Minderung der Miete wegen Rattenbefalls

Gericht

AG Dülmen


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

15. 11. 2012


Aktenzeichen

3 C 128/12


Tenor


Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.012,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 125,00 € seit dem 04.12.2011,

aus 625,00 € seit dem 05.01.2012,

aus 625,00 € seit dem 04.02.2012,

aus 625,00 € seit dem 04.03.2012

aus 675,00 € seit dem 22.04.2012 und

aus 337,50 € seit dem 14.06.2012 sowie

außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 272,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2012 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 22% und die Beklagte zu 78%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des gegen ihn aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kläger macht mit vorliegender Klage rückständige Mieten, Nutzungsausfall sowie Schadensersatz gegen die Beklagte geltend.

Die Parteien schlossen am 15.05.2009 einen Mietvertrag über die Wohnung A.-Weg ... in D., deren Eigentümer der Kläger ist. Zwischen den Parteien war eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 550,00 € zuzüglich 75,00 € Betriebskostenvorauszahlung vereinbart. Die Miete von somit insgesamt 625,00 € war bis zum dritten Werktag eines Monats zu zahlen.

Im November 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ihre Wohnung und der dazugehörige Garten einen Rattenbefall aufweisen. Der Kläger beauftragte daraufhin die Firma H. mit der Schädlingsbekämpfung. Am 18.11.2011 wurden die Mitarbeiter der Firma H. in der Wohnung der Beklagten tätig. Sie legten Klebeflächen aus und stellten Boxen und Schlagfallen auf. Bei dem nächsten Kontrolltermin am 22.11.2011 stellten die Mitarbeiter fest, dass die Köder im Innen- und Außenbereich von den Ratten angenommen worden waren. Laut der Aktionsprotokolle der Firma H. vom 02.12.2011 und 21.12.2011 wurden im Innenbereich keine Köder mehr angenommen und keine Spuren im ausgebrachten Spurenstaub mehr erkannt.

Die Beklagte stellte die Mietzinszahlungen ab Dezember 2011 aufgrund des Rattenbefalls in der Wohnung ein. Mit Schreiben vom 02.12.2011 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung der Wohnung zum 01.02.2012, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Die Beklagte zog schließlich am 30.04.2012 aus der Wohnung aus. Den während der Mietzeit von ihr entfernten WC-Topf samt Deckel hatte die Beklagte auch nach dem Auszug nicht wieder montiert.

Der Kläger behauptet, der Rattenbefall in der Wohnung sei durch ein mietvertragswidriges Verhalten der Beklagten entstanden. Die Beklagte habe in der Wohnung zwei Hunde gehalten. Deren Futter sowie sonstige Nahrungsmittel und Markknochen habe die Beklagte draußen auf der Terrasse gelagert. Das Hundefutter sei in der Wohnung verstreut und unverschlossen gelagert gewesen. Zudem sei die Terrassentür dauerhaft geöffnet gewesen und im Garten habe ein verrottender Teppich gelegen.

Weiterhin behauptet der Kläger, ab dem 22.11.2011 seien keine Ratten mehr in der Wohnung vorhanden gewesen. Zudem habe die Beklagte die Wohnung nicht im vertraglich geschuldeten, besenreinen Zustand übergeben. Die Wohnung sei daher im Mai 2012 nicht vermietbar gewesen. Im Badezimmer haben sich fest verklebte Klebebänder auf dem Fußboden befunden und in der Küche seien Silikonflecken auf den Fliesen vorhanden gewesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.850,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 625,00 € seit dem 04.12.2011,

aus 625,00 € seit dem 05.01.2012,

aus 625,00 € seit dem 04.02.2012,

aus 625,00 € seit dem 04.03.2012

aus 675,00 € seit dem 22.04.2012 und

aus 675,00 € seit dem 14.06.2012 sowie

außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 272,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Rattenbefall in der von ihr bewohnten Wohnung habe bis Februar 2012 angedauert. Zudem habe sie die Wohnung in vertraglich geschuldetem Zustand zurückgegeben.

Sie sei zudem aufgrund des Rattenbefalls zum Umzug gezwungen gewesen, wodurch ihr Kosten in Höhe von 2.339,30 € entstanden seien. Mit dieser Forderung rechnet die Beklagte hilfsweise gegen die Klageforderung auf.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der Lichtbilder Bl. 103 bis 108 d. A. sowie durch Vernehmung der Zeugen S., W., R., K., B., Q., P., Sch. sowie M. und S. H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 03.08.2012 und 19.10.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf rückständige Mietzinszahlung für die Monate Dezember 2011 bis März 2012 in Höhe von insgesamt 2.000,00 €, einen Anspruch auf Nutzungsausfall für den Monat April 2012 in Höhe von 675,00 € sowie einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 337,50 €.

Der Anspruch auf die Zahlung der Mieten ergibt sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag. Der Anspruch besteht jedoch nicht in voller Höhe, da der Beklagten ein Minderungsrecht gem. § 536 BGB zusteht. Sie war berechtigt, die Miete für den Monat Dezember 2011 zu mindern, da in diesem Zeitraum die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert war. Das Gericht hält eine Minderung in Höhe von 80% (= 500 €) für angemessen.

Zwar konnte die Beklagte nicht beweisen, dass auch nach dem 02.12.2011 noch Ratten in der Wohnung waren. Aber auch dann, wenn kein Rattenbefall mehr vorgelegen hat, war die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert.

