Zulässigkeit von kostenlosen Online-Stellenanzeigen

Gericht

OLG München


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

25. 03. 1999


Aktenzeichen

6 U 5749/98


Leitsatz des Gerichts

  1. Besitzt ein Verlagsunternehmen im Printbereich bezüglich des Stellenmarktes nur einen geringen Marktanteil, kann es zulässig sein, zur Einführung eines Online-Dienstes für Stellenanzeigen für eine bestimmte Zeit eine kostenlose Veröffentlichung anzubieten und dabei zur "Auffüllung" anderweitig veröffentlichte Stellenanzeigen zu verwenden.

  2. Der hier zulässige Zeitraum der Erprobung und Markteinführung endet jedenfalls dann, wenn das Unternehmen mit seinem Online-Dienst im Internet Fuß gefaßt hat.

Entscheidungsgründe

Aus den Entscheidungsgründen:

Das LG hat mit zutreffenden Erwägungen dem einstweiligen Verfügungsantrag, wonach die Verfügungsbekl. es zu unterlassen hat, in dem von ihr betriebenen Online-Dienst "BERUFS WELT online" unbezahlte Stellenanzeigen zu veröffentlichen und solche zur Veröffentlichung anzubieten, soweit es sich nicht um zuvor oder gleichzeitig in der W/W.S. veröffentlichte Stellenanzeigen handelt, stattgegeben.

Zur Verdeutlichung des Standpunkts des Senats wird unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren auf folgende Gesichtspunkte hingewiesen:

Streitgegenstand ist gemäß dem Unterlassungsbegehren allein, ob die Verfügungsbekl. jetzt noch befugt ist, in ihrem Online?Dienst "BERUFS WELT online" Stellenanzeigen zu veröffentlichen, wenn gleichzeitig zwei Kriterien erfüllt sind. Einmal muß die Veröffentlichung kostenlos erfolgen, und zum anderen muß es sich um Stellenanzeigen handeln, die nicht zuvor in der W./W.S. veröffentlicht wurden oder gleichzeitig veröffentlicht werden. Da auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, hier auf den 11.2.1999, abzustellen ist, kann die Erklärung der Verfügungsbekl. in ihrer Berufungsbegründung (S. 13 = Bl. 105 GA), wonach sie sich vorbehält, "ihr Angebot zu einem späteren Zeitpunkt erneut kostenlos anzubieten, wenn dies nach den jeweiligen Marktverhältnissen notwendig erscheint", nicht unberücksichtigt bleiben.

Das LG hat zu Recht dem Verfügungsantrag stattgegeben (§ 1 UWG). Die von der Verfügungsbekl. beanspruchte Erprobungs- und Markteinführungsphase war jedenfalls bereits vor dem 31.12.1998, zu diesem Zeitpunkt stellte die Verfügungsbekl. das von der Verfügungskl. angegriffene Verhalten zunächst ein, abgelaufen.

Darüber hinaus kann der Verfügungsbekl. nicht zugestanden werden, künftig nach Gutdünken erneut in der von der Verfügungskl. angegriffenen Weise tätig zu werden.

Zugunsten der Verfügungsbekl. kann davon ausgegangen werden, daß es sich bei den sogenannten Online-Stellenbörsen um einen eigenständigen Markt handelt, der selbständig neben dem Stellenmarkt in den Print-Medien steht und es in diesem Markt keine einheitliche Branchenübung in bezug auf die Entgeltlichkeit der Schaltung von Stellenanzeigen gibt. Des weiteren kann zugunsten der Verfügungsbekl. davon ausgegangen werden, daß die Print-Medien selbst das Internet nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung ihrer eigenen publizistischen Tätigkeit ansehen, und zwar nicht nur im redaktionellen Bereich, sondern und gerade auch im sonstigen Anzeigenmarkt. Dafür spricht auch, daß die Verlage so bekannter Tageszeitungen wie z. B. der SZ und der FAZ die in ihren Zeitungen veröffentlichten Stellenanzeigen kostenlos ins Internet stellen.

Da die Verfügungsbekl., was den Print?Bereich betrifft, bezüglich des Stellenmarktes mit den von ihr herausgegebenen Zeitungen W. und WS. nur einen Marktanteil von 7 % hatte, mag es als zulässig angesehen werden, daß sie zur Einführung und Bekanntmachung des von ihr entwickelten Online-Dienstes, der sich, wie sie im einzelnen ausgeführt hat, im Vergleich mit den bisher üblichen Stellenanzeigen im Internet durch eine Reihe von Neuerungen auszeichnet und sich von diesen abhebt, für einen gewissen Zeitraum ihr fehlende Anzeigen durch solche ersetzte, die zuvor anderweitig veröffentlicht waren, und dies kostenlos erfolgte. Da aber bezüglich des Stellenmarktes nicht auf die Marktverhältnisse im Print?Bereich, sondern im Internet abzustellen ist, in dem sich die Verfügungsbekl., wie sie vorträgt, "positionieren" will, war die Erprobungsphase dann zu Ende, als die Verfügungsbekl. im Internet hinsichtlich des Stellenmarktes Fuß gefaßt hatte. Dies war jedenfalls vor dem 31.12.1998 der Fall. Dies folgt mit hinreichender Deutlichkeit aus der von der Verfügungsbekl. mit ihrer Schutzschrift vom 8.9.1998 vorgelegten Anlage D. Danach betrugen die Marktanteile der im Print-Bereich am stärksten vertretenen Zeitungen, nämlich der FAZ ca. 35,35 % und der SZ ca. 6,42 %, die der Verfügungsbekl. bereits ca. 10 %, womit diese sich bereis an zweiter Stelle "positioniert" hatte.

Die Verfügungsbekl. hatte mithin ausreichend Zeit und Gelegenheit, ihr Produkt in den einschlägigen Kreisen bekannt zu machen und diese von dessen Qualität zu überzeugen. Zu welchem genauen Zeitpunkt die Erprobungsphase ablief, bedarf keiner Entscheidung.

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht

Normen

UWG $ 1