Scharping-Fotos, Urheberrechtsverletzung durch Spiegel
Gericht
LG München I
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
25. 04. 2002
Aktenzeichen
7 O 16110/01
Ein Photo genießt den urheberrechtlichen Leistungsschutz nach § 72 UrhG, jedoch nicht den Werkschutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG, wenn es einerseits über ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung hinausgeht und andererseits nicht durch die Individualität des Photographen oder eine künstlerische Aussage geprägt ist.
Nach § 24 UrhG ist eine Bearbeitung nur dann zulässig, wenn sie "frei" ist, d.h. wenn die dem Original entnommenen individuellen Züge gegenüber der Eigenart des neugeschaffenen Werks verblassen. Im Titelblatt des SPIEGEL findet sich jedoch das BUNTE-Lichtbild als integraler Bestandteil vollständig und (bis auf kaum wahrnehmbare Retuschen) weitestgehend identisch wieder.
§ 24 UrhG ist nicht anzuwenden, wenn ein geschütztes Lichtbild benutzt wird, um eine auf dem Lichtbild abgebildete Person zu karikieren. In diesem Falle fehlt die von der Rechtsprechung geforderte innere Distanz zu dem benutzten Werk.
Das Zitatrecht besteht nach allen drei Varianten des § 51 UrhG nur dann, wenn das Zitat in einem "selbständigen" Werk verwendet wird und der Zitatzweck diese Verwendung gebietet. Ein selbständiges Werk liegt nicht vor, wenn ohne das übernommene Bild nur ein semantisch leerer Rumpf verbleibt, dem keinerlei Aussagegehalt beigemessen werden kann.
Mit dem Anspruch auf Herausgabe des Gewinns nach § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG kann der Verletzte den vom Verletzer erzielten Mehrerlös verlangen. Erzielter Mehrerlös ist im konkreten Fall der Mehrerlös, den der übernehmende Verlag durch den mit der Titelgestaltung verbundenen Kaufanreiz erzielt hat. Erzielter Mehrerlös ist dagegen nicht der mit dem Vertrieb des gesamten Heftes als solchem erzielten Reinerlös.
Die Vermutung des § 10 Abs. 2 UrhG gilt auch, wenn der Photograph durch Vorausverfügung im Rahmen eines - den Bestimmungen des Manteltarifvertrages für Redakteure unterliegenden -Anstellungsvertrages dem Verlag Nutzungsrechte eingeräumt hat.
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft, oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an einem der Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist,
es zu unterlassen,
das Foto, das Rudolf Scharping und Gräfin Pilati auf dem Titel der
BUNTE-Ausgabe Nr. 35/2001 zeigt, ganz oder teilweise zu verbreiten und/oder
verbreiten zu lassen, benutzen und/oder benutzen zu lassen oder sonst zu
verwerten und/oder verwerten zu lassen, insbesondere wenn dies geschieht wie auf
dem Titel der Spiegel-Ausgabe vom 27. August 2001.
II. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen, in welchen anderen Medien als der Spiegel-Ausgabe vom 27. August 2001 sie den Titel der BUNTE-Ausgabe der Nr. 35/2001, der Rudolf Scharping zusammen mit Gräfin Pilati zeigt, benutzt und/oder verwertet hat bzw. hat benutzen und/oder verwerten lassen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, Rechnung zu legen über den von ihr erzielten Gewinn, den sie durch Verbreitenlassen des Fotos, das Rudolf Scharping und Gräfin Pilati zeigt und das auf dem Titel der BUNTE-Ausgabe Nr. 35/2001 abgedruckt war, in anderen Medien als der Spiegel-Ausgabe vom 27. August 2001 erzielt hat.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin den Gewinn, wie er sich anhand der Auskunft gemäß Ziffer II. und der Rechnungslegung gemäß Ziffer III. ergibt, herauszugeben hat, soweit die Auskunft und Rechnungslegung die Überlassung des Photos an Dritte betrifft.
V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VI. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 20%, die Beklagte trägt 80%.
VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 7.000,-, für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 3.000.-.
Die Parteien streiten um die Befugnis der Beklagten, eine erstmals von der Klägerin veröffentlichte Photographie im Rahmen einer satirischen Illustration auf dem Titelblatt ihres Presseorgans "DER SPIEGEL" zu verwerten.
Die Klägerin ist ein in München ansässiges Verlagshaus, das u.a. die bekannte Wochenzeitschrift "BUNTE" herausgibt.
Bei der Beklagten, einem Hamburger Presseunternehmen, erscheint das Wochenmagazin "DER SPIEGEL".
Auf dem Titelblatt der Ausgabe Nr. 35/2001 der BUNTEN vom 23.08.2001 (Anlage K 1) veröffentlichte die Klägerin neben verschiedenen kleinformatigeren Abbildungen, die den Bundesminister der Verteidigung Rudolf Scharping mit seiner neuen Lebensgefährtin, Gräfin Pilati, im Urlaub auf Mallorca zeigen, nachfolgend wiedergegebene Photographie:
Am 27.08.2001 erschien das Magazin der Beklagten mit folgendem Titelblatt (Anlage K 2):
Insofern dies ohne Einwilligung der Klägerin geschah, wurde die Beklagte deswegen unter dem 27./28.08.2001 (Anlagen K 3, K 4) erfolglos abgemahnt.
