Alleinstellungswerbung - 'Marktführer'

Gericht

LG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

30. 07. 1996


Aktenzeichen

312 O 161/96


Leitsatz des Gerichts

Die Werbung einer Wochenzeitung, der jeweils ein Magazin beiliegt mit den Aussagen ""Z./Z.-Magazin" sind wiederum Marktführer in dem Segment der überregionalen meinungsbildenden Zeitungen" stellt eine unzulässige Alleinstellungswerbung dar, sofern die Zeitung bei der verkauften Auflage nicht die Spitzenstellung einnimmt.

Tatbestand

Aus dem Tatbestand:

Die Klägerin gibt die sechsmal wöchentlich an Werktagen erscheinende Tageszeitung "F." heraus, die Beklagte die wöchentlich einmal erscheinende Wochenzeitung "Z.". Die Klägerin fügt der Freitagsausgabe der "F." ein Magazin bei; die Beklagte legt jeder Ausgabe der "Z." ein "Z.-Magazin" bei.

Unter dem Datum 22.01.1996 versandte die Beklagte an Werbeagenturen und Anzeigenkunden ein Schreiben, in dem auf die Senkung der Anzeigenpreise und das exzellente Preis-Leistungsverhältnis für Anzeigenkunden hingewiesen wird. Diesem Schreiben war ein Werbeschreiben beigefügt, das überschrieben war mit "Auflagenmeldung Z./Z.-Magazin IVW/4. Quartal 1995". Das Werbeschreiben enthält ein Balkendiagramm, auf dem die verkaufte Auflage von "Z." mit den verkauften Auflagen der "S.", der "W.", der "F.", der "D.", des "H." und der "D. W." verglichen wird. "Z." erscheint dort im Vergleich mit den anderen genannten Zeitungen als die auflagenstärkste Zeitung. Unterhalb des Balkendiagramms ist folgende Aussage abgedruckt:

Im 4. Quartal '95 sind Z./Z.-Magazin wiederum Marktführer in dem Segment der überregionalen meinungsbildenden Zeitungen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Unterlassung dieser Werbeäußerung. Die Beklagte erhebt unter anderem die Einrede der Schiedsvereinbarung, da beide Parteien Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. (AG.MA) seien. Die Satzung dieser Vereinigung enthält einen Schiedsvertrag, der unter anderem folgende Regelungen enthält:
§ 1

Über alle Streitigkeiten, die aus der Anwendung und der Verwertung von Daten der Media-Analyse e.V. (MA) entstehen, soll unter Ausschluß der ordentlichen Gerichte ein Schiedsgericht entscheiden. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich im einzelnen aus § 3.

§ 3 (1)

Das Schiedsgericht wird auf Antrag eines Mitgliedes oder des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. (AG.MA) tätig.

3 (2)

Ein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. (AG.MA) ist berechtigt, über den Vorstand des Vereins ein Schiedsverfahren gegen ein anderes Mitglied schriftlich zu beantragen, wenn Streitigkeiten aus der Werbung mit der MA, mit Ergebnissen der MA oder mit der Auswertung von deren Ergebnissen entstehen.

Die Klägerin hat mit Datum vom 24.01.1996 beim Landgericht München I unter dem Aktenzeichen 7 O 1834/96 eine Klage eingereicht, mit der sie der Beklagten Behauptungen verbieten lassen will, die diese im Rahmen eines Werbegesprächs mit Herrn H., dem Betreiber einer großen Werbeagentur, aufgestellt hat:
"Z. ist die größte deutsche meinungsbildende Zeitung"
und
"Z. ist sowohl gemessen an der Auflage als auch an der Reichweite auch 'als Tageszeitung' die größte deutsche meinungsbildende Zeitung".
Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Zeitungen bzw. Zeitschriften "F.", "S.", "St.", "B.", Bi." und "W." eine höhere Auflage als die "Z./Z.-Magazin" haben.

Die Klägerin sieht in der Aussage der Beklagten eine irreführende vergleichende Alleinstellungswerbung. Die Werbung der Beklagten kläre nicht, wie es für die Rechtmäßigkeit einer vergleichenden Alleinstellungswerbung Voraussetzung sei, über die maßgeblichen Umstände des Vergleichs auf, denn der vorgenommene Vergleich sei nicht vollständig; zudem seien die "F." als Tageszeitung und "Z." als Wochenzeitung wegen ihrer unterschiedlichen Erscheinungsintervalle nicht vergleichbar.

