Vereinbarung eines Kündigungsausschlusses

Gericht

LG Kleve


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

12. 07. 2012


Aktenzeichen

6 S 155/11


Tenor


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.07.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Rheinberg wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe


Gründe

I.

Die Beklagten mieteten mit Vertrag vom 30.10.2001 von den Klägern das Haus B Straße y in Gg zum 15.11.2001 an.

Vereinbart war eine Miete von 1.290,00 DM zuzüglich 90,00 DM für eine Garage und einer monatlichen Abschlagszahlung gemäß § 27 II. BVO in Höhe von 300,00 DM, insgesamt 1.680,00 DM.

Gemäß Anlage 2. zum Mietvertrag vom 30.10.2001 vereinbarten die Parteien eine Staffelmiete.

Danach sollte die Miete zum 01.01.2002 1.290,00 DM, ab 01.01.03 1.330,00 DM, ab 01.01.04 1.370,00 DM, ab 01.01.05 1.410,00 DM und ab 01.01.06 1.450,00 DM netto betragen.

Unter § 2 Nr. 3 des Mietvertrages haben die Parteien folgendes vereinbart:

„Liegt diesem Mietvertrag eine Staffelmiete zugrunde, so wird das Kündigungsrecht des Mieters auf die Dauer von vier Jahren ab Mietbeginn ausgeschlossen.“

Am 31.01.2006 haben die Kläger, vertreten durch die Hausverwaltung und Immobilien y GmbH mit den Beklagten im Rahmen einer sogenannten Individualvereinbarung einen weiteren Kündigungsausschluss bis zum 30.06.2011 vereinbart.

Außerdem haben sie vereinbart, dass die Kaltmiete ab dem Monat 03/06 auf 620,92 Euro reduziert wird. Die zu diesem Zeitpunkt zu zahlende Miete betrug 741,37 Euro (1.450 DM)

Die Beklagten haben das Mietverhältnis mit Kündigungsschreiben vom 28.09.2010 zum 31.12.2010 gekündigt. Dem haben die Kläger widersprochen. Die Beklagten sind zum angekündigten Zeitpunkt ausgezogen und haben das Haus geräumt.

Mit der Klage haben die Kläger von den Beklagten Zahlung eines Betrages von 5.800,00 Euro verlangt, nämlich 100,00 Euro pro Monat seit März 2000 bis Dezember 2010 mit der Begründung, da die Beklagten sich nicht mehr an den Kündigungsausschluss gehalten hätten, seien sie verpflichtet, die im Hinblick auf den Kündigungsausschluss vereinbarte Reduzierung des Mietzinses zu zahlen, hilfsweise haben sie die Klage darauf gestützt, dass die Beklagten ihnen bis zum Ablauf des Kündigungsverzichtes am 30.06.2011 die reduzierte Miete, insgesamt 5.281,98 Euro schuldeten, da die Kündigung der Beklagten im Hinblick auf den Kündigungsverzicht unwirksam sei.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der sogenannten Individualvereinbarung vom 31.01.2006 und der Kündigung der Beklagten.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 25.07.2011- auf dessen weitere Feststellungen verwiesen wird- auf die Hilfsbegründung der Kläger hin die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 5.281,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2011 zu zahlen und im übrigen die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage habe in Bezug auf den Hilfsantrag Erfolg. Den Klägern stehe gegenüber den Beklagten aus §535 BGB ein Anspruch auf Fortzahlung der nach der Vereinbarung vom 31.01.2006 geschuldeten Bruttomiete von 880,33 Euro für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Juni 2011 zu. Der individualvertraglich vereinbarte Kündigungsausschluss sei wirksam. Die Beklagten hätten deswegen auch nicht wirksam kündigen können zum 31.12.2010, sondern frühestens zum 30.06.2011, so dass die Beklagten verpflichtet seien, die Miete bis Juni 2011 zu zahlen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Sie sind der Ansicht, dass der in der Vereinbarung vom 31.01.2006 vereinbarte Kündigungsausschluss unwirksam und daher ihre Kündigung zum 30.12.2010 wirksam sei. Im übrigen seien die Kläger verpflichtet gewesen, die Wohnung sobald wie möglich weiter zu vermieten.


II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.

Den Klägern steht gegenüber den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung restlicher Miete in Höhe eines Gesamtbetrages von 5.281,98 Euro für die Zeit von Januar bis Juni 2011 (6 x 880,33 Euro) gemäß § 535 BGB zu.

Vorliegend können die Kläger noch die monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 213,39 Euro verlangen. Die Frist zur Abrechnung der Nebenkosten läuft erst Ende des Jahres 2012 ab und es ist gerichtsbekannt, dass die Gemeinde Rheinberg die Kosten und Gebühren, im Gegensatz zu anderen Gemeinden nicht zu Anfang des folgenden Jahres, sondern erst in der zweiten Hälfte des folgenden Jahres abrechnet.

Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.09.2010 zum 31.12.2010 beendet worden.

Denn die Parteien haben laut der Vereinbarung vom 31.01.2006 einen Kündigungsausschluss für das Haus B Straße y in Gg bis zum 30.06.2011 vereinbart. Diese Vereinbarung vom 31.01.2006 ist wirksam.

Zunächst einmal verstößt die Vereinbarung eines beiderseitigen Kündigungsausschlusses durch Formularmietvertrag oder durch Individualvertrag nicht gegen § 573 c Abs. 4 BGB noch gegen § 575 Abs. 4 BGB und ist damit grundsätzlich wirksam. Dies hat der Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung vom 22.12.2003 (BGH NJW 2004, 1404) ausgeführt, der ein einseitiger Verzicht des Mieters für die Dauer von 60 Monaten zugrunde lag.

Bei der Frage, für welchen Zeitraum ein Kündigungsausschluss wirksam vereinbart werden kann, unterscheidet der Bundesgerichtshof zwischen einem Mietvertrag mit Staffelmietvereinbarung und einem Mietvertrag ohne Staffelmietvereinbarung sowie danach, ob der Kündigungsausschluss durch Individualabrede oder durch eine formularmäßige Vereinbarung abbedungen ist (siehe hierzu die Entscheidung BGH NJW 2005, 1574, BGH NJW 2006, 2696, BGH NJW 2004, 1448 sowie BGH NJW 2011, 59).

Bei der hier im Streit befindlichen Vereinbarung vom 31.01.2006 handelt es sich um eine Individualvereinbarung der Parteien, wie sich bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild der Vereinbarung ergibt. Daran ändert auch nichts, dass bezüglich der übrigen Bestimmungen des Mietvertrages auf den Mietvertrag vom 30.10.2000 verwiesen wird, bei dem es sich um einen Formularmietvertrag handelt. Denn dadurch wird die Individualabrede nicht zur Allgemeinen Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 307 ff. BGB.

Hinsichtlich eines individual vereinbarten Kündigungsausschlusses hat der Bundesgerichtshof zuletzt noch in seinem Urteil vom 13.10.2010 (NJW 2011, 59) unter Anschluss an BGH NJW 2004, 1448 ausgeführt, dass ein beiderseitiger Kündigungsausschluss im Wege einer Individualvereinbarung auch für einen noch längeren Zeitraum als vier Jahre vereinbart werden kann und hat in dieser Entscheidung einen wechselseitigen Kündigungsverzicht für einen Zeitraum von 10 Jahren für wirksam angesehen.

Dieser Entscheidung schließt sich die Kammer an und hält den mit Individualvereinbarung vom 31.01.2006 vereinbarten Kündigungsausschluss bis zum 30.06.2011, also für einen Zeitraum von 5 Jahren und 5 Monaten, für wirksam.

Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Vereinbarung des Kündigungsausschlusses bis zum 30.06.2011 mit einer Staffelmietvereinbarung verbunden wäre. Denn bei Staffelmietverträgen kann gemäß § 557 a Abs. 3 BGB das Kündigungsrecht höchstens vier Jahre seit Abschluss des Staffelmietvertrages ausgeschlossen werden.

Vorliegend ist jedoch die Vereinbarung des Kündigungsausschlusses weder an die im Vertrag vom 30.10.2001 getroffene Staffelmietvereinbarung gekoppelt noch ist im Rahmen der sogenannten „Individualvereinbarung“ eine neue Staffelmietvereinbarung getroffen worden.

Bei dem Mietvertrag vom 30.10.2001, auf den die Vereinbarung vom 31.01.2006 verweist, handelt es sich um einen Staffelmietvertrag, wie sich aus der Anlage 2 zum Mietvertrag vom 30.10.2001 ergibt.

Diese Staffelmietvereinbarung war jedoch zum Zeitpunkt des Abschlusses der sogenannten Individualvereinbarung am 31.01.2006 bereits abgelaufen, da zum 01.01.2006 die letzte Staffelmieterhöhung eingetreten war. Mit Eintritt der letzten Stufe ist der Staffelmietzeitraum abgelaufen und die am Ende erreichte Miete gilt auf unbestimmte Zeit weiter, es sei denn, diese wird nach § 558 BGB erhöht oder es wird eine neue (Staffel-) Miete vereinbart (s. hierzu Palandt-Weidenkaff, BGB 71. Auflage, § 557 a Nr. 9).

Die Vereinbarung vom 31.01.2006 enthält keine Staffelmietvereinbarung.

Seit dem 01.01.2006 war eine Kaltmiete von 1.450,00 DM = 741,37 Euro vereinbart.

