Unautorisierte Veröffentlichung von Marktforschungsdaten §§ 87 a, b, 97 I UrhG, 9 AGBG, 1 UWG
Gericht
OLG München
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
25. 10. 2001
Aktenzeichen
29 U 2530/01
Nutzungshandlungen, die einen lediglich unwesentlichen Teil einer Datenbank betreffen, unterliegen im Interesse des freien Zugangs zu Informationen und zur Verhinderung ihrer Monopolisierung nicht dem Verbotsrecht des Datenbankherstellers.
Für die ausschliessliche Verwendungsbefugnis des Datenbankherstellers gilt der Grundsatz der europaweiten Erschöpfung.
Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts tritt nur durch die in § 17 Abs. 2 UrhG bezeichneten Verbreitungshandlungen ein.
Eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die nicht zwischen wesentlichen und unwesentlichen Teilen bei der Nutzung einer Datenbank unterscheidet, verstösst gegen das Tranparenzgebot und ist deshalb nach § 9 Abs. 1 AGBG rechtsunwirksam. Ein Kunde, der entgegen einer solchen AGB-Bestimmung Daten bekanntgibt, bricht demnach auch dann nicht den Vertrag, wenn die Daten einen wesentlichen Teil der Datenbank betreffen.
§ 1 UWG ist in Fällen dieser Art demnach nicht wegen Ausnützen fremden Vertragsbruchs erfüllt.
Zudem werden Marktforschungsdaten in einer Zeitschrift nicht zu Zwecken des Wettbewerbs veröffentlicht, sondern zur Unterrrichtung der Leser. Wettbewerbliche Auswirkungen sind nur die unvermeidliche Folge der Erfüllung der journalistischen Aufgabe.
Die Klägerin, ein Meinungs- und Marktforschungsunternehmen vertreibt u.a. gegen Entgelt Marktstudien. Sie überlässt interessierten Unternehmen solche Informationen aufgrund von Verträgen mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die in Nr. 13 ein näher ausgeführtes grundsätzliches Verbot der Weitergabe der Daten an Dritte enthalten.
Die Beklagte betreibt einen Verlag, der u.a. die Fachzeitschrift für den IT-Handel "C." herausbringt.
Die Beklagte veröffentlichte in redaktionellen Artikeln vom 29.10.1998 und vom 21.01.1999 Markt-Daten der Klägerin, die sie von dritter Seite erhalten hatte. Die Veröffentlichungen erfolgten ohne Zustimmung der Klägerin, sie enthielten die Quellenangabe "G.".
Auf die Abmahnung der Klägerin vom 08.02.1999 gab die Beklagte zwar keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, zeigte aber Bereitschaft, künftig mit Daten, die möglicherweise von der Klägerin stammen, achtsamer umzugehen.
Die Klägerin musste jedoch feststellen, dass am 06.04.2000 erneut G.-Daten ohne ihr Einverständnis veröffentlicht wurden, und zwar mit der Quellenangabe "C.-Recherche". Nachdem sie Unterlassungsklage erhoben hatte, stieß sie auf weitere Veröffentlichungen von G.-Daten in C.-Artikeln vom 23.11.2000 und von 30.11.2000.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte sei unter mehreren rechtlichen Gesichtspunkten verpflichtet, unautorisiert vorgenommene Veröffentlichung solcher Daten zu unterlassen. Da sie sich im Zuge der Besprechungen im Anschluss an die Abmahnung vorgerichtlich zur Unterlassung verpflichtet habe, handle sie mit den neuerlichen Veröffentlichungen vertragswidrig. Indem sie vertragsbrüchiges Verhalten derjenigen ausnütze, die von ihr, der Klägerin, rechtmäßig Daten erworben hätten, handle sie auch wettbewerbswidrig i. S. v. § 1 UWG. Ferner verletze die Beklagte auch ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und schädige sie vorsätzlich sittenwidrig. Schließlich stehe ihr auch ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch zu, weil die Beklagte wesentliche Teile der von ihr, der Klägerin, erstellten Datenbanken ohne ihre Zustimmung übernommen und veröffentlicht habe.
Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten zu untersagen,
in der Zeitschrift "C." und/oder anderen Publikationen Daten und/oder Informationen der Klägerin zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, indem diese Daten und/oder Informationen ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung der Klägerin zur Darstellung von Grafiken verwendet werden und/oder Informationen im Text genannt und/oder eingearbeitet werden und/oder sich bei der Darstellung derartiger Daten und/oder Informationen auf die Klägerin als Quelle zu berufen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie vertrat die Ansicht, der Klägerin stehe unter keinem Gesichtspunkt ein Unterlassungsanspruch zu. Sie, die Beklagte, habe sich keineswegs in rechtsverbindlicher Weise dazu verpflichtet, von Dritten eingeholte Informationen nur mit Zustimmung der Klägerin zu veröffentlichen. Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche kämen nicht in Betracht, weil zwischen den Parteien kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Es stehe auch keineswegs fest, dass ihre Informanten die Daten unberechtigerweise an sie weitergegeben hätten. Es sei schon nicht dargetan, dass es sich bei diesen Informanten um Vertragspartner der Klägerin handelte. Es könne deshalb keine Rede davon sein, dass sie fremden Vertragsbruch in wettbewerbswidriger Weise ausnutze. Für die behauptete Verletzung des Rechts der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb fehle es schon an einem zielgerichteten Angriff auf den Betrieb der Klägerin. Oberdies könne sie sich auf das Grundrecht der Pressefreiheit berufen. Aus ihren sorgfältig durchgeführten Recherchen habe sich nicht ergeben, dass der jeweilige Informant nicht zur Weitergabe der Daten berechtigt gewesen sei. Auch Urheberrechte der Klägerin habe sie nicht verletzt. Es fehle schon an einem substantiierten Vortrag der Klägerin, dass es sich bei den von ihr zusammengestellten Daten um eine Datenbank i. S. d. § 87 a UrhG handle. Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Verstoß gegen § 87 b UrhG lägen nicht vor.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 01.02.2001 mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei dem Unterlassungsbegehren zu Recht entgegengetreten, weil der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Unterlassungsanspruch zur Seite stehe.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klageziel mit dem ursprünglichen Antrag in einer zur Verdeutlichung ergänzten Fassung weiter.
Unter Vertiefung ihrer Ausführungen im ersten Rechtszug vertritt sie ihre Auffassung weiter, die Beklagte habe es zu unterlassen, von ihr, der Klägerin, erarbeitete Marktforschungsdaten, die sie von Dritten erhalten habe, unautorisiert zu veröffentlichen. Sie habe feststellen müssen, dass die kontinuierliche Ausschlachtung vertraulicher Daten aus ihren Handelspanels von der Beklagten weiterhin praktiziert werde. In einer in der Ausgabe 08/2001 der Zeitschrift "C." unter der Überschrift "Deutscher PDA-Markt" mit der Quellenangabe "C.-Recherche" veröffentlichten Grafik, entsprächen die wiedergegebenen Marktanteile verschiedener Hersteller nahezu vollständig den Zahlen aus ihrem Handelspanel. Der Vertrieb von Marktdaten, die aufgrund umfangreicher Recherchen unter hohem Kostenaufwand erarbeitet worden seien, stelle ihr Kerngeschäft dar. Sie lebe als Marktforschungsinstitut davon, dass sie die gewonnenen Informationen ihren Kunden entgeltlich und unter strikter Bindung, die Daten nicht an Dritte weiterzugeben, zur Verfügung stelle. Im Streitfall habe sie das Handelspanel "Monitore" ausschließlich an (namentlich aufgeführte) Vertragspartner unter Einbeziehung ihrer AGB veräußert. Indem die Beklagte Marktdaten veröffentliche, die von diesen Kunden unmittelbar oder über Dritte an sie weitergegeben worden seien, nutze sie fremden Vertragsbruch in wettbewerbswidriger Weise aus, da sie aufgrund vorangegangener eigener Geschäftsbeziehungen zu ihr wisse, dass solche Daten nur unter Verstoß gegen die Vertraulichkeitsabrede erhältlich seien.