Die unterschiedlichen Erscheinungsintervalle von Tages- und Wochenzeitungen hätten zur Folge, daß bei der Schaltung einer Anzeige in einer Tageszeitung der entsprechende Markt in kürzerer Zeit durchdrungen sei. Das liege daran, daß eine Tageszeitung und die darin geschaltete Anzeige in einer kürzeren Zeit wahrgenommen würden als bei einer Wochenzeitung, was zu einer völlig unterschiedlichen Struktur der Anzeigen in Tageszeitungen und Wochenzeitungen führe.

Die Klägerin ist weiter der Auffassung, wenn die Beklagte sich mit Tageszeitungen vergleiche, müsse sie alle Tageszeitungen mit einbeziehen, die allgemein oder sich selbst als meinungsbildend und gegebenenfalls als überregional bezeichnen. Dazu gehörten dann nicht nur die aufgeführten Zeitungen, sondern gegebenenfalls auch noch die "W. A." oder die "Bi.". Zu den wöchentlich erscheinenden Zeitungen, die aufzuführen seien, gehörten die "B.", das "A.", "F.", "S." und "St.". Die Auflagen von "F.", "S.", "St.", "B.", "Bi." und "W. A." seien erheblich höher als die Auflage der "Z.". Mit dem Begriff "Marktführer" verwende die Beklagte in dem streitgegenständlichen Werbeschreiben zudem einen Terminus, der von den angesprochenen Fachkreisen nicht allein auf die Auflagenhöhe, sondern auch auf weitere Kriterien bezogen werde, die für die Schaltung von Werbeanzeigen von Bedeutung seien. Gerade wenn sich die Beklagte mit Tageszeitungen vergleiche, zeige sich, daß sie im Bereich der Werbung in Zeitungen keine allzu große Rolle spiele. Die Beklagte sei mit der "Z." insbesondere keine Marktführerin hinsichtlich der Aspekte, die für einen Anzeigenkunden von Bedeutung seien. Dies werde schon allein daran deutlich, daß im Jahre 1995 im Wirtschaftsbereich Dienstleistungen 692 exklusive Anzeigen von Unternehmen in der "F." geschaltet worden seien, die nicht während desselben Zeitraums auch in der "Z." erschienen seien. Umgekehrt habe es nur 11 Anzeigen gegeben, die exklusiv in der "Z." erschienen seien. Dies zeige, daß die Beklagte aus der Sicht der werbenden Wirtschaft gerade nicht der Marktführer im Bereich der meinungsbildenden Zeitungen sei. Die Beklagte wolle mit der hier streitgegenständlichen Anzeige erreichen, daß sich gerade auch in Fachkreisen irgendwie der Gedanke und die Vorstellung breitmache und festsetze, das "Z./Z.-Magazin" Marktführer seien. Um einen solchen irreführenden Eindruck zu vermeiden, hätte die Beklagte nur einschränkend darauf hinweisen müssen, daß sie bei der Auflage Marktführer sei.

Soweit die Beklagte bezogen auf das Verfahren beim Landgericht München I den Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit erhebe, greife dieser nicht durch. Denn den beiden Verfahren lägen unterschiedliche Sachverhalte zugrunde; zudem würden in beiden Verfahren unterschiedliche Anträge gestellt. Damit handele es sich um unterschiedliche Streitgegenstände, so daß eine anderweitige Rechtshängigkeit nicht gegeben sei.

Die von der Beklagten erhobene Einrede des Schiedsvertrages sei ebenfalls unbegründet. Denn die Beklagte stütze im hier vorliegenden Fall ihre Werbeaussage nicht auf Zahlen der Media-Analyse, sondern auf Zahlen der IVW, also der "Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V.". Die Satzung der Media-Analyse e.V. habe damit nicht zu tun.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten, behaupten zu lassen oder bei der Aufstellung folgender Behauptung in sonstiger Weise mitzuwirken:

"Z./Z.-Magazin sind wiederum Marktführer in dem Segment der überregionalen meinungsbildenden Zeitungen".