Ausweislich der Vereinbarung vom 31.01.2006 sollte die Miete ab dem Monat März 2006 auf eine Kaltmiete von 620,92 Euro reduziert werden zuzüglich Kosten für die Garage und die Nebenkosten, d. h. ein Betrag von insgesamt 880,33 Euro gezahlt werden. Diese Gesamtmiete war auch unter Berücksichtigung der höheren Nebenkosten niedriger als die Miete, die sich aus dem Mietvertrag vom 30.10.2001 unter Berücksichtigung der höchsten Staffel von 1.450,00 DM ergab. Diese betrug nämlich bei Zugrundelegung einer Miete von 741,37Euro, Garagenmiete von 46,02 Euro und einer Abschlagszahlung in Höhe von 153,39 Euro insgesamt 940,78 Euro.

Grundsätzlich reicht es für die Vereinbarung einer Staffelmiete aus, dass sich die Miete während des vereinbarten Zeitraums lediglich einmal verändert. Streitig ist allerdings, ob § 557a BGB nur für Mieterhöhungen oder auch für Mietsenkungen gilt (für ersteres Staudinger-Weitemeyer BGB 2011, § 557 a Rdn. 11/12, darauf könnte auch die Entscheidung des BGH NJW- RR 2006, 229 hindeuten, anderer Ansicht: Münchener Kommentar BGB 6. Auflage, 2012, § 557a, Rdn. 9 sowie Schmidt-Futterer-Börstinghaus, 3. Auflage, § 557 a Rdn. 20., die § 557a BGB auch auf staffelartige Mietsenkungen) anwenden wollen.

Vorliegend kann dieser Streit dahinstehen, da nach Ansicht der Kammer die Vereinbarung vom 31.01.2006, dass die vereinbarte Miete sich ab dem 03.06.2006 auf 880,33 € mindern sollte, dahin auszulegen ist, dass die Parteien keine weitere Staffelmietvereinbarung schließen, sondern nur einmalig die Miete von 940,78 € im Mai 2006 auf 880,33 € heruntersetzen wollten.

Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die „Individualvereinbarung“ der Parteien nur eine einmalig die Miethöhe ändernde Vereinbarung enthält, im Gegensatz zu dem der Entscheidung des BGH vom 16.11.2005 (NJW RR 2006, 229) zugrunde liegenden Sachverhalt. Dort ist nämlich zunächst die geltende (Staffel-)Miete heruntergesetzt worden und gleichzeitig vereinbart worden, dass die Miete zwei Jahre später wieder ansteigt. Letztlich sind also zwei Vereinbarungen zur Miethöhe getroffen worden.

Es folgt aber auch aus dem Zeitabstand zwischen der Vereinbarung der Parteien und dem Datum, ab dem eine geringere Miete von Seiten der Beklagten geschuldet war. Hier liegt nämlich zwischen dem Abschluss des Vertrages am 31.01.2006 und dem Zeitpunkt der Mietänderung nur 1 Monat.

Im Hinblick auf den Vertrag vom 30.10.2001 dürfte es zumindest der Vermieterin bekannt gewesen sein, dass gemäß § 557 a Abs. 2 BGB, bei einer Staffelmietvereinbarung zwischen den einzelnen Staffeln der Zeitraum eines Jahres liegen muss.

Der kurze Zeitabstand zwischen der Vereinbarung vom 31.01.2006 und dem Beginn der Mietänderung kann nach Ansicht der Kammer nur Gründe in der Umsetzung der Mietzinsvereinbarung gehabt haben. Die Klägerin zog nämlich die Miete per Einzugsermächtigung ein, wie sich aus dem Mietvertrag vom 30.10.2001 ergibt.

Die Individualvereinbarung datiert vom 31.01.2006. Zu diesem Zeitpunkt dürfte eine Abänderung der Einzugsermächtigung hinsichtlich der zum 3. Werktag des Monats Februar 2006 fälligen Miete nicht mehr möglich gewesen sein. Damit spricht alles dafür, dass die Parteien um die Umsetzung der einmaligen Mietänderung zu vereinfachen, vereinbart haben, dass diese erst ab März 2006 gelten sollte.

Soweit die Beklagten sich darauf berufen, die Klägerin hätte das Haus vermieten müssen an einen Nachmieter, ihr obliege insoweit eine Schadensminderungspflicht, so ist dies nicht richtig. Zwischen den Parteien bestand bis zum 30.06.2011 ein Mietvertrag und aus diesem Mietvertrag sind die Beklagten verpflichtet, die Miete zu zahlen. Dem Kläger steht insoweit gegenüber den Beklagten ein Erfüllungsanspruch und kein Schadenersatzanspruch zu. Im Gegenteil, wenn Mieter früher ausziehen wollen, dann ist es ihre Sache, dem Vermieter einen Nachmieter zu stellen, um so aus der Mietzahlungspflicht und dem Mietvertrag früher entlassen werden zu können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gemäß den §§ 708 Nr. 10. 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Vorinstanzen

AG Rheinberg, 13 C 140/11

Rechtsgebiete

Mietrecht