Tauben und Wasservögel: Kommunen können Fütterungsverbot anordnen

Gericht

OLG Koblenz


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

02. 05. 2012


Aktenzeichen

2 SsBs 114/11


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts St. Goar vom 5. Oktober 2011 wird auf deren Kosten als unbegründet verworfen.

Entscheidungsgründe


Gründe:

I.

Mit Bußgeldbescheid vom 29. September 2010 hat die Stadtverwaltung ...[X] gegen die Betroffene wegen fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8 der Gefahrenabwehrverordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Stadt ...[X] vom 16. Dezember 2009 (nachfolgend: Gefahrenabwehrverordnung) eine Geldbuße von 2.500 € festgesetzt.

Danach ist es verboten, auf öffentlichen Straßen oder Anlagen Lebens– oder Futtermittel (Körner, Brot usw.), die dazu geeignet sind, von freilebenden Tieren, wie Vögel, Fische, Ungeziefer und Ratten als Futter aufgenommen zu werden, auszulegen oder auszustreuen.

Auf den Einspruch der Betroffenen hat das Amtsgericht St. Goar sie am 5. Oktober 2011 wegen „vorsätzlicher Ordnungswidrigkeit – Auslegen oder Ausstreuen von Lebens- und Futtermitteln auf öffentlichen Straßen oder in öffentlichen Anlagen“ gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung zu einer Geldbuße von 800 € verurteilt.

Gegen dieses Urteil hat die Betroffene form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt und unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ihre Freisprechung begehrt. Der Generalstaatsanwalt hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.


II.

Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1.

Die Verfahrensrügen der Betroffenen dringen nicht durch.

a)

Ohne Erfolg bleibt die Rüge der nicht erfolgten Bescheidung eines Hilfsbeweisantrages. Der Verteidiger der Betroffenen hat in seinem Plädoyer für den Fall, dass das Gericht davon ausgeht, es handele sich bei den Gleisen um eine öffentliche Straße, Beweiserhebung durch Inaugenscheinnahme beantragt. Zwar hat die Tatrichterin diesen Hilfsbeweisantrag in den Urteilsgründen nicht beschieden. Auf diesem Fehler beruht das Urteil jedoch nicht. Ein zulässiger Beweisantrag setzt das unbedingte oder – wie hier – das an eine Bedingung geknüpfte Verlangen voraus, Beweis über eine bestimmte Tatsache durch den Gebrauch eines bestimmten Beweismittels zu erheben (Meyer-Goßner, § 54. Aufl. § 244 Rdnr. 18 m.w.N.). Bei der Frage, ob die Gleise unter den Begriff der öffentlichen Straße im Sinne der Gefahrenabwehrverordnung fallen, handelt es sich jedoch nicht um eine Tatsache, sondern um eine durch das erkennende Gericht auf Grund der getroffenen Feststellungen zu beurteilende Rechtsfrage. Der Hilfsbeweisantrag war daher bereits unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Auf der Nichtbescheidung eines unzulässigen Hilfsbeweisantrages kann das Urteil jedoch nicht beruhen.

b)

Auch die Rüge, die Bußgeldrichterin habe die richterliche Hinweispflicht gemäß §§ 71 Abs. 1 OWiG, 265 Abs. 1 StPO verletzt, indem sie die Betroffene entgegen dem Bußgeldbescheid wegen vorsätzlicher Begehungsweise verurteilt hat, ohne zuvor auf die geänderte Schuldform hingewiesen zu haben, verhilft der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg.

Sie ist bereits unzulässig, weil sie nicht den Formerfordernissen gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Danach muss der Beschwerdeführer, der eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend macht, die den Mangel begründenden Tatsachen angeben. Dies hat ohne Bezugnahmen oder Verweisungen so vollständig und genau zu geschehen, dass das Rechtsbeschwerdegericht ohne Rückgriff auf den Akteninhalt oder beigefügte Anlagen allein aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (BGHSt 3, 213, 214; Meyer-Goßner, StPO, a.a.O., § 344 Rdnr. 21 m.w.N.). Zwar teilt die Rechtsbeschwerdeführerin zutreffend mit, dass der ursprüngliche Bußgeldbescheid der Stadt ...[X] von fahrlässiger Begehungsweise ausgegangen ist. Eine vollständige Mitteilung des Inhalts des Bußgeldbescheids war entbehrlich, da der Senat hiervon als Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen Kenntnis zu nehmen hat (BGH StV 2002, 588). Die Rechtsbeschwerde legt unter Verweis auf das Hauptverhandlungsprotokoll auch ausreichend dar, dass der wegen der Verschärfung der Schuldform erforderlich gewesene Hinweis (vgl. dazu: KK-Senge, OWiG, 3. Aufl., § 71 Rdnr. 6; Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 71 Rdnr. 50) in der Hauptverhandlung nicht erteilt wurde. Hierbei handelt es sich um eine wesentliche Förmlichkeit im Sinne des § 273 StPO, deren Fehlen von der negativen Beweiskraft des Protokolls gemäß § 274 StPO erfasst wird und somit durch dessen Fehlen in der Sitzungsniederschrift belegt ist. Zur ordnungsgemäßen Ausführung einer auf die Verletzung des § 265 StPO gestützten Rüge gehört jedoch die Darlegung, dass der Betroffene auf die Möglichkeit der Schuldformverschärfung auch nicht vor der Hauptverhandlung, insbesondere nicht im Rahmen der Ladungsverfügung, hingewiesen worden ist (BGHSt 2, 304; Meyer-Goßner, a.a.O., § 265 Rdnr. 32, OLG Koblenz, Beschluss 2 Ss 293/00 v. 21.08.2000). Daran fehlt es hier. Die Rüge ist daher nicht ordnungsgemäß erhoben.

