Schmarotzen von fremder Leistung

Gericht

Österr. Oberster Gerichtshof


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

13. 02. 2001


Aktenzeichen

4 Ob 30/01t


Leitsatz des Gerichts

  1. Wenn die mit Mühe und Kosten erstellten Inserate, die in einer Zeitung und in einem Internetauftritt publiziert werden, in praktisch unveränderter Form von einem Dritten ins Internet gestellt werden, liegt eine sittenwidrige glatte Übernahme eines Arbeitsergebnisses vor.

  2. Die Kosten und Mühen bestehen darin, dass die Anzeigen akquiriert werden müssen und der Anzeigenmarkt unter erheblichem Einsatz von Arbeitskräften und betrieblichem Fachwissen zu schaffen und zu erhalten ist.
  3. Es liegt durchaus nahe, dass interessierte Verkehrskreise auf den Verkauf des Printmediums verzichten und warten werden, bis die darin enthaltenen Stellenanzeigen ins Internet gestellt worden sind.
  4. Der „Wert” einer Website bemisst sich nach der Anzahl der Zugriffe von Internet-Nutzern, die diese Homepage aufrufen.
  5. Es lässt sich nicht argumentieren, für Inserenten könne es nur vorteilhaft sein, in möglichst vielen Medien präsent zu sein. Inserenten möchten nämlich nicht möglichst viele beliebige Bewerber, sondern möglichst viele geeignete Bewerber erreichen, weil ihnen ungeeignete Bewerber Aufwand und Kosten verursachen. Es kommt daher der Auswahl des Mediums, in dem das Inserat erscheinen soll, grösste Bedeutung zu.
  6. In Fällen dieser Art ist der Tatbestand des österreichischen § 1 UWG durch sittenwidriges Schmarotzen an fremder Leistung durch glatte Leistungsübernahme erfüllt.
  7. An der Sittenwidrigkeit ändert sich nichts dadurch, dass der Störer die Fremdanzeigen unentgeltlich veröffentlicht.
  8. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich nicht nur gegen den unmittelbaren Täter, sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers. Für wettbewerbswidriges Verhalten eines anderen hat jeder einzustehen, der den Wettbewerbsverstoss durch eigenes Verhalten gefördert oder überhaupt erst ermöglicht hat. Diese Grundsätze sind auch auf das Setzen von Links anzuwenden. Anders verhält es sich bei einem blossen Service-Provider.
  9. Anwendbar ist nach österreichischem Privatrecht das österreichische Recht, wenn eine ausländische Zeitschrift, die auch in Österreich vertrieben wird, gegen einen in Österreich tätigen Online-Stellenmarkt vorgeht.

Tenor

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Erstgericht zur neuerlichen, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Entscheidungsgründe

Begründung:

Die Erstklägerin ist Verlegerin der deutschen überregionalen Tageszeitung ... . Die Zweitbeklagte betreibt im Internet unter der Domain ... die ...; unter den von ihr angebotenen Internet-Dienstleistungen befinden sich auch Marktübersichten und Kurzbeschreibungen aller Stellenangebote des Stellenmarktes der ... sowie jeden Freitag ab 16 Uhr eine Übersicht über alle Angebote des ...-Stellenmarktes der kommenden Samstagausgabe der ... .

