"freundin.info"

Gericht

WIPO Arbitration and Mediation Center


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

19. 12. 2002


Aktenzeichen

D2002-0964


Leitsatz des Gerichts


  1. Die als Zeitschriftentitel genutzte Marke „freundin“ genießt im deutschsprachigen Raum einen überdurchschnittlich hohen Bekanntheitsgrad. Sie ist „bekannte Marke“ im Sinne des Markengesetzes.

  2. Zwischen der Marke sowie dem Titel „freundin“ und der Internet-Domain-Bezeichnung www.freundin.info besteht Verwechslungsgefahr.

  3. Generischen Zusätzen - wie der Top-Level-Domain „info“ - kommt keine Kennzeichnungskraft zu. Sie sind bei der Verwechlungsprüfung nicht zu berücksichtigen.

  4. Das Unterhalten einer Internetseite unter Hinweis auf eine künftige, noch nicht näher spezifizierte Geschäftstätigkeit ist nicht ausreichend, um die „ernsthafte“ Benutzung dieser Seite für ein bestimmtes Waren- oder Dientsleistungsangebot darzulegen.

  5. Registriert ein Dritter eine Internet-Domain in der bloßen Absicht, diese dem Markeninhaber zur Veräußerung anzubieten, so scheidet ein gutgläubiger Erwerb der Rechte an der Domain-Bezeichnung durch den Anmelder aus.

  6. Die Verfahrenssprache vor dem WIPO Arbitration and Mediation Center ist deutsch, wenn die Sprache der Registrierungsvereinbarung deutsch ist.

  7. Wenn der Beschwerdegegner säumig ist und er keine offensichtlichen Verbindungen zum strittigen Domainnamen hat, genügt es zur Umkehr der Beweislast auf den Beschwerdegegener in Bezug auf seine Rechte oder berechtigten Interessen, dass die Beschwerdeführerin das Fehlen solcher Rechte oder berechtigten Interessen glaubhaft darlegt (Bestätigung zweier älterer Entscheidungen).

Entscheidungsgründe

WIPO Arbitration and Mediation Center

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

freundin Verlag GmbH v. ...

Verfahren Nr. D2002-0964

1. Die Parteien

Beschwerdeführerin ist die freundin Verlag GmbH, 81925 München, Deutschland.

Beschwerdegegner ist ... .

2. Domainname und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname .

Die Domainvergabestelle ist Secura GmbH, Am Alten Posthof 6, 50667 Köln, Deutschland.

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerdeschrift ist in englischer Sprache am 17. Oktober 2002, per E-Mail und am 23. Oktober 2002, in körperlicher Form beim WIPO Schieds- und Schlichtungszentrum („Zentrum“) eingegangen. Das Zentrum bestätigte den Eingang der Beschwerdeschrift am 18. Oktober 2002.

Am 18. Oktober 2002, bat das Zentrum die Domainvergabestelle Secura GmbH um Bestätigung der Eintragungsdaten. Nach wiederholten Anfragen des Zentrums vom 22. Oktober 2002, 25. Oktober 2002, 30. Oktober 2002, und 31. Oktober 2002, bestätige die Secura GmbH am 29. Oktober 2002, 30. Oktober 2002, und 31. Oktober 2002, dass durch sie registriert ist, dass sie eine Kopie der Beschwerdeschrift der Beschwerdeführerin erhalten hat, dass Herr ... Inhaber des Domainnamens ist und dass die Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy , bestätigt von der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers („ICANN“) am 24. Oktober 1999 („UDRP“), auf Anwendung findet. Weiter bestätigte die Secura GmbH am 31. Oktober 2002, dass die Sprache der Registrierungsvereinbarung und somit auch die Verfahrenssprache Deutsch ist.

Am 28. Oktober 2002, informierte der Beschwerdegegner das Zentrum, dass er bei seinem Internet Service Provider einen Antrag zur Löschung des Domainnamens gestellt hat. Die Domainvergabestelle Secura GmbH erklärte daraufhin am 29. Oktober 2002, dass der Domainnamen für die Dauer des Verfahrens gesperrt ist und dass der Inhaber weiterhin Herr ... ist.