2.

Auch die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen eine Verurteilung der Betroffenen wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung.

a)

Die in Rede stehenden Vorschriften der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ...[X] sind wirksam. Die Taubenfütterungsverbotsverordnung beruht auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung (§ 43 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Landes Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 10. November 1993 (nachfolgend: POG)) und hält sich in deren Rahmen. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot, das zur Nichtigkeit der Verordnung führen würde, liegt nicht vor.

Das Fütterungsverbot für verwilderte Tauben verstößt nicht gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 2 Landesverfassung Rheinland-Pfalz). Dieses wird nur innerhalb der Schranken der Gesetze, zu denen auch auf gesetzlicher Grundlage erlassene Rechtsverordnungen zählen, gewährleistet. Soweit der unantastbare Bereich privater Lebensgestaltung nicht beeinträchtigt ist, muss daher jedermann als gemeinschaftsbezogener und gemeinschaftsgebundener Bürger staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebotes erfolgen und den Wesensgehalt des Grundrechts nicht antasten. Zwar schützt die allgemeine Handlungsfreiheit auch die Tierliebe in ihren verschiedenen Erscheinungsformen und damit auch das Füttern von Tauben auf Straßen und in Anlagen. Letzteres gehört jedoch nicht zum absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung. Bei der gebotenen Güter- und Interessenabwägung ist es gerechtfertigt, dem Schutz der Bürger vor Belästigung durch Verunreinigungen oder Schäden am Eigentum den Vorrang vor dem Interesse des Tierliebhabers zu geben (HessVGH, Beschluss 8 A 396/10 v. 01.09.2011 – juris - ; BayVerfG BayVBl. 2005, 172; OLG Hamm Beschluss 2 Ss OWi 836/06 v. 22.02.2007; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 23.05.1980, 2 BvR 854/79 - Juris -).

Das Verbot erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig. Eine zunehmende Vermehrung von Tauben führt zu nicht hinnehmbaren starken Verschmutzungen der Gehwege, Straßen und Gebäude bis hin zu Substanzschäden an öffentlichem und privatem Eigentum (vgl. OLG Hamm a.a.O.; HessVGH a.a.O.; BayVerfG a.a.O.; VGH BW, Beschluss 1 S 261/05 v. 27.09.2005 – alle Juris -). Schließlich fallen jedenfalls Reinigungskosten an, damit die durch Taubenkot verunstalteten Gebäude wieder ästhetischen Anforderungen genügen und so auch ihren wirtschaftlichen Wert behalten (VGH BW, a.a.O.). Das Fütterungsverbot stellt deshalb die geringst mögliche Beeinträchtigung der Taubenliebhaber dar.

Auch das Grundrecht der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Schutzbereich des Grundrechts ist berührt, wenn eine ernste sittliche, das heißt an den Kategorien von „gut“ und „böse“ orientierte Entscheidung in Rede steht, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte (BVerfGE, Beschluss vom 21.12.1960, 1 BvL 21/60 - Juris -). Im Hinblick auf das beharrlich anhaltende Füttern von Tauben trotz Sanktionierung mit teils empfindlichen Geldbußen in der Vergangenheit kann der Senat nicht ausschließen, dass für die Betroffene eine Situation gegeben ist, die sie aus ihrem Verständnis des Tierschutzes zu diesem Handeln veranlasst. Die von Art. 4 Abs. 1 GG erfasste Gewissensfreiheit umfasst dabei nicht nur die Freiheit, ein Gewissen zu haben, sondern grundsätzlich auch die Freiheit, von der öffentlichen Gewalt nicht verpflichtet zu werden, gegen Gebote und Verbote des Gewissens zu handeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.05.2007, 2 BvR 475/02 - Juris -). Zwar unterliegt das Grundrecht der Gewissensfreiheit keinem Gesetzesvorbehalt, es gilt aber dennoch nicht uneingeschränkt, sondern findet seine Schranken durch die hier tangierten Grundrechte aus Art. 2 und 14 GG . Der Betroffenen ist es daher unbenommen, sich auf sonst zulässige Art und Weise für den Tierschutz zu engagieren.