Die Beklagte erhebt zunächst den Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit. Sie ist der Auffassung, daß die im Münchener Verfahren gestellten Anträge im Kern mit den Anträgen dieses Prozesses identisch seien. Der in diesem Verfahren von der Klägerin gestellte Antrag sei die Teilmenge des Antrages, mit dem es der Beklagten verboten werden solle, zu behaupten, "Z." sei sowohl gemessen an der Auflage als auch an der Reichweite die größte deutsche meinungsbildende Zeitung.

Die Beklagte erhebt weiter die Einrede des Schiedsvertrages. Der ordentliche Rechtsweg sei nicht gegeben, da für beide Parteien als Mitgliedern der Media-Analyse e.V. der Schiedsvertrag vom 16.11.1993 gelte, in dem geregelt sei, daß unter Ausschluß der ordentlichen Gerichte ein Schiedsgericht über alle Streitigkeiten aus der Werbung mit Ergebnissen der Media-Analyse entscheiden solle. Die von der Klägerin mit ihren Anträgen verfolgte Werbung beruhe auf Ergebnissen der Untersuchungen der Media-Analyse e.V. Es treffe zwar zu, daß die Beklagte ihre Werbeaussage nur auflagenbezogen getätigt habe. Die Klägerin habe aber selbst verlangt, daß die Äußerung, obwohl sie nur auflagenbezogen getätigt worden sei, auch reichweitenbezogen zulässig sein müsse. Damit mache die Klägerin diese Auseinandersetzung zu einer Streitigkeit, die unter die Schiedsvereinbarung falle.

Die Klage sei auch in der Sache abzuweisen. Die streitgegenständliche Werbeaussage sei in keiner Weise zu beanstanden, da sie sachlich richtig sei. Sie beziehe sich nur auf den branchenüblichen Auflagenvergleich für das anerkannte Marktsegment "überregionaler, meinungsbildender Tages- und Wochenzeitungen". In diesem Marktsegment sei "Z." die auflagenstärkste Zeitung und könne sich daher auch in Bezug auf die Auflage Marktführer nennen. "Z." sei im übrigen auch Marktführer hinsichtlich des Kriteriums der Reichweite.

Von erheblicher Bedeutung sei die Frage, wer die Adressaten des streitgegenständlichen Werbeschreibens seien. Die Anzeigenleitung der "Z." habe das hier in Rede stehende Schreiben ausschließlich an ihre Gesprächspartner in den Werbeagenturen und aus dem Bereich der Dienstleister und Markenartikler gesandt. Die Empfänger seien daher nicht Letztverbraucher gewesen, sondern hochspezialisierte Fachleute für den Bereich Markenartikelwerbung. Der Inhalt des Schreibens habe die neuesten Auflagedaten der "Z." betroffen; diese seien in einen Vergleich mit den anderen meinungsbildenden, überregionalen Zeitungen gestellt worden. Die angegriffene, inhaltlich zutreffende Werbeaussage werde seit fünfzehn Jahren unverändert benutzt.

Das hier definierte Umfeld der überregionalen meinungsbildenden Zeitungen sei marktrelevant und entspreche der von den Agenturen und Markenartiklern vorgenommenen Kategorisierung der Werbeträger.

Als sog. meinungsbildende Zeitungen würden fachterminologisch diejenigen Titel bezeichnet, die vornehmlich von solchen Personen gelesen würden, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluß auf die Meinung anderer besäßen. Die "Bi." und die "B." gehörten keineswegs zu dieser Gruppe. Sie bildeten zwar ggf. die Meinung der Leser, gingen aber in ein sog. Massensegment ein. Leser dieser Titel seien keine Meinungsbildner.

Zudem sei zwischen Zeitungen und Zeitschriften zu differenzieren. Zeitungen würden nämlich im gleichen Herstellungsverfahren produziert, hätten die gleiche Papierqualität und ähnliche Formate und unterschieden sich in dieser Hinsicht von den sog. Zeitschriften, zu denen "F.", "S.", "St." etc. gehörten. Nach den formalen Anforderungen werde auf dem Markt zwischen Zeitschriftenkampagnen und Zeitungskampagnen unterschieden. Für diese Unterscheidung seien sog. Marketingziele wichtig. So würden Imagekampagnen regelmäßig meistens vierfarbig in Zeitschriften veröffentlicht, schwarz-weiß oder Zusatzfarbenkampagnen dagegen in Zeitungen.

