Zulässigkeit von Ärzte-Listen

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

31. 03. 1998


Aktenzeichen

9 HKO 20738/97


Tenor


  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand


Gegenstand des Rechtsstreits ist die wettbewerbsrechtliche Beurteilung verschiedener Listen von Ärzten, welche in dem Magazin "FOCUS", Nrn. 39 und 40/1997 aufgenommen worden sind.

Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und Berufskammer der Ärzte Bayerns.

Die Beklagte zu 1) verlegt das Magazin "FOCUS"; der Beklagte zu 2) ist ihr Chefredakteur.

Im Jahr 1993 ist in dem Magazin "FOCUS" eine Serie erschienen, die mit der Überschrift "Die 500 besten Ärzte Deutschlands" betitelt war. In der Folge kam es zwischen den Parteien wegen der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung dieses Artikels zu einem Rechtsstreit. Der Rechtsstreit wurde letztinstanzlich vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30. April 1997 entschieden. Das Urteil ist unter dem Schlagwort "Die Besten II" in der Juristischen Literatur veröffentlicht (WRP 1997, 1048 ff.). Der Leitsatz des Urteils des Bundesgerichtshofs lautete wie folgt: "Die Bezeichnung namentlich genannter Ärzte als "Die besten Ärzte Deutschlands" in einer redaktionellen Berichterstattung, der keine aussagekräftigen Beurteilungskriterien zugrunde liegen, ist entsprechend den Grundsätzen zur "getarnten Werbung" als sittenwidrige Förderung fremden Wettbewerbs i. S. des § 1 UWG zu beanstanden."

In Nr. 39/1997 des Magazin "FOCUS" wird "Die neue FOCUS-Ärzteliste" mit 750 Empfehlungen von Spezialisten aus 67 Fachrichtungen angekündigt. Als Unterüberschrift der neuen Ärzteliste wird folgendes angegeben: "Die Suche nach einem Spezialisten überfordert Patienten in der Not. Jetzt bietet FOCUS eine Hilfe: Den Ärzteführer für Deutschland."

Die Ärzteliste, die die Klägerin angreift, findet sich auf S. 216 der genannten Ausgabe. Hier werden 16 Professoren mit ihrem Tätigkeitsort aufgelistet. Bei jedem Aufgelisteten folgen 5 Kästchen nach, wobei in drei Kästchen Aussagen zu Empfehlungen erfolgen und in zwei Kästchen Aussagen zum wissenschaftlichen Ruf des Genannten. Bei der Empfehlung als Arzt und als Wissenschaftler werden zwischen einem und drei Punkten vergeben. Bei Empfehlung durch Selbsthilfegruppen wird lediglich die Tatsache als solche durch einen Haken vermerkt. Bei der Empfehlung betreffend des wissenschaftlichen Rufs wird unterschieden, ob die aufgeführte Person als Gutachter/Herausgeber ausgewählter Fachzeitschriften bzw. als Präsident ausgewählter Kongresse in Erscheinung getreten ist. Des weiteren werden Punkte (von 1 - 3) dafür gegeben, wie häufig ein Mediziner international in anderen Veröffentlichungen zitiert worden ist. Wie die einzelnen Punkte vergeben werden, ist in einer Legende zu der Liste sowie in der Darstellung der Methodik der Punktevergabe neben der Liste aufgeführt. Des weiteren findet sich neben der Liste farblich herausgehoben der Hinweis, daß durch die Auswahl der Spezialisten die Qualifikation der vielen Ärzte, die dort nicht aufgeführt werden, selbstverständlich nicht angezweifelt werde. Im einzelnen wird hierwegen auf S. 216 und 217 der genannten Ausgabe des "FOCUS"-Magazins (Anlage K 2) Bezug genommen.

Im weiteren finden sich in dieser Ausgabe ähnlich gestaltete Listen für Kardiologen, Gefäßchirurgen, Angiologen, Lungenfachärzte und Thoraxchirurgen. Entsprechende Listen finden sich ferner in der Ausgabe Nr. 40/1997 (Anlage K 3). Hier sind Listen betreffend plastische Chirurgen, Unfallchirurgen, Handchirurgen, plastische Chirurgen für Verbrennungen sowie Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen aufgenommen. Im einzelnen wird hierwegen auf Seiten 212 ff. der genannten Ausgabe Bezug genommen.