Durch die streitgegenständliche Veröffentlichung sieht sich die Klägerin in eigenen Ausschließlichkeitsrechten verletzt: Wie der Photograph des Bildes, Herr Ulli Skoruppa, bestätigen werde, habe er ihr nach § 9 des geltenden Manteltarifvertrags für Redakteure an Zeitschriften (Anlage K 10) im Rahmen seines Anstellungsvertrages (Anlage K 9) die ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Lichtbild eingeräumt. ob die Beklagte den BUNTE-Titel ihrerseits abgelichtet oder, wie sie behaupte, abgezeichnet habe, könne dahinstehen, da mangels klägerischer Einwilligung in beiden Fällen eine unzulässige Nutzung des Lichtbildes vorliege. Zur Rechtfertigung ihres Vorgehens könne sich die Beklagte insbesondere nicht auf § 51 UrhG berufen, zumal es an der für ein Bildzitat erforderlichen Quellenangabe fehle. Die von ihr selbst eingewandte Bearbeitung des Bildes sei vom Zitatrecht ohnehin nicht gedeckt. Da auch eine freie Benutzung i.S.d. § 24 UrhG ausscheide, sei die Beklagte nach § 97 Abs. 1 UrhG nicht nur zur Unterlassung künftiger Verbreitungshandlungen, sondern auch zum Schadenersatz verpflichtet: Angesichts des Umstands, dass ihre wiederholten Bitten um eine Überlassung der Nachdruckrechte abschlägig beschieden worden seien, habe sie das Bild in voller Kenntnis ihrer mangelnden Befugnis verbreitet, mithin vorsätzlich agiert. Auch die begehrte Auskunft stehe ihr zu: Zur Berechnung ihres Schadens, den sie nach § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG in zulässiger Weise in Form der Herausgabe desjenigen Gewinns geltend mache, den die Beklagte durch die Rechtsverletzung erzielt hat, sei sie auf die Angaben über die Zahl der gedruckten wie auch der verkauften Exemplare der SPIEGEL-Ausgabe Nr. 35/2001 angewiesen: Angesichts des Umstands, dass die Beklagte das klägerische Photo als Titel verwendet habe, sei der Gewinn nach ständiger Rechtsprechung dahingehend zu bestimmen, dass der gesamte Überschuss, den die Beklagte (nach Abzug der Kosten) durch den Vertrieb dieser Ausgabe erwirtschaftet habe, herauszugeben sei. Hilfsweise werde jedenfalls die ungerechtfertigte Bereicherung in Form einer fiktiven Lizenz (Replik vom 19.12.2001, S. 14 = Bl. 57 d.A.) geschuldet. Im Übrigen habe die Beklagte im Rahmen des § 251 BGB nicht nur den Verletzergewinn herauszugeben, sondern der Klägerin auch denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr selbst durch das vorsätzliche Vorgehen der Beklagten entstanden sei: Sei die Klägerin bis zum Erscheinen des angegriffenen SPIEGEL-Titels die einzige an den Kiosken erhältliche Zeitschrift gewesen, die die Scharping-Photos zeigte, könne mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass infolge der rechtswidrigen Bildwiedergabe der Abverkauf der BUNTEN beeinträchtigt worden sei, zumal das Blatt in der Zeit vom 27. bis 29.08.2001 kaum noch veräusserbar gewesen sei: Angesichts der unmittelbar nach Veröffentlichung der Photos einsetzenden politischen Diskussion über das Verhalten des Verteidigungsministers, die sogar in Rücktrittsforderungen gipfelte, läge die Annahme nahe, dass das interessierte Publikum ohne den Verstoß der Beklagten bis zum Erscheinungstermin der nächsten Ausgabe am Donnerstag, den 23.08.2001, weiterhin zur BUNTEN gegriffen hätte. Auch dies sei bei der Schadensschätzung zu berücksichtigen. Schließlich schulde die Beklagte auch über die sonst von ihr veranlassten Nutzungen Auskunft, habe sie das Titelbild ihrer Ausgabe vom 27.08.2001 doch ausweislich Anlage K 8 auch in Eigenwerbung für Mediaplaner benutzt. Wie aus Anlage K 7 ersichtlich, habe sie des weiteren auch in dem von ihr über die Spiegelnet AG und die Spiegel Online GmbH kontrollierten Online-Dienst "Spiegel-Online" Photos aus der BUNTEN vom 23.08.2001 verbreitet, die hier ebenfalls streitgegenständlich seien (Replik vom 19.12.2001, S. 4 = Bl. 47 d.A.).
Die Klägerin beantragt daher:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000.-, ersatzweise Ordnungshaft, oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an einem der Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist,
es zu unterlassen,
das Foto, das Rudolf Scharping und Gräfin Pilati auf dem Titel der BUNTE-Ausgabe Nr. 35/2001 zeigt, ganz oder teilweise zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, benutzen und/oder benutzen zu lassen, zu verwerten und/oder verwerten zu lassen, insbesondere wenn dies geschieht wie auf dem Titel der Spiegel-Ausgabe vom 27. August 2001.
II. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen, wie hoch die verbreitete Auflage der Spiegel-Ausgabe vom 27. August 2001 war.
Die Beklagte wird ferner verurteilt Auskunft zu erteilen, in welchen anderen Medien sie den Titel der BUNTE-Ausgabe der Nr. 35/2001, der Rudolf Scharping zusammen mit Gräfin Pilati zeigt, benutzt und/oder verwertet hat; bzw. hat benutzen und/oder verwerten lassen.
III. Die Beklagte wird verurteilt Rechnung zu legen über den von ihr erzielten Gewinn, den sie durch Verbreitung bzw. Benutzung bzw. Verwertung des Fotos, das Rudolf Scharping und Gräfin Pilati zeigt und das auf dem Titel der BUNTE-Ausgabe Nr. 35/2001 abgedruckt war, durch den Verkauf der Spiegel-Ausgabe vom 27. August 2001, aber auch durch Verbreitung bzw. verbreiten lassen dieses Fotos in anderen Medien, erzielt hat.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin den Gewinn, wie er sich anhand der Auskunft gemäß Ziffer II. und Rechnungslegung gemäß Ziffer III. er gibt, herauszugeben hat,
hilfsweise,
dass die Beklagte die ungerechtfertigte Bereicherung, wie sie sich anhand der Auskunft gemäß Ziffer II. und Rechnungsauslegung gemäß Ziffer III. ergibt, an die Klägerin herauszugeben hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise
ihr hinsichtlich des Klageantrags zu Ziff. III Vollstreckungsschutz gemäß § 712 ZPO zu gewähren und ihr zu gestatten, eine etwa festzusetzende Sicherheitsleistung in Gestalt einer Prozessbürgschaft der Commerzbank Hamburg zu leisten.