Das Verbot der Taubenfütterung steht ferner auch mit Art. 20a GG in Einklang. Nach der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung dieser Norm schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Es handelt sich bei der Regelung in Art. 20a GG jedoch um eine bloße Staatszielbestimmung. Eine Verletzung eigener Rechte der Klägerin unter Bezugnahme auf die Regelung in Art. 20a GG scheidet deshalb aus. Dass auch nach Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz die Gemeinden befugt sind, aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rahmen der geltenden Ermächtigungsgrundlagen entsprechende Gefahrenabwehrverordnungen zu erlassen, die auch ein Taubenfütterungsverbot zum Inhalt haben, ist überdies inzwischen hinreichend geklärt (VGH BW, a.a.O.; BayVerfGH NuR 2005, 388 f.; OLG Saarbrücken VRS 106, 389, 392, OLG Hamm a.a.O.; VG Düsseldorf, Urteil v. 04.05.2011, Az. 18 K 1622/11, - Juris -; VG Arnsbach, Urteil v. 14.07.2011, Az. AN 5 K 10.01853 – juris -).

Schließlich erfüllt das Taubenfütterungsverbot auch nicht die Strafnormen der Tierquälerei nach § 17 Nr. 2b und der Tiertötung nach § 17 Nr. 1 Tierschutzgesetz. Voraussetzung dafür wäre, dass man Tieren „ohne vernünftigen Grund“ (§ 1 Satz 2 TierSchG) Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt. Es kann dahinstehen, ob es überhaupt eine Verpflichtung gibt, wild lebende Tiere zu füttern, weil es „auf der Hand liegt, dass dem Schutzgut der menschlichen Gesundheit ein höherer Rang zukommt als dem Tierschutz und dass deshalb die Abwehr von Gefahren, die der menschlichen Gesundheit von bestimmten Tieren drohen, ein vernünftiger Grund für Maßnahmen sein kann, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden bei diesen Tieren verbunden sind“ (BVerwG, Beschluss 3 BN 1/97 v. 24.10.1997 - Juris -). Eine (insoweit ausreichende) abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt (BVerwG a.a.O.). Auf den Nachweis der Gefahr eines Schadenseintritts im Einzelfall kann verzichtet werden, da grundsätzlich davon auszugehen ist, das durch das Auftreten einer großen Anzahl wild lebender Tauben auch eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung eintritt.

Die hier angewendeten Vorschriften der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt ...[X] erweisen sich daher als wirksam.

b)

Das Amtsgericht hat auch im vorliegenden Einzelfall ohne Rechtsfehler einen Verstoß gegen §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 4 der Gefahrenabwehrverordnung bejaht.

Bei dem hier in Rede stehenden Gleisbett, welches nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Amtsgerichts stillgelegt und tatsächlich öffentlich zugänglich ist, handelt es sich um eine „öffentliche Straße“ im Sinne der Gefahrenabwehrverordnung. Nach der in § 1 der Gefahrenabwehrverordnung enthaltenen Begriffsbestimmung sind öffentliche Straßen Wege und Plätze sowie alle für den Straßenverkehr oder einzelne Arten des Straßenverkehrs bestimmte Flächen sowie Flächen, die tatsächlich öffentlich zugänglich sind. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift fallen demzufolge auch Flächen in den Schutzbereich der Verordnung, die nicht dem Straßenverkehr zuzuordnen, sondern lediglich - und ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse - öffentlich zugänglich sind.