Unzweifelhaft erfasse der Begriff Zeitungen als Oberbegriff sowohl Tages- als auch Wochenzeitungen, da es bei dieser Formulierung nicht auf die Erscheinungsintervalle, sondern auf die genannten Marketingziele ankomme. Es sei daher marktüblich, Tages- und Wochenzeitungen miteinander in Beziehung zu setzen.

Entscheidungsgründe

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig und vollen Umfangs begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus den §§ 1, 3 UWG ein Unterlassungsanspruch wegen einer irreführenden Alleinstellungswerbung zu.

1. Die Klage ist zulässig.

a) Der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit greift nicht durch. Der Streitgegenstand dieses Verfahrens ist nicht identisch mit dem Streitgegenstand des Verfahrens 7 O 1834/96 beim Landgericht München I.

Grundsätzlich ist von dem sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff auszugehen, wonach der Antrag des Klägers und der zur Begründung vorgetragene Lebenssachverhalt den Streitgegenstand bestimmen (BGH NJW-RR 1987, 683, 684, NJW-RR 1992, 1070). Bei einem einheitlichen Unterlassungsantrag begründet allerdings nicht jeder weitere Verstoß, auch wenn er auf einem anderen Lebenssachverhalt beruht, einen weiteren Streitgegenstand (Vollkommer/Zöller, ZPO, 19. Aufl., Einl., Rdnr. 76 a unter Hinweis auf BGH NJW-RR 1992, 1070). Bei mehrfach wiederholten gleichlautenden Werbebehauptungen handelt es sich regelmäßig um den identischen Streitgegenstand, da insoweit nur eine gleichlautende, möglicherweise irreführende Werbung in einem anderen Kontext wiederholt wird.

Anders ist diese Frage aber bei variierenden Werbeäußerungen zu beurteilen. Insoweit stellt sich die Frage, ob die mit der jeweiligen Klage angegriffenen Äußerungen im Kern identisch sind. Eine Identität der Streitgegenstände wäre nur gegeben, wenn die Basis der unterschiedlichen Werbebehauptungen, nämlich die aktuellen Auflage- und Reichweitedaten identisch wären und die jeweilige Werbebehauptung, die auf diesen Daten beruht, inhaltlich im Kern gleichlautend wären. Dies ist hier aber zu verneinen. Denn im Verfahren vor dem Landgericht München I geht es unter anderem um die Behauptung, die "Z." sei sowohl gemessen an der Auflage als auch an der Reichweite auch als Tageszeitung die größte deutsche meinungsbildende Zeitung. Im hier zur Entscheidung stehenden Fall geht es hingegen um die Behauptung, die "Z./Z.-Magazin" sei Marktführer im Segment der überregionalen meinungsbildenden Zeitungen, und zwar bezogen auf die Auflage. Der in diesem Verfahren von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Unterlassungsantrag ist dementsprechend nicht identisch mit den Anträgen, die die Klägerin im Verfahren vor dem Landgericht München gestellt hat. Bei unterschiedlichen Unterlassungsanträgen besteht aber keine Identität der Streitgegenstände.

Dem kann nicht mit dem Argument begegnet werden, daß der in diesem Verfahren zur Entscheidung gestellte Antrag eine Teilmenge der im Verfahren vor dem Landgericht München I gestellten Anträge sei. Es ist der Beklagten zwar zuzugeben, daß insoweit eine Überschneidung der beiden zur Entscheidung stehenden Sachverhalte besteht, da in beiden Streitfällen die Auflagenzahlen zumindest teilweise die Grundlage für die angegriffene Werbebehauptung darstellen. Die in diesem Verfahren angegriffene Werbebehauptung differiert aber inhaltlich von der im Münchener Verfahren angegriffenen Behauptung, so daß von einer identischen Teilmenge nicht gesprochen werden kann. Zum einen wird in dem hier streitgegenständlichen Werbeschreiben nicht pauschal von der "Z.", sondern von "Z./Z.-Magazin" gesprochen. Weiterhin verwendet die Beklagte in dem Schreiben den unscharfen Begriff Marktführer, der für die angesprochenen Werbefachleute durchaus einen anderen Sinngehalt haben kann als der Begriff der größten deutschen meinungsbildenden Zeitung. Insoweit könnte die Klägerin bei einem Obsiegen im Münchener Verfahren nicht sicher sein, daß die Beklagte die hier streitgegenständliche Werbebehauptung unterläßt. Die Klägerin hat es daher in der Hand, mit einem auf die konkrete Verletzungsform bezogenen Unterlassungsantrag den zur Entscheidung stehenden Streitgegenstand weitgehend selbst zu bestimmen (BGH NJW-RR 1992, 1070). Sie hat dementsprechend auch das Recht, den insoweit nicht beim Landgericht München I rechtshängigen Streitgegenstand vor dem Landgericht Hamburg zu verfolgen.