Zwischen den Parteien bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, weil die Beklagte der I.-Untemehmensgruppe angehöre, zu der u.a. auch als Abteilung der I. Communication Verlag AG die I.-Marketing & Service gehöre, die, wie sie, die Klägerin, Marktforschung betreibe und Marktstudien veräußere.
In rechtlicher Hinsicht vertritt die Klägerin ihre Ansicht weiter, das Verhalten der Beklagten sei jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Ausnützens fremden Vertragsbruchs wettbewerbswidrig und stelle zudem eine Urheberrechtsverletzung gem. §§ 87 b, 97 I UrhG dar. Ihre Handelspanels seien Datenbanken i. S. v. § 87 a UrhG. § 87 b UrhG räume dem Datenbankhersteller das ausschließliche Recht ein, eine von ihm erstellte Datenbank oder wesentliche Daten hiervon zu nutzen. Hiergegen verstoße die Beklagte, wenn sie Kerndaten von Handelspanels unautorisiert veröffentliche. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei es nicht von entscheidender Bedeutung, ob die Verbreitung bloßer Ergebnisse einer Datenerhebung die Voraussetzungen der Wesentlichkeit i. S. v. § 87 b I S. 2 UrhG erfülle. Die Veröffentlichung der Ergebnisse der Marktstudie bedeute zwingend ein Zurückgreifen auf alle erhobenen Daten und damit auf die gesamte Datenbank. Unabhängig davon stehe der Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art und Umfang wesentlichen Teils der Datenbank eine wiederholte und systematische Verbreitung von unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderliefen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigten.
Der Gebrauch einer nach § 87 b UrhG geschützten Datenbank durch Dritte für gewerbliche Zwecke sei nicht gestattet. Insofern sei auch zu beachten, dass ein Presseorgan keine urheberrechtliche Sonderstellung genieße.
Die Klägerin beantragt daher, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils vom 01.02.2001 die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,
in der Zeitschrift "C." und/oder anderen Publikationen vertrauliche, nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Daten und/oder Informationen der Klägerin zu veröffentlichen undloder veröffentlichen zu lassen, indem diese Daten und/oder Informationen ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung der Klägerin zur Darstellung von Grafiken verwendet werden und/oder solche Daten und/oder Informationen im Text genannt und/oder eingearbeitet werden und/oder sich bei der Darstellung derartiger Daten und/oder Informationen auf die Klägerin als Quelle zu berufen und/oder als Quelle unbefugt "C.-Recherche" anzugeben.
Die Beklagte verteidigt des landgerichtliche Urteil und vertieft ihrerseits den Sach- und Rechtsvortrag, mit dem sie dem Klagebegehren im ersten Rechtszug entgegengetreten ist.
Die Beklagte bestreitet, in den von der Klägerin angeführten Beiträgen Daten der Klägerin veröffentlicht zu haben. Da sie nur an den Marktanteilen der einzelnen Unternehmen in einem Marktsegment interessiert sei, habe sie diese Zahlen durch eine Recherche bei den betroffenen Unternehmen verhältnismäßig einfach selbst ermitteln können und dementsprechend bei den Beiträgen als Quelle "C.-Recherche" angegeben.
Selbst wenn die von ihr veröffentlichten Daten aus Datenbanken der Klägerin i. S. d. § 87 a UrhG stammen sollten, fehle es an einem Vortrag, welche Investitionen die Klägerin speziell für das Zusammenstellen der Ergebnisse vorgenommen habe und in welchem Verhältnis diese Investitionen zum Aufwand für die gesamte Studie stünden. Die Bestimmung in Nr. 13 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, wonach ihre Kunden die Daten ohne Zustimmung der Klägerin nur für den Eigengebrauch verwenden dürften, sei wegen Verstoßes gegen § 87 e UrhG sowie gegen § 9 II Nr. 1 AGB-Gesetz i. V. m. §§ 87 b II, 17 II UrhG unwirksam. Da die Klägerin ihre Marktstudien durch Veräußerung in den Verkehr bringe, könne sie ihre Kunden nicht wirksam verpflichten, die gesamte Studie nur für den Eigengebrauch zu verwenden.