Die Einbeziehung dieser Flächen begegnet keinen Bedenken. Nach § 43 Abs. 1 POG, auf die sich die vorliegende Gefahrenabwehrverordnung gründet, können die allgemeinen Ordnungsbehörden zur Abwehr von (abstrakten) Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Gebote und Verbote erlassen, die für eine unbestimmte Zahl von Fällen an eine unbestimmte Anzahl von Personen gerichtet sind. Nach ihrem Wortlaut erfasst die Verordnung daher nicht die „öffentlichen Straßen oder Anlagen“, sondern die „Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung auf öffentlichen Straßen und Anlagen“. Die Ermächtigungsgrundlage erlaubt daher auch die Regelung von Vorgängen durch Verordnung, die außerhalb der Straße im eigentlichen Sinne – sei es auch von privaten Flächen oder Grundstücken ausgehend – die Sicherheit auf öffentlichen Straßen unmittelbar gefährden. Dass dies auch Ziel der hier in Rede stehenden Gefahrenabwehrverordnung ist, wird durch die präzisierende Begriffsbestimmung der „öffentlichen Straße“ in § 1 Abs. 2 der Verordnung deutlich, wonach zur „öffentlichen Straße“ auch Dämme, Gräben, Böschungen, Uferbereiche gehören.

Ausgehend hiervon unterfällt das stillgelegte Gleisbett als tatsächlich öffentlich zugängliche Fläche dem Oberbegriff der öffentlichen Straße. Es grenzt nach den Feststellungen des Amtsgerichts unmittelbar an einen Parkplatz an, der neben der Straße liegt. An dessen öffentlicher Zugänglichkeit ändert auch der Umstand nichts, dass es durch eine Bahnkante von maximal einem Meter von der Parkfläche getrennt ist. Dass durch das Ausstreuen von Futter auf dem Gleisbett auch eine unmittelbare Beeinträchtigung der öffentlichen Straße infolge Verschmutzung durch hierdurch angelockte Tauben entsteht, liegt offen auf der Hand.

Ob der Schutzbereich der Gefahrenabwehrverordnung auch den Schienenverkehr erfasst, kann dahinstehen. Soweit die Rechtsbeschwerde behauptet, es handele sich bei dem Gleisbett um eine im Betrieb befindliche Gleisanlage, trägt sie urteilsfremde Tatsachen vor, die mit den vom Tatgericht getroffenen Feststellungen im Widerspruch stehen und damit im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlich sind.

Auch der Schuldspruch wegen vorsätzlichen Handelns wird von den Urteilsfeststellungen getragen. Nähere Ausführungen zur subjektiven Tatseite enthält das Urteil zwar nicht. Sie sind vorliegend jedoch entbehrlich, da nach dem festgestellten Sach-verhalt nur vorsätzliches Handeln in Betracht kommt. Vorsätzlich handelt, wer die Umstände des gesetzlichen Tatbestandes erfasst hat (Fischer, a.a.O, § 16 Rdnr. 3 m.w.N.) Nicht erforderlich ist daher, dass der Täter die abstrakten Tatbestandsmerkmale der Verbotsnorm in seinem Bewusstsein reflektieren muss. Es genügt vielmehr, dass er einen Wirklichkeitsvorgang mit konkreten Umständen realisiert hat, der der Gesetzesbeschreibung entspricht (Fischer, a.a.O.). Ausgehend hiervon handelte die Betroffene ohne Zweifel vorsätzlich. Nach den Urteilsfeststellungen ist sie in den letzten fünf Jahren vielfach wegen unerlaubten Ausstreuens von Futtermitteln in Erscheinung getreten, weshalb gegen sie Geldbußen bis zu 700 € festgesetzt wurden. Hinzu kommt, dass sie als Einwohnerin der Gemeinde ...[X] ortskundig ist. Mangels Einfriedung des in Rede stehenden Geländes sind auch keine Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, dass der Betroffenen die tatsächliche Zugänglichkeit der Bahngleise entgangen sein könnte. Ihr erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren erhobener Einwand, sie habe nicht gewusst, dass es sich bei der Örtlichkeit um eine „öffentliche Straße handelt“, erweist sich als ein für den Vorsatz unbeachtlicher Subsumtionsirrtum, der als Verbotsirrtum nach § 17 StGB zu behandeln ist und nur im Falle seiner Unvermeidbarkeit schuldhaftes Handeln entfallen ließe. Da sich jedoch weder aus der Einlassung der Betroffenen noch im Übrigen Anhaltspunkte hierfür ergeben haben, waren nähere Feststellungen hierzu nicht veranlasst.

c)

Auch die Feststellungen zum Rechtsfolgenausspruch unterliegen keinen Bedenken. Insbesondere hat die Tatrichterin in Anbetracht der Höhe der verhängten Geldbuße von über 250 € die dann notwendigen näheren Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen getroffen (vgl. hierzu OLG Koblenz, Beschluss 1 Ss 283/02 v. 20.01.2003). Die Ausführungen zur Bemessung der Geldbuße belegen, dass diese bei der Festsetzung der Höhe Berücksichtigung fanden. Auch im Übrigen lassen die Zumessungserwägungen keine Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen erkennen.


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 OWiG, 473 Abs.1 Satz 1 StPO.


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