Das Zentrum informierte die Beschwerdeführerin am 31. Oktober 2002, dass im Verfahren betreffend die Verfahrenssprache Deutsch zur Anwendung kommt und forderte sie auf, bis zum 5. November 2002, eine deutsche Übersetzung der Beschwerdeschrift beim Zentrum einzureichen. Die Beschwerdeführerin ersuchte am 31. Oktober 2002, um eine Verlängerung der Frist zur Einreichung der Übersetzung bis zum 12. November 2002, was ihr das Zentrum noch am 31. Oktober 2002,gewährte. In der Folge ging die Beschwerdeschrift in deutscher Sprache am 5. November 2002, in elektronischer Form und am 11. November 2002, fristgerecht in körperlicher Form beim Zentrum ein. Gemäss den Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy („Verfahrensordnung“), Paragraph 4(c) ist der 12. November 2002, als Tag der förmlichen Einleitung des Beschwerdeverfahrens anzusehen.

Das Zentrum überprüfte und bestätigte anschliessend die formelle Übereinstimmung der Beschwerdeschrift mit der UDRP, der Verfahrensordnung und den WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy („Ergänzende WIPO Verfahrensordnung“). Ebenfalls bestätigte das Zentrum, dass ihm die Beschwerdeführerin Zahlung in der erforderlichen Höhe geleistet hat. Gleichzeitig, d.h. am 13. November 2002, übermittelte das Zentrum dem Beschwerdegegner die Beschwerdeschrift und setzte ihm eine Frist zur Absendung seiner Beschwerdeerwiderung bis zum 2. Dezember 2002.

Am 3. Dezember 2002, teilte das Zentrum dem Beschwerdegegner mit, dass er die Frist zur Einreichung einer Beschwerdeerwiderung nicht eingehalten hat und er deshalb als säumig gemäss der Verfahrensordnung angesehen wird.

Am 8. Dezember 2002, informierte das Zentrum die Parteien, dass ein Einerbeschwerdepanel bestellt wurde und dass diesem die Verfahrensunterlagen zugestellt wurden.

Das Einerbeschwerdepanel befindet, ordnungsgemäss nach der Verfahrensordnung und der Ergänzenden WIPO Verfahrensordnung bestellt worden zu sein. Am 5. Dezember 2002, reichte der Einzelpanelist seine Annahmeerklärung und Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit beim Zentrum ein.

Nach Durchsicht der Verfahrensakten kommt der Einzelpanelist zum Schluss, dass das Zentrum die vorhandenen und notwendigen Mittel zur ordnungsgemässen Zustellung der Akten und zur Information des Beschwerdegegners gemäss der Verfahrensordnung, Paragraph 2(a) eingesetzt hat. Eine Entscheidung des Einzelpanelisten ohne einlässliche Beschwerdeerwiderung des Beschwerdegegners kann deshalb ergehen.

4. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist die freundin Verlag GmbH, ein deutscher Zeitschriftenverlag, welcher unter anderem die Zeitschrift mit dem Namen „freundin“ herausgibt.

Die Marke „freundin“ ist als Wortmarke beim Deutschen Patentamt mit der Registrierungsnummer 395 15 422.7 für die Waren- und Dienstleistungsklassen 09 (Aufnahme-, Reproduktions- und Übertragungsgeräte), 38 (Telekommunikation) und 41 (Ausbildung, Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten) eingetragen. Als Inhaberin dieser Marke ist die FMC-Magazin-Verlag GmbH mit der gleichen Geschäftsadresse wie die Beschwerdeführerin registriert. Eine Kopie des betreffenden Registerauszuges wurde von der Beschwerdeführerin als Anlage 3 zu der Beschwerdeschrift eingereicht. In der Anlage 3 zur Beschwerdeschrift befindet sich ein weiterer Registerauszug betreffend die Eintragung der Marke „freundin“ zuhanden der Burda GmbH. Die Schutzdauer dieser Eintragung ist gemäss diesem Auszug am 18. Januar 2000 abgelaufen.

Der Beschwerdegegner ist der Inhaber des strittigen Domainnamens. Da der Beschwerdegegner säumig ist, liegen keine genaueren Informationen über seine Geschäftstätigkeit vor. Aus E-Mail Korrespondenz mit dem Beschwerdegegner und aus den Anlagen 8 und 9 zur Beschwerdeschrift geht jedoch hervor, dass die Internetseite ursprünglich durch den Service Provider des Beschwerdegegners als im Aufbau bezeichnet wurde, und dass der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin und anderen Personen diesen Domainnamen am 22. September 2002, zur Vermietung angeboten hat. Zum jetzigen Zeitpunkt führt hingegen eine Abfrage des Domainnamens direkt zur Webseite der Zeitschrift „freundin“.