Zu der Methodik für die Aufstellung der Ärzteliste ist aufgeführt, daß in 3 getrennten Erhebungen über 7000 Ärzte und mehr als 400 Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland um Empfehlungen gebeten worden sind. Einzelne Fragebögen sind unter Anlagen K 4 a und K 4 b vorgelegt worden. Wegen des Inhalts im einzelnen wird auf diese vorgelegten Anlagen Bezug genommen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß es sich bei den angegriffenen Listen lediglich um einen Aufguß der früheren Listen handele und lediglich der Ausdruck "Die Besten" vermieden worden sei. Geeignete neue Kriterien seien nicht gefunden worden.

Insbesondere sei das von den Beklagten dargestellte Punktesystem nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin bestreitet den von den Beklagten dargelegten Rechercheaufwand. Auch sei ein einwandfrei methodisches Verfahren nicht feststellbar, das irgendwelche demoskopischen Schlüsse zulasse. Ohne Darlegung der Daten im einzelnen seien die Kriterien der Beklagten nicht nachvollziehbar. Letztlich könne es im vorliegenden Rechtsstreit nur darum gehen, ob die Kriterien der Beklagten in Verbindung mit der vorgenommenen Bepunktung die Aufnahme in die vorliegenden Ärztelisten rechtfertigen. Aus Vorstehendem hält die Klägerin einen Anspruch aus § 1 UWG sowie einen solchen aus den Grundsätzen der Störerhaftung gegen die Beklagten für gegeben.


Die Klägerin beantragt daher:


  1. Den Beklagten wird verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unter dem Titel "Die grosse Ärzte-Liste, 750 Empfehlungen, Spezialisten aus 67 Fachrichtungen", einzeln aufgeführte Ärzte einschliesslich ihrer Tätigkeitsorte namentlich zu publizieren und als besonders empfohlene Spezialisten ihres Fachbereiches zu qualifizieren, wie geschehen in den Nrn. 39 und 40 der Druckschrift FOCUS vom 22.09.1997 und 29.09.1997.
  2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird den Beklagten Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,--, ersatzweise/oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei bei der Beklagten zu 1) die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollziehen ist.

  3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Der Klägerin wird gestattet, die Sicherheit durch schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft Deutschen Apotheker- und Ärztebank eG zu erbringen.

Die Beklagten beantragen,


  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten tragen vor, daß für die jetzigen Ärztelisten umfangreich recherchiert worden sei. Etwa 7000 Fachärzte seien durch Fragebögen angeschrieben worden. Zusätzlich sei eine mündliche Befragung durchgeführt worden. Kongreßkalender und über 2000 der wichtigsten medizinischen Fachzeitschriften seien ausgewertet worden. Des weiteren seien Selbsthilfegruppen, die im einzelnen unter Anlage B 4 vorgelegt worden sind, befragt worden. Schließlich habe eine Datenbankrecherche zu Kunstfehler-Prozessen und anderen möglichen Ausschlußgründen stattgefunden. Auf Daten von Krankenkassen und Haftpflichtversicherern habe wegen bestehender datenschutzrechtlicher Bestimmungen nicht zugegriffen werden können.

Die Beklagten verwahren sich dagegen, eine eigenständige Benotung vorgenommen zu haben; vielmehr werde lediglich das Votum der Fachwelt wiedergegeben. Die Beklagten würden auch nicht den Anspruch erheben, daß die Kriterien objektiv seien, sondern lediglich den, daß die genannten Personen den aufgeführten Kriterien entsprechen.

Die Beklagten berufen sich ferner auf das Grundrecht der Pressefreiheit.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug sowie auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17.02.1998 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch aus § 1 UWG oder aus den Grundsätzen der Störerhaftung.

