Aktualisierungsantrag während Bewilligungszeitraum
Gericht
VGH Kassel
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
24. 09. 1991
Aktenzeichen
9 UE 343/89
Stellt ein Auszubildender erst während des laufenden Bewilligungszeitraums einen "Aktualisierungsantrag", so tritt der daraufhin nach § 24 III BAföG ergehende Bewilligungsbescheid mit Rückforderungsvorbehalt auch an die Stelle eines für diesen Bewilligungszeitraum bereits vorher aufgrund der Berechnungsmethode des § 24 I BAföG ergangenen Bewilligungsbescheids.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Kl. wendet sich gegen die Rückforderung ihm gewährter Ausbildungsförderung. Er studierte seit dem Sommersemester 1980 an der Universität G. Dafür bezog er Ausbildungsförderung bis September 1983. Am 26. 3. 1986 legte er die erste Staatsprüfung ab. Mit Bescheid vom 28. 5. 1982 bewilligte der Bekl. dem Kl. für den Bewilligungszeitraum April 1982 bis März 1983 für die Monate April und Mai 1982 jeweils 488 DM und mit Bescheid vom 30. 9. 1982 für die Monate Juni 1982 bis März 1983 jeweils 526 DM im Monat. Für den Bewilligungszeitraum 1982/83 beantragte der Kl. mit am 7. 2. 1983 eingegangenem Antrag, bei der Berechnung des Einkommens seines Vaters von den Einkommensverhältnissen in dem Bewilligungszeitraum auszugehen. Daraufhin bewilligte der Bekl. dem Kl. mit Bescheid vom 31. 3. 1983 für die Monate April und Mai 1982 jeweils 679 DM monatlich und für die Monate Juni 1982 bis März 1983 jeweils 717 DM monatlich in der Form einer Nachzahlung in Höhe von insgesamt 2292 DM. In dem Bescheid ist ausdrücklich aufgeführt, daß die Bewilligung unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolge, weil sich das Einkommen des Vaters des Kl. im Bewilligungszeitraum noch nicht abschließend feststellen lasse. Nach Durchführung einer endgültigen Berechnung der Förderungsleistung für den Bewilligungszeitraum April 1982 bis März 1983 setzte der Bekl. mit mehreren Bescheiden vom 15. 7. 1986 den Förderungsbetrag für die Monate April und Mai 1982 auf je 220 DM monatlich und für die Monate Juni 1982 bis März 1983 letztlich auf je 258 DM monatlich fest und forderte den überzahlten Betrag von 5508 DM zurück. Diesen Betrag verringerte er um einen Nachzahlungsbetrag von 37 DM für den Bewilligungszeitraum April 1983 bis September 1983 auf 5471 DM. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Kl. wies der Bekl. mit Widerspruchsbescheid vom 1. 9. 1987 zurück.
Die hiergegen erhobene Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das VG die Klage abgewiesen, denn die Bescheide über die endgültige Festsetzung der Ausbildungsförderung und die Rückforderung sowie der Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig und verletzen den Kl. nicht in seinen Rechten. Der Senat verweist insoweit weitgehend auf die zutreffenden Ausführungen des VG (§ 130b VGGO).
Der Kl. wendet sich letztlich nur dagegen, daß nach Feststellung der tatsächlichen Einkommensverhältnisse seines Vaters im Bewilligungszeitraum 1982/83 mit dem Rückforderungsbescheid von ihm Ausbildungsförderung auch insofern zurückgefordert wird, als sie durch die ursprünglichen Bescheide vom 28. 5. und 30. 9. 1982 bereits einmal auf der Berechnungsgrundlage des § 24 I BAföG bewilligt worden war. Wie das VG zutreffend dargelegt hat, ist die Rückforderung auch dieses Betrages gem. § 20 I Nr. 4 BAföG nicht zu beanstanden.
Schon aus dem Bescheid vom 31. 3. 1983, der auf den "Aktualisierungsantrag" des Kl. hin den Bedarf für den Bewilligungszeitraum April 1982 bis März 1983 neu festlegte, ergibt sich, daß dieser Bescheid nicht etwa einen zusätzlichen Förderungsbetrag, sondern den gesamten Förderungsbetrag für die Monate dieses Bewilligungszeitraums neu regelte und zwar unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Abgesehen von der Frage, ob diese Neuregelung nicht bereits bestandskräftig und deshalb gar nicht mehr angreifbar ist, ist sie auch materiell nicht zu beanstanden. Das ergibt sich aus dem vom VG angeführten § 24 III VGföG in der hier maßgebenden Fassung des 6. BAföG-Änderungsgesetzes vom 21. 7. 1979 (BGBl I, 1037). § 24 III 1 BAföG geht davon aus, daß auf Antrag des Auszubildenden bei der Anrechnung von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen ist, wenn glaubhaft gemacht wird, daß das Einkommen im Bewilligungszeitraum wesentlich niedriger als in dem nach Abs. 1 maßgeblichen Zeitraum sein wird; der "Aktualisierungsantrag" kann dabei nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bis zum Ende des Bewilligungszeitraums gestellt werden (vgl. zur ausnahmsweisen Antragstellung nach Ablauf des Bewilligungszeitraums BVerwGE 87, 103 (109)).