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin bringt vor:

- dass der Firmenname „freundin“, die Marke „freundin“ und der Titel des Magazins „freundin“ berühmte und sehr bekannte Marken darstellen;

- dass die Beschwerdeführerin Inhaberin mehrerer beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragener Marken „freundin“ ist, welche im Namen der Konzernmuttergesellschaft der Beschwerdeführerin, dem BURDA-Verlag, registriert sind;

- dass der Domainname identisch mit der Marke „freundin“, registriert durch die Konzernmuttergesellschaft, ist und dass die Verwendung dieses Domainnamens zu Verwechslungen im Geschäftsverkehr führen kann;

- dass der Beschwerdegegner weder Rechte noch berechtigte Interessen an der Benutzung des Domainnamens hat, da er keine aktive Webseite führt, damit keine Waren oder Dienstleistungen anbietet, keine ähnlichen Warenzeichen besitzt und zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinleitung lediglich ein Link auf eine andere Webseite bestand, auf welcher Domainregistrierungen angeboten wurden (Anlage 8 zur Beschwerdeschrift);

- dass der Beschwerdegegner den Domainnamen bösgläubig registriert hat und benutzt, da er die bekannte Marke der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Registrierung von kennen musste und er versuchte, der Beschwerdeführerin den Domainnamen gegen Entgelt anzubieten (Anlage 9 zur Beschwerdeschrift);

- dass der Beschwerdegegner die Registrierung in bösem Glauben damit bekräftigte, dass er auf ein Abmahnschreiben inklusive Übertragungsaufforderung der Beschwerdeführerin vom 8. Oktober 2002, lediglich mit der Überschreibung der Registrierung des Domainnamens von seinem Vater auf sich reagierte (Anlagen 10 und 11 zur Beschwerdeschrift).

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht.

6. Entscheidungsgründe

Um eine Entscheidung zur Übertragung des Domainnamens an die Beschwerdeführerin zu rechtfertigen, muss diese gemäss UDRP, Paragraph 4(a) beweisen:

(i) dass der Domainname mit einer Marke der Beschwerdeführerin identisch oder verwechselbar ähnlich ist; und

(ii) dass der Beschwerdegegner weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen hat; und

(iii) dass der Domainname bösgläubig registriert wurde und benutzt wird.

(i) Identität oder grosse Ähnlichkeit mit der Marke

Der Bestandteil „freundin“ des Domainnamens ist identisch mit der in Deutschland registrierten Wortmarke „freundin“. Der generische Zusatz .info kann bei dieser Betrachtung ausser acht gelassen werden, da er keine Kennzeichnungskraft besitzt. Die betreffende Marke wird gemäss den eingereichten Auszügen aus dem Deutschen Markenregister von der FMC-Magazin-Verlag GmbH und nicht von der Beschwerdeführerin gehalten. Die betreffende Markeninhaberin und die Beschwerdeführerin haben die gleiche Geschäftsadresse und die Beschwerdeführerin ist offensichtlich aufgrund eines Lizenzverhältnisses berechtigt, die Marke „freundin“ für die bekannte gleichnamige Zeitschrift „freundin“ zu benutzen. Die Beschwerdeführerin macht zudem geltend, dass ihre Konzernmuttergesellschaft die Inhaberin der Marke ist. Der Beschwerdegegner hat dies nicht bestritten. Es ist somit davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin Rechte an der Marke „freundin“ hat.

Der Einzelpanelist befindet daher, dass der strittige Domainname mit der Marke „freundin“, an welcher die Beschwerdeführerin Rechte hat, identisch ist.

(ii) Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen

Wenn wie im vorliegenden Fall der Beschwerdegegner säumig ist und er keine offensichtlichen Verbindungen zum strittigen Domainnamen hat, genügt es zur Umkehr der Beweislast auf den Beschwerdegegner in Bezug auf seine Rechte oder berechtigten Interessen, dass die Beschwerdeführerin das Fehlen solcher Rechte oder berechtigten Interessen glaubhaft darlegt (WIPO Case No. D2002-0273 sachsen- anhalt.com; WIPO Case No. D2002-0521 volvovehicles.com).

