Feiern zum 50. Geburtstag des Gesellschafters und Vorsitzenden der Geschäftsführung (Gewerbesteuer-Messbescheid)

Gericht

FG Baden-Württemberg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

11. 07. 2002


Aktenzeichen

3 K 120/99


Leitsatz des Gerichts

  1. Aufwendungen einer GmbH für eine betriebliche Veranstaltung anlässlich des Geburtstages des Vorsitzenden ihrer Geschäftsführung stellen unter Umständen keine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG), sondern steuerlich absetzbare Betriebsausgaben nach § 4 Abs.4 EStG dar. 2. Betrieblich "veranlasst" ist eine solche Veranstaltung dann, wenn

    1. diese der Motiviation der Mitarbeiter bei der betrieblichen Arbeit, deren Verbundenheit und Identifikation mit dem Unternehmen und der Förderung gemeinsamer Arbeitsziele sowie des Betriebsklimas dient;

    2. der Geburtstag lediglich die äußerliche Anknüpfung für den Termin einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung darstellt, deren Veranlassung vorrangig im betrieblichen Zusammenhang des Unternehmens liegt, und

    3. nicht anzunehmen ist, dass die Veranstaltung lediglich einer gesellschaftlichen Konvention mit entsprechenden Repräsentationspflichten entspricht, deren Ursache in der privaten Lebensführung des Jubilars liegt und die Selbstdarstellung des Unternehmens hierdurch überlagert wird.

  2. Die Aufwendungen für eine solche Veranstaltung sind auch dann "betrieblich" veranlasst, wenn der Teilnehmerkreis sich nicht ausschließlich aus betrieblichen Mitarbeitern zusammensetzt, sondern eine zu vernachlässigende Anzahl von Gästen aus dem privaten Umfeld des Jubilars sowie Vertretern der lokalen Wirtschaft an der Veranstaltung teilnimmt.

Tenor

1. Der Gewerbesteuer-Messbescheid ... in Form der Einspruchsentscheidung wird geändert: Der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuer-Messbetrags wird ein Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... DM zugrunde gelegt. Die entsprechend geänderte Festsetzung wird dem Beklagten übertragen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, falls die Klägerin nicht ihrerseits Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen der Klägerin für eine Veranstaltung anlässlich des ... Geburtstages des Vorsitzenden der Geschäftsführung als Betriebsausgaben abziehbar oder verdeckte Gewinnausschüttung sind, die den Gewinn und den Gewerbeertrag nicht mindern darf (§ 7 Gewerbesteuergesetz -GewStG- i.V.m. § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz -EStG-, § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz -KStG-).

...

Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Aufwendungen der Klägerin für die streitige Veranstaltung ... sind als Betriebsausgaben steuerlich abziehbar, weil diese Veranstaltung unter den hier vorliegenden Umständen für die Klägerin so gut wie ausschließlich betrieblich veranlasst war (§ 7 GewStG i.V.m. § 4 Abs. 4 EStG). Durch den Termin der Veranstaltung am ... Geburtstag von ... und die äußere Bezeichnung als "Feier" wird keine ausreichende gesellschaftsrechtliche Veranlassung begründet, weshalb im angefochtenen Bescheid zu Unrecht eine verdeckte Gewinnausschüttung durch die streitigen Aufwendungen zugrunde gelegt worden ist (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG).

Aufgrund der widerspruchsfreien und somit glaubhaften Schilderung der Klägern, der das FA nicht widersprochen hat, ist die fragliche Veranstaltung im Wesentlichen so abgelaufen wie die sonst üblichen Betriebsfeste, zu denen die Klägerin ihre Betriebsangehörigen jährlich eingeladen hat. Sie fand nicht nur am gleichen Ort ... statt, sondern auch im wesentlich gleichen Rahmen, nämlich mit intensiver Bewirtung der zahlreichen Teilnehmer und Unterhaltung durch Musik, Medien-Darbietungen und Show-Elemente.

Der Senat würdigt diese tatsächlichen Umstände dahin, dass die Geschäftsleitung der Klägerin mit der Einladung ihrer gesamten Belegschaft (einschließlich derjenigen einer auswärtigen Betriebsstätte) zu einer derartigen Veranstaltung bei weitem vorrangig die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der betrieblichen Arbeit, ihre Verbundenheit und Identifikation mit dem Unternehmen als solchem sowie mit den leitenden Mitarbeitern und geschäftsführenden Personen, das Gefühl der Zusammengehörigkeit untereinander und der gemeinsamen Arbeitsziele, das Betriebsklima im Allgemeinen und damit die Leistungsbereitschaft im betrieblichen Interesse fördern wollte.

