„Lea”

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

16. 01. 2001


Aktenzeichen

9HK 19254/00


Tenor


  1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland die Bezeichnung

    LEA

    für Druckereierzeugnisse oder Druckschriften oder Zeitschriften oder Zeitungen oder Bücher oder die Dienstleistungen "Durchführung und Produktion von Printwerbung, Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern" zu verwenden oder diese Bezeichnung in Geschäftspapieren oder der Werbung für die oben genannten Waren/Dienstleistungen einzusetzen.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt auf die Eintragung der Marke Nummer 39940765 "LEA" zu verzichten.

  3. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche auf Unterlassung der Verwendung der Zeitschriftentitel

    "Lea Einfach köstlich"

    und

    "Lea Einfach & köstlich"

    zustehen.

  4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung der Klägerin in Höhe von 8.000,00 DM vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, diese Sicherheit auch durch eine unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche, schriftliche und selbstschuldnerische Bürgschaft der Dresdner Bank AG Baden-Baden zu leisten.

Tatbestand

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Unterlassungs-, einen Löschungs- und einen negativen Feststellungsanspruch aus Markenrecht, bzw. unlauterem Wettbewerb geltend.

Die Klägerin ist ein Verlagsunternehmen, das verschiedene Publikumszeitschriften verlegt. Die Beklagte ist die Holding Gesellschaft des Burda-Konzerns, der u.a. die Zeitschrift "Die Bunte" und das Nachrichtenmagazin "FOCUS" verlegt.

Im Frühjahr 1999 konzipierte die Klägerin eine neue Frauenzeitschrift für den bundesdeutschen Markt und entschied sich für den Titel "Lea". Eine entsprechende Titelschutzanzeige wurde im Titelschutzanzeiger Nr. 416 am 1.6.1999 veröffentlicht (vgl. Anlage K 4). In den ersten Juli-Tagen 1999 wurde der Zeitschriftenvertrieb von diesem neuen Verlagsprojekt der Klägerin informiert, was durch ein entsprechendes Rundschreiben (vgl. Anlage K 5) erfolgte.

Das erste Heft der Zeitschrift "LEA" erschien dann am 14.7.1999 (vgl. Anlage K 6). Seitdem erscheint die Zeitschrift unter dem genannten Titel regelmäßig (vgl. aktuelles Heft vom 4.9.2000, Anlage K 7).

Am 13.7.1999 meldete die Beklagte beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Marke "LEA" für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35 und 41 an, die am 13.9.1999 eingetragen wurde (vgl. Anlage K 8).

Die Klägerin ist der Meinung, dass auf Grund des geschilderten, unstreitigen Sachverhalts ihr ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 1, hilfsweise Nr. 2 MarkenG zustehe, weil durch die Markenregistrierung der Beklagten eine Erstbegehungsgefahr gegeben sei und es sich um identische Waren und ein identisches Kennzeichen handle.

Weiter stehe der Klägerin ein Löschungsanspruch gemäß §§ 55, Abs. 1, 51 Abs. 1, 12 MarkenG und aus § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG i.V.m. § 1 UWG zu, weil die Klägerin wegen ihrer Titelschutzanzeige vom 1.6.1999 über eine bessere Priorität i.S.v. § 6 Abs. 3 MarkenG verfüge und die Beklagte ihre Markenanmeldung erkennbar in Behinderungsabsicht und böswillig durchgeführt habe.

Schließlich stehe der Klägerin auch ein negativer Feststellungsanspruch dahingehend zu, dass die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung der Verwendung der Zeitschriftentitel "Lea Einfach köstlich" und "Lea Einfach & köstlich" habe. Die Klägerin habe die Beklagte vorprozessual unter Hinweis auf ihre prioritätsbesseren Titelrechte aufgefordert, die Ansprüche auf die genannten Titel fallen zu lassen. Die Klägerin habe jedoch einen Anspruch auf diese Titel, weil es sich um Nebentitel zum Haupttitel "Lea" handle, die Spezialhefte zum Thema KOCHEN & BACKEN beträfen.