Aus dem Sachverhalt geht hervor, dass der Beschwerdegegner vor Einleitung dieses Verfahrens keine Waren oder Dienstleistungen auf der Website angeboten hat und auch sonst keine Erkennungswirkung von diesem Domainnamen im Sinne der UDRP, Paragraph 4(c)(i),(ii) ausgeht. Das Unterhalten einer Webseite durch den Service Provider mit einem Hinweis auf zukünftige, jedoch nicht näher spezifizierte Geschäftstätigkeiten genügt nicht, um ein ernsthaftes Waren- oder Dienstleistungsangebot darzutun. Der Hinweis des Beschwerdegegners im E-Mail vom 18. Oktober 2002, dass er beabsichtige, den Domainnamen für ein Forum für Internet-Freundinnen und Freunde zu benutzen, ist unbeachtlich, da er erst nach der Benachrichtigung des Beschwerdegegners von dem Streit erfolgte und reicht zudem ohnehin nicht, um ernsthafte Absichten für einen unkommerziellen und fairen Gebrauch im Sinne der UDRP, Paragraph 4(c)(iii) darzulegen. Auch wenn es sich beim Begriff „Freundin“ in der deutschen Sprache um eine Sachbezeichnung handelt, liegt nicht per se ein Recht zur Benutzung dieser Sachbezeichnung durch den Beschwerdegegner auch ohne konkrete Vorkehren zur Verwendung vor (WIPO Case No. D2000-1070 notar.com, notar.org). Die Beschwerdeführerin hat sich die Verwendung des Wortes „freundin“ für bestimmte Waren- und Dienstleistungsgruppen, bei denen „freundin“ nicht eine Sachbezeichnung darstellt, durch Registrierung und langjährige, intensive Benutzung der Wortmarke für die betreffende Zeitschrift gesichert. Aus dem Verhalten des Beschwerdegegners sind hingegen nicht einmal konkrete Vorkehren zur Verwendung des Domainnamens erkennbar.

Der Einzelpanelist befindet daher, dass der Beschwerdegegner weder Rechte noch legitime Interessen am Domainnamen dargetan hat.

(iii) Bösgläubige Registrierung und Benutzung

In Deutschland sowie anderen deutschsprachigen Ländern ist die Marke „freundin“ vor allem in Bezug auf die Zeitschrift „freundin“ als sehr bekannt anzusehen. Es muss daher dem Beschwerdegegner anlässlich der Registrierung von bewusst gewesen sein, dass er eine bekannte Marke als Domainname registrierte und daher je nach Verwendung einer bösgläubigen Registrierung und Benutzung bezichtigt werden könnte. Trotzdem hat der Beschwerdegegner registriert und dann mit E-Mail vom 23. September 2002, an die Beschwerdeführerin und andere Personen den strittigen sowie weitere, ähnliche Domainnamen zur Vermietung angeboten. Ein solches Verhalten und die oben bereits erläuterte Tatsache, dass nie konkrete Vorkehren zur anderweitigen Verwendung des Domainnamens getroffen wurden, lassen den Schluss zu, dass der Beschwerdegegner mit der Absicht des späteren Verkaufs oder der Vermietung registriert hat.

In Anwendung von UDRP, Paragraph 4(b)(i), kommt der Einzelpanelist daher zum Schluss, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen bösgläubig registriert und benutzt hat.

7. Entscheidung

Aufgrund der obigen Erwägungen entscheidet der Einzelpanelist, dass der vom Beschwerdegegner registrierte Domainname mit einer Marke, an welcher die Beschwerdeführerin Rechte hat, identisch ist, dass der Beschwerdegegner weder Rechte noch berechtigte Interessen am betreffenden Domainnamen hat und dass der Beschwerdegegner den Domainnamen bösgläubig registriert und benutzt hat. Der Einzelpanelist gibt deshalb der Beschwerde statt und ordnet die Übertragung des Domainnamens auf die Beschwerdeführerin an.

Andrea Mondini

Einzelpanelist

Datum: 19. Dezember 2002

Rechtsgebiete

Recht der Informationstechnologie; Markenrecht; Verfahrens- und Zwangsvollstreckungsrecht