Schwenkkran über Nachbargrundstück

Gericht

OLG Karlsruhe


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

11. 12. 1991


Aktenzeichen

6 U 121/91


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bekl. sind Eigentümer eines zu den beiden Anwesen der Kl. benachbarten Grundstücks in S. Zur Errichtung eines Wohnhauses auf ihrem Grundstück hatten die Bekl. einen Baukran aufgestellt. Die Kl. haben der Aufstellung des Kranes widersprochen, da dessen Ausleger beim Transport von Baumaterial ständig durch den Luftraum über ihren Grundstücken schwenke. Nachdem der Baukran abgebaut worden war, erklärten die Kl. den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Das LG hat dem Erledigungsfeststellungsantrag der Kl. stattgegeben. Die Berufung der Bekl. hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Den Kl. stand gegen die Bekl. gem. § 862 I 2 BGB ein Anspruch auf Unterlassung der Beeinträchtigung des Luftraums über ihren Grundstücken durch den Schwenkarm des Baukranes zu, der sich mit dessen Entfernung erledigt hat. Das Eindringen des Schwenkarmes in den Luftraum der Grundstücke der Kl. stellt sich als verbotene Eigenmacht i. S. des § 858 BGB dar. Auch der über einem Grundstück befindliche Luftraum untersteht der Herrschaftsgewalt des Besitzers, der ein rechtlich schützenswertes Interesse hat, daß dieser nicht gegen seinen Willen beeinträchtigt wird. Dies läßt sich insbesondere auch der Vorschrift des § 7c BadWürttNachbG entnehmen, der bereits das Hineinragen fremder Geräteteile in den Luftraum des Nachbargrundstücks vom Einverständnis des Nachbarn abhängig macht. Das Verschwenken des Kranarmes zum Lastentransport über den Grundstücken der Kl. stellt entgegen der Ansicht des LG Kiel (BauR 1991, 380) daher keine bloße Gebrauchshinderung ohne einen Eingriff in die Sachherrschaft dar. Zur Besitzstörung ist auch nicht erforderlich, daß von dem Kran eine konkrete Gefahrensituation für die Grundstücke der Kl. ausgeht. Die von dem Eindringen des Schwenkarmes in den Luftraum der Nachbargrundstücke ausgehenden Belästigungen, die auch mit der bloßen Befürchtung verbunden sein können, das Grundstück und seine Bewohner könnten von herabfallendem Material gefährdet sein, gleichgültig ob diese Befürchtungen sachlich begründet sind, wie auch die Übernahme eines Gefährdungsrisikos überhaupt, sind von den Nachbarn grundsätzlich nicht hinzunehmen.

Gegenüber dem Besitzstörungsanspruch können sich die Bekl. nicht auf ein Hammerschlags- und Leiterrecht gem. § 7c BadWürttNachbG berufen. Unabhängig davon, ob sie ihrer vorherigen Anzeigepflicht gem. § 7c II BadWürttNachbG nachgekommen sind und die sonstigen Voraussetzungen der Vorschrift vorliegen, worüber die Parteien streiten, ist den Bekl. gem. § 863 BGB die Berufung auf das Hammerschlags- und Leiterrecht gegenüber dem Besitzstörungsanspruch aus § 862 BGB untersagt. Dieses Recht aus § 7c BadWürttNachbG stellt keine Beschränkung des Eigentums mit der Folge einer Einschränkung des Besitzrechtes dar. Das ist nur dann der Fall, wenn das Gesetz die Entziehung oder Störung unmittelbar gestattet, jedoch dann nicht, wenn es nur ein im Wege der Klage durchsetzbares Recht verleihen will, wie es gem. § 7c BadWürttNachbG beim Hammerschlags- und Leiterrecht der Fall ist (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 51. Aufl., § 858 Rdnr. 7; KG, OLGZ 77, 448). Gegen eine ausdehnende Auslegung spricht, daß ein Besitzschutz, welcher eine weitgehende Berufung auf ein dingliches Recht oder gar einen schuldrechtlichen Anspruch zuließe, seine Wirkung verfehlte. § 7c BadWürttNachbG räumt dem Berechtigten nur ein Recht auf Duldung ein, das erst nach gerichtlicher Feststellung gegenüber dem Besitzer des Nachbargrundstücks durchgesetzt werden kann (vgl. Pelka, Das NachbarR in Baden-Württemberg, 12. Aufl., S. 96; Birk, Gesetz über das NachbarR in Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 7c Anm. 7a). Entgegen der Ansicht der Bekl. steht daher der Klage nicht der Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegen.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht; Garten- und Nachbarrecht; Nachbarrecht