Zeitschriften nicht von § 49 Abs. 1 UrhG erfasst
Gericht
OLG München
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
23. 12. 1999
Aktenzeichen
29 U 4142/99
Wöchentlich erscheinende Zeitschriften sind keine Zeitungen oder "andere lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblätter" im Sinne von § 49 Abs. 1 UrhG, der eng auszulegen ist.
Zu den Voraussetzungen im Einzelfall, unter denen entsprechend der sog. "GEMA-Vermutung" die Sachbefugnis der VG Wort zur Geltendmachung von Zahlungsansprüchen aus § 49 Abs.1 UrhG vermutet wird.
...
Die Klägerin ist die einzige Verwertungsgesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland, die Rechte von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten im Wortbereich wahrnimmt. Ihr sind in den mit den Berechtigten abgeschlossenen Wahrnehmungsverträgen die Rechte nach § 49 UrhG übertragen. Die Beklagte stellt Mediaspiegel und Nachrichtendienste her. In diesen werden zur Information ihrer Mitarbeiter Artikel aus Zeitungen und Zeitschriften zusammengestellt. Wegen der Vervielfältigung von solchen Artikeln hat die Klägerin die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Schadensersatz und Auskunft in Anspruch genommen. Die Beklagte ist durch Urteil des Oberlandesgerichts München vom 7. 2. 1991 rechtskräftig dazu verurteilt Auskunft zu geben, in wie vielen Fällen und in welcher Anzahl sie seit dem 1. 1. 1981 Artikel von Berechtigten im Sinne von § 13 b WahrnG in ihren Pressespiegeln vervielfältigt und verbreitet hat.
Nach Auskunftserteilung durch die Beklagte verfolgte die Klägerin vor dem Landgericht ihren Zahlungsanspruch. Zur Bezifferung ihres Anspruchs stützte sie sich im Wesentlichen auf die von der Beklagten bereits in der Klageerwiderung erteilten Auskünfte, da nach Rechtskraft der Entscheidung des Senats bei der Beklagten keine Mediaspiegel mehr vorhanden waren. Sie vertrat die Auffassung, die Beklagte müsse sich an den Ausführungen in ihrer Klageerwiderung festhalten lassen. Danach sei von durchschnittlich 58 Ausgaben pro Jahr auszugehen. Aus dem Verteiler ergebe sich eine Auflage von 110 Exemplaren. Auf Grund entsprechender Verträge mit der VG-Kunst sei sie auch zur Wahrnehmung der Rechte der Fotografen an den in den Pressespiegeln veröffentlichten Fotos berechtigt. Vergütungspflichtig seien daher aus den zwei vorliegenden Mediaspiegeln 60,75 Seiten. Hochgerechnet auf den vergütungspflichtigen Zeitraum seien daher 1 579,5 Seiten zu vergüten, was einer Gesamtforderung von 8 1399,53 DM entspreche. Für den Nachrichtendienst, den die Beklagte ebenfalls für Mitarbeiter erstelle, sei für die Jahre 1991 bis 1993 zwischen dem Zeugen F. und einem Mitarbeiter der Beklagten eine Einigung über eine Vergütung von 6 000,-- DM pro Jahr getroffen worden. Die von der Beklagten bezahlten 20 000,-- DM beträfen mit 18 000,-- DM die Jahre 1991 bis 1993. Die Überzahlung von 2 000,-- DM sei auf ihre Forderung zu verrechnen. Für die Jahre 1987 bis 1990 müsse unter Berücksichtigung ihrer Tarife von einer Vergütung von 5 500,-- DM pro Jahr ausgegangen werden, sodass die ihr zuzusprechende Gesamtforderung auf der Grundlage einer Schätzung gemäß § 287 ZPO 103 399,53 DM betrage. Ihre zum Zwecke der Schätzung angestellte Berechnung sei zutreffend, weil die in den vorhandenen Mediaspiegeln und Nachrichtendiensten zusammengestellten Artikel vergütungspflichtige Veröffentlichungen im Sinne von § 49 UrhG darstellten. Insoweit seien auch Artikel aus Wochenzeitschriften und Wochenzeitungen wie "Die Zeit" und der "Spiegel" und ähnlichen Publikationen zu berücksichtigen. Es handle sich nämlich um Publikumszeitschriften mit annähernd ebenso aktuellem Charakter wie Tageszeitungen. Sowohl in Zeitungen als auch in Zeitschriften oder Wochenmagazinen erschienen Artikel, die sich mit Themen befassten, die über aktuelle Tagesfragen hinausgingen. Ohne Bedeutung für die Vergütungspflicht der Beklagten sei, dass sie Zeitungen und Zeitschriften, aus denen sie die Artikel kopiert habe, in größerer Anzahl abonniert habe.