Da zwischen den Parteien in ähnlicher Konstellation ein Rechtsstreit anhängig war, der vom Bundesgerichtshof entschieden worden ist, hat sich die Kammer an dem Ergebnis des Rechtsstreits, nämlich dem Urteil des Bundesgerichtshof s vom 30.04.1997 auszurichten.

Es ist nicht bestreitbar, daß die vorgestellten Listen den Wettbewerb der darin genannten Ärzte verbessern. Diese Feststellung allein reicht allerdings nicht aus, einen Anspruch aus § 1 UWG, oder nach den Grundsätzen der Störerhaftung anzunehmen. Die objektive Eignung der Wettbewerbsförderung reicht im vorliegenden Fall nicht, weil die vorliegenden Listen nicht den Zweck haben, den Wettbewerb der genannten Ärzte zu fördern, sondern die Öffentlichkeit über besonders spezialisierte Ärzte zu unterrichten. In diesem Zusammenhang streitet für die Beklagten das Grundrecht der Pressefreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Daß es den Beklagten im vorliegenden Fall auf die der Presse zukommende Aufgabe der Unterrichtung der Öffentlichkeit ankommt, wird schon aus dem Kommentar des Beklagten zu 2) deutlich (Anlage K 2, S. 205), wonach es Ziel der vorliegenden Ärztelisten ist, ratsuchende Patienten zu informieren.

Für Listen spezialisierter Ärzte besteht auch ein Bedürfnis. Angesichts der zunehmenden Ausdifferenzierung der Wissenschaft im allgemeinen und der ärztlichen Kunst im besonderen wäre es eine Fehlvorstellung, zu glauben, daß grundsätzlich alle Ärzte eines Fachgebiets für alle Anforderungen, die sich bei den Patienten ergeben, gleich qualifiziert wären. Die zunehmende Ausdifferenzierung der Wissensgebiete findet nicht nur bei den Ärzten statt, sondern ist ein Phänomen bei allen freien Berufen. So ist zum Beispiel gerade in der Anwaltschaft in jüngerer Zeit die Tendenz zur Spezialisierung und die Werbung mit ihr festzustellen. Unter dem Licht des Grundrechts der Pressefreiheit kann es den Beklagten im Ergebnis nicht untersagt werden, Personen aufzuführen, die sich in bestimmten Gebieten, hier den verschiedenen medizinischen Fachbereichen, besonders spezialisiert haben, bzw. spezialisiert sind. Solches kann auch nicht der Entscheidung des BGH vom 30.4.1997 - Die Besten I - entnommen werden.

Bei Fallgestaltungen, wie hier vorliegend, bei denen keine Vermutung für das Vorliegen einer Wettbewerbsförderungsabsicht besteht, bedarf es der Feststellung konkreter Umstände, wonach neben der Wahrnehmung der publizistischen Aufgabe die Absicht des Presseorgans, fremden Wettbewerb zu fördern, eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle gespielt hat (BGH, WRP 1997, 1050 - Die Besten I m. w. N.)

Bei den früheren Listen der Beklagten hat der BGH eine übermäßig werbende Darstellung der empfohlenen Ärzte angenommen. Nicht untersagt ist hingegen eine sachlich veranlaßte Information über die Spezialisierung und die Qualifikation der Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland (BGH, a. a. O.) Allerdings wurde die übermäßig werbende Darstellung als die besten als wettbewerbsrechtlich ins Gewicht fallend beurteilt. Durch die Entscheidung des BGH zieht es sich wie ein roter Faden, daß die damals zugrundegelegten Kriterien, wie die Häufigkeit des Eingriffs, die wissenschaftliche Reputation, die Empfehlungen von Ärzten sowie die Teilnahme an Kongressen, nicht die superlative Bewertung als die besten Ärzte zulassen. Der BGH geht ferner davon aus, daß in der superlativen Bewertung der genannten Ärzte als "die besten" eine Herabsetzung nicht genannter, in gleicher Weise oder besser qualifizierter Mediziner zu sehen sei (a. a. O.).

Es ist herrschende Auffassung in der Rechtsprechung, daß eine Werbung mit einer Spitzengruppenstellung nur dann zulässig ist, wenn diese auch tatsächlich besteht. Bei Ärzten oder anderen freien Berufen ist es allenfalls in engen Fachgebieten möglich, eine Spitzengruppenstellung bestimmter Ärzte oder anderer freier Berufe auch tatsächlich zu belegen. Deshalb war die Entscheidung des BGH im damaligen Fall auch nur folgerichtig.

Bei den vorliegenden Listen kann jedoch der werbliche Überfluß, der in der Darstellung der Spitzengruppenstellung als die besten angenommen worden ist, nicht mehr gesehen werden.

Die Klägerin will von den Beklagten untersagt haben, die einzelnen aufgeführten Ärzte namentlich zu publizieren und als besonders empfohlene Spezialisten zu qualifizieren.

Die Aufnahme einer namentlichen Publizierung von spezialisierten Ärzten ist bei einer Darstellung in einem Artikel über die Spezialisierung von Ärzten in Deutschland unausweichlich, weil der Leser eines Presseorgans schließlich Informationen über Personen erwartet, wohin er sich im Bedarfsfall wenden kann. Der BGH hat in seiner Entscheidung "Die Besten I" die Fragen des ärztlichen Werbeverbots nicht problematisiert, obwohl schon bei der damaligen Konstellation Anlaß dazu gewesen wäre. Schon deshalb braucht sich die Kammer im vorliegenden Fall nicht mit den von der Klägerin aufgeworfenen Fragen des ärztlichen Werbeverbots befassen. Des weiteren kann das sehr strenge Berufsrecht der Ärzte betreffend der Werbung, das im nachrangigen Gesetzesrecht niedergelegt ist, nicht das grundrechtlich verbürgte Recht der Beklagten auf Pressefreiheit zunichte machen. Würde man die Ausführungen der Klägerin in letzter Konsequenz zu Ende denken, wäre es für die Presse in nur äußerst engen Grenzen möglich, Berichte über spezialisierte Ärzte zu drucken. Deshalb kann es den Beklagten schon aus verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht verboten werden, spezialisierte Ärzte namentlich zu nennen.

Des weiteren ist die Frage zu untersuchen, ob die in den Ausgaben 39 und 40/1997 des Magazins "Focus" aufgeführten Listen einen unangemessen werblichen Überschuß haben oder ob sie sich im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Pressefreiheit, die ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze findet, bewegen.

Die Kammer vertritt die Auffassung, daß im Gegensatz zu den früheren Listen in den jetzt streitgegenständlichen Aufstellungen ein übermäßiger werbender Überschuß nicht innewohnt. Diese Beurteilung beruht zunächst auf dem Umstand, daß die dort genannten Ärzte nicht mehr als "die besten" bezeichnet worden sind. Aus der Bezeichnung "Spezialist" kann noch nicht eine Spitzengruppenstellung der dort genannten Ärzte gefolgert werden. Dem Wortsinn nach ist ein Spezialist jede Person, der eine bestimmte Besonderheit, vor allem besondere Fähigkeiten auf bestimmten Fachgebieten innewohnt. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß die genannten Ärzte nicht als Spezialisten ihres jeweiligen Fachbereichs bezeichnet werden können. Aus dem Bestreiten des von den Beklagten dargestellten Rechercheaufwands ergibt sich nämlich noch nicht, daß die Klägerin der Auffassung ist, daß es sich bei den genannten Personen nicht um auf ihrem Fachgebiet spezialisierte Ärzte handele.

Die Bezeichnung als "Spezialist" hat aber dann keinen werblichen Überschuß, wenn sie sachlich nicht zu beanstanden ist. Dies ist hier der Fall.