Die zunächst erstbeklagte ... als übertragende Gesellschaft wurde im Zuge des Verfahrens mit der zunächst zweitbeklagten ... als übernehmende Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge verschmolzen und im Firmenbuch gelöscht. Der Drittbeklagte war Geschäftsführer der Zweitbeklagten.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragen die Klägerinnen, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, Stellenanzeigen, die zuvor in der von der Erstklägerin verlegten ... und/oder auf der Website mit der Ressourcen-Adresse ... veröffentlicht wurden, auf Websites mit den Ressourcen-Adressen ..., ..., ... und/oder jeder anderen Website im Internet zu verbreiten, wenn nicht zuvor die Kunden dieser Anzeigen und/oder die Klägerinnen dazu den Auftrag gegeben haben. Die Erst- und die Zweitbeklagte betrieben im Internet einen Stellenmarkt, der auf Websites mit den angeführten Ressourcen-Adressen abrufbar sei. Die diesen Adressen zugeordneten Domains seien teils für die Erst- und die Zweitbeklagte, teils für eine Schein- oder Briefkastenfirma (...) registriert. Der Drittbeklagte sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zweitbeklagten, der Viertbeklagte als deren leitender Angestellter für die Inhalte dieser Websites wesentlich mitverantwortlich und wettbewerbsrechtlicher Mittäter. Zwischen Juni und Oktober 1999 seien im Stellenmarkt der ... Inserate der Firmen ..., ... und ... erschienen, deren Texte wortwörtlich abgeschrieben auf der Website unter der Domain ... platziert worden seien. Weder der jeweilige Inserent noch die Klägerinnen hätten dieser Übernahme zugestimmt, sodass die Beklagten ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis der Klägerinnen ganz oder in erheblichen Teilen glatt übernommen hätten und ihnen auf diese Weise mit ihrer eigenen mühevollen und kostspieligen Leistung Konkurrenz machten. Die Website unter der Domain ... könne auch jeweils über ein Link von den Websites unter den Domains ... und ... aufgerufen werden, für den Inhalt einer Website hafte auch, wer diese Seite mittels Link von seiner Website aus zugänglich mache.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie bestreiten ihre passive Klagelegitimation. Erstund Zweitbeklagte seien seit 1. 1. 1999 nicht mehr im Bereich der Stellenvermittlung über Internet tätig und betrieben insbesondere keinen Stellenmarkt unter der Domain ... . Die Erstbeklagte habe diesen Unternehmenszweig zur Gänze an die ... in London, eine Tochterfirma des amerikanischen Unternehmens ..., abgegeben. Berechtigte der Domain ... sei die ... . Der Drittbeklagte sei nicht passiv legitimiert, weil Erst- und Zweitbeklagte an den beanstandeten Wettbewerbsverstößen nicht beteiligt gewesen seien. Der Viertbeklagte sei zwar für die ... als Teleworker tätig, sein Aufgabenbereich erstrecke sich aber lediglich auf die Kundenbetreuung im deutschsprachigen Raum; er sei nicht mit der Auswahl und/oder Eingabe von Stellenangeboten befasst. Von einer schmarotzerischen Ausbeutung fremder Leistung könne keine Rede sein, weil der Betreiber von ... für die von ihm gestaltete OnlineStellenmarkt-Übersicht keinerlei Entgelt erhalte. Den Klägerinnen werde damit keine Konkurrenz gemacht. Kunden der Klägerinnen würden vielmehr weiterhin Anzeigen schalten lassen, wenn sie wüssten, dass durch die Übernahme in die Stellenmarkt-Übersicht des Betreibers von ... eine noch viel größere Breitenwirkung erzielt werde. Die Nachahmung eines - wenn auch mit Mühen und Kosten erzielten - fremden Arbeitsergebnisses sei grundsätzlich frei. Eine Wettbewerbswidrigkeit setze das Vorliegen besonderer Umstände voraus, die hier nicht gegeben seien. Dass der Betreiber von ... sämtliche oder doch erhebliche Teile der Stellenangebote der Klägerinnen übernehme, werde gar nicht behauptet. Eine eigene Leistung liege jedenfalls in der Sichtung und Zusammenstellung der Daten aus den verschiedensten Quellen. Es könne keine Rede davon sein, dass die Klägerinnen