ShortNews

Gericht

BPatG


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

06. 02. 2000


Aktenzeichen

30 W (pat) 136/01


Leitsatz des Gerichts

  1. In Bezug auf bestimmte Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 36, 38 und 42 ist die Wortmarke "SHORTNEWS" (auch in der Darstellungsweise "ShortNews") beschreibend i.S.v. § 8 Abs.2 Nr.2 MarkenG, und es fehlt ihr die nach § 8 Abs.2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.

  2. Für andere näher bezeichnete Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 36, 38 und 42 ist die Wortmarke "SHORTNEWS" bzw. "ShortNews" ausreichend unterscheidungskräftig und nicht beschreibend und somit eintragungsfähig.

  3. Der Verkehr versteht die Wortkombination "SHORTNEWS" - auch in ihrer Gesamtheit im deutschen sowie im englischen Sprachgebrauch als sachbezogen im Sinne von "Kurznachrichten".

  4. Die Ermittlung des beschreibenden Gehalts einer Marke hat nicht abstrakt, sondern (auch) unter Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu erfolgen.

  5. Die Verwendung einer sprachüblich gebildeten und als Fachangabe verständlichen Wortneuschöpfung durch Dritte vermag deren Schutzfähigkeit alleine nicht zu begründen.

  6. Die Weglassung eines Wortzwischenraumes (geschlossene Schreibweise) bei einer zusammengesetzten Wortkombination ist für sich nicht schutzbegründend.

  7. Die Voreintragung einer Gemeinschaftsmarke innerhalb der Europäischen Union erzeugt keine Bindungswirkung für nationale Gerichte der Mitgliedstaaten.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister ist die Bezeichnung SHORTNEWS angemeldet; sie ist bestimmt für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 36, 38 und 42. Diese Bezeichnung ist im weiteren Verfahren von der Anmelderin wie folgt wiedergegeben worden: ShortNews.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat unter dem Aktenzeichen 300 39 317.2 "die Anmeldung ... betreffend die Wortmarke ShortNews" wegen des Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses und wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen, nämlich hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen:

"Mit oder ohne Programm und/oder Dateien versehene Bild- und/oder Toninformationsträger und/oder Datenträger aller Art, insbesondere Disketten, Magnetbänder, Kassetten einschließlich Videokassetten und StreamerBänder, Festplattenspeicher und Nur-Lese-Speicher (ROM), -RAM und Steckmodule, optische Speicher (ausgenommen belichtete oder unbelichtete Filme) einschließlich Compakt-Disk-ROM und -WROM; Datenübertragung in digitalen Netzen; Internetdienst- und Werkleistungen, nämlich die Entwicklung, Gestaltung, Programmierung und Einrichtung von Internet-Sites, Electronic-Commerce-Shops; Entwicklung von datenbankgestützten Anwendungen; Sammeln, Speichern, Liefern, Übermitteln von Informationen, Texten, Bildern in digitalen Netzen; Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Erstellen, Entwickeln, Verbessern und Anpassen von Dateien (einschließlich Multimedia und Homepages) für Dritte."

Begründend ist im Wesentlichen dargelegt, daß die Anmeldung insoweit als beschreibende Angabe im Sinn von "Kurznachrichten / kurze Nachrichten" ohne weiteres verständlich sei. Eine Mehrdeutigkeit liege im Zusammenhang mit den hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen nicht vor.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie hält mit näheren Ausführungen die angemeldete, als solches neue Wortkombination insbesondere im Hinblick auf verschiedene Bedeutungsgehalte der Bestandteile "Short" und "news" und die damit gegebene Mehrdeutigkeit für schutzfähig. Gegen den beschreibenden Charakter der Bezeichnung sprächen auch Gemeinschaftsmarken mit den Bestandteilen "short" und "news" ("ShortCut"; "NewsBox"; "NewsTrack").

Die Anmelderin beantragt,

den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen, den Inhalt des Beschlusses des Patentamts und die der Anmelderin übersandten Nachweise Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 1999, 988, 989 - HOUSE OF BLUES; BGH GRUR 1999,1093,1094 - FOR YOU).

Die Marke SHORTNEWS - die allein Gegenstand der Anmeldung ist, da eine zulässige Änderung mit der später gewählten Schreibweise ShortNews nicht vorliegt (vgl. Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl § 39 Rdn 8) - besteht im Umfang der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder der Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Diese Angabe muß daher den Mitbewerbern zum freien Gebrauch erhalten bleiben.