b) Auch die Einrede des Schiedsvertrages greift nicht durch. Denn insoweit sind die Voraussetzungen des § 3 (2) des Schiedsvertrages nicht gegeben. Danach ist ein Mitglied berechtigt, über den Vorstand der Vereinigung ein Schiedsverfahren gegen ein anderes Mitglied schriftlich zu beantragen, wenn Streitigkeiten aus der Werbung mit der MA, mit Ergebnissen der MA oder mit der Auswertung von deren Ergebnissen entstehen. Insoweit ergibt sich aus dem Werbeschreiben eindeutig, daß es nicht Daten der Media-Analyse sind, welche die Basis der streitgegenständlichen Behauptung darstellen, sondern Zahlen, die von der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V., der IVW, festgestellt wurden. Darauf hat die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 09.05.1996 ausdrücklich hingewiesen.

Diesen Vortrag der Klägerin hat die Beklagte nicht bestritten. Sie hatte zwar in ihrem Schriftsatz vom 02.05.1996 behauptet, die von der Klägerin mit ihren Anträgen verfolgte Werbung der Beklagten beruhe wie im Münchener Verfahren auf Ergebnissen der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse. In ihrem Schriftsatz vom 01.07.1996 hat sie aber selbst zu verstehen gegeben, daß die Schiedsvereinbarung nur dann eingreift, wenn die streitgegenständliche Werbebehauptung auch reichweitenbezogen zu verstehen wäre, da die Media-Analyse e.V. die Daten für die Feststellung der Reichweite ermittelt habe. Auf die Reichweite der "Z." bzw. des "Z.-Magazins" kommt es für das Verständnis der streitgegenständlichen Werbebehauptung aber nicht an. Die Beklagte hat das Werbeschreiben mit "Auflagenmeldung" überschrieben und damit deutlich zu erkennen gegeben, daß das abgebildete Balkendiagramm sich auf die verkaufte Auflage jeweiligen Zeitungen bezieht. Insoweit geht es im vorliegenden Streitfall um eine Werbung mit Ergebnissen, die allein von der IVW ermittelt worden sind, nicht aber von der Media-Analyse e.V.

2. Die Klage ist auch in der Sache begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus den §§ 1, 3 UWG wegen der irreführenden Alleinstellungswerbung der Beklagten zu.

Mit der Behauptung, "Z./Z.-Magazin" sei wiederum Marktführer im Segment der überregionalen Zeitungen, nimmt die Beklagte eine Spitzenstellung hinsichtlich der Auflage im Bereich der sog. überregionalen meinungsbildenden Zeitungen für sich in Anspruch. Voraussetzung der Zulässigkeit einer Alleinstellungswerbung ist aber, daß die Werbebehauptung wahr ist.

Die streitgegenständliche Werbebehauptung ist aber nicht zutreffend, da die Beklagte in dem von ihr angeführten Marktsegment nicht die auflagenstärkste Zeitung bzw. Zeitschrift ist; sie ist damit nicht, wie von ihr behauptet, Marktführer. Denn die Beklagte hat bei dem vorgenommenen Vergleich nicht alle auf dem Markt befindlichen Zeitschriften. bzw. Zeitungen berücksichtigt, die zum Marktsegment der überregionalen meinungsbildenden Zeitungen gehören. Es ist schon sehr fraglich, ob es überhaupt zulässig ist, Tageszeitungen mit Wochenzeitungen zu vergleichen. Denn aus der Sicht der mit dem Vergleich angesprochenen werbenden Wirtschaft ist das Erscheinungsintervall einer Zeitschrift sicherlich nicht zu vernachlässigen. Für die Kammer ist es auch sehr fraglich, ob mit dem unscharfen Begriff der meinungsbildenden Zeitung bestimmte Tageszeitungen wie die "Bi." oder die "W. A." einfach nicht berücksichtigt werden dürfen.