Sie bestreitet zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen und meint, die vorgelegten Auszüge aus einem - nicht unterschriebenen - Anstellungsvertrag oder einem nicht für allgemeinverbindlich erklärten Manteltarifvertrag seien nicht geeignet, die Rechtsinhaberschaft der Klägerin an dem streitgegenständlichen Lichtbild zu belegen. Der Unterlassungsantrag sei mangels Bestimmtheit auch unzulässig, begehre die Klägerin doch neben einem Verbot der - umfassend zu verstehenden - Verwertung auch die Untersagung von Verbreitung und Benutzung. Der Antrag sei auch teilweise unbegründet, insofern der Beklagten wenigstens eine freie Benutzung der Photographie nicht untersagt werden könne. Unabhängig von diesen Erwägungen sei die Veröffentlichung des beanstandeten SPIEGEL-Titels jedenfalls nicht widerrechtlich erfolgt: Angesichts der damaligen geopolitischen Situation, zumal vor dem Hintergrund der Mazedonien-Krise, habe sich die Beklagte als seriöses politisches Nachrichtenmagazin mit der von Scharping tolerierten Inszenierung privaten Glücks, die zudem durch Interview-Plattitüden angereichert gewesen sei, nach Art. 5 GG auseinandersetzen dürfen. Dies sei keineswegs in Form des von der Klägerin insinuierten Abkupferns eines (ohnehin nicht durch gestalterische Elemente, sondern ausschließlich durch den Exibitionismus der Abgebildeten geprägten) Lichtbildes geschehen. Vielmehr belege ein Vergleich der beiden Illustrationen, dass es sich beim Titelbild der Beklagten ungeachtet aller Ähnlichkeiten um das Ergebnis eines selbständigen Nachproduktionsprozesses handele: während beispielsweise Scharpings Haupthaar auf dem Original anliege, stehe es in der Version der Beklagten hahnenkammartig zu Berge. Auch das Wasser verlaufe in gänzlich divergierenden wellen und Schattierungen. Zudem sei an Frau Pilatis rechter Schläfe unübersehbar ein dunkler Schatten angebracht, der auf dem BUNTE-Titel nicht vorhanden sei. Entscheidend aber sei, dass es sich bei dem angegriffenen Titel um eine unter Nachzeichnung der Vorlage entstandene Collage handele, die als freie Benutzung (§ 24 UrhG) eines nur unter Leistungsschutz (§ 72 UrhG) stehenden, mithin regelmäßig nur gegen Vervielfältigung in unveränderter Form geschützten, Originals nicht zu beanstanden sei: durch die mit der Verlegung der Szenerie in einen Stahlhelm, zumal mit dem Aufdruck "MAKE LOVE NOT WAR", verbundene Verfremdung werde eine innere Distanz zum Original hergestellt, die dessen (ohnehin nicht auszumachende) Individualität verblassen lasse und, vergleichbar dem der Entscheidung "Asterix" des Bundesgerichtshofes (GRUR 1994, 191, 194) zugrunde liegenden Fall, eine eigenschöpferische, publizistisch-künstlerische Leistung begründe. Rein vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass die Veröffentlichung der Beklagten auch nach § 51 Nr. 2 UrhG gerechtfertigt sei. Insbesondere fehle es nicht an der danach erforderlichen Mittel-Zweck-Relation, sei das Bildzitat doch um der von dem Titel verkörperten Kritik willen verwendet worden. Das Änderungsverbot des § 62 UrhG begründe keine abweichende rechtliche Beurteilung, insofern ein alleiniger Verstoß hiergegen eine Rechtswidrigkeit des Zitats nicht nach sich ziehe. Für das Erfordernis einer Quellenangabe nach § 63 Abs. 1 UrhG gelte nichts anderes, zumal die Beklagte dem durch Verweis auf die "BUNTE" in ihrer Rubrik "Hausmitteilungen" auf S. 3 des Magazins (Anlage B 1) ausführlich Rechnung getragen habe. Im Pressebereich sei es, wie ein Sachverständigengutachten bestätigen werde, ohnehin nicht üblich, die Bildquelle auf dem Titelblatt anzugeben.
Scheide mithin ein Unterlassungsanspruch mangels Rechtsverletzung bereits dem Grunde nach aus, sei vorsorglich zu den geltend gemachten Hilfsansprüchen darauf hinzuweisen, dass Auskunft nur in dem Umfang verlangt werden könne, in welchem der verletzte selbst über die begehrte Information nicht verfügt. Tatsächlich seien die verlangten Daten dem auch der Klägerin zugänglichen und als Anlage B 4 (bzw. K 11) zu den Akten gereichten Auszug aus den regelmäßig veröffentlichten IVW-Meldungen zu entnehmen. Etwaige Benutzungshandlungen der rechtlich selbständigen SPIEGEL Online GmbH habe die Beklagte nicht zu vertreten; dass die Klägerin insoweit der Auskunft nicht bedürfe, ergebe sich bereits daraus, dass sie selbst entsprechende Ausdrucke vorlege.
Der geltend gemachte Anspruch auf Rechnungslegung sei ebenfalls unbegründet: Es sei nicht ersichtlich, aus welchem rechtlichen Gesichtspunkt die Klägerin den gesamten mit dem Verkauf der SPIEGEL-Ausgabe 35/2001 erzielten Gewinn herausverlangen könnte, zumal die von ihr unterstellte (Mono-)Kausalität zwischen Titelgestaltung (die man im Übrigen nicht als Verkaufsanreiz, sondern aus redaktionellen Gründen gewählt habe) und Gesamterlös abwegig sei. Ein auf der angeblichen Rechtsverletzung basierender Gewinn könne ohnehin nicht festgestellt werden, sei doch der Absatz der beanstandeten Ausgabe des Magazins ausweislich Anlage B 4 keineswegs besonders erfolgreich gewesen. Mangels Hauptanspruchs komme daher auch die zum Zweck seiner Bezifferung begehrte Auskunft nicht in Betracht. Dies gelte auch, soweit hilfsweise eine Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung, die allenfalls in ersparten Lizenzgebühren bestehen könne, verlangt werde. Diese ersparten Aufwendungen könne die Klägerin jedoch aufgrund ihrer Markt- und Sachkenntnis sowie an Hand der die Reichweite des Magazins betreffenden Media-Daten ohne weiteres beziffern.
Wegen des Sachvortrags der Parteien im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
A. Die Klage ist nur im ausgeurteiltem Umfang begründet: Zwar steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch, den die Kammer in dem nachfolgend unter I.1. dargelegten Sinn versteht, nach §§ 97 Abs. 1 S. 1; 72 UrhG zu. Auskunft und Rechnungslegung kann sie hingegen nur verlangen, soweit ihr wegen der unbefugten Verwendung ihres Lichtbildes auch ein Schadenersatzanspruch in Form der Herausgabe eines in Antrag IV. näher bezeichneten Verletzergewinns zusteht.
I.1. Der Unterlassungsantrag zu Ziff. I. ist zulässig: Insbesondere begegnet die von der Klägerin gewählte Formulierung der einzelnen Verletzungshandlungen, nämlich die additive Aufzählung von Verbreitung, Benutzung und Verwertung, keinen durchgreifenden Bedenken: Zwar ist der Legaldefinition des § 15 UrhG zu entnehmen, dass die Modalität der Verwertung auch die Verbreitung umfasst, während der im Unterschied zur "Nutzung", die herkömmlich (Schricker/ Schricker, UrhG, 2. Aufl., vor §§ 28 ff., Rdnr. 20) als eine vom Urheber einem Dritten eingeräumte Verwertung verstanden wird - untechnische Begriff der "Benutzung" dort nicht erwähnt ist. Die Kammer geht jedoch in redaktioneller Korrektur der Antragsfassung davon aus, dass die Klägerin neben der im Gesetz benannten Nutzungsart der Verbreitung des streitgegenständlichen Lichtbilds auch jegliche (sonstige) Verwertungshandlung, etwa in Form der Vervielfältigung, untersagt wissen will. In einem so verstandenen Sinne ist der Antrag nicht zu beanstanden.