Darin liegt auch objektiv eine in jedem Fall eindeutig betriebliche Veranlassung, die den steuerlichen Abzug der verursachten Kosten rechtfertigt.

Demgegenüber treten die Gesichtspunkte, die für eine Mitveranlassung der hier umstrittenen Veranstaltung vom ... durch das (indirekte) Gesellschaftsverhältnis zu ... und durch dessen Person und gesellschaftliche Stellung sprechen, derart in den Hintergrund, dass sie unbedeutend erscheinen und steuerlich vernachlässigt werden können. Zu der Veranstaltung hatte ... zwar in persönlich gehaltener Form auf den Tag seines ... Geburtstages eingeladen, um diesen zu "feiern". Deshalb war ... nicht nur - wie vermutlich bei allen sonstigen Betriebsfesten - persönlich anwesend, sondern seine Person stand sicher auch stärker im Mittelpunkt und wurde durch etliche Beiträge unmittelbar gewürdigt. Jedoch stellt sich die Veranstaltung in einer großen ...halle mit rd. 2.500 Teilnehmern nicht als persönliche Geburtstagsfeier dar, wie sie der gesellschaftlichen Stellung und dem menschlichen Bedürfnis einer Einzelperson entspricht, auch wenn es sich - wie bei ... - um eine profilierte Persönlichkeit als Unternehmer und als Person der ...Öffentlichkeit handelt. Die persönliche "Einladung" anlässlich eines "runden" Geburtstags zu einer derartigen Massen-"Feier" durch den Jubilar wird aufgrund dessen gesellschaftlicher Stellung weder von der Öffentlichkeit noch von einem vergleichbar großen Kreis von Teilnehmern und auch nicht von der 4-stelligen Zahl von Mitarbeitern eines entsprechenden Unternehmens erwartet.

Vielmehr handelt es sich insoweit bei dem Geburtstag nach der Lebenserfahrung nur um eine äußerliche Anknüpfung für den Termin einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren sachliche Veranlassung vorrangig im betrieblichen Zusammenhang des Unternehmens und weniger in der Person des Unternehmers oder Geschäftsführers zu sehen ist. Deshalb kann hier nicht festgestellt werden, die Einladung zu der Veranstaltung aus Anlass des ... als eines herausgehobenen Geburtstages des Geschäftsführers habe einer gesellschaftlichen Konvention mit entsprechenden Repräsentationspflichten entsprochen, die ihren Grund in der privaten Lebensführung habe, oder die Ehrung des Jubilars überlagere die Selbstdarstellung des Unternehmens und die damit verbundene Werbewirkung (anders als im Fall des BFH-Urteil vom 27. Februar 1997 IV R 60/96, BFH/NV 1997, 560, wo zwar eine hohe Zahl, jedoch ein inhomogener Kreis der Gäste teilnahm, während hier neben der fast vollständigen Belegschaft nur wenige andere Personen anwesend waren). Aufgrund der Wertung des vorliegenden Sachverhalts ist hier die betriebliche Veranlassung nicht durch den unmittelbar zeitlichen Anlass aus der Gesellschaftersphäre überlagert (anders als im Fall des Urteils des Finanzgerichts -FG- Rheinland-Pfalz vom 5. November 1997 2 K 1093/97, Entscheidungen der FG -EFG- 1998, 722, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 4. November 1998 IV B 30/98, BFH/NV 1999, 467). Vom Fall des BFH-Urteils vom 28. November 1991 I R 13/90 (BFHE 166, 251, BStBl II 1992, 359) unterscheidet sich der vorliegende Fall ebenfalls durch die hohe Zahl von Teilnehmern, wobei hier fast ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnahmen, während dort der ... Geburtstag des Gesellschafter-Geschäftsführers als ein in der persönlichen Sphäre liegendes Ereignis den Zusammenhang des "Empfangs" für "Geschäftsfreunde" mit dem betrieblichen Geschehen der Kapitalgesellschaft gelöst hatte. Die hier abgehaltene Veranstaltung ist demnach auch nicht als "Geburtstagsfeier" zu qualifizieren (vgl. BFH-Urteile vom 12. Dezember 1968 IV R 150/68, BFHE 94, 496, BStBl II 1969, 239, und vom 24. September 1980 I R 88/77, BFHE 131, 494, BStBl II 1981, 108).

Die Festsetzung des GewSt-Messbetrags war demnach antragsgemäß zu ändern. Die Einzelheiten der Änderung konnten dem FA übertragen werden (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt ist (§ 115 Abs. 2 FGO).


Affolter

Schönwandt

Stolz

Rechtsgebiete

Steuerrecht