Die Beklagte hat ausgeführt, Wochenschriften politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Inhalts unterfielen nicht § 49 UrhG. Deshalb entfalle insoweit ihre Vergütungspflicht. Im übrigen träfen die von der Klägerin benannten Berechnungsgrundlagen nicht zu. Schließlich fehle es an den Voraussetzungen für eine Schätzung. Nachvollziehbare Schätzungsgrundlagen lägen nicht vor. Weiter trage die Klägerin auch gar nicht vor, dass sie alle Autoren der einzelnen Artikel vertrete und mit ihnen Verträge abgeschlossen habe. Auch der von der Klägerin in ihre Berechnungen eingestellte Tarif sei nicht angemessen. Es müsse berücksichtigt werden, dass sie in der Regel für jeden Empfänger eines Mediaspiegels auch die wesentlichen Zeitungen, aus denen dort zitiert worden sei, abonniert habe.
Das Landgericht hat der Klägerin 73 474,75 DM zugesprochen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Klägerin sei für die geltend gemachten Vergütungsansprüche aktivlegitimiert. Zu ihren Gunsten müsse die Rechtsinhaberschaft wie bei der GEMA vermutet werden. Es handle sich nämlich um einen Vergütungsanspruch, der allein von einer Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden könne. Schätzgrundlagen ergäben sich aus den vorgelegten Pressespiegeln. Eine zu sehr ins Detail gehende Auseinandersetzung mit den vorliegenden Belegexemplaren sei für die Schätzung wenig hilfreich, weil die daraus entnommenenen vergütungspflichtigen Seiten in Bezug gesetzt werden müssten zu den sich aus über 500 Mediaspiegeln und ca. 1400 Nachrichtendiensten ergebenden Seitenzahlen. Die Unsicherheitsfaktoren, die sich aus den geringen Bezugsgrößen ergäben, seien dabei so groß, dass es auf die beiden von der Beklagten benannten Beispiele für kulturelle Beiträge nicht ankomme. Mangels genauer Anhaltspunkte könne auch von runden Zahlen ausgegangen werden. Von der Schätzung seien keine Abschläge gerechtfertigt, weil in den Pressespiegeln auch Beiträge aus Wochenzeitungen und Zeitschriften aufgenommen worden seien. Die von der Beklagten vorgelegten Gutachten überzeugten nicht. Auch wenn § 49 Abs. 1 UrhG als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei, müsse eine Auslegung der Intention des Gesetzgebers, den Nachdruck aktueller Artikel zu gestatten, gerecht werden. Wenn die Beklagte wegen des Abdrucks von Artikeln aus ausländischen Zeitschriften und von Meldungen der Deutschen Presseagentur Abstriche vornehmen wolle, gehe dies ins Leere, da die Klägerin dafür keine Vergütung beanspruche. Für die vergütungspflichtigen Artikel stehe deren urheberrechtliche Schutzfähigkeit nicht in Frage. Für die Schätzung sei die Erscheinungsweise der Pressespiegel von Bedeutung. Dabei stütze die Nummerierung der beiden vorliegenden Medienspiegel, die exakt der jeweiligen Kalenderwoche entspräche, den Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung. Für die Nachrichtendienste sei die Zahl von einem Nachrichtendienst pro Werktag unbestritten. Die jeweilige Auflage der Pressespiegel könne aus den Deckblättern, die einen Verteiler enthielten, entnommen werden. Die durchschnittlichen vergütungspflichtigen Seitenzahlen seien mit den Tarifen der Klägerin zu multiplizieren. Diese Tarife seien angemessen.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts richtet sich die Berufung der Beklagten. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts sei die Klägerin verpflichtet, vergütungsberechtigte Autoren, die bei ihr Mitglieder seien, im Einzelnen nachzuweisen. Eine tatsächliche Vermutung, dass die Klägerin in ihrem Wahrnehmungsbereich für alle Berechtigten tätig werde, bestehe nicht. § 13 b Abs. 2 S. 1 WahrnG begründe eine solche Vermutung ebenfalls nicht. Auch habe das Landgericht keine Schätzung des Vergütungsanspruchs vornehmen dürfen, weil es an einer nachvollziehbaren Schätzungsgrundlage fehle. Die Klägerin sei insoweit den Nachweis schuldig geblieben, dass sie die Autoren der einzelnen Artikel vertrete und mit ihnen Verträge abgeschlossen habe. Im übrigen sei es auch nicht gerechtfertigt, dass das Landgericht mit seiner Schätzung die Wirklichkeit ausgeblendet habe. Immerhin sei unstreitig, dass kulturelle Beiträge nicht von § 49 Abs. 1 UrliG erfasst seien. Vor allem habe aber das Landgericht unzutreffend auch Zeitschriften als Zeitungen im Sinne von § 49 Abs. 1 UrhG definiert. Schließlich sei auch schon zweifelhaft, ob § 49 UrhG Pressespiegel überhaupt erfasse.