Soweit die Beklagte geltend macht, mit dem Rekurs auf eine nicht näher eingeschränkte Benutzung erfasse der Unterlassungsantrag auch ohne weiteres zulässige Formen freier Bearbeitung, kann sie damit unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebots, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, nicht gehört werden. Denn neben der Nutzung des auf ihrem Titelblatt (Anlage K 1) wiedergegebenen (Haupt-)Photos in identischer Form greift die Klägerin nur die aus Anlage K 2 ersichtliche Bearbeitung ihres Lichtbildes an. Ob dagegen andere, nicht näher bestimmte oder bestimmbare Umgestaltungen der Vorlage urheberrechtlich unbedenklich wären, ist nicht zur Entscheidung des Gerichts gestellt. Bei dieser Sachlage scheitert die Zulässigkeit des Unterlassungsantrags nicht an mangelnder Bestimmtheit.
Soweit die Klägerin meint, streitgegenständlich sei, wie sich aus ihrer Bezugnahme auf SPIEGEL-Online (Anlage K 7) ergebe, nicht nur das auf dem BUNTE-Titel groß wiedergegebene Lichtbild, sondern auch die übrigen Photos, die die Beklagte verwendet habe (Bl. 47 d.A.), findet diese Auffassung im Klageantrag keine Stütze: denn das dort nur im Singular bezeichnete Bild wird jedenfalls durch den "insbesondere"-Zusatz auf das im Tatbestand abgebildete Original konkretisiert. Wollte man insoweit eine andere Auslegung des Antrags zugrunde legen, wäre er wegen Verstoßes gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO als unzulässig abzuweisen.
2. Der Unterlassungsantrag zu Ziffer I. ist auch begründet: Die Beklagte ist nicht befugt, das streitgegenständliche Original, wie es auf dem Titel der BUNTEN vom 23.08. 2002 veröffentlicht ist, unverändert oder in der aus Anlage K 2 ersichtlichen Bearbeitung ohne Einwilligung der Klägerin zu vervielfältigen oder zu verbreiten.
a. Die Aktivlegitimation der Klägerin begegnet keinen Bedenken: Dabei kann dahinstehen, ob, was die Beklagte bestreitet, der Photograph Ulli Skoruppa der Klägerin durch Vorausverfügung im Rahmen eines den Bestimmungen des Manteltarifvertrags für Redakteure (Anlage K 10) unterliegenden Anstellungsvertrages (Anlage K 9) umfassende Nutzungsrechte an dem Photo eingeräumt hat: Insofern Skoruppa auf dem BUNTE-Titel, mithin einem Vervielfältigungsstück des hier streitgegenständlichen Bildes, nicht als Lichtbildner bezeichnet ist, streitet die Vermutung des § 10 Abs.2 UrhG für die Klägerin: Danach gilt sie (widerleglich) als ermächtigt, die Rechte des Photographen im Wege der Prozeßstandschaft in eigenem Namen geltend zu machen (Schricker/ Loewenheim, a.a.O., § 10 Rdnr. 11), ist sie doch im Impressum der Illustrierten (Anlage K 1 S. 81) als Herausgeber benannt. Umstände, die diese Vermutung erschütterten, hat die Beklagte nicht vorgetragen, so dass von der klägerischen Befugnis, die Rechte des Lichtbildners in eigenem Namen geltend zu machen, auszugehen ist.
b. Die Veröffentlichung des angegriffenen SPIEGEL-Titels, wie sie die Beklagte unstreitig ohne Einwilligung des Berechtigten vorgenommen hat, stellt einen widerrechtlichen Eingriff in fremde Urheberrechte dar, §§ 97 Abs. 1, 15 UrhG.
aa. mit der Beklagten geht die Kammer zunächst davon aus, dass das als Vorlage benutzte klägerische Original lediglich urheberrechtlichem Leistungsschutz gemäß § 72 UrhG unterliegt. Denn eine über ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung (wie sie nach allgemeiner Ansicht auch für Lichtbildschutz erforderlich ist, vgl. Schricker/Vogel, a.a.O., § 72 Rdnr. 22 mit Rechtsprechungsnachweisen) hinausgehende eigentümliche Gestaltung, die durch die Individualität des Photographen oder eine künstlerische Aussage geprägt wäre (vgl. Schricker/Loewenheim, a.a.O., § 2 Rdnr. 179), ist dem Original nicht zu entnehmen: Abgesehen von dem weithin als Skandalon empfundenen Motiv, das indes nicht der gestalterischen Kraft des Photographen zu danken ist, sondern auf einer Fehleinschätzung der abgebildeten Personen betreffend die Reaktion der Öffentlichkeit beruht, weist es keinerlei lichtbildnerische Besonderheiten etwa dahingehend auf, dass es dank ungewöhnlicher Perspektive, Verteilung von Licht und Schatten oder Kontrastgebung und Tiefenschärfe eine über die Wiedergabe des gegenständlichen Motivs hinausgehende Stimmung besonders gelungen einfinge oder sonst von eindringlicher Aussagekraft wäre (Schricker/Loewenheim, a.a.O., § 2 Rdnr. 179). Dass im Übrigen auch die Klägerin ihrem Titelphoto keinen Werkcharakter i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG beimisst, entnimmt die Kammer dem Umstand, dass sie Beweis für (nicht näher spezifizierte) "eigentümliche" Merkmale des Photos nur im Rahmen der Erörterung einer Schutzfähigkeit nach § 72 UrhG anbietet (Replik vom 19.12.2001, S. 10 = Bl. 53 d.A.).
bb. Die Beklagte hat das klägerische Lichtbild auf dem Titel der SPIEGEL-Ausgabe Nr. 35/2001 in unzulässiger Weise übernommen.