Es fehle auch an einem Vortrag der Klägerin, welchen ihrer Kunden sie gestattet habe, die sich aus den Marktstudien ergebenden Daten zu veröffentlichen, da sie doch nach eigenem Vortrag im Einzelfall von der in Nr. 13 ihrer AGB enthaltenen Dispensmöglichkeit gegenüber bestimmten Kunden Gebrauch gemacht habe. Es treffe im Übrigen nicht zu, dass die Klägerin nach der Veröffentlichung der Daten durch sie, die Beklagte, keinen kaufbereiten Kunden mehr finden könne. Vertragsabschlüsse nach Veröffentlichung entsprechender Daten über die Warengruppe "Monitore" bewiesen das Gegenteil.
Die Beklagte bietet ferner Zeugen zum Gegenbeweis dafür an, dass sie keine Daten von den von der Klägerin im Berufungsverfahren genannten 10 Unternehmen erhalten habe. Sie führt ferner ins Feld, sie habe ihre aus § 3 II des Bayerischen Pressegesetzes folgende Pflicht zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung erfüllt, da die von ihr veröffentlichten Daten - unstreitig - zutreffend seien. Im Übrigen habe sie im Lichte der durch Art. 5 Grundgesetz geschützten Pressefreiheit das Recht, ungehindert Informationen einzuholen und darüber zu berichten. Die Daten für den Beitrag "Preiskampf im Monitorgeschäft verdirbt den Spaß im Verkauf" habe ihre Redakteurin H. verfasst. Sie habe einem ihr bekannten Unternehmen mitgeteilt, dass sie für einen Beitrag über den im Monitorgeschäft ausgebrochenen Preiskampf recherchiere. Ihr Gesprächspartner habe ihr daraufhin die in dem Artikel wiedergegebenen Daten per E-Mail übermittelt. Erst aus dem E-Mail sei sodann für die Redakteurin ersichtlich gewesen, dass es sich bei den Daten um einen Auszug aus einer Studie der Klägerin handelte. Für sie, die Beklagte, sei es unerheblich, von welchem der mehreren Marktforschungsinstitute die Daten, die sie benötige, stammten.
Die Beklagte betont schließlich, dass sie selbst kein Meinungsforschungsinstitut betreibe.
In rechtlicher Hinsicht führt die Beklagte aus, die Klägerin habe es versäumt, die Klausel Nr. 13 ihrer AGB an § 87 e UrhG anzupassen und ihren Kunden zu gestatten, nach Art und Umfang unwesentliche Teile der Studie weiterzugeben. Da dies nicht geschehen sei, sei die fragliche Bestimmung wegen Verstoßes gegen § 87 e UrhG und des Weiteren auch wegen Verstoßes gegen § 9 II Nr. 1 AGBG i. V. m. §§ 87 b, 17 II UrhG unwirksam. Die Klausel Nr. 13 trage dem Erschöpfungsgrundsatz nicht Rechnung, weshalb die Kunden der Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt würden.
Auch § 1 UWG scheide als Anspruchsgrundlage aus, weil zwischen den Parteien kein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe. Die in Rede stehenden Beiträge in der Zeitschrift "C." seien nicht zum Zwecke des Wettbewerbs mit der Klägerin veröffentlicht worden, vielmehr zur Unterrichtung der Leser über die jeweiligen Marktanteile der Unternehmen. Für den Tatbestand des Ausnutzens fremden Vertragsbruchs fehle es im Übrigen an den erforderlichen besonderen Umständen. Etwaige Ansprüche aus § 1 UWG seien bezüglich der Veröffentlichungen vom 29.10.1998 und 21.01.1999 ohnehin verjährt.
Die Berufung hat keinen Erfolg, denn der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen die Beklagte zu, dass sie es unterlässt, von der Klägerin anderweitig veräußerte vertrauliche Marktdaten unautorisiert zu veröffentlichen und sich dabei auf die Klägerin als Quelle zu berufen oder "C.-Recherche" als Quelle anzugeben.
