Kosten eines demoskopischen Parteigutachtens

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

23. 04. 2002


Aktenzeichen

8 W 75/02


Leitsatz des Gerichts

  1. Die Kosten eines Privatgutachtens sind nur in Ausnahmefällen erstattungsfähig.

  2. Dieser Grundsatz gilt auch für demoskopische Parteigutachten; und zwar auch dann, wenn das demoskopische Gutachten für die zweite Instanz eingeholt wurde.

  3. Ein Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die obsiegende Partei auch in erster Instanz gewonnen und das Gutachten dennoch eingeholt hat, weil der unterlegene Kläger in erster Instanz ein demoskopisches Gutachten vorgelegt und in der Berufungsbegründung geltend gemacht hatte das Gericht erster Instanz ein Gutachten in Auftrag hätte geben müssen.

  4. Dass sich das Gericht zweiter Instanz mit dem (in zweiter Instanz vorgelegten) Parteigutachten auseinandergesetzt hat, ändert jedenfalls dann nichts, wenn sich das zweitinstanzliche Urteil nicht auf dieses Parteigutachten gestützt hat.

Entscheidungsgründe

Auszüge aus den Gründen:

Die gem. § 104 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Rechtspflegerin des LG davon abgesehen, zugunsten der Beklagten die Kosten des von ihr in zweiter Instanz eingeholten demoskopischen Privatgutachtens mit festzusetzen.

Das LG hatte den Werbeslogan der Beklagten ohne Einholung einer Meinungsumfrage aus eigener Sachkunde wettbewerbsrechtlich nicht beanstandet. Die von der Klägerin vorgelegte Meinungsumfrage habe nicht für die Auffassung der Klägerin gesprochen. Dies hatte die Klägerin zwar mit der Begründung angegriffen, die Kammer habe nicht aus eigener Sachkunde entscheiden können und zu Unrecht eine Beweiserhebung durch Meinungsumfrage unterlassen. Die Beklagte ist dem mit der Behauptung entgegengetreten, ihr Slogan enthalte keine qualitäts- oder gesundheitsbezogenen Angaben über ihre Produkte. Sie hat i.Ü. auf die mangelnde Qualität und methodischen Fehler des von der Klägerin beigebrachten Gutachtens verwiesen. Soweit die Beklagte zu ihrem Vortrag das ihrerseits eingeholte Meinungsforschungsgutachten beibrachte, ist dies nach Sachlage nicht notwendig i.S.d. § 91 ZPO gewesen. Es besteht für den vorliegenden Fall kein Anlass, von dem Grundsatz abzugehen, dass die Kosten eines Privatgutachtens nur in Ausnahmefällen erstattungsfähig sind.

Die von der Beklagten zur Vorlegung des Gutachtens aufgeführten Argumente verfangen nicht. Auf die Rechtsprechung zur Präsentation von Beweismitteln in Verfügungsverfahren vermag sich die Beklagte schon deshalb nicht zu stützen, weil es vorliegend um ein Klageverfahren ging, welches sich i.Ü. schon in der zweiten Instanz befand und in dem die Beklagte in dem in Rede stehenden Punkt obsiegt hatte.

Dass die Beklagte ohne die Einholung des demoskopischen Gegengutachtens nicht in der Lage gewesen wäre, überhaupt zureichend vorzutragen, ist nicht erkennbar. Der Streit der Parteien ging um Fragen des Vorliegens bzw. der Zulässigkeit einer Alleinstellungswerbung. Zu dieser Frage hat die Beklagte sich auch ohne Einholung eines Privatgutachtens zureichend äußern können. Die Gerichte entscheiden entweder - wie in allen Instanzen geschehen und wie es zur Zeit der Einholung des Gutachtens auch durch das LG bereits geschehen war - aus eigener Erfahrung oder Kenntnis oder jedenfalls nach eigenen Kriterien. Dann ist ein demoskopisches Gutachten nicht i.S.d. § 91 ZPO erforderlich. Oder es erscheint aufgrund des Sachvortrags der Parteien als notwendig, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Dann obliegt dies dem Gericht, das die besondere Fragestellung des Rechtsstreits in den Beweisbeschluss einzubringen vermag. Dass die Vorlegung eines demoskopischen Gutachtens aus Gründen äußerster Vorsicht prozessual sinnvoll sein kann, insb. auch, um eine Beweisaufnahme durch das Gericht anzuregen oder eventuell auch zu ersparen, besagt noch nicht - und zwar auch in Wettbewerbssachen nicht -, dass dies notwendig ist und die Kosten hierfür deshalb erstattungsfähig sein müssen.

Auf den Gesichtspunkt der Waffengleichheit vermag sich die Beklagte nicht zu stützen, weil das von der Klägerin in erster Instanz vorgelegte Gutachten methodisch angreifbar war, wie die Beklagte auch herausgestellt hat. Im Übrigen hatte sich schon das Urteil erster Instanz nicht auf dieses Gutachten stützen mögen.

Letztlich hat das von der Beklagten vorgelegte Gutachten die Entscheidung des Rechtsstreits auch nicht gefördert. Zwar hat sich das OLG Hamburg mit diesem Gutachten auseinander gesetzt, dies jedoch nur in dem Sinne, dass die von der Beklagten vorgelegte Umfrage den Feststellungen des Senats nicht entgegenstand. Auf das von der Klägerin beigebrachte Gutachten hat sich das Berufungsurteil nicht gestützt.

Nach allem hat es hier bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass die Einholung von Gutachten zu Beweiszwecken Angelegenheit des Gerichts ist. Gerade die Einholung eines demoskopischen Gutachtens hätte die genaue Fragestellung des Gerichts erfordert. Auf die vom OLG Hamburg geübte Kritik an der Umfrage der Beklagten braucht nicht näher eingegangen zu werden.

Vorinstanzen

LG Hamburg, 315 O 262/97

Rechtsgebiete

Verfahrens- und Zwangsvollstreckungsrecht