Zwar geht die Kammer - wie zuletzt auch die Klägerin (vgl. Bl. 49 d.A.) - davon aus, dass die Beklagte auf dem Titelblatt ihres Magazins eine (vermutlich digital) bearbeitete Fassung des klägerischen Originals verwendet hat. Denn unabhängig davon, dass mit der Einbettung des prominenten Paares in einen Stahlhelm das von der BUNTEN thematisierte Privatleben in einen politischen Kontext gerückt wird, weist der übernommene Teil der angegriffenen Titel-Collage verschiedene, wenngleich minimale Abweichungen von der Vorlage auf: so stehen etwa Scharpings Haare am Scheitel in kleinen Wirbeln hahnenkammartig nach oben ab; auch Lachfältchen an seinem linken Augenwinkel erscheinen vertieft, während die (auf dem BUNTE-Titel an seiner rechten Schulter sichtbare) linke Hand Frau Pilatis entfernt wurde. In Übereinstimmung mit den veränderten Wasserwellen verlaufen auch die Haarspitzen Pilatis ausgedünnt, unmittelbar vor ihrer rechten Ohrmuschel wie auch am Scheitel sind zusätzliche Strähnchen zu sehen. Schließlich sind des weiteren die Wasserperlen auf der Haut beider Personen teilweise unterschiedlich angeordnet.
Durch derlei minimale Divergenzen hat die Beklagte den Schutzbereich des Originals jedoch nicht verlassen: Ausgehend von dem Grundsatz, dass dem Lichtbildner auch ein Bearbeitungsrecht i.S.d. § 23 UrhG an seinem Leistungsergebnis zusteht (Schricker/Vogel, a.a.O., § 72 Rdnr. 26), ist zwar allgemein anerkannt, dass Lichtbildschutz nach § 72 UrhG keine Sperrwirkung gegenüber nachschaffenden Leistungen erzeugt, insofern der (mangels eigentümlicher Prägung) enge Schutzbereich zumeist schon bei geringfügigen Änderungen nicht mehr tangiert ist. Dementsprechend kann der Lichtbildner die Herstellung einer (nahezu) identischen Aufnahme desselben Motivs aus der gleichen Perspektive nicht unterbinden (vgl. Schricker/Vogel, a.a.O., § 72 Rnr. 24 mit Rechtsprechungsnachweisen). So liegt der Fall hier indes nicht: Denn die Beklagte hat nicht etwa, inspiriert durch die Motivwahl der Klägerin, die auf deren Photo abgebildeten Personen nun ihrerseits in identischer Pose auf Zelluloid gebannt bzw. anderweitig verfügbare Lichtbilder der Dargestellten in einer Montage zu einem dem klägerischen Photo "bis aufs Haar" gleichenden Bild arrangiert; vielmehr hat sie für ihre Collage die auf dem BUNTE-Titel veröffentlichte Photographie als solche benutzt - was sie indirekt selbst einräumt, indem sie in anderem Kontext vorbringt, dem Gebot der Quellenangabe durch ausführliche Hinweise auf die "BUNTE" in ihrer Rubrik "Hausmitteilungen" entsprochen zu haben. Soweit sie bei der Übernahme die oben dargelegten geringfügigen Veränderungen vorgenommen hat, kann dies nach Auffassung der Kammer eine freie Bearbeitung i.S.d. § 24 UrhG nicht begründen: Denn anders als in der von der Beklagten zitierten Entscheidung RGZ 169, S. 109 ff. - "Hitlerbild", wo die (weitgehende) Nachbildung einer Photographie in Form eines Ölgemäldes zur Beurteilung stand, wo mithin die unterschiedlichen technischen Mittel (Lichtbild bzw. Ölmalerei) offen zutage lagen, bleiben diese Divergenzen, wie die Mitglieder der Kammer an sich selbst beobachten konnten, dem unvorbereiteten Betrachter, der nicht mit Abweichungen rechnet, ohnehin verborgen; selbst wenn man sich beiden Titeln (vergleichbar den bekannten Suchbildern, bei denen es eine bestimmte Zahl von Unterschieden zu finden gilt) mit dem Vorverständnis von Veränderungen widmet, gelingt es nur in der minutiösen Gegenüberstellung, die dargelegten Unterschiede überhaupt auszumachen. Bei dieser Sachlage bleibt der charakteristische Gesamteindruck der Vorlage trotz unbeachtlicher Hinzufügungen oder Weglassungen im Plagiat auch für den aufmerksamen und verständigen Betrachter vollständig erhalten, so dass die Kammer trotz des engen Schutzbereichs der Vorlage nur von einer abhängigen Umgestaltung, nicht von einer freien Bearbeitung i. S.d. § 24 UrhG ausgehen kann (vgl. auch Nordemann, zitiert nach Schricker/Vogel, a.a.O., § 72 Rdnr. 26 a.E.).
Schließlich kann auch der Umstand, dass die Beklagte das klägerische Lichtbild als Bestandteil einer Collage verwendet hat, keine abweichende rechtliche Beurteilung begründen: zwar ist mit der Verlagerung der auf dem original wiedergegebenen Szenerie in einen politischen Kontext eine kritische Gesamtaussage verbunden, die dem SPIEGELTitel eigenschöpferische Werkqualität i.S.d. § 2 UrhG verleiht: die Gegenüberstellung von unbeschwert genossenem privatem Glück und brisanter weltpolitischer Situation, wie sie von den ernsten, teils auch hilflos oder verzweifelt wirkenden Gesichtern der Ton in Ton auf dem grauen Stahlhelm abgebildeten Soldaten verkörpert wird, kommentiert mit beißender Ironie die Amtsführung eines Verteidigungsministers, der angesichts lebensgefährlicher militärischer Einsätze seiner Untergebenen in Mazedonien die persönlichen Belange einer jungen Liebe in öffentlicher Demonstration über die gebotene Fürsorge stellt, wenn er, buchstäblich auf dem Rücken seiner Soldaten im Glück schwimmend, als diese noch mit dem Slogan "Make love not war" verhöhnend dargestellt wird. Ob derlei harsche Kritik im Lichte des Art. 5 GG zulässig ist, wie die Beklagte meint, bedarf keiner Entscheidung; denn eine eigenmächtige Benutzung der unter urheberrechtlichem Schutz nach § 72 UrhG stehenden fremden Leistung rechtfertigte es nicht. Desgleichen kann der Umstand, dass unter Verwendung des klägerischen Lichtbilds ein neues eigenschöpferisches Werk i.S.d. § 2 Abs. 4 UrhG entstanden ist, die Rechtmäßigkeit der Übernahme nicht begründen.