Ist in solchen Fällen bereits ein Bescheid für diesen Bewilligungszeitraum aufgrund der Berechnungsmethode des § 24 I BAföG ergangen, ergibt schon die von § 24 III BAföG geforderte Zugrundelegung der Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum, daß keine gespaltene Berechnung - teilweise aufgrund § 24 I, teilweise aufgrund § 24 III BAföG - zulässig ist (vgl. auch die Berechnungsmethode in § 24 IV 2 BAföG).
Letztlich entspricht die aufgrund des "Aktualisierungsantrags" des Kl. ergangene Neuregelung durch den Bescheid vom 31. 3. 1983 aber auch genau dessen Antrag. In dem Antragsformblatt hat er nämlich ausdrücklich beantragt, für den Bewilligungszeitraum vom 1. 4. 1982 bis zum 31. 3. 1983 bei der Anrechnung des Einkommens seines Vaters von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen. Nichts anderes hat der Bekl. getan. Deshalb vermag der Senat auch die vom Kl. in seiner Berufung angesprochene Vertrauensschutzproblematik nicht zu erkennen, da der Kl. genau das, was er mit dem "Aktualisierungsantrag" beantragt hatte, in dem Bescheid vom 31. 3. 1983 erhalten hat. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der Berechnung des Einkommens aufgrund der von § 24 I BAföG geregelten Methode ist deshalb nicht entstanden, weil der Kl. die Änderung selbst - auch in diesem Umfang - ausgelöst hat. Daß er sich dabei der möglichen Konsequenzen seines Antrags eventuell nicht bewußt war, ändert daran nichts.
Die Vorschrift des § 24 III BAföG birgt für den Auszubildenden erhebliche Risiken. Stellt sich nämlich, wie im Fall des Kl., bei der endgültigen Entscheidung heraus, daß das Einkommen höher war als in der Einkommensprognose angegeben, ergibt sich ein Rückzahlungsanspruch nach § 20 I Nr. 4 BAföG gegen den Auszubildenden, der andererseits den gegen die Eltern nicht geltend gemachten Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit verloren hat (vgl. Rothe-Blanke, BAföG, 4. Aufl., Stand: April 1987, § 24 Rdnr. 21; Ramsauer-Stallbaum, BAföG, 3. Aufl., § 24 Rdnr. 13). Gerade aufgrund dieser Risiken hat der Gesetzgeber im 6. BAföG-Änderungsgesetz das Erfordernis eines besonderen Antrags des Auszubildenden auf Aktualisierung eingeführt (vgl. Rothe-Blanke, § 24 Rdnrn. 1.1 und 21).
Der Auszubildende muß in diesen Fällen auch damit rechnen, daß er Förderungsbeträge erstatten muß, die ihm zunächst auf der Berechnungsgrundlage des § 24 I BAföG bewilligt worden waren. Der Rückforderungsvorbehalt in dem Bescheid aufgrund § 24 III BAföG erfaßt dann - wie oben bereits ausgeführt - auch die vor der Antragstellung bewilligte Ausbildungsförderung (vgl. BVerwG, Buchholz 436.36 § 24 Nr. 9 FamRZ 1987, 1087; Rothe-Blanke, § 24 Rdnrn. 26, 34). Dementsprechend gibt auch § 53 S. 2 Alt. 1 BAföG i. d. F. des 6. BAFöG - Änderungsgesetzes die Möglichkeit, daß im Fall des § 24 III BAföG beim Eintritt einer Änderung des Einkommens der Bescheid von Beginn des Bewilligungszeitraums an geändert wird.
Dieses Ergebnis leuchtet auch deshalb ein, weil nur auf diese Art und Weise die Gleichbehandlung von Antragstellern gem. § 24 III BAföG, die vor Beginn des Bewilligungszeitraums ihren Aktualisierungsantrag stellen, und solchen, die dies erst während oder am Ende dieses Zeitraums tun, gewährleistet ist. § 24 III und IV 2 BAföG machen dabei ersichtlich keinen Unterschied zwischen diesen Fällen.
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