in unbilliger Weise um die Früchte ihrer Arbeit gebracht würden, weil kein derzeitiger oder zukünftiger Kunde der Klägerinnen sich in seiner Entscheidung, in einem der Medien der Klägerinnen seine Stellenangebote zu schalten oder nicht, dadurch beeinflussen lassen werde, ob diese Inserate auch in OnlineÜbersichten übernommen werden, dieser Umstand könnte die Entscheidung - wenn überhaupt - nur positiv beeinflussen. Unrichtig sei, dass die Firmen ..., ... und ... mit dem Betreiber von ... in keiner Geschäftsverbindung stünden. Eine Haftung des Verantwortlichen für den Inhalt einer dritten Website, die nur über ein Link auf seiner eigenen Website aufrufbar sei, bestehe nicht.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es hielt für bescheinigt, dass die ... mit dem Sitz in den USA einen Online-Stellenmarkt unter der Domain ... betreibe, über welche Adresse eine Website mit Stellenanzeigen österreichischer, deutscher und schweizerischer Inserenten abrufbar seien. Unter dieser Domain seien auch solche Stellenmarktanzeigen abrufbar, die der ... bzw der Website mit der Domain ... entnommen seien; der Text dieser Annoncen werde nahezu zur Gänze unverändert übernommen, nicht hingegen ihre optische Gestaltung und Plazierung. Diese Übernahme von ...-Inseraten erfolge ohne Auftrag oder Genehmigung seitens der Klägerinnen oder deren Inserenten. Erst- und Zweitbeklagte förderten den Wettbewerb der ... dadurch, dass sie auf ihren Websites ... und ... jeweils eine direkte Zugriffsmöglichkeit mittels Link auf die Website ... eröffneten. In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die passive Klagelegitimation von Erst- und Zweitbeklagter, weil diese für externe Links auf ihren Websites hafteten, wenn sie dadurch fremde Websites zum Inhalt ihrer eigenen Homepage machten. Das Nachahmen fremder Leistung verstoße nur dann gegen § 1 UWG, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzuträten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergebe. Solche Umstände seien aber nicht bescheinigt worden; es sei nämlich grundsätzlich ach ohne Zustimmung des Medieninhabers oder der Inserenten zulässig, bereits in einer Zeitung erschienene Inserate neuerlich zu veröffentlichen. Auf die Frage der Passivlegitimation von Dritt- und Viertbeklagtem müsse daher nicht mehr eingegangen werden.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss in der Hauptsache; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels Fehlens einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Haftung für ein Link sowie zur Wettbewerbswidrigkeit der Übernahme von Stellenangeboten aus Printmedien in das Internet zulässig sei. Das Rekursgericht ging auf die Beweisrüge im Rechtsmittel nicht ein und vertrat in rechtlicher Hinsicht - den Grundsätzen der Entscheidung 4 Ob 23/00m = ecolex 2000, 659 (zust Wiltschek) = MR 2000, 384 (zust Korn) = WBI 2000, 334 = ÖBl-LS folgend - den Standpunkt, es sei grundsätzlich zulässig, bereits in einem Printmedium erschienene Inserate in der Folge im Internet zugänglich zu machen. Zwar hätten die Beklagten ein fremdes Arbeitsergebnis in erheblichen Teilen glatt übernommen, doch sei es nicht das Arbeitsergebnis der Klägerinnen, sondern das der Inserenten oder der von diesen beauftragten Personalberatungsfirmen. Die Leistung der Klägerinnen bestehe lediglich darin, Platz zur Verfügung zu stellen, sie erhielten Entgelt allein für die Einschaltung, nicht aber für die Herstellung des Inseratentextes. Falls die Beklagten demnach schmarotzerisch ausbeuteten, geschähe dies nicht an Leistungen der Klägerinnen. Die Inserenten und Personalberatungsfirmen würden aber nicht schmarotzerisch ausgebeutet, weil es für sie nur vorteilhaft sein könne, in möglichst vielen Medien (noch dazu unentgeltlich) präsent zu sein und eine große Anzahl von Interessenten zu erreichen.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen ist; das Rechtsmittel ist im Sinne seines Aufhebungsantrags berechtigt.