Denn nach 24 UrhG ist eine Bearbeitung nur dann zulässig, wenn sie "frei" ist, d.h. wenn die dem Original entnommenen individuellen Züge gegenüber der Eigenart des neugeschaffenen Werks verblassen (vgl. Rechtsprechungsnachweise bei Schricker/Loewenheim, a.a.O., § 24 Rdnr. 10). vorliegend findet sich jedoch das klägerische Lichtbild im Werk der Beklagten als integraler Bestandteil vollständig und (bis auf kaum wahrnehmbare Retuschen) weitestgehend identisch wieder. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass abweichend von diesem Grundsatz die Rechtsprechung (vgl. BGH GRUR 1994, S. 191 ff.- Asterix) im Fall einer künstlerischen Auseinandersetzung mit einer fremden Vorlage von einer freien Bearbeitung des benutzten Werks auch dann ausgeht, wenn "dieses und seine Eigenheiten, soweit sie Gegenstand der Auseinandersetzung sind, in dem neuen Werk erkennbar bleiben", insofern nämlich der für eine freie Benutzung erforderliche Abstand zu den entnommenen individuellen Zügen der Vorlage selbst bei deutlichen Übernahmen in der Formgestaltung auch in einer inneren Distanz, wie sie beispielsweise in parodistischer oder sonst kritischer Auseinandersetzung bestehen mag, begründet dies keine abweichende rechtliche Beurteilung: Denn anders als in den den Entscheidungen BGH GRUR 1994, S. 191 ff.- "Asterix" oder BVerfG ZUM 2000, S. 867 ff. - "Germania 3" zugrundeliegenden Fallkonstellationen setzt sich die Beklagte in ihrer Collage nicht etwa mit einem fremden Artefakt, nämlich der klägerischen Photographie, journalistisch-kritisch auseinander, sondern sie kommentiert ausschließlich die öffentliche Selbstdarstellung des Bundesministers der Verteidigung, mithin das auf der Vorlage abgebildete reale Geschehen. Demnach verwertet sie das für einen Dritten geschützte Lichtbild nicht zum Zweck einer parodistischen Befassung mit dem benutzten Bild selbst, sondern um eine der dort abgebildeten Personen zu karikieren. Dies ist jedoch nicht geeignet, die von der zitierten Rechtsprechung geforderte innere Distanz zu dem benutzten Werk herzustellen.
Schließlich kann sich die Beklagte zur Rechtfertigung des beanstandeten Vorgehens auch nicht auf das Zitatrecht nach § 51 UrhG berufen: Dabei kann die von den Parteien kontrovers erörterte Frage, ob die Beklagte mit der Benennung der BUNTEN als Photoquelle in der Rubrik "Hausmitteilungen" ihres Magazins dem Gebot der Quellenangabe nach § 63 Abs. 1 UrhG genügt hat, ebenso dahinstehen wie ein etwaiger Verstoß gegen das Änderungsverbot des § 62 UrhG. Denn die einwilligungslose Verwendung fremder geistiger Leistungen ist nach dem eng auszulegenden Ausnahmetatbestand des § 51 UrhG (Schricker/Schricker, a.a.O., § 51 Rndr. 8) in allen drei Varianten (§ 51 Nr. 1 - 3 UrhG) nur dann gerechtfertigt, wenn das Zitat in einem "selbständigen" Werk verwendet wird und der Zitatzweck dies gebietet. Ist für die letztgenannte Tatbestandsvoraussetzung eine innere Verbindung zwischen dem eigenen und dem fremden Werk dergestalt erforderlich, dass das übernommene Element als Hilfsmittel für die Zwecke des Zitierenden, als Beleg oder Erläuterung für dessen eigene Ausführungen dient (vgl. Beispiele aus der Rechtsprechung bei Schricker/Schricker, a.a.O., § 51 Rdnr. 16, 17), liegt ein selbständiges Werk i.S.d. Vorschrift nur dann vor, wenn das zitierende Werk urheberrechtlich unabhängig von den übernommenen "zitierten" Elementen besteht (LG Frankfurt, UFITA 94 (1982), 334, 337; v. Gamm, UrhG, 1968, zitiert nach Schricker/ Schricker, a.a.O., § 51 Rndr. 21). An diesem Erfordernis mangelt es hier: denn ohne das von der Klägerin übernommene Element - das (anders als das Gros der Hinzufügungen) ebenso wie das Original in Farbe gehalten ist und bereits deshalb den Blick des Betrachters zentral auf sich zieht, während sich die sonstigen Zutaten erst beim sukzessiven "Lesen" der Collage erschließen bleibt von der angegriffenen Titelabbildung lediglich ein mit der Öffnung nach oben liegender Stahlhelm mit Soldatenabbildungen und dem in Lila gehaltenen, mit dem Zeichen der Friedensbewegung versehenen Aufkleber "Make Love not war" übrig - ein semantisch leerer Rumpf, dem auch in Verbindung mit der Überschrift "Rudolf der Eroberer" keinerlei Aussagegehalt beigemessen werden kann. Stellt sich mithin das übernommene Lichtbild als integraler Bestandteil der Collage dar, kann diese Darstellung ihrerseits nicht als ein von der klägerischen Photographie unabhängiges Werk qualifiziert werden, so dass es bereits an der nach § 51 UrhG erforderlichen Selbständigkeit der von der Beklagten als "zitierend" beanspruchten Collage fehlt. Mangels urheberrechtlicher Selbständigkeit des Werks der Beklagten liegt folgerichtig auch die im Rahmen des Zitatzwecks zu verlangende innere Verbindung zwischen zwei unabhängig voneinander bestehenden urheberrechtlich geschützten Gestaltungen nicht vor; vielmehr tritt der von der Klägerin übernommene (Haupt-)Bestandteil in der Collage der Beklagten an die Stelle von deren eigener Formgebung - ein Übergriff, den die Klägerin auch im Lichte der Vorschrift des Art. 5 GG, an dem § 51 UrhG zu messen ist, im Hinblick auf ihr ebenfalls grundrechtlich geschütztes geistiges Eigentum nicht hinnehmen muss.
cc. Bei dieser Sachlage ist die Beklagte zunächst zur Unterlassung der Verwertung der klägerischen Photographie in der Gestalt, wie sie sie auf dem angegriffenen SPIEGEL-Titel gefunden hat, verpflichtet: Die dafür erforderliche Wiederholungsgefahr ist im Hinblick auf die vorangegangene Verletzung zu vermuten, zumal die Beklagte trotz Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die der Klägerin die Gewissheit künftigen rechtstreuen Verhaltens verschafft hätte, nicht abgegeben hat.