1.
Die Klägerin ist für den Vergütungsanspruch, den nur eine Verwertungsgesellschaft geltend machen kann (§ 49 Abs. 1 UrhG), aktivlegitimiert. Die Beklagte hat die Sachbefugnis der Beklagten bestritten. Eine gesetzliche Vermutung für deren Sachbefugnis ergibt sich aus § 13 b Abs. 1 WahrnG nur für den Auskunftsanspruch, der der Klägerin rechtskräftig durch das Urteil des Senats vom 7. 2. 1991 zuerkannt worden ist. Für den streitigen Vergütungsanspruch kann sich die Klägerin auf keine gesetzliche Vermutung ihrer Sachbefugnis berufen (§ 13 Abs. 2 WahrnG). Eine solche Vermutung hat der Gesetzgeber nur für solche Nutzungsvorgänge festgelegt, die einzeln nicht erfasst werden können oder aus Kosten- oder Zumutbarkeitsgründen üblicherweise nicht erfasst werden (Fromm/Nordemann, UrhG, 9. Aufl., Rd.-Nr. 3 zu § 13 b WahrnG). Von der gesetzlichen Regelung her war eine weitergehende prozessuale Erleichterung zu Gunsten der Wahrnehmungsgesellschaft nicht veranlasst, weil sie grundsätzlich in der Lage ist, sich mit Hilfe ihres Auskunftsanspruchs die tatsächlichen Grundlagen, die es ihr ermöglichen, ihre Rechte zu belegen, zu verschaffen. Im Streitfall hat die von der Beklagten erteilte Auskunft der Klägerin jedoch diese Möglichkeit nicht eröffnet. Zwar hat die Beklagte noch in der Klageerwiderung die Vorlage der bis zu diesem Zeitpunkt erschienenen Mediaspiegel angeboten. Nach Rechtskraft des Urteils, mit dem sie dann zur Auskunft verpflichtet worden ist, hat sie sich darauf berufen, keine Mediaspiegel zur Verfügung zu haben. Obwohl die Beklagte auf Grund der Klageerhebung damit rechnen musste, zur Auskunft verpflichtet zu werden, hat sie also nicht dafür Sorge getragen, dass die Klägerin nach Erteilung der Auskunft in die Lage versetzt wird, ihre Sachbefugnis im Einzelnen zu belegen. Die prozessuale Situation der Klägerin ist damit derjenigen vergleichbar, in der sich eine Wahrnehmungsgesellschaft befindet, die Zahlungsansprüche für Nutzungsvorgänge verfolgt, die üblicherweise nicht erfasst werden und für die gemäß § 13 b Abs. 2 WahrnG ihre Sachbefugnis vermutet wird. Gerade für solche Fälle, in denen prozessuale Nachteile der Klägerin auch ihren Grund in dem Verhalten der Beklagten haben, ist ihre Sachbefugnis zu vermuten. Dies ist entsprechend der zur so genannten "GEMA-Vermutung" entwickelten Rechtsprechung gerechtfertigt, weil die Klägerin für ihren Tätigkeitsbereich eine faktische Monopolstellung hat und die Regelungen in § 13 b Abs. 1 und Abs. 2 WahrnG keine abschließende Regelung darstellen (vgl. Schricker/Reinbothe, UrhG, 2. Aufl., Rd.-Nr. 3 und 4 zu § 13 b WahrnG).
