwortlich nach § 13 Abs. 4 UWG. Die Werber sind als "Beauftragte" der Beklagten tätig. Unter diesen Begriff fallen auch selbstständige Unternehmen, soweit sie dem Willen und Einfluß eines anderen Unternehmens unterliegen (vgl. Melullis, Wettbewerbsrechtliche Prozeßpraxis, S. 97 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Die Beklagte vertreibt die im H. B. Verlag hergestellten Verlagserzeugnisse. Dazu bedient sie sich selbständiger Werbefirmen, die für sie Kundenabonnements werben. Entscheidend ist, daß das Arbeitsergebnis der Werber der Beklagten zugute kommt. Deren Mitarbeiter sind in die Vertriebsorganisation der Beklagten eingeschaltet. Die Beklagte vertreibt nicht selbst, sondern durch die eingeschalteten Werbefirmen. Dabei kommt es auf die einzelnen vertraglichen Abmachungen zwischen der Beklagten und den Werbefirmen bzw. deren Mitarbeitern nicht an. Es ist insbesondere nicht erforderlich, daß der Beauftragte ständig oder allein für den Betriebsinhaber tätig wird oder daß der selbständige Dritte bewußt als ein Glied der vom Geschäftsherrn dirigierten Organisation auftritt. Es genügt vielmehr bereits ein Handeln aufgrund stillschweigender Übereinkunft, wenn der Geschäftsherr die tatsächliche Macht hat, seinen Willen durchzusetzen (Melullis, aaO., S. 96/97).

a) Der Einwand der Beklagten, die Werbefirmen könnten die geworbenen Abonnements auch anderen Vertriebsfirmen anbieten, seien deshalb auf die Beklagte nicht angewiesen und auch von ihr nicht »abhängig«, ist unzutreffend. Die Behauptung, auf den Bestellformularen der Beklagten seien zahlreiche Anschriften abgedruckt, stimmt nicht. Auf der gegenüber dem Zeugen Sch. verwendeten Auftragsbestätigung (K 19 II) ist allein die Beklagte als Vertragspartner des Geworbenen aufgeführt. Das bedeutet, daß der Zeuge Sch. bei der Beklagten und nicht bei einer sonstigen Firma die Zeitung "Die Zeit" bestellt hat. Ein Vertrag konnte somit von vornherein nur zwischen dem Zeugen Sch. und der Beklagten zustandekommen. Die Werbefirma, für die der Werber tätig war, hatte keine rechtliche Möglichkeit, dieses Abonnement einer anderen Vertriebsgesellschaft zum Kauf anzubieten.

Die konkrete Ausgestaltung des Auftragsformulars ist geradezu kennzeichnend für die Einbindung der Werbefirmen in das Vertriebssystem der Beklagten. Der Kunde bestellt nicht etwa bei der einzelnen Werbefirma, sondern bei der Beklagten, die im Bestellformular als Adressatin der Bestellung ausgewiesen ist. Die Werbefirmen sind insoweit berechtigt, für die Beklagte die Bestellung verbindlich entgegenzunehmen. Sie handeln damit mit Vertretungsmacht für die Beklagte. Der Abonnementvertrag kommt von vorneherein nicht mit der Werbefirma, sondern mit der Beklagten zustande. Eine andere Auslegung dahin, daß Vertragspartner des Kunden die Werbefirma wird, wäre mit dem Inhalt des Bestellformulars nicht vereinbar.

Es mag sein, daß dieses System - direkte Bestellung bei der Beklagten - aus steuerrechtlichen Gründen gewählt worden ist. Angesichts des eindeutigen Wortlauts im Bestellformular kann die Erklärung des Abonnenten aber nur so gewertet werden, daß er direkt bei der Beklagten und nicht bei der Werbefirma kauft.