dd. Das in Ziffer I. tenorierte Verbot erstreckt sich aber entsprechend dem Klageantrag auch auf Verwertungen des klägerischen Lichtbilds in unbearbeiteter Form. Insofern die Klägerin derlei identische Übernahmen für die Vergangenheit nicht vorgetragen hat, kann zwar keine Wiederholungsgefahr angenommen werden. Indem sich die Beklagte jedoch darauf beruft, im Rahmen des § 51 UrhG zur - auch unveränderten - Übernahme der Photographie befugt zu sein, begründet sie selbst die Befürchtung, dass sie künftig von dem vermeintlichen Recht Gebrauch machen werde. Soweit die Tagesaktualität des damaligen Anlasses für die Bildübernahme zwischenzeitlich verblasst ist, steht dies der Annahme einer Erstbegehungsgefahr nicht entgegen: Wie gerichtsbekannt, hat das Paar Scharping/Pilati erst jüngst mit einer neuerlichen "Homestory" aus Mallorca wiederum für (wenngleich gedämpfte) öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt - was in den Medien in teils hämischen Kontrast zu den damaligen Ereignissen gestellt wurde. Die Gefahr, dass in einem solchen Rahmen auch die früheren Photos erneut reproduziert werden, liegt auf der Hand.
II. Wegen der angegriffenen öffentlichen Wiedergabe des streitgegenständlichen Photos schuldet die Beklagte dem Grunde nach auch Schadenersatz nach § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG. Das dafür erforderliche Verschulden bedarf keiner näheren Erörterung, war ihr doch die fehlende Einwilligung der Klägerin nicht zuletzt dank mehrfacher vergeblicher Anfragen bekannt. Soweit die Beklagte behauptet, diese Bitten um Einräumung der Nachdruckrechte hätten nicht die Gestaltung des Titelblatts ihres Magazins, sondern die im Heftinneren geplanten Bilder betroffen, kann dies als unbehelflich dahinstehen: denn auch der Verweigerung eines darauf beschränkten Einverständnisses hätte die Beklagte nicht entnehmen können, dass die Klägerin die Nutzung ihrer Photos auf dem Titelblatt billigen würde.
Gleichwohl konnte dem Feststellungsantrag gemäß Ziffer IV. nur im tenorierten Umfang entsprochen werden:
1. Zwar scheitert das Begehren entgegen der Auffassung der Beklagten nicht an mangelndem Feststellungsinteresse, § 256 Abs. 1 ZPO. Denn eine - vorrangige - Leistungsklage kann die Klägerin mangels Kenntnis der gesamten für die Bezifferung ihres Schadens maßgeblichen Parameter derzeit nicht erheben. Insbesondere bedürfte sie hierfür der Auskunft darüber, in welchem Umfang die gerügte Collage von der Beklagten oder unter ihrer Mitwirkung in anderen Medien veröffentlicht wurde. Soweit ihr sonstige Berechnungsgrundlagen wie etwa die Zahl der gedruckten oder der verkauften Exemplare der SPIEGEL-Ausgabe Nr. 35/2001 bekannt sind, ist sie darob unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit einer Feststellungsklage nicht gehalten, eine Teil-Leistungsklage zu erheben (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 256 Rdnr. 7a).
2. Zu Recht weist die Klägerin auch im Rahmen der Begründetheit ihres Feststellungsantrags darauf hin, dass dem Gläubiger eines Ersatzanspruches nach § 97 UrhG mit der (in § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG ausdrücklich normierten) Herausgabe des Verletzergewinns, der Lizenzanalogie und der Bezifferung des ihm etwa in Form von entgangenem Gewinn konkret entstandenen Vermögensnachteils drei Möglichkeiten der Schadensberechnung offen stehen. Mit der gewählten Antragsfassung hat die Klägerin von ihrem Wahlrecht auch in zulässiger Weise dahingehend Gebrauch gemacht, dass sie gemäß § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG die Feststellung einer Schadensausgleichspflicht in Form der Herausgabe des Verletzergewinns wählt. Soweit sie in der - zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Begründung darauf rekurriert, die Beklagte habe ihr durch die vorzeitige Präsenz ihres Magazins an den Kiosken konkreten Schaden dergestalt zugefügt, dass die BUNTE nach dem Erscheinen der SPIEGEL-Ausgabe vom 27.08.2001 infolge des plagiierten Titels praktisch unverkäuflich gewesen sei, findet diese auf die Schadensberechnung nach §§ 249, 251, 252 BGB zugeschnittene Einlassung in der Formulierung des Klageantrags keine hinreichende Stütze, so dass sie unberücksichtigt zu bleiben hat. Insbesondere verbietet es sich, den Antrag entgegen seinem Wortlaut dahingehend auszulegen, dass sich die Klägerin anstelle der Herausgabe des Verletzergewinns die Möglichkeit einer konkreten Schadensberechnung offen halten wolle. Denn ihre Ausführungen lassen sich nur so verstehen, dass sie eine Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe des gesamten mit der inkriminierten SPIEGEL-Ausgabe erzielten Erlöses gerade auch im Hinblick auf diese eigenen Umsatzeinbussen für gerechtfertigt hält.
3. Gleichwohl ist der Feststellungsantrag in der gestellten Fassung nur begründet, soweit er sich auf die (mitumfasste) Herausgabe des durch Überlassung der inkriminierten Collage an andere Unternehmen (etwa die SPIEGEL Online GmbH) erzielten Gewinns bezieht. Soweit er hingegen den durch den Vertrieb der angegriffenen SPIEGEL-Ausgabe erzielten Reinerlös betrifft, war der Antrag abzuweisen:
a. Zwar wäre der Antrag nach seinem Wortlaut angesichts des Rekurses auf die Auskunfts- und Rechnungslegungsanträge zu Ziffer II. und III. auch insoweit einer Auslegung dahingehend zugänglich, dass die Klägerin den kausal "durch Verwertung des Fotos" vermittels des SPIEGEL erzielten Gewinn für sich beansprucht. Diesem Verständnis stehen jedoch die dezidierten klägerischen Ausführungen in der Klagebegründung wie auch in der Replik entgegen, wo sie unter Verweis auf nicht näher benannte und auch der Kammer nicht bekannte Rechtsprechung geltend macht, ihr gebühre der "gesamte Vertriebsreinerlös, also auch der Gewinn, den die Beklagte durch Vertrieb des Heftes im Rahmen von Lesezirkeln, Abonnements usw. gezogen hat." Es sei der "gesamte Gewinn herauszugeben, den die Beklagte durch den Vertrieb der gesamten Auflage erzielt hat".