2.
Das Landgericht hat zutreffend auf der Grundlage der nur ausgesprochen dürftigen Grundlagen eine Schätzung vorgenommen. Zwar liegen dafür als Anknüpfungspunkte nur wenige Mediaspiegel bzw. Nachrichtendienste vor. Dies kann jedoch auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Klägerin Vergütungsansprüche für die Erstellung von Pressespiegeln in einem Zeitraum von mehreren Jahren beansprucht, nicht dazu führen, dass von einer Schätzung mangels ausreichender Schätzgrundlagen abgesehen wird. Die vorliegenden Exemplare der Pressespiegel geben in Verbindung mit den von der Beklagten erteilten Auskünften hierfür ausreichende Anhaltspunkte.
Ausgehend von den zur Verfügung stehenden Anknüpfungstatsachen hat das Landgericht nach deren detaillierter Erörterung eine Schätzung des Vergütungsanspruchs in der Weise vorgenommen, dass es den Vergütungsanspruch der Klägerin auf der Grundlage der wenigen Exemplare des Mediaspiegels und des Nachrichtendiensts für den Zeitraum, in dem die Beklagte die Pressespiegel innerhalb ihres Unternehmens verteilt hat, kalkuliert hat. Es ist das Wesen einer solchen Schätzung, dass ihr Ergebnis einer auf Grund vorhandener Unterlagen errechenbar Vergütung nur angenähert sein kann. Der "Unsicherheitsfaktor", den eine solche Schätzung notwendigerweise beinhaltet, kann nicht, wie die Klägerin meint, deswegen zum Nachteil der Beklagten korrigiert werden, weil sie durch eine unzureichende Auskunft eine genaue Berechnung vereitelt hat. Eine solche Korrektur führt nämlich wiederum zu einem Schätzergebnis, das sich jedoch von dem auf Grund der Anknüpfungstatsachen kalkulierbaren Ergebnis entfernt. Die vom Landgericht vorgenommene Schätzung, die sich konsequent an den auf Grund des Parteivortrags festgestellten Tatsachen orientiert, ist daher im Wesentlichen nicht zu beanstanden. Auf seine Ausführungen hierzu wird Bezug genommen.
Die gegen die Schätzung des Landgerichts gerichteten Einwände der Beklagten geben zum überwiegenden Teil keinen Anlass, das vom Landgericht gefundene Ergebnis zu korrigieren. So ist es unmittelbar nachvollziehbar, wenn das Landgericht für 1989 auf Grund der exakt der jeweiligen Kalenderwoche entsprechenden Nummerierung 52 Exemplare des Mediaspiegels angesetzt hat. Aktuelle Informationen, die dort im Wesentlichen zusammengefasst sind, gibt es auch in der Weihnachtswoche und in der Zeit "zwischen den Jahren". Die Anzahl der kopierten Exemplare hat das Landgericht zutreffend aus dem Verteiler des Deckblatts entnommen. Wenn dort 112 verschiedene Verteileradressen genannt sind, die Adresse "Chefredaktion" mit dem Hinweis "plus 8 Exemplare" versehen ist und noch weitere Abteilungen der Beklagten als Empfänger genannt werden, dann rechtfertigt dies den Ansatz von 130 verbreiteten Exemplaren: Die Schätzung des Landgerichts bedarf jedoch einer weiteren Korrektur. Gemäß § 49 Abs. 1 UrhG ist nämlich nur die Vervielfältigung und Verbreitung einzelner Rundfunkkommentare und einzelner Artikel aus Zeitungen und anderen lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblättern in anderen Zeitungs- und Informationsblättern dieser Art zulässig. Sowohl die von der Beklagten hergestellten Mediaspiegel wie auch die Nachrichtendienste enthalten Ablichtungen aus Zeitungen und aus Wochenschriften wie aus dem "Focus", der "Wirtschaftswoche" oder aus "Die Zeit". Solche Wochenschriften stellen jedoch keine "Zeitungen" im Sinne von § 49 Abs. UrhG dar. Zwar ist in § 49 Abs. 1 UrhG die "Zeitung" nicht definiert. Sie