Die Klägerinnen meinen, die vom Rekursgericht zugrundegelegte Entscheidung 4 Ob 23/00m sei in entscheidenden Punkten mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Dem ist zuzustimmen.

Der erkennende Senat hat sich schon in seinen Beschlüssen vom 19.12.2000, 4 Ob 225/00t und 4 Ob 274/00y, mit einem ähnlichen Sachverhalt beschäftigt; die dort gewonnen Ergebnisse können auch hier fruchtbar gemacht werden.

Im Fall der Entscheidung 4 Ob 23/00m = ecolex 2000, 659 (zust Wiltschek) = MR 2000, 384 (zust Korn) = WBl 2000, 334 OBl-LS 2000/35 hat die Klägerin ihr Begehren darauf gegründet, dass die Beklagte (die gleichfalls eine Zeitung herausgibt) mit der (zustimmungslosen) Übernahme von Stellenanzeigen aus ihrer Zeitung mühevoll erzielte Arbeisergebnisse der Klägerin für die Anzeigenkunden- wie Textabstimmung, Platzierung und Gestaltung der Anzeigen- und damit gleichzeitig einen Teil des "Produkts Zeitung" ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang in erheblichen Teilen glatt übernommen habe, um so der Klägerin durch ein Schmarotzen an deren Leistung Konkurrenz zu machen. Festgestellt wurde, dass die Beklagte die von der Klägerin gestalteten und veröffentlichten Stellenanzeigen weder durch Kopieren noch durch Abschreiben noch auch durch ein anderes Mittel vervielfältigt hat. Sie hat vielmehr die darin enthaltenen (für die Bewerbung maßgeblichen) Daten entnommen, neu gestaltet und, in einer Liste zusammengefasst, in räumlichem Zusammenhang mit ihren übrigen gegen Entgelt beauftragten Stellenangeboten kostenlos veröffentlicht. Die Stellenanzeigen der Beklagten waren optisch gänzlich anders gestaltet als jene der Klägerin. Unter diesen Umständen war im Sinn der Rechtsprechung zu § 1 UWG (ÖBl 1993, 156 - Loctite, ÖBl 1995, 116 Schuldrucksorten; ÖBI 1998, 182 - Fußballverein-Logos, ÖBI 1998, 225 - Haftgel; 4 Ob 85/99z) ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten zu verneinen. Der Beklagten war nämlich nicht vorzuwerfen, sie begehe eine "unmittelbare Leistungsübernahme", weil sie ja gerade nicht den genauen Inseratentext und die konkrete Gestaltung, geschweige denn die Platzierung, sondern nur die in den Inseraten enthaltene Information übernommen hatte. Diese Daten sind aber nicht nur kein Werk iSd UrhG, sondern auch kein Arbeitsergebnis der Klägerin iSd zitierten Rechtsprechung.

Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass die mit Mühe und Kosten erstellten Inserate, die in der Zeitung der Erstklägerin sowie auf der Website der Zweitklägerin erscheinen, in praktisch unveränderter Form ins Internet estellt werden, es liegt demnach eine sittenwidrige glatte Übernahme eines Arbeitsergebnisses durch technischen Vorgang vor (SZ 53/35 = ÖBl 1980, 97 - Österreichisches Lebensmittelbuch, uva). Wenn die Beklagten in diesem Zusammenhang als eigene Leistung des Betreibers der Website allein auf die "Sichtung und Zusammenstellung aus den verschiedensten Quellen" hinweisen, ändert dies nichts daran, dass die Inseratentexte der Klägerinnen - von fallweisen geringfügigsten Auslassungen abgesehen wörtlich in die Website übernommen werden; anders als im Fall der Entscheidung 4 Ob 23/00m = ecolex 2000, 659 (zust Wiltschek) = MR 2000, 384 (zust Korn) = WBI 2000, 334 = ÖBl-LS 2000/35 kann darin kein ins Gewicht fallender eigener Schaffensvorgang des Nachahmers durch Neugestaltung erblickt werden; der Tatbestand des § lUG unter dem Gesichtspunkt des sittenwidrigen Schmarotzens an fremder Leistung durch glatte Leistungsübernahme ist damit erfüllt.

Daran ändert auch nichts, dass die Betreiberin der Domain ... - worauf die Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung hinweisen - für die veröffentlichten Fremdanzeigen kein Entgelt erhält: Im Verhältnis zu den Klägerinnen macht sie sich nämlich in sittenwidriger Weise den durch deren Aquisitionstätigkeit und unter erheblichem Einsatz von Arbeitskräften und betrieblichem Fachwissen aufgebauten Anzeigenmarkt zunutze. Durch die systematische - nahezu identische - Übernahme von Inseraten aus dem Printmedium der Erstklägerin kann der Bezieherkreis der Erstklägerin verringert und sie um einen Teil der Früchte ihrer Arbeit gebracht werden. Der regelmäßige Zugriff auf einzelne im Stellenmarkt der ... veröffentlichte Anzeigen unter der Domain ... kann nämlich dazu führen, dass Nutzer dieser Domain als potentielle Nachfrager der Zeitung der Erstklägerin ausfallen und die Umsatzzahlen der Erstklägerin zurückgehen. Es liegt durchaus nahe, dass interessierte Verkehrskreise, die von der beanstandeten Vorgangsweise Kenntnis haben, auf den Kauf des Printmediums verzichten und warten werden, bis die darin enthaltenen Stellenanzeigen ins Internet gestellt worden sind. (so auch KG Berlin 26. 5. 2000, K&R 2000, 459 zu einem vergleichbaren Sachverhalt unter Hinweis auf BGH, GRUR 1988, 308 - Informationsdienst).