Die Abhängigkeit der Werbefinnen ergibt sich auch daraus, daß die Beklagte deren Tätigkeit jederzeit beenden kann. Die Werbefirmen können ihre Tätigkeit ohne das Einverständnis der Beklagten nicht durchführen. Sie handeln nur so lange mit Vertretungsmacht, als ihnen diese eingeräumt ist.

b) Das vom Landgericht zu Recht als wettbewerbswidrig dargestellte Verhalten des Werbers war auch im Falle des Zeugen Sch. ein Handeln für die Beklagte. Daß er die Wochenzeitung "Die Zeit", ein Produkt, das nicht im H. B. Verlag verlegt wird, bestellt hat, ändert am Vorliegen eines der Beklagten zuzurechnenden Wettbewerbsverstoßes nichts. Zum einen erfolgte die Bestellung nach dem eindeutigen Wortlaut der Auftragsbestätigung bei der Beklagten. Zum anderen hat, wie der Zeuge Sch. bekundet hat, der Werber die Zeitschriften des H. B. Verlags bei dem Werbegespräch angeboten und ist damit jedenfalls für die Beklagte tätig geworden.

c) Daß die Beklagte die Werbemethoden der für die Werbefirmen tätigen Werber nur beschränkt beeinflussen kann, liegt auf der Hand. Das entlastet sie aber nicht. Sie bedient sich der Vorzüge dieses Systems, indem sie Werbefinnen für ihren Vertrieb einsetzt. Dann muß sie nach dem Sinn und Zweck des § 13 IV UWG aber auch für dabei vorkommende Wettbewerbsverstöße einstehen. Sie werden ihr objektiv zugerechnet, gleichsam als wenn sie sie selbst begangen hätte. Nichts kann sie entlasten, nicht der Nachweis sorgfältiger Auswahl und Überwachung, keine Anweisung, keine Beaufsichtigung, kein Widerspruch (vgl. Baumbach/Hefermehl, aaO., § 13 RdNr. 69 m.N.). Ob die Beklagte die Rechtsmacht hat, Verstöße durch Angestellte der Werbefirmen zu verhindern, ist damit für die Haftung nach § 13 Abs. 4 nicht maßgeblich. Die Vorschrift will vermeiden, daß sich der Betriebsinhaber hinter einem von ihm abhängigen Dritten versteckt (Baumbach/Hefermehl, aaO., RdNr. 62). Zwar sind Fälle denkbar, in denen die Haftung für einen Wettbewerbsverstoß deshalb ausscheidet, weil dem in Anspruch Genommenen die Macht fehlt, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern, wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 21.9.1989 (- I ZR 27/88 unter Hinweis auf BGH 14, 163, 164 - Constanze Il); BGH in GRUR 1988, 829, 830 - Verkaufsfahrten II ausgeführt hat. Hierbei handelt es sich aber nicht um die Haftung für einen Dritten nach § 13 Abs. 4 UWG, sondern um die Frage, ob jemand Störer ist, weil er die unzulässige Wettbewerbshandlung eines aus eigenem Antrieb und selbstverantwortlich Handelnden unterstützt und trotz Bestehens rechtlicher Möglichkeiten es unterläßt, den Dritten an der Störerhandlung zu hindern.

d) Entgegen der Auffassung der Beklagten mußte das Landgericht nicht darlegen, welche denkbaren und zumutbaren Maßnahmen die Beklagte hätte unternehmen können und müssen, um Wettbewerbsverstöße zu vermeiden. Es ist nicht Sache des Gerichts, der Beklagten Wege aufzuzeigen, wie sie Wettbewerbsverstöße von Beauftragten, die ihr nach § 13 Abs. 4 UWG zugerechnet werden, vermeiden kann. Will die Beklagte für wettbewerbswidriges Verhalten der von ihr eingeschalteten Werbefirmen nicht einstehen, dann darf sie sich ihrer zum Vertrieb ihrer Erzeugnisse nicht bedienen.

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht; Markt- und Sozialforschung