Im Dezember 2011 waren die Einschränkungen der Beklagten auch erheblich. Die Mitarbeiter der Firma H. hatten in der Wohnung der Beklagten Köder ausgelegt und Spurenstaub auf dem Boden aufgebracht, um eventuelle Laufspuren der Ratten sichtbar zu machen. Hierdurch war ein normales Bewohnen der Wohnung unmöglich. Aufgrund des Rattenbefalls mussten zudem die Küche, das Wohnzimmer und das Arbeitszimmer verschlossen werden. Die Beklagte konnte diese Räume somit gar nicht mehr nutzen.

Das Minderungsrecht entfällt auch nicht deshalb, weil die Beklagte den Rattenbefall selber verursacht hat. Das Gericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass die Ratten nicht aufgrund des Verhaltens der Beklagten in die Wohnung gelangt sind. Die Zeugen H. und Q. haben glaubhaft bekundet, die Ratten haben sich unter den Platten der Terrasse Erdgänge gebaut. Das Gericht geht davon aus, dass die Ratten dann durch die geöffnete Terrassentür in die Wohnung gelangt sind. Dies kann jedoch der Beklagten nicht angelastet werden. Es ist ohne Frage vom vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung umfasst, die Terrassentür zu öffnen und offenstehen zu lassen. Die Beklagte musste auch nicht davon ausgehen, dass es bei einem solchen Verhalten dazu kommt, dass Ratten in die Wohnung eindringen.

Nachdem im Dezember keine Köderannahme mehr festgestellt werden konnte, ist davon auszugehen, dass die Wohnung spätestens im Januar nicht mehr von Ratten befallen war. Die Firma H. hat nach dem 21.12.2011 auch keine neuen Köder mehr ausgebracht. Eine Einschränkung der Beklagten war daher nicht mehr gegeben. Sie hätte die Räumlichkeiten wieder normal nutzen können.

Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Nutzungsausfall für den Monat April 2012 in Höhe der ortsüblichen Miete von 675,00 € gem. § 546 a BGB.

Das Mietverhältnis zwischen den Parteien endete am 31.03.2012 aufgrund der von der Beklagten erklärten Kündigung. Die Beklagte ist jedoch unstreitig erst am 30.04.2012 aus der Wohnung ausgezogen. Sie hat somit gegen ihre Pflicht, die Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben, verstoßen. Für die Dauer der Vorenthaltung ist daher als Entschädigung gem. § 546 a BGB die vereinbarte oder ortsübliche Miete zu zahlen. Der Kläger hat sein Wahlrecht dahingehend ausgeübt, dass er die ortsübliche Miete verlangt und beziffert diese mit 675,00 €. Die Beklagte hat die Ortsüblichkeit nicht bestritten.

Weiterhin hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 337,50 € gem. 280 Abs. 1 BGB.

Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung für den Monat Mai 2012 besteht nicht, da die Beklagte die Wohnung jedenfalls zum 30.04.2012 zurückgegeben hatte. Die Rückgabe in einem nicht vertragsgemäßen Zustand begründet keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung.

Der Kläger hat jedoch einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Hälfte der ortsüblichen Monatsmiete. Die Beklagte hat eine ihr aus dem Mietverhältnis obliegende Pflicht verletzt. Sie hat die Wohnung nicht in dem vertraglich geschuldeten, besenreinen Zustand an den Kläger zurückgegeben. Unstreitig ist, dass die Beklagte während der Mietzeit in dem Gäste-WC den WC-Topf samt Deckel entfernt und diesen auch später nicht wieder montiert hatte. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zudem zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich nach dem Auszug der Beklagten nach wie vor Klebereste auf den Fliesen im Badezimmer befunden haben und jedenfalls der Boden in der Küche nicht ausgefegt war. Dies ergibt sich aus der Aussage des Zeugen S. im Zusammenhang mit der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder Bl. 106 ff d. A. Auf den Lichtbildern sind die Rückstände des Klebebandes im Badezimmer sowie der unsaubere Küchenboden zu erkennen. Der Zeuge S. hat glaubhaft bekundet, die Lichtbilder gäben den Zustand der Wohnung am 30.04.2012 wieder. Etwas anderes hat sich auch nicht durch die Vernehmung der von der Beklagten benannten Zeugen P. und Sch. ergeben. Vielmehr haben die beiden Zeugen bekundet, es seien Klebereste am Boden zurückgeblieben und die Küche sei nicht ausgefegt worden.

Das Gericht geht jedoch davon aus, dass die Wiederherstellung des vertraglich geschuldeten Zustands innerhalb weniger Tage hätte erfolgen und die Wohnung daher spätestens zum 15.05.2012 wieder neu hätte vermietet werden können. Es waren lediglich wenige Klebereste zu entfernen und ein neuer WC-Topf zu installieren.

Die Klageforderung ist auch nicht durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung teilweise erloschen. Es besteht keine Aufrechnungslage, da die Beklagte gegen den Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Umzugskosten hat.

Eine Pflichtverletzung des Klägers gem. § 280 Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Der Kläger hat den Rattenbefall der Wohnung nicht verursacht und hat veranlasst, dass dieser zügig beseitigt wird, so dass spätestens ab Januar 2012 kein Befall mehr vorhanden war. Daher lag auch kein wichtiger Kündigungsgrund i. S. d. § 543 BGB vor. Die Beklagte ist zudem freiwillig noch bis einschließlich April 2012, also auch nach Beendigung des Mietverhältnisses, in der Wohnung geblieben. Ihr war es somit zuzumuten, die Wohnung auch weiterhin zu bewohnen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 3.850,00 €.

Rechtsgebiete

Mietrecht