b. Lässt die Klägerin mithin keinen Zweifel daran, dass sie als Gewinn nicht etwa den von der Beklagten infolge des mit der Titelgestaltung verbundenen Kaufanreizes erzielten Mehrerlös, sondern den mit dem Vertrieb des gesamten Heftes als solchem erzielten Reinerlös als Schadenersatz beansprucht, kann ihrem Feststellungsantrag insoweit kein Erfolg beschieden sein. Denn nach § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG steht dem Geschädigten der vom Verletzer erzielte Gewinn nur insoweit zu, als er kausal auf der Verletzung der absoluten Berechtigung beruht (BGHZ 34, 320/323 - Vitasulfat; Schricker/Wild, a.a.O., § 97 Rndnr. 67). Dass jedoch die SPIEGEL-Ausgabe Nr. 35/2001 vom 27.08.2001 einzig wegen der beanstandeten Verwendung des klägerischen Bildes auf dem Titelblatt gekauft worden sei mit der Folge, dass der gesamte erzielte Reinerlös auf der Verletzung der klägerischen Rechte beruhe, entbehrt jeglicher Plausibilität: abgesehen davon, dass Lesezirkel und Abonnenten vertraglich zur Abnahme einer jeden Ausgabe des Blattes unabhängig von der Titelillustration verpflichtet sind, der hieraus erzielte Gewinn mithin nicht auf der besonderen Aufmachung des Titelblatts beruhen kann, ist den Mitgliedern der Kammer als zum angesprochenen Verkehr gehörig aus eigener Anschauung bekannt, dass sowohl regelmäßige als auch sporadische Leser, die das Magazin im Einzelkauf am Kiosk erwerben, sich üblicherweise nicht wegen einer mehr oder weniger gelungenen Gestaltung des Titels zum Kauf entschließen, sondern überwiegend wegen der von den redaktionellen Beiträgen erwarteten journalistischen Auseinandersetzung mit aktuellen politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Ereignissen. Eine die Aufmerksamkeit erregende Abbildung auf dem Titelblatt mag zwar insoweit einen Anstoß zur Kaufentscheidung geben, allein ursächlich ist sie jedoch regelmäßig nicht. Gebührt mithin der mit der Ausgabe erzielte gesamte Reingewinn nach § 97 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nicht der Klägerin, konnte auch dem Feststellungsantrag, soweit er auf Herausgabe des mit dem Vertrieb des SPIEGEL vom 27.08.2001 erzielten Gewinn gerichtet ist, nicht entsprochen werden.
Nach § 308 Abs. 1 ZPO war die Kammer auch daran gehindert, die Schadenersatzpflicht nur dem Grunde nach festzustellen oder eine auf einen Anteil am Vertriebserlös beschränkte Herausgabepflicht auszusprechen. Denn insoweit hätte es sich nicht um ein Minus, sondern um ein Aliud gehandelt.
4. Im Umfang der Abweisung des Feststellungsantrags konnte auch dem auf Herausgabe der "ungerechtfertigten Bereicherung" gerichteten Hilfsantrag nicht entsprochen werden: Zwar greift die Klägerin in ihrer Replik zur Erläuterung des mit dem Antrag Begehrten auf eine en passant geäußerte Erwägung der Beklagten dahingehend zurück, dass hiermit eine angemessene Lizenz verlangt werde. Diese Ausführungen decken sich jedoch nicht mit dem Wortlaut des Hilfsantrags: mit der auch dort enthaltenen Bezugnahme auf die Auskunfts- und Rechnungslegungsanträge gibt die Klägerin im Einklang mit den Darlegungen in der Klagebegründung vielmehr zu erkennen, dass sie wiederum die bereits im Hauptantrag verlangte Position, nämlich den mit dem Vertrieb des Magazins erzielten Gesamterlös begehrt, wenn gleich nunmehr nicht auf § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG, sondern unter Heranziehung des identischen Lebenssachverhalts auf die Anspruchsgrundlage des § 812 BGB gestützt. Deckt sich damit der Streitgegenstand des Hilfsantrags mit dem des Hauptantrags, ist das hilfsweise Begehren unter dem Gesichtspunkt anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig abzuweisen.
III. Schließlich sind auch die Auskunfts- und Rechnungslegungsbegehren nach Ziffern II. und III. nur teilweise begründet:
Zwar ist gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass der in einem absoluten Recht Verletzte gemäß § 242 BGB vom Verletzer all jene Auskünfte verlangen kann, derer er zur Bezifferung seines Schadenersatzanspruchs bedarf. Dies gilt jedoch nur, soweit er über die begehrte Informationen, die dem Schuldner unschwer zugänglich sind, nicht selbst verfügt. Sind ihm hingegen die Daten, beispielsweise aus allgemein zugänglichen Quellen, bereits geläufig, könnte ein dann nicht notwendiges Auskunftsverlangen nicht mit Treu und Glauben vereinbart werden.
Vorliegend hat die Klägerin mit Anlage K 11 selbst eine Medienanalyse vorgelegt, der die mit S. 1 des Auskunftsantrags zu Ziffer II. begehrten Daten hinsichtlich der verbreiteten Auflage der SPIEGEL-Ausgabe Nr. 35/2001 en detail zu entnehmen sind - mit der Folge, dass insoweit kein Auskunftsanspruch besteht. Dagegen weiß die Klägerin derzeit nicht, in welchen weiteren Medien die Beklagte das streitgegenständliche Bild verbreitet hat bzw. hat (über Dritte) verbreiten lassen. Insoweit war dem Auskunftsantrag daher stattzugeben.
Für den Anspruch auf Rechnungslegung gilt entsprechendes: Insbesondere kann dem Begehren, wie sich aus der Rechtsnatur als Hilfsanspruch zur Bezifferung des Schadens zwangsläufig ergibt, nur insoweit entsprochen werden, als ein Schadenersatzanspruch besteht; insofern die Klägerin diesen jedoch weitgehend auf eine nicht begründbare Position in Form des Gesamtvertriebsgewinns richtet, steht ihr in diesem Umfang auch kein Rechnungslegungsanspruch zu.
B. Die Kostenentscheidung entspricht § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO. Dem Antrag der Beklagten nach § 712 ZPO konnte nicht entsprochen werden. Denn entgegen dem Erfordernis des § 714 Abs. 2 ZPO hat sie ihr vorbringen, wonach ihr die in Ziff. III tenorierte Offenlegung der Einnahmen aus der Überlassung des streitgegenständlichen Bildes an Dritte nicht wieder gutzumachende Nachteile brächte, nicht glaubhaft gemacht.
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