Zutreffend weisen die Klägerinnen darauf hin, dass das vom Rekursgericht übernommene Argument der Beklagten, es könne für Inserenten nur vorteilhaft sein, in möglichst vielen Medien präsent zu sein, unzutreffend ist: Inserenten wollen nämlich nicht möglichst viele beliebige Bewerber, sondern möglichst viele geeignete Bewerber erreichen, weil ihnen ungeeignete Bewerber Aufwand und Kosten verursachen. Es kommt daher der Auswahl des Mediums, in dem das Inserat erscheinen soll, größte Bedeutung zu. Zu berücksichtigen ist weiters, dass sich der "Wert" einer Website (etwa im Zusammenhang mit darauf geschalteter Werbung) nach der Anzahl der Zugriffe von Internet-Nutzern bemisst, die diese Homepage aufrufen. Weil die Zweitbeklagte selbst Stelleninserate im Internet verfügbar macht, hat sie auch aus diesem Grund ein wirtschaftliches Interesse daran, dass die von ihr veröffentlichten Inserate nicht ohne ihre Zustimmung auf beliebig vielen anderen Websites abrufbar sind.

Das beanstandete Verhalten des Betreibers der Domain ... ist daher - fehlende Einwilligung der betroffenen Inserenten vorausgesetzt - nach dem hier allein maßgeblichen österreichischen Recht (die betroffene Website enthält deutschsprachige, aus einer überregionalen deutschen Tageszeitung, die auch im Inland erhältlich ist, übernommene Stellenanzeigen, weshalb ihrem Inhalt nach auch der inländische Markt betroffen ist, vgl. dazu Seidelberger, Wettbewerbsrecht und Internet, RdW 2000, 518 ff; Mankowski, Internet und Internationales Wettbewerbsrecht, GRURInt 1999, 909 ff) wettbewerbswidrig. Damit stellt sich aber die - von den Vorinstanzen infolge einer unrichtigen Rechtsansicht nur unvollständig behandelte Frage nach der Haftung der Beklagten für den Inhalt der Website mit der Domain ... .

Zur Haftung des Betreibers einer Website, der mit Hilfe eines auf seiner Seite gesetzten Links den Inhalt einer anderen - von einem Dritten betriebenen - Website zusätzlich verfügbar macht, hat der erkennende Senat bereits in den Beschlüssen vom 19. 12. 2000, 4 Ob 225/00t und 4 Ob 274/00y, Stellung bezogen; an den dort gewonnenen Grundsätzen ist festzuhalten:

Hyperlinks (kurz Links) sind direkte Verknüpfungen zu einzelnen oder mehreren eigenen oder fremden Websites; es handelt sich um Programmbefehle, die bei Aktivierung von einer Website zu einer anderen Website führen (zur - noch uneinheitlichen - Terminologie siehe Plaß aaO FN 3 und 599 f und Seidelberger, Wettbewerbsrecht und Internet, RdW 2000, 518 ff [522 f]; zum technischen Hintergrund siehe Völker/Lührig, Abwehr unerwünschter Inline-Links, K&R 2000, 20 ff; im folgenden wird der Begriff Link ganz allgemein für alle Arten von Verknüpfungen verwendet).

Das Setzen eines Links erleichtert dem Internet-Nutzer den Zugang zu einer Website, weil nicht deren Internetadresse (Domain) eingegeben werden muss, sondern ihr Inhalt durch einfaches Anklicken des Links aufgerufen werden kann. Wer auf seiner Website einen Link zu einer fremden Website setzt, will und veranlasst demnach zurechenbar, dass der Internet-Nutzer von seiner Seite auch auf den Inhalt der über den Link erreichbaren fremden Seite zugreifen kann. Er vermittelt also den Zugriff auf die fremde Seite und trägt - gleichsam als Gehilfe des Verfügungsberechtigten der verwiesenen fremden Seite - zu deren Sichtbarmachung bei.

Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich nicht nur gegen den unmittelbaren Täter (Störer), sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers. Für wettbewerbswidriges Verhalten eines anderen hat jeder einzustehen, der den Wettbewerbsverstoß durch eigenes Verhalten gefördert oder überhaupt erst ermöglicht hat (stRsp ua WBl 1996, 40 ÖBl 1996, 122 - Gratisflugreisen II; ÖBl 1997, 69 - Mietschulden; ÖBl 1998, 33 - Ungarischer Zahnarzt mwN; ÖBl 1999, 229 - Erinasolum).