1. Ein Unterlassungsanspruch nach § 97 I S. 1 UrhG scheidet aus, weil die Beklagte mit den angegriffenen Veröffentlichungen von Marktdaten weder das Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urhebergesetz geschütztes Recht der Klägerin widerrechtlich verletzt hat.
Bei den hier interessierenden von der Klägerin jeweils erarbeiteten Sammlungen von Marktdaten handelt es sich um Datenbanken i. S. d. § 87 a 1 UrhG. Die Klägerin ist Datenbankhersteller im Sinne des Urhebergesetzes, weil sie für die Beschaffung nach Art oder Umfang wesentliche Investitionen gemäß Absatz 1 dieser Bestimmung vorgenommen hat.
Als Datenbankhersteller hat die Klägerin nach § 87 b I S. 1 UrhG das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Nutzungshandlungen, die einen lediglich unwesentlichen Teil einer Datenbank betreffen, unterliegen im Interesse des freien Zugangs zu Informationen und zur Verhinderung ihrer Monopolisierung nicht dem Verbotsrecht des Datenbankherstellers.
§ 87 b I S. 2 schränkt die nach Absatz 1 Satz 1 freigestellten Nutzungen unwesentlicher Teile bei Nutzungshandlungen ein, die wiederholt und systematisch erfolgen und zudem entweder einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.
Da nach § 87 b II UrhG die Bestimmung des § 17 II UrhG entsprechend anzuwenden ist, gilt für die ausschließliche Verwendungsbefugnis des Datenbankherstellers jedoch der Grundsatz der europaweiten Erschöpfung. Die Rechtsprechung formuliert den Erschöpfungsgrundsatz dahingehend, dass der Rechtsinhaber durch eigene Benutzungshandlungen das ihm vom Gesetz eingeräumte ausschließliche Verwertungsrecht ausgenutzt und damit verbraucht hat, so dass bestimmte weitere Verwertungshandlungen nicht mehr vom Schutzrecht erfasst werden (BGH GRUR 1988, 373/374 - Schallplattenimport III). Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts tritt nur durch die in § 17 II UrhG bezeichneten Verbreitungshandlungen ein, so durch Inverkehrbringen von Werkstücken im Wege der Veräußerung. Dabei muss es sich um körperliche Werkstücke handeln, da die Wiedergabe in unkörperlicher Form keine Verbreitung nach § 17 UrhG darstellt. Diese Voraussetzung liegt hier vor, denn die Klägerin veräußert die von ihr erarbeiteten Marktdatensammlungen mittels E-Mail, als printout oder als CD-ROM an ihre Kunden.
Die Wirkung der Erschöpfung besteht darin, dass die Weiterverbreitung der Werkstücke und damit der Marktdaten durch die Kunden der Klägerin zulässig ist. Die Klägerin kann ihr Verbietungsrecht nicht mehr geltend machen. Sie kann dies auch nicht mehr gegenüber der Beklagten, die unstreitig die in dem Beitrag "Preiskampf im Monitorgeschäft verdirbt den Spaß im Verkauf" in ihrer Zeitschrift "C." veröffentlichten Marktdaten ebenso wie weitere veröffentlichte Teile von Datenbanken der Klägerin von deren Kunden erhalten hat. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gem. § 97 I UrhG besteht daher auch gegen die Beklagte nicht.
2. Die Klägerin hat aber auch keinen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG wegen Ausnützens fremden Vertragsbruchs gegen die Beklagte.
Es besteht schon kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Die Beklagte ist kein Marktforschungsunternehmen, zu ihrer geschäftlichen Betätigung gehört es auch nicht, die Ergebnisse von Marktstudien gegen Entgelt zu vertreiben. Die beanstandeten Veröffentlichungen mögen zwar objektiv geeignet sein, fremden Wettbewerb zu fördern, es fehlt aber an der Wettbewerbsabsicht. Handelt ein Presseunternehmen im Rahmen seines medialen Funktionsbereichs so kann der Erfahrungsschluss, der beim Handeln von Gewerbetreibenden im geschäftlichen Verkehr die Vermutung der Wettbewerbsabsicht trägt, nicht ohne weiteres gezogen werden. Es spricht keine Vermutung für eine Wettbewerbsabsicht. Wettbewerbliche Auswirkungen sind hier vielmehr unvermeidliche Folge der Erfüllung der journalistischen Aufgabe (Köhler/PiperUWG, 2. Aufl., Einf., Rdnr. 229). Dementsprechend erfolgen die Veröffentlichungen in der Zeitschrift "C." der Beklagten nicht zu Zwecken des Wettbewerbs, sondern zur Unterrichtung der Leser über die sie interessierenden Marktdaten. Es geht hier um Aufklärung und Information. Sonach ist die verfassungsrechtlich geschützte Meinungs- und Informationsfreiheit tangiert.