ist jedoch nach der gesetzlichen Bestimmung "anderen lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblättern" gleichgestellt. Davon unterscheiden sich jedenfalls Zeitschriften im engeren Sinne wie wissenschaftliche und Fachzeitschriften. Zu diesen Zeitschriften zählen aber auch wöchentlich erscheinende Publikumszeitschriften wie die genannten Wochenschriften, die naturgemäß nicht tagaktuell sind und über den deshalb nur begrenzt aktuellen Inhalt hinaus universellen Inhalt haben und deshalb, schon bedingt durch ihre Konzeption und Erscheinungsweise, nicht lediglich Tagesinteressen dienen. Solche Zeitschriften wurden in die gesetzliche Regelung des § 49 Abs. 1 UrhG durch das Gesetz über Urheberrechte und verwandte Schutzrechte vom 9. 9. 1965 aber gerade nicht aufgenommen. Im Referentenentwurf zu diesem Gesetz war entsprechend Art. 9 Abs. 3 RBÜ (Fassung Brüssel) auch die Freigabe von Artikeln aus Zeitschriften vorgesehen. Sie wurde jedoch in den Regierungsentwurf nicht übernommen. In der amtlichen Begründung heißt es dazu: "Den Vorschlag, entsprechend der Berner Übereinkunft außer den Zeitungen auch die Zeitschriften in die Ausnahmebestimmung einzubeziehen, übernimmt der Entwurf nicht, weil Zeitschriften auch zu politischen, wirtschaftlichen oder religiösen Tagesfragen oft Artikel enthalten, die bleibende Bedeutung haben und deshalb unabhängig von einem Vorbehalt gegen Nachdruck geschützt werden sollten (zitiert nach Wild, AfP 1989 701/703). Dies gilt gerade für die zitierten Wochenschriften, die deshalb als Zeitschriften zu qualifizieren sind, die der Gesetzgeber nicht mit der Ausnahmevorschrift des § 49 Abs. 1 UrhG erfassen wollte. Wegen der entgegenstehenden gesetzlichen Intention verbietet es sich daher, die Ausnahmevorschrift erweiternd auszulegen (vgl. Wild a. a. O., m. w. N.; Fromm/Nordemann Urheberrecht, Rd.-Nr. 3 zu § 49; a. A. Schricker/Melichar, Urheberrecht, 2. Aufl., Rd.-Nr. 5 zu § 49 in. w. N.). Dies hat zur Folge, dass die Klägerin eine Vergütung für die Vervielfältigung von Artikeln aus Zeitschriften nicht verlangen kann.
§ 49 Abs. 1 UrhG gestattet die Vervielfältigung und Verbreitung von Artikeln aus Zeitungen in anderen Zeitungen und Informationsblättern dieser Art. Die Pressespiegel, für die die Klägerin im Streitfall eine Vergütung beansprucht, wurden von der Beklagten nur zum internen Gebrauch hergestellt. Sie sind also nicht erschienen im Sinne des § 6 Abs. 2 UrhG. Aber auch solche Pressespiegel sind im Rahmen von § 49 UrhG privilegiert. Wenn schon Publikumsorgane wie Zeitungen mit großer Auflagenhöhe nachdrucken dürfen, muss dies erst recht für die Vervielfältigung im Rahmen von Pressespiegeln, wie sie von der Beklagten erstellt worden sind, gelten (Schricker/Melichar a. a. O., Rd.-Nr. 12 zu § 19 m. w. N.; a. A. Wild a. a. O. S. 705). Nach alledem sind die vom Landgericht im Wege der Schätzung ermittelten vergütungspflichtigen Seiten insoweit zu korrigieren, als die Pressespiegel Vervielfältigungen aus Zeitschriften enthalten. Auch für die Bemessung der Kürzung bestehen nur wenige Anhaltspunkte. So stellt aus dem Mediaspiegel vom 31.8.1984 nur eine von insgesamt 32 Seiten eine solche Veröffentlichung dar. Der Mediaspiegel vom 6. 7. 1989 enthält drei solcher Vervielfältigungen von insgesamt 41 Seiten. Da der maßgebliche Anteil also in einem Fall 3 % und im anderen Fall 7 % ausmacht, ist ein Abschlag im rechnerischen Mittel von 5 % gerechtfertigt.
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