Wegen der Einzelheiten der Begründung der Klägerin wird auf deren Schriftsätze vom 5.10.2000 und 5.12.2000 hingewiesen.

Die Klägerin beantragte deshalb:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr in Deutschland die Bezeichnung

    LEA

    für Druckereierzeugnisse oder Druckschriften oder Zeitschriften oder Zeitungen oder Bücher oder die Dienstleistungen "Durchführung und Produktion von Printwerbung, Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern" zu verwenden oder diese Bezeichnung in Geschäftspapieren oder der Werbung für die oben genannten Waren/Dienstleistungen einzusetzen.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt auf die Eintragung der Marke 39940765 "LEA" zu verzichten.

  3. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche auf Unterlassung der Verwendung der Zeitschriftentitel

    "Lea Einfach köstlich"

    und

    "Lea Einfach & köstlich"

    zustehen.

  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, eine etwa zu erbringende Sicherheitsleistung durch unbedingte, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft der Dresdner Bank AG Baden-Baden leisten zu dürfen.

Dagegen beantragte die Beklagte,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Zur Begründung trug sie vor, dass die Beklagte eine Billigung der Klägerin hinsichtlich der Markenanmeldung der Beklagten annehmen habe dürfen, weil die Klägerin hiergegen lange Zeit nichts unternommen habe.

Der Löschungsantrag der Klägerin sei unbegründet, weil eine Identität der streitgegenständlichen Ware nicht vorliege.

Wegen der Einzelheiten der Begründung der Beklagten wird auf deren Schriftsatz vom 4.12.2000 hingewiesen.

Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage erwies sich in vollem Umfang auch als begründet. Im einzelnen ist zu den Ansprüchen der Klägerin folgendes auszuführen:

1.
Der geltend gemachte Unterlassunganspruch ist gemäß §§ 5 Abs. 3, 6 Abs. 3, 15 Abs. 1 und Abs. 4 MarkenG gegeben.

Unstreitig wurde die Titelschutzanzeige der Klägerin für den Titel "LEA" im Titelschutzanzeiger Nr. 416 vom 1.6.1999 veröffentlicht (vgl. Anlage K 4). Damit erwarb die Klägerin mit Priorität 1.6.1999 (§ 6 Abs. 3 MarkenG) einen entsprechenden Titelschutz für den Begriff "LEA" (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, Anmerkung 50 zu § 5 MarkenG).

Mit Rundschreiben vom 30.6.1999 wurde seitens der Klägerin der Zeitschriftenvertrieb in branchenüblicher Weise von dem geplanten Verlagsprojekt der Klägerin informiert (vgl. Anlage K 5). Tatsächlich erschien dann auch das erste Heft der Zeitschrift "LEA" am 14.7.1999 (vgl. Anlage K 6), so dass die für den Titelschutz auf Grund der Titelschutzanzeige vom 1.6.1999 erforderliche Einhaltung einer angemessenen Frist bis zum Erscheinen des angekündigten Werkes eingehalten wurde.

Wenn die Beklagte unter diesen Umständen meinte, mit Prioritätsdatum vom 13.7.1999 eine Marke "LEA" anzumelden, und zwar für die Klassen 16, 35 und 41, so dass zwischen dem geschützten Titel der Klägerin und der Marke der Beklagten Verwechslungsgefahr wegen Zeichenidentität besteht und auch Branchennähe gegeben ist, dann war dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 15 Abs. 4 MarkenG stattzugeben.

