Zulässigkeit der Errichtung eines Kamins

Gericht

LG Karlsruhe


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

09. 01. 2012


Aktenzeichen

11 S 61/09


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

… 1. Soweit sich die Kl. gegen die Beschlüsse der außerordentlichen Eigentümerversammlung …wendet, hat ihre Klage keinen Erfolg. Die Beschlussfassung entspricht ordnungsgemäße Verwaltung (§ 21 Abs. 3 und 4 WEG).

a) Die Aufforderung an einen Eigentümer, zum Rückbau einer baulichen Maßnahme und die anschließende Mandatierung eines Rechtsanwalts durch Beschluss der Eigentümerversammlung entspricht bereits dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn eine in Erwägung gezogene Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg und die Rechtsauffassung, die dem Mehrheitsbeschluss zugrunde liegt, nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BayObLG NZM 1999, 862, 864 f. m. w. N.; OLG Frankfurt ZMR 2009, 462). Hier hat eine Klage auf Beseitigung des von der Kl. errichteten Kamins nach Auffassung des Einzelrichters nicht nur hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach der aktuellen Sach- und Rechtslage besteht darüber hinaus ein Anspruch der einzelnen Eigentümer gegen die Kl. auf Rückbau des Kamins gemäß §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG, 1004 Abs. 1 BGB, dessen Geltendmachung die Eigentümergemeinschaft durch die Beschlussfassung an sich gezogen hat.

b) Bei dem von der Kl. errichteten Kamin handelt es sich unbedenklich um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG, wovon auch die Berufung ausgeht. Eine Zustimmung der übrigen betroffenen Wohnungseigentümer liegt nicht vor. Die Eigentümerversammlung … hat es vielmehr unter TOP II mit großer Mehrheit abgelehnt, den errichteten Kamin zu genehmigen. Die Zustimmung der übrigen betroffenen Wohnungseigentümer war auch nicht entbehrlich, weil keine Beeinträchtigung vorliegt, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgeht, wobei die Schwelle der erheblichen Beeinträchtigung nach der Rechtsprechung niedrig anzusetzen ist (vgl. Klein in Bärmann, WEG, 11. Auflage 2010, § 14, Rn. 24 m. w. N.). Zwar hat die Kl. in der Berufungsinstanz Lichtbilder vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass sie den Kamin erheblich gekürzt und angestrichen hat, um eine etwaige … optische Beeinträchtigung zu beseitigen. Hierauf kommt es jedoch – unabhängig von der wohl anhand weiterer Lichtbilder noch aufklärungsbedürftigen Frage, ob tatsächlich keine optische Beeinträchtigung mehr vorliegt – nicht entscheidend an, weil die übrigen Eigentümer auch … die Emissionen, die von dem Kamin bzw. dem Betrieb des angeschlossenen Ofens zwangsläufig ausgehen, nicht dulden müssen.

c) Insoweit ist mit der Auffassung des OLG Köln (NZM 2000, 764; dem folgend AG Kassel, Urteil vom 26. 3. 2009, Az.: 800 C 6255/08, juris Rz. 19) davon auszugehen, dass eine konkrete und objektive Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer jedenfalls darin zu sehen ist, dass diese – je nach Windrichtung – durch den durch den Betrieb des Ofens verursachten Rauch belästigt werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kl. bei Errichtung des Kamins und Anschluss des Ofens alle einschlägigen Nomen eingehalten hat und bei dem Betrieb die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden (vgl. OLG Köln a. a. O.). Die Bekl. müssen selbst unterhalb etwaiger Grenzwerte liegende Geruchsbelästigungen nicht hinnehmen, da die Kl. den Kamin eigenmächtig errichtet hat. Aufgrund der anhand der vorgelegten Lichtbilder erkennbaren Örtlichkeiten im vorliegenden Fall – die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus dicht aneinander gebauten, einzelnen Bungalows – ist es zudem bei lebensnaher Betrachtung auszuschließen, dass es nicht zu Geruchsbelästigungen kommen kann, zumal das Ausmaß derselben davon abhängt, mit welchen Brennmitteln der Ofen betrieben wird. Die Kl. trägt in diesem Zusammenhang auch selbst vor, dass es vorkommen könne, dass das während der Anfeuerungsphase „austretende Abgas Geruchsstoffe beinhaltet, die verbranntes Holz wahrnehmen lassen“. Die erfolgte Kürzung des Kamins dürfte ebenfalls nicht zu einer Verbesserung der Situation beigetragen haben.

Nach alledem war auch ein Sachverständigengutachten zur Frage der Geruchsbelästigung nicht einzuholen. Es ist bereits nicht ersichtlich, wie eine solche Frage durch einen Gutachter weiterführend beantwortet werden soll. Die Geruchsemissionen hängen letztlich immer mit der konkreten Wetterlage und dem Material, das in dem jeweiligen Ofen verbrannt wird, zusammen. So wie das Amtsgericht Leipzig … unterstellt, der Kamin werde nur an einzelnen Tagen im Winter für einige wenige Stunden betrieben, ist umgekehrt die Befürchtung gerechtfertigt, dass der Ofen unsachgemäß, täglich und über längere Zeiträume genutzt bzw. befeuert wird, zumal die Kl. ihr Wohnungseigentum jederzeit an einen Dritten veräußern kann. …

d) Hinzu kommt – worauf das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung ebenfalls richtigerweise verweist – der zumindest ergänzend zu berücksichtigende (vgl. BayObLG NZM 1999, 1146) – zu befürchtende Nachahmungseffekt (vgl. OLG Köln WuM 1996, 292; Niedenführ NZM 2001, 1105, 1108). Wird der eigenmächtig errichtete Kamin der Kl. geduldet, kann es auch den übrigen Eigentümern zukünftig nicht oder jedenfalls nur noch unter erheblichen Schwierigkeiten verwehrt werden, ihrerseits einen Kamin zu errichten und einen Ofen anzuschließen. Die Folge wäre eine erhebliche Verstärkung der Emissionsbelastung innerhalb der Wohnungseigentumsanlage.

2. Dass kein Anspruch gegen die übrigen Eigentümer … auf Erteilung einer Zustimmung zu dem errichteten Kamin besteht (§ 21 Abs. 4 WEG), ergibt sich aus den obigen Ausführungen. Die übrigen Eigentümer müssen den Betrieb des Kamins nicht im Hinblick auf § 14 Nr. 1 WEG dulden, sondern haben vielmehr einen Beseitigungsanspruch gegen die Kl. aus §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG, 1004 Abs. 1 BGB (vgl. auch Engelhardt in MünchKomm-BGB, 5. Auflage 2009, § 22 WEG, Rn. 8).

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht

Normen

WEG §§ 14 Nr. 1, 15 I, III, 21 III, IV, 22 I; BGB § 1004 I