Dessen ungeachtet beruft sich die Klägerin auch zu Unrecht auf ein rechtswidriges Ausnutzen fremden Vertragsbruchs durch die Beklagte. Es fehlt schon an einem Vertragsbruch der Kunden, die von der Klägerin erworbene Marktdaten an die Beklagte weitergegeben haben, obwohl die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Klägerin, die jeweils zum Bestandteil des Vertrags mit den Kunden gemacht wurden, es in der Klausel Nr. 13 ("Eigengebrauch") untersagen, die erworbenen Untersuchungsergebnisse ohne Zustimmung ganz oder teilweise Dritten zu überlassen. Auf die in Nr. 13 der AGB aufgeführten Beschränkungen des Kunden kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg stützen. § 87 e UrhG, der sich mit Verträgen über die Benutzung einer Datenbank befasst, stellt als vertragsrechtliche Vorschrift sicher, dass der Datenbankhersteller gegenüber dem Erwerber des Rechts zur Nutzung des durch Veräußerung in Verkehr gebrachten Vervielfältigungsstücks den Umfang der Rechte nicht durch vertragliche Vereinbarung auf unwesentliche Teile ausdehnt. § 87 e UrhG verbietet dem Datenbankinhaber zwar nicht, durch vertragliche Vereinbarung zu verhindern, dass die Nutzung unwesentlicher Teile die normale Auswertung der Datenbank stört oder seine berechtigten Interessen unzumutbar beeinträchtigt. Die Klägerin hat hier aber die Klausel, die dies verhindern soll, nicht in den Individualverträgen vereinbart, sondern in ihren Allgemeinen Vertragsbedingungen geregelt. In Nr. 13 ihrer AGB wird jedoch nicht zwischen wesentlichen und unwesentlichen Teilen unterschieden. Dies, obwohl unwesentliche Teile generell erlaubnisfrei genutzt werden dürfen, sofern die Nutzung die genannten berechtigten Interessen nicht beeinträchtigt und auch der normalen Auswertung nicht zuwiderläuft. Diese Klausel verstößt daher gegen das aus § 9 AGBG folgende Transparenzgebot. Allgemeine Geschäftsbedingungen müssen die Rechte und Pflichten des Vertragspartners durch eine entsprechende Ausgestaltung und geeignete Formulierung der Vertragsbedingungen durchschaubar, richtig, bestimmt und möglichst klar darstellen (BGHZ 106, 42). Das Transparenzgebot gebietet eine klare und verständliche Information des Vertragspartners über den Vertragsinhalt durch den Klauseltext. Die Intransparenz führt hier zur Unwirksamkeit gem. § 9 I AGBG, weil die Vertragspartner der Klägerin hierdurch unangemessen benachteiligt werden. Jede Rechte oder Pflichten des Vertragspartners regelnde Bestimmung muss so gestaltet und formuliert sein, dass der Vertragspartner über seine Rechte und Pflichten nicht irregeführt werden kann. Bei Vertragsabwicklungskonditionen - wie sie hier in Rede stehen - ist eine unzulässige Irreführungswirkung mit solchen Klauseln verbunden, mit denen durch eine die Rechtslage unzutreffend darstellende oder unklare Formulierung des Textes die Rechtsposition des Vertragspartners derart beeinträchtigt wird, dass ein durchschnittlicher Kunde von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden kann oder der Verwender eine (scheinbare) Stütze für die Abwehr begründeter Ansprüche erhält (Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 9 AGBG, Rdnr. 95, m. w. N.). Im Streitfall geht es gerade darum, dass die Klägerin sich ihren Kunden gegenüber, die Marktforschungsergebnisse von ihr erworben haben, scheinbar berechtigterweise auf die Klausel Nr. 13 stützen kann, wenn diese unwesentliche Teile der Untersuchungsergebnisse Dritten ohne ausdrückliche Zustimmung überlassen. Der Erwerber von Marktdaten entnimmt der Klausel, die nicht zwischen wesentlichen und unwesentlichen Teilen differenziert, dass er auch unwesentliche Teile generell nicht erlaubnisfrei nutzen darf, was aber § 87 b UrhG gerade sicherstellen will.
