Lizenzvertrag: Folgen der Lizensierung eines urheberechtlichen Scheinrechts
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
02. 02. 2012
Aktenzeichen
I ZR 162/09
Ein urheberrechtlicher Lizenzvertrag über die Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten an einem vermeintlichen Werk ist nicht deshalb unwirksam, weil das vermeintliche Werk tatsächlich keinen Urheberrechtsschutz genießt. Der Lizenzgeber eines solchen Lizenzvertrages kann grundsätzlich die vereinbarte Vergütung beanspruchen, solange der Lizenzvertrag besteht und dem Lizenznehmer eine wirtschaftliche Vorzugsstellung verschafft.
Den Parteien eines Lizenzvertrages ist es allerdings unbenommen, die Rechtsfolgen der Übertragung eines Scheinrechts anders zu regeln. Insbesondere können sie vereinbaren, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn der Lizenzgeber nicht nachweist, dass die materiellen Schutzvoraussetzungen des eingeräumten oder übertragenen Rechts vorliegen.
Die GEMA ist nach den Bestimmungen des Berechtigungsvertrages zur Erhebung und Verrechnung von Aufführungsgebühren nur berechtigt und verpflichtet, wenn der Bezugsberechtigte in Zweifelsfällen nachweist, dass die aufgeführten Musikstücke urheberrechtlich geschützt sind.
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts vom 23. September 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger zu 1 und 2, Vater und Sohn, schufen mithilfe von Keyboards und Computertechnik zahlreiche Musikstücke, die sie auf Tonträgern mit der Bezeichnung „Delcanto: Delcantos Hits Vol. 1“ (Kläger zu 1) und „Alexa: Alexas Hits Vol. 1“ (Kläger zu 2) aufnahmen. Die Klägerin zu 3 - eine Gesellschaft, deren Geschäftsanteile der Kläger zu 2 zu 2% und seine Ehefrau zu 98% halten - verlegt die Kompositionen der Kläger zu 1 und 2 und anderer Komponisten.
Die Beklagte ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern aufgrund von Berechtigungsverträgen eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Musikwerken wahr. Die drei Kläger haben mit der Beklagten solche Berechtigungsverträge geschlossen.
Die Kläger zu 1 und 2 sind darüber hinaus Geschäftsführer und Gesellschafter der C. GmbH. Geschäftsgegenstand dieses Unternehmens ist unter anderem die Verbreitung musikalischer Kompositionen, die Optimierung von Komponistenerträgen, die Organisation und Ausführung musikalischer Veranstaltungen sowie das Marketing für Musikverlage.
Die C. GmbH mietete Geschäftslokale in Weimar, Berlin, Frankfurt am Main und Gelsenkirchen. Die Kläger haben vorgetragen, die C. GmbH habe Musikern dort Gelegenheit gegeben, ihre Werke einem sachkundigen Publikum vorzustellen und sich über die Möglichkeiten der Verwertung zu informieren. Ein in den Läden anwesender Musiker habe Besuchern urheberrechtlich geschützte Musikstücke als Beispiele für Kompositionen und deren Verwertbarkeit vorgespielt. Im Hintergrund seien Tonträger mit Werken aus dem Verlag der Klägerin zu 3 abgespielt worden. Die Beklagte beauftragte im Jahr 2004 ein Detektivbüro mit Langzeitüberprüfungen der C. -Geschäftslokale in Berlin, Gel- senkirchen und Weimar. Danach stellte sie die nach den Meldungen der C. GmbH in den Geschäftslokalen aufgeführten Musikstücke von der Verrech- nung zugunsten der Bezugsberechtigten zurück.
Die Kläger nehmen die Beklagte wegen Aufführungen der von den Klägern zu 1 und 2 geschaffenen und von der Klägerin zu 3 verlegten Kompositionen durch die C. GmbH im Jahr 2004 auf Auszahlung eines Anteils an den Verwertungserlösen der Beklagten in Anspruch. Sie machen im vorliegenden Rechtsstreit allerdings keine Vergütungsansprüche wegen des Abspielens von Musik in Geschäftslokalen der C. GmbH geltend. Vielmehr stützen sie ihre Ansprüche auf von der C. GmbH in anderen Räumen - wie beispielsweise Hotels oder Restaurants - veranstaltete Musikaufführungen. Die Kläger zu 1 und 2 machen Komponistenanteile, die Klägerin zu 3 Verlagsanteile geltend. Die Forderung der Kläger entspricht einer Saldomitteilung der Beklagten zum 31. Oktober 2005.
Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 49.240,89 € an den Kläger zu 1, 49.240,89 € an den Kläger zu 2 und 102.974,79 € an die Klägerin zu 3 - jeweils zuzüglich Zinsen - zu zahlen und die dem Konto eines jeden Klägers seit dem 1. November 2005 gutzuschreibenden Beträge auszuzahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, die in Rede stehenden Kompositionen genössen keinen Urheberechtsschutz. Außerdem hat sie die Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen erklärt. Dabei handelt es sich zum einen um Detektivkosten in Höhe von 72.029,69 €, die zu je einem Drittel auf die Forderung eines jeden Klägers anzurechnen seien. Zum anderen beansprucht sie die Rückzahlung von Ausschüttungen für Aufführungen in C. - Geschäftslokalen im Jahr 2002, und zwar in Höhe von 27.226,81 € vom Kläger zu 1, in Höhe von 36.271,34 € vom Kläger zu 2 und in Höhe von 90.252,95 € von der Klägerin zu 3.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die eingeklagten Ansprüche seien nicht begründet, weil die Kläger nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts nicht bewiesen hätten, dass die Werke, für die sie eine Beteiligung am Lizenzaufkommen der Beklagten verlangten, urheberrechtlich geschützt seien.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Kläger hat Erfolg. Die Klage kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung abgewiesen werden. Die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche setzen zwar den von den Klägern zu erbringenden Nachweis voraus, dass es sich bei den in Rede stehenden Musikstücken um urheberrechtlich geschützte Werke handelt (dazu 2). Das Berufungsgericht hat sich jedoch zu Unrecht an die Feststellung des Landgerichts gebunden gesehen, die Kläger hätten nicht den Nachweis erbracht, dass die von den Klägern zu 1 und 2 geschaffenen Musikstücke urheberrechtlich geschützte Werke sind (dazu 3).
1. Die Kläger haben der Beklagten aufgrund von Berechtigungsverträgen als Treuhänderin urheberrechtliche Nutzungsrechte an den von den Klägern zu 1 und 2 geschaffenen und von der Klägerin zu 3 verlegten Musikwerken zur Wahrnehmung eingeräumt. Sie können von der Beklagten nach den Berechtigungsverträgen beanspruchen, mit einem Anteil an den Einnahmen der Beklagten beteiligt zu werden, der den Erlösen entspricht, die die Beklagte durch die Auswertung dieser Rechte erzielt hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2005 - I ZR 299/02, BGHZ 163, 119, 126 - PRO-Verfahren).
2. Die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche setzen - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - voraus, dass es sich bei den von den Klägern zu 1 und 2 geschaffenen und von der Klägerin zu 3 verlegten Musikstücken, die die C. GmbH im Jahr 2004 in anderen Räumen als in ihren Geschäftsräumen aufgeführt hat, um urheberrechtlich geschützte Werke handelt. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Ansprüche der Kläger seien auch dann, wenn die in Rede stehenden Musikstücke keinen Urheberrechtsschutz genössen, jedenfalls nach den Grundsätzen zur Vergütungspflicht bei Leerübertragungen begründet. Die von der Rechtsprechung im gewerblichen Rechtsschutz entwickelten Grundsätze zur Vergütungspflicht bei Leerübertragungen (dazu a) sind zwar grundsätzlich im Urheberrecht entsprechend anwendbar (dazu b). Sie greifen im Streitfall jedoch nicht ein, weil die Parteien in den Berechtigungsverträgen eine von diesen Grundsätzen abweichende Regelung getroffen haben (dazu c).
a) Die Rechtsprechung hat zunächst für das Patentrecht und das Gebrauchsmusterrecht den Grundsatz aufgestellt, dass die Schutzunfähigkeit des Lizenzgegenstandes grundsätzlich weder die Rechtsverbindlichkeit des Lizenzvertrages noch die Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Lizenzgebühren berührt (vgl. RGZ 86, 45, 53 ff. - Sprungfedermatratze; zum Patentrecht BGH, Urteil vom 12. April 1957 - I ZR 1/56, GRUR 1957, 595, 596 - Verwandlungstisch; Urteil vom 26. Juni 1969 - X ZR 52/66, GRUR 1969, 677, 678 - Rüben-Verladeeinrichtung; Urteil vom 25. Januar 1983 - X ZR 47/82, BGHZ 86, 330, 334 ff. - Brückenlegepanzer; Urteil vom 14. Mai 2002 - X ZR 144/00, GRUR 2002, 787, 789 - Abstreiferleiste; Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 167/03, GRUR 2005, 935, 937 = WRP 2005, 1415 - Vergleichsempfehlung II; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 121, 122; zum Gebrauchsmusterrecht Urteil vom 28. September 1976 - X ZR 22/75, GRUR 1977, 107, 109 - Werbespiegel; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Oktober 1968 - KZR 11/66, GRUR 1969, 409, 410 f. - Metallrahmen, mwN zur Rechtsprechung des Kartellsenats; vgl. ferner Benkard/Ullmann, PatG, 10. Aufl., § 15 Rn. 192 ff.; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 15 PatG Rn. 120, jeweils mwN auch zur Rechtsprechung des Reichsgerichts).
Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass der Lizenzgeber regelmäßig eine verbindliche Zusage des Rechtsbestands seines Schutzrechts nicht geben kann und auch nicht gibt, dass aber auch das Interesse des Lizenznehmers weniger auf die Teilhabe an einer rechtlich unanfechtbaren Vorzugsstellung gerichtet ist als vielmehr auf die wirtschaftlichen Vorteile, die mit der Erlaubnis der Benutzung eines durch das Schutzrecht faktisch abgesicherten Monopols verbunden sind. Solange das Schutzrecht in Geltung steht und von den Nichtberechtigten geachtet wird, ist dem Lizenznehmer diese Vorzugsstellung sicher; der Lizenzgeber erfüllt damit seine vertragliche Verpflichtung und kann folglich auch das vereinbarte Entgelt beanspruchen (vgl. BGHZ 86, 330, 334 - Brückenlegepanzer, mwN).
Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung für Lizenzverträge über Geschmacksmuster für den Fall angeschlossen, dass das Geschmacksmuster seiner Art nach hätte entstehen können, aber infolge neuheitsschädlicher Vorverbreitung eines nach dem Muster hergestellten Erzeugnisses oder infolge fehlender Eigentümlichkeit nicht entstanden ist (BGH, Urteil vom 13. Februar 1970 - I ZR 21/68, Umdruck S. 9 ff.; Urteil vom 13. Juli 1977 - I ZR 102/75, GRUR 1978, 308, 310 - Speisekartenwerbung). Er hat diesen Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem Fall als vergleichbar angesehen, dass ein Lizenzvertrag über ein eingetragenes Gebrauchsmuster geschlossen ist, ein Gebrauchsmuster jedoch wegen fehlender Neuheit nicht besteht (vgl. dazu RGZ 86, 45, 56 f. - Sprungfedermatratze; BGH, GRUR 1977, 107, 109 - Werbespiegel).
b) Der Senat hat bislang offengelassen, ob dieser Rechtsprechung der allgemeine und damit auch auf das Urheberrecht übertragbare Grundsatz entnommen werden kann, dass regelmäßig bei ungeprüften Schutzrechten die Übertragung eines Scheinrechts, das heißt eines Rechts, dessen materielle Schutzvoraussetzungen sich bei späterer Prüfung als nicht gegeben erweisen, jedenfalls dann nicht generell zur Unwirksamkeit des Vertrages wegen anfänglicher objektiver Unmöglichkeit (§ 306 BGB aF), sondern nur zur Möglichkeit einer Kündigung des Vertrages mit sofortiger Wirkung führt, wenn der Lizenznehmer trotz einer solchen Leerübertragung eine wirtschaftliche Vorzugsstellung erlangt hat. Ebenso hat er offengelassen, ob die Erlangung einer derartigen wirtschaftlichen Vorzugsstellung nach Treu und Glauben eine angemessene - gegebenenfalls geminderte - Lizenzpflicht rechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1991 - I ZR 7/90, BGHZ 115, 69, 74 f. - Keltisches Horoskop).
Diese Frage ist dahin zu beantworten, dass die im gewerblichen Rechtsschutz entwickelten Grundsätze zur Leerübertragung grundsätzlich im Urheberrecht entsprechend anwendbar sind (ebenso LG Oldenburg, GRUR 1996, 481, 484; LG Hamburg, GRUR Int., 2010, 67, 72; Loewenheim/J. B. Nordemann in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl., § 62 Rn. 7; J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 174; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 31 Rn. 14; Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 124 f.; Schricker/ Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 31 UrhG Rn. 29; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 5. Aufl., Rn. 1154; Burkhardt in Wenzel/Burkhardt, Urheberrecht für die Praxis, 5. Aufl., Rn. 30; Manz/ Ventroni/Schneider, ZUM 2002, 409, 412 f.; zum Verlagsrecht Schricker, Verlagsrecht, 3. Aufl., § 40 VerlG Rn. 2; vgl. auch OLG Hamburg, ZUM 2000, 870, 874). Danach ist ein urheberrechtlicher Lizenzvertrag über die Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten an einem vermeintlichen Werk nicht deshalb unwirksam, weil das vermeintliche Werk tatsächlich keinen Urheberrechtsschutz genießt. Der Lizenzgeber eines solchen Lizenzvertrages kann grundsätzlich die vereinbarte Vergütung beanspruchen, solange der Lizenzvertrag besteht und dem Lizenznehmer eine wirtschaftliche Vorzugsstellung verschafft.
Im Urheberrecht gilt wie auch im gewerblichen Rechtsschutz, dass das Interesse des Lizenznehmers regelmäßig nicht so sehr auf die Zusage des Rechtsbestands des Schutzrechts, sondern eher auf die Erlaubnis zur Benutzung des Schutzgegenstands gerichtet ist. Ein Lizenzvertrag kann auch dem Zweck dienen, eine Unsicherheit der Parteien über den Rechtsbestand des Schutzrechts und damit Zweifel an der Erforderlichkeit einer Lizenzierung auszuräumen. Der Erwerb eines Scheinrechts schafft damit auch für den Lizenznehmer eines urheberrechtlichen Scheinrechts eine dem Erwerb eines rechtsgültigen Schutzrechts ähnliche wirtschaftliche Lage, solange er das Scheinrecht unangefochten vom Lizenzgeber und respektiert von Mitbewerbern ausnutzen kann. Er erlangt dadurch eine wirtschaftliche Vorzugsstellung, die er ohne den Lizenzvertrag nicht innegehabt hätte. Dies rechtfertigt es, auch im Urheberrecht von dem im gewerblichen Rechtsschutz für solche Fallgestaltungen entwickelten Grