Ausgleichszahlung bei Ankunftsverspätung von über 6 Stunden (und Abflugverspätung von unter 3 Stunden)

Gericht

AG Rüsselsheim


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

20. 11. 2012


Aktenzeichen

3 C 1226/12 (32)


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kläger begehren Ausgleichszahlung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (nachfolgend: VO).

Die Kläger hatten einen Flug DE 1233 von Punta Cana nach Düsseldorf gebucht, der von der Beklagten am 28.3. 2011 um 22:10 Uhr ausgeführt werden sollte. Tatsächlich startete der Flug mit einer Abflugverspätung von 2 Stunden und 4 Minuten und erreichte Düsseldorf mit einer Verspätung von 6 Stunden und 21 Minuten.

Mit Schreiben vom 14.6.2011 hat die Beklagte Ansprüche der Kläger schriftlich zurückweisen lassen. …

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Klage ist begründet. Den Klägern steht gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. c VO eine Ausgleichszahlung in Höhe von je 600,- EUR gegen die Beklagte zu. Diese hat den Flug von Punta Cana nach Düsseldorf am 29.3.2011 mit einer Ankunftsverspätung von über 6 Stunden durchgeführt. Dies begründet einen Anspruch auf Ausgleichszahlung, obwohl keine Annullierung vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2010 - Xa ZR 95/ 06, …; mit Hinweisen auf die Entscheidung des EuGH).

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine relevante Abflugverspätung i.S.d. Art. 6 Abs.1 VO nicht erforderlich. Voraussetzung ist allein, dass Passagiere "wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von 3 Stunden oder mehr erleiden, d. h., wenn sie ihr Endziel nicht früher als 3 Stunden nach der von dem Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreichen." (EuGH, Urt. v. 19.11.2009, Rs. C-402/ 07 - Sturgeon, …).

Art. 6 VO regelt lediglich die Voraussetzungen für den Anspruch auf Betreuungsleistungen gemäß Art. 9 VO bzw. für den Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung gemäß Art. 8 VO. Da die Verordnung ausdrücklich keine Ausgleichszahlungen für verspätete Flüge vorsieht, sondern dieser Anspruch erst durch die Analogie des Art. 7 VO durch den EuGH begründet wurde, sind die Voraussetzungen des Art. 6 der VO nicht auf Ausgleichszahlungen wegen Verspätung anzuwenden. Denn der EuGH hat in seiner neuesten Entscheidung vom 23.10.2012 (verb. Rs. C-581/10 und C-629/10 - Nelson u.a., …) mehrfach darauf hingewiesen, dass Grund für die Anwendungen der Ausgleichszahlungen der Umstand sei, dass ein Zeitverlust von mehr als 3 Stunden entstanden ist und die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten ausgeglichen werden sollen. Für den Passagier ist es nämlich allein entscheidend, wann er an seinem Zielort eintrifft und nicht, ob die Verspätung vor oder nach Abflug entsteht.

Die Kläger erfüllen auch die Voraussetzung des Art. 3 Abs. 2 lit. a VO durch den Umstand, dass sie über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügten. Nicht Anspruchsvoraussetzung ist dagegen die tatsächliche Vorlage einer bestätigten Buchung. …

Rechtsgebiete

Reiserecht