Da die Klausel sonach nach § 9 AGBG unwirksam und der Erwerber durch sie nicht gebunden ist, begeht er auch keinen Vertragsbruch, wenn er Daten weitergibt, seien es wesentliche oder unwesentliche.
Es fehlt indes nicht nur am Vorliegen eines Vertragsbruchs der Kunden, die Marktdaten weitergegeben haben. Das Ausnutzen fremden Vertragsbruchs, den ein vertraglich Gebundener gegenüber seinem Vertragspartner begeht, ist für sich allein noch nicht wettbewerbswidrig. Dies ist erst dann der Fall, wenn besondere die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten. Entscheidend sind die Gesamtumstände des Einzelfalls. Im Streitfall kann aber das Hinzutreten besonderer die Sittenwidrigkeit begründender Umstände nicht festgestellt werden. Die mit den hier interessierenden Veröffentlichungen befasste Redakteurin der Beklagten hat die Marktdaten recherchiert, indem sie Kunden der Klägerin befragt und von diesen bereitwillig Auskunft bekommen hat. In der Verwendung dieser Daten in den redaktionellen Artikeln kann auch dann kein besonderes Unlauterkeitsmerkmal gesehen werden, wenn in Betracht gezogen wird, dass die Beklagte aufgrund früherer eigener Geschäftsbeziehungen zur Klägerin sich der möglichen negativen geschäftlichen Auswirkungen für die Klägerin bewusst war.
Ein Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG liegt sonach auch dann nicht vor, wenn ihre Redakteurin von sich aus an Vertragspartner der Klägerin herangetreten ist, um sie zur Weitergabe von Datenbankteilen, die sie aufgrund von Verträgen unter Einbeziehung der genannten AGB von der Klägerin erworben haben, zu veranlassen.
3. Die Klägerin hat zu Recht in der Berufungsverhandlung die ferner geltend gemachten Anspruchsgrundlagen des rechtswidrigen Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb gem. § 823 I BGB i. V. m. § 1004 BGB und der sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) nicht mehr nachdrücklich weiterverfolgt. Liegt kein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vor, so können, da auch § 826 BGB hier ersichtlich nicht eingreift, rechtswidrige Eingriffe in den Bestand oder Tätigkeitsbereich eines Unternehmens nach §§ 823 I, 1004 BGB abgewehrt werden. Voraussetzung ist aber ein betriebsbezogener Eingriff, d.h. eine unmittelbare Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs als solchen (BGHZ 86, 152). Der Eingriff muss sich spezifisch gegen die betriebliche Organisation oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über eine bloße Belästigung oder sozial übliche Behinderung hinausgehen (Palandt, BGB, 60. Aufl., § 823 BGB, Rdnr. 21). Ein solcher unmittelbar betriebsbezogener Eingriff liegt hier ersichtlich nicht vor.
4. Den vom Landgericht mit zutreffenden Erwägungen verneinten Unterlassungsanspruch aus vertraglicher Vereinbarung im Zusammenhang mit den Gesprächen der Parteien nach Zugang des Abmahnschreibens vom 08.02.1999 hat die Klägerin zu Recht im Berufungsverfahren nicht weiterverfolgt.
5. Soweit die Klägerin die Berechtigung der Quellenangabe "C.-Recherche" bei einzelnen Veröffentlichungen der Beklagten in Zweifel zieht, ist der etwa in Betracht kommende Irreführungstatbestand nicht Streitgegenstand.
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