Entscheidend für die Kammer ist aber, daß selbst bei Zugrundelegung der eigenen Prämissen der Beklagten der Kreis der einbezogenen Zeitungen unvollständig ist. Denn jedenfalls müssen der "S." und "F." in den Vergleich mit einbezogen werden. Bei diesen beiden Zeitungen bzw. Zeitschriften handelt es sich jedenfalls auch nach den Kriterien der Beklagten um sog. meinungsbildende Zeitungen bzw. Zeitschriften, deren Auflage höher ist als die der "Z.". Der Bundesgerichtshof hat dementsprechend in einer von der Klägerin angeführten Entscheidung die "Z.", den "S." und einige andere Wochenzeitungen zum relevanten Markt für politische Wochenzeitungen gezählt (BGH NJW-RR 1988, 484). Unter dem Qualitätsgesichtspunkt der sog. meinungsbildenden Zeitung bzw. Zeitschrift unterscheiden sich jedenfalls die "Z." und der "S." nicht.

Die Beklagte will dementsprechend darauf hinaus, daß das maßgebende Unterscheidungskriterium zwischen "Z." auf der einen Seite und "S." und "F." auf der anderen Seite aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, nämlich der Werbefachleute in den Werbeagenturen und Marketingabteilungen, die Einordnung in Zeitungen und Zeitschriften sei. Die Beklagte wende sich mit ihrer Werbung für die "Z." nur an Werbeinteressierte, die sog. Zeitungskampagnen schalten wollten bzw. die Zeitungsanzeigen aufgeben wollten. Die sog. Zeitschriften hingegen druckten farbige Anzeigen und wendeten sich damit an einen anderen Kreis von Werbeinteressierten, die beispielsweise Imagekampagnen schalten wollten.

Dieses Argument ist nicht stichhaltig, und zwar allein deshalb, weil die Beklagte mit dem in der angegriffenen Werbeaussage enthaltenen Hinweis auf die "Z./Z.-Mmagazin" nicht nur für die schwarz-weiß gedruckte "Z.", sondern auch für das farbige "Z.-Magazin" wirbt. Sie wendet sich somit mit dem "Z.-Magazin" an dieselben Interessenten, die auch im "S." oder bei "F." Anzeigen schalten würden. Die "Z." ist zwar nach den von der Beklagten zugrunde gelegten Kriterien überwiegend eine im schwarz-weiß Druck hergestellte Zeitung; gleichzeitig produziert sie aber mit dem "Z.-Magazin" eine Zeitschrift in der gleichen Papierqualität wie der "S." und "F.", in der es beispielsweise möglich ist, sog. Imagekampagnen zu veröffentlichen, Das Ziel der Werbekampagne der Beklagten ist zudem auch ausdrücklich darauf gerichtet, das "Z.-Magazin" zu bewerben, was sich aus dem Anschreiben vom 22.01.1996, in dem "besonders" auf das exzellente Preis-Leistungs-Verhältnis beim "Z.-Magazin" hingewiesen wird, deutlich ergibt. Die Beklagte bietet somit, nach den von ihr selbst als Maßstab angelegten Unterscheidungskriterien, Werbemöglichkeiten sowohl in einer Zeitung als auch in einer Zeitschrift an. Entscheidend ist selbst nach der Argumentation der Beklagten aus der Sicht der angesprochenen werbenden Wirtschaft die reale Möglichkeit, farbige Anzeigen zu schalten. Diese Möglichkeit bietet die Beklagte den Werbeinteressierten aber mit dem "Z.-Magazin". Dann ist es jedenfalls nicht sachgerecht, den "S." und "F." bei dem vorgenommenen Auflagenvergleich nicht zu berücksichtigen.

Da diese beiden Zeitschriften aber unstreitig eine höhere Auflage als die "Z." haben, ist die streitgegenständliche Werbebehauptung unwahr und damit irreführend. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens, das die Beklagte zu der Frage beantragt hat, daß es ein Marktsegment der überregionalen meinungsbildenden Zeitungen gebe, zu dem nur die von der Beklagten aufgeführten Zeitungen gehören, bedurfte es angesichts der dargestellten Sachlage nicht. Die Beklagte hätte nämlich schon bei der Anwendung ihrer eigenen Unterscheidungskriterien "S." und "F." in die Aufstellung über die Auflagenzahlen einbeziehen müssen.

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