Wie im angefochtenen Beschluss bereits zutreffend erörtert, setzt sich die angemeldete Marke aus den Wörtern "short" (="kurz") und "news" (="Nachrichten") zusammen, die sowohl in der deutschen als auch in der englischen Sprache in gleicher Bedeutung vorkommen (vgl. Duden Oxford Großwörterbuch Englisch 2. Aufl 1999 S 1345 und 1520; via mundo Concise Dictionary English/German, 2000, S 376 und 518; Duden, Deutsches Universalwörterbuch 4. Aufl S 1137 Stichwort "news"; Duden, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl S 1225 Stichwort "short").

Aus diesem Grund wird es den angesprochenen Verkehrskreisen keine Mühe bereiten, in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen die angemeldete Wortverbindung in der Bedeutung von "Kurznachrichten" zu verstehen. Dies zeigen auch die der Anmelderin übersandten Nachweise der Verwendung des Wortes im Internet, wo dieser Begriff im Englischen wie im Deutschen ausschließlich als Sachangabe benutzt wird, nämlich als Bezeichnung für Nachrichten in Kurzform. Die rein sachbezogene Verwendung der Wortbildung zeigt sich besonders deutlich etwa in Formulierungen im Fließtext von Informationen wie: "MaterialsForum contains short news items.." (www.wiley-vch.de). An anderer Stelle werden Pressenachrichten in Kurzform mit "Short News" überschrieben (www.suse.de und www.ianwolff.com); weiter sind kurze Nachrichten bzw. Schlagzeilen mit shortnews überschrieben (www.klamm.de und shortnews.stern.de).

SHORTNEWS kann in dieser Bedeutung zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen (iSv § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). In Bezug auf die beanspruchten mit Programmen versehenen Informations- und Datenträger ergibt sich die sinnvolle und zur Beschreibung geeignete schlagwortartige Sachaussage über deren Inhalt. Nichts anderes gilt für diese Waren, soweit sie nach der Fassung des Warenverzeichnisses nicht mit Programmen versehen sind; ein Datenträger enthält die Daten, in diesem Fall "Kurznachrichten"; der Zusatz mit oder ohne Datenträger besagt nur, daß im ersten Fall die Intelligenz zum Zugriff auf die Daten im Datenträger enthalten ist, das Programm also ohne Installation z.B. von der CD gestartet werden kann; demgemäß enthält der im zweiten Fall genannte Datenträger ohne Programm zwar nicht die Intelligenz für den Zugriff, wohl aber die Daten, wie auch aus der Fassung des Warenverzeichnisses zu Bild- und Tonträgern ersichtlich ist. Für die beanspruchten Dienstleistungen fügt sich die genannte beschreibende Bedeutung im Sinne einer Beschaffenheitsangabe damit zwanglos in dem Sinne ein, daß ihr Gegenstand Kurznachrichten sind.

Daß das englische Wort "short" wie die Anmelderin unter Hinweis auf Langenscheidts Großwörterbuch meint, "kurz" in räumlicher und zeitlicher Hinsicht bedeute und "news" auch die Bedeutung von "das Neue, etwas Neues, Neuigkeit, Neuigkeiten, Nachricht, neueste Nachrichten" habe, steht der genannten beschreibenden Bedeutung nicht entgegen, insbesondere kann der Auffassung der Anmelderin nicht gefolgt werden, daß der Sinngehalt der Anmeldung nicht eindeutig sei. Denn ein beschreibender Gehalt einer Marke kann nicht abstrakt ohne Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen beurteilt werden (vgl. BGH BIPMZ 1995, 36, 37 liSp - VALUE), und im Zusammenhang mit den hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen, die Kurznachrichten betreffen können, sind andere Deutungen als die genannte nicht nahegelegt.

Die angenommene warenbeschreibende Sachaussage geht, wie die Anmelderin wohl meint, auch nicht auf eine unzulässige zergliedernde Betrachtung der Anmeldung zurück (vgl. BGH GRUR 1996, 771 - THE HOME DEPOT). Die Annahme einer warenbeschreibenden Angabe beruht hier gerade nicht auf einer nach deren einzelnen Bestandteilen analysierenden Betrachtungsweise, sondern darauf, daß der beanspruchten Wortkombination in ihrer Gesamtheit die Bedeutung einer warenbeschreibenden Sachaussage zukommt.