Der Löschungsanspruch der Klägerin ist sowohl aus §§ 55 Abs. 1, 51 Abs. 1, 12 MarkenG, als auch aus § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG i.V.m. § 1 UWG gegeben.

a)
Wie oben ausgeführt, erwarb die Klägerin zum 1.6.1999 mit der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Titelschutzanzeige Rechte an der geschäftlichen Bezeichnung "Lea" i.S.v. § 5 MarkenG (§ 12 MarkenG) . Aus diesem Umstand ergibt sich wiederum zwanglos wegen Identität des verwendeten Zeichens und damit verbundener Verwechslungsgefahr, sowie wegen Warenidentität aus § 51 Abs. 1 MarkenG i.V.m. § 55 Abs. 1 MarkenG der geltend gemachte Löschungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte.

b)
Dieser Löschungsanspruch ergibt sich aber auch aus § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG i.V.m. § 1 UWG. Nach der Vorschrift des § 54 Abs. 1 MarkenG kann beim Deutschen Patent- und Markenamt ein Antrag auf Löschung der Marke gestellt werden, wenn der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war (§ 50 Abs. 1 Nr. 4
MarkenG). Dies schließt jedoch einen vor den ordentlichen Gerichten und nicht im Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt zu verfolgenden Anspruch aus § 1 UWG auf Einwilligung in die Löschung der Marke nicht aus (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, Anmerkung 43 zu § 55 MarkenG).

Das absolute Schutzhindernis des § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG stellt keine abschließende Regelung dar, um rechtsmißbräuchliche oder sittenwidrige Markeneintragungen zur Löschung zu b ringen. Der Gesetzgeber hat mit den Bestimmungen des Markengesetzes den unter Geltung des Warenzeichengesetzes bestehenden ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Schutz nicht einengen und die grundsätzliche Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Patentamt und den ordentlichen Gerichten erhalten wollen. Unter der Geltung des Warenzeichengesetzes entsprach es ständiger Rechtsprechung des BGH, dass ein Anspruch auf Löschung eines eingetragenen Warenzeichens nach § 1 UWG, § 826 BGB gegeben sein konnte. Auch nach dem Markengesetz sind die Zivilgerichte ebenfalls mit der Prüfung bösgläubiger Markenanmeldungen befasst. Die zivilrechtliche Rechtsschutzmöglichkeit nach § 1 UWG gegen sittenwidrige Markenanmeldungen dient auch unter der Geltung des Markengesetzes der Verfahrensvereinfachung.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze des Bundesgerichtshofs (vgl. hierzu Urteil vom 10.8.2000, Aktenzeichen I ZR 283/97) ist festzustellen dass die Beklagte die Klägerin mit der Eintragung ihrer Marke "Lea" unbillig behindern wollte.

Der Beklagten war zu diesem Zeitpunkt die branchenüblich bekanntgemachte Titelschutzanzeige der Klägerin vom 1.6.1999 bekannt, so dass sie in unbilliger und böswilliger Weise ihre eigene Markenanmeldung vom 13.7.1999 ebenfalls für den Begriff "Lea" in unbilliger Behinderungsabsicht vornahm, weshalb der Löschungsanspruch auch aus § 1 UWG gegeben ist.

3.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10.8.2000 (Anlage K 10) berühmte sich die Beklagte gegenüber der Klägerin markenrechtlicher Ansprüche gegen die von der Klägerin geplanten Titel "Lea Einfach köstlich", sowie "Lea Einfach & köstlich.

Da es sich bei diesen von der Klägerin geplanten Titeln eindeutig um Nebentitel des geschützten Haupttitels "Lea" handelt, hat die Beklagte aus ihrer - wie oben ausgeführt - böswilligen Markenanmeldung vom 13.7.1999 keine markenrechtlichen Ansprüche gegen die Verwendung der von der Klägerin geplanten Zeitschriften mit den genannten Nebentiteln. Dem negativen Feststellungsanspruch der Klägerin war deshalb ebenfalls in vollem Umfang stattzugeben.

4.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Schott Meier Kapfelsberger
Vors. Richter
am Landgericht
Handelsrichter Handelsrichter

Rechtsgebiete

Markenrecht