Diese Grundsätze sind auch auf das Setzen von Links anzuwenden. Wird nämlich auf einer fremden Website eine Wettbewerbswidrigkeit begangen, kann es für die Frage der Haftung eines Beitragstäters hiefür keinen Unterschied machen, ob dessen Beitrag etwa in der direkten Mitgestaltung der Seite oder aber in der Teilnahme an der Vermittlung des Zugriffs auf die Seite mittels Links bestanden hat: In beiden Fällen hat er durch Beihilfe zu einer allfälligen Gesetzwidrigkeit beigetragen.

Anders als etwa ein bloßer Service-Provider, der nur distanziert fremde Inhalte bereithält (zur Haftung eines Providers für den gesetzwidrigen Inhalt einer von ihm vermittelten Website vgl 4 Ob 166/00s), gliedert der auf seiner Website einen Link setzende Anbieter den Inhalt der über den Link erreichbaren fremden Website so räumlich und sachlich in seine eigene Website ein, dass sie zu deren Bestandteil wird, bringt er doch auf diese Weise zum Ausdruck, dass seine Website ohne die fremde Leistung nicht so vollständig wäre, wie dies aus Sicht des Anbieters erforderlich ist. Er hat deshalb für den Inhalt der fremden Seite zu haften. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Speicherplatz, auf dem der Inhalt abgelegt ist, allein der Verfügungsgewalt eines Dritten und nicht des Linksetzers unterliegt. Denn obwohl der Linksetzer nicht verhindern kann, dass der Inhaber der betreffenden Website seinen Inhalt löscht und damit gegenstandslos macht, macht er den Inhalt von dessen Website doch bis zur Löschung zum Bestandteil des eigenen Angebots. Der Link ersetzt folglich eigene Ausführungen (ebenso Plaß aaO 608 mwN vor FN 96 und 97). Ob (etwa im Adressfeld der Seite) erkennbar wird, dass der Nutzer durch den Link auf eine fremde Seite mit einer anderen Domain geleitet wird, spielt in der Frage der Zurechnung keine Rolle: Wer seine Seite mit einer fremden Seite durch einen Link verknüpft, macht sich das Angebot auf der fremden Seite zu Eigen und hat dafür wettbewerbsrechtlich einzustehen.

Ob diese Haftungsgrundsätze auch dann gelten, wenn der Link bloß ein FundsteIlennachweis ist (so etwa bei reinen Link-Sammlungen, die erkennbar als Serviceleistung auf Websites angeboten werden), muss hier nicht entschieden werden: Im vorliegenden Fall führen die beanstandeten Links von der Seite des Linksetzers zur Website eines auf demselben Markt für Personalvermittlung tätigen Anbieters; aus der Sicht des Nutzers entsteht damit jedenfalls der Eindruck, der Linksetzer erweitere sein eigenes Angebot durch Hinweis auf das Angebot Dritter. Der Linksetzer muss sich daher den Inhalt der fremden Seite als eigenen Inhalt zurechnen lassen.

Es kommt demnach für die Berechtigung des Sicherungsbegehrens darauf an, ob und in welchem Umfang die Beklagten für die Gestaltung der Websites ... und ... direkt oder indirekt mitverantwortlich sind, sei es als registrierte Inhaber dieser Domain, sei es, dass sie sonst bestimmenden Einfluss auf die Domainberechtigten auszuüben in der Lage sind. Ob dies der Fall ist, kann nach den bisherigen Feststellungen ebensowenig abschließend beurteilt werden wie das Vorliegen einer (von den Beklagten behaupteten) Zustimmung sämtlicher betroffener Inserenten zur Übernahme ihrer Inserate auf die Website mit der Domain ... . Ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht hat das Erstgericht nämlich zur Frage der Mittäterschaft von Dritt- und Viertbeklagtem keine Feststellungen getroffen und sich auch mit dem Einwand der Beklagten, die betroffenen Inserenten der ... wären mit einer Übernahme ihrer Inserate in den Internet-Stellenmarkt ... einverstanden gewesen, nicht auseinandergesetzt. Die Rechtssache ist deshalb an das Erstgericht zurückzuverweisen, das nach Verfahrensergänzung neuerlich über den Sicherungsantrag zu entscheiden haben wird.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.


Oberster Gerichtshof,
Wien, am 13. Februar 2001.

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht; Recht der Informationstechnologie