Auf die Entscheidung des Senats kann es auch keinen Einfluß haben, daß das Gemeinschaftsmarkenamt nach den Ausführungen der Anmelderin aufgrund jüngerer Anmeldungen als der vorliegenden Wörter mit den Bestandteilen "short" und "news" als Wortmarken u.a. für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 36, 38 und 42 eingetragen habe. Unabhängig von der Frage, ob diese Produkte den vorliegenden Waren- und Dienstleistungen entsprechen, ist für die Frage der Indizwirkung allein eine Marke in ihrer Gesamtheit maßgeblich. Im übrigen ist zu bemerken, daß selbst im Bereich der harmonisierten Markenrechte innerhalb der Europäischen Union verschiedene Betrachtungsweisen hinsichtlich der Schutzfähigkeit von Marken möglich sind, so daß auch das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften jegliche Bindungswirkung von Voreintragungen in den Mitgliedsländern verneint (vgl. z.B. EuGH MarkenR 2002, 98, 102 - ELLOS).

Der angemeldeten Kennzeichnung fehlt für die noch maßgeblichen Waren und Dienstleistungen außerdem auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, der ohne weiteres als solcher zu erfassen ist, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß der Verkehr die fragliche Bezeichnung nicht als beschreibende Angabe,. sonden als Unterscheidungsmittel versteht, wobei unerheblich ist, ob der Begriff bereits lexikalisch nachweisbar ist (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - antiKalk; vgl. auch BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001 1042 - REICH UND SCHOEN). Wie oben bereits ausgeführt, eignet sich die angemeldete Wortkombination als beschreibende Angabe für die Waren und Dienstleistungen, ist dem Verkehr verständlich und wegen dieses im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur ein Sachhinweis und kein Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb.

Auch das Vorbringen, der vom Magazin "stern" verwendete Begriff "shortnews" gehe auf das von der Anmelderin produzierte Internetportal zurück, kann im Übrigen eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Wortverbindung nicht begründen. Bei sprachüblich gebildeten und als Fachangaben verständlichen Wortneuschöpfungen vermag die Verwendung durch den "Erfinder" des Begriffs den beschreibenden Charakter nicht zu verändern, so daß insoweit die freie Verwendung des Begriffs gewährleistet werden muß (vgl. BPatGE 37, 44, 48 - VHS; Althammer/Ströbele aaO § 8 Rdn 143 mwN). Für die Frage des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft ist ebenfalls allein entscheidend, ob der Verkehr der Kennzeichnung betriebskennzeichnenden Charakter beimißt oder sie - wie hier - lediglich als Sachangabe versteht (vg 29 W (pat) 119/93 - Der Felsenkünstler; 29 W (pat) 30/99 - Porzellan-Klinik; Althammer/Ströbele aaO § 8 Rdn 21).

Daß die Markenstelle im angefochtenen Beschluß die Marke mit der nach dem Anmeldezeitpunkt von der Anmelderin gewählten Schreibweise ShortNews wiedergegeben hat, ist auf diese Entscheidung ohne Einfluß. Zu einem Begründungsmangel, der zu einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ohne Sachentscheidung Anlaß geben könnte, führt diese Darstellung nicht: Es bleibt bei einer aus den Bestandteilen "short" und "news" zusammengesetzten Marke, die Gegenstand der Begründung ist; diese Darstellung könnte im Übrigen auch nicht wegen einer etwa darin liegenden grafischen Ausgestaltung zur Schutzfähigkeit führen. Denn das Schriftbild entspricht einem normalen Schriftyp, bei dem die Buchstaben dem Verkehr weder insgesamt noch einzeln in einer eigenwilligen oder auffallenden Schriftweise entgegentreten. Die Weglassung des Wortzwischenraums ist im übrigen werbeüblich und für sich nicht schutzbegründend (PAVIS PROMA-Kliems, Beschluß vom 18. Februar 1998, 29 W (pat) 101/97 - DataSearch).


Dr. Buchetmann

Winter

Schramm

Vorinstanzen

DPMA, 300 39 317.2/9, 10. 5. 2001

Rechtsgebiete

Markenrecht