Die streitgegenständlichen Listen unterscheiden sich von den früheren Listen auch dadurch, daß zum Beispiel die Liste der Herzchirurgen lediglich mit der Bezeichnung "Herzchirurgen" überschrieben ist (K 2, S. 216). Demgegenüber war die Liste in FOCUS Nr. 6/1993 betreffend die Herzchirurgen mit der plakativen Überschrift "Die besten Herzspezialisten" betitelt. Des weiteren war in dieser Liste eine Reihung dahingehend vorgenommen, daß Platz 1 der Herzchirurgen von dem Arzt eingenommen worden ist, der die größte Anzahl der Operationen aufzuweisen hat. Demgegenüber ist die streitgegenständliche Liste der Herzchirurgen allein alphabetisch angeordnet.

Ferner enthalten die streitgegenständlichen Listen nunmehr einen Hinweis auf die Methodik, wie die einzelnen Bewertungen zustandekommen. Auch dies war bei den früheren Listen nicht der Fall. Während früher lediglich Plus-Zeichen vergeben worden sind, wird die Anzahl der Punkte ausweislich der Legende der Listen danach vergeben, wie häufig ein bestimmter Arzt von seinen Kollegen empfohlen worden ist.

Eine werbliche Herausstellung könnte allenfalls darin gesehen werden, daß die Beklagten in der Darstellung der Methodik der Liste (K 2 S. 217) bei der Bepunktung eine eigene Wertung vornehmen. Dabei wird ein Punkt gleichgesetzt mit der Wertung "guter Ruf als Kliniker"; bei drei Punkten wird dem Arzt ein excellenter Ruf zugebilligt.

Diese Wertung der Beklagten erfolgt noch im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich geschützten journalistischen Berichterstattung. Ihr kann nicht die Absicht entnommen werden, die genannten Personen wettbewerblich in besonderer Weise zu fördern. Die Wertung der Beklagten wird auch relativiert durch die Legende der Liste selbst, in der drei Punkte nur mit der Angabe der überdurchschnittlich häufigen Empfehlung verknüpft wird. Auch enthält die Wertung der Beklagten keine Berühmung einer Spitzengruppenstellung der genannten Personen. Durch das Nebeneinander der Empfehlungen als Arzt, als Wissenschaftler und von Selbsthilfegruppen sowie die Darstellung des wissenschaftlichen Rufs bleibt es der Bewertung des Lesers überlassen, wen er unter den Spezialisten als besonders herausragend einstuft.

Schließlich kann den Beklagten auch nicht der Vorwurf gemacht werden, daß durch die relativ geringe Zahl der genannten Spezialisten letztlich doch der Eindruck entsteht, daß es sich bei den genannten Personen um die besten Ärzte auf ihrem Fachgebiet handelt. Für die vorgenommene Beurteilung der Kammer spielt es eine Rolle, daß es sich bei dem Magazin der Beklagten nicht um eine demoskopisch vollständige Darlegung der Spezialisten auf bestimmten Gebieten handeln kann. Das Magazin FOCUS deckt eine Vielzahl von Themenbereichen ab und kann demgemäß auch dem jeweiligen Spezialthema nur einen bestimmten Umfang widmen. Auch angesichts der vielen Spezialbereiche der Medizin kann den Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß aus der Gesamtzahl der spezialisierten Mediziner nur ein sehr geringer Prozentsatz wiedergegeben worden ist. Es kann von journalistischer Berichterstattung nicht verlangt werden, eine umfangreichere Liste spezialisierter Ärzte aufzustellen. Dies könnte Gegenstand wissenschaftlicher Bearbeitung oder der Arbeit der Klägerin sein. Journalistischer Berichterstattung muß jedenfalls gestattet sein, im Rahmen des zur Verfügung stehenden Platzes eine Auswahl zu treffen.

Nachdem insgesamt von der Kammer ein unangemessener werblicher Überschuß bei den streitgegenständlichen Listen nicht festgestellt werden konnte, war dem klägerischen Unterlassungsantrag Erfolg nicht beschieden. Die vorhandenen Listen halten sich im Rahmen des durch die allgemeinen Schranken bestimmten Grundrechts der Pressefreiheit.

Kosten: § 91 ZPO

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO

Dr. Kainz Kapfelsberger Schäfer
Vorsitzender Richter
am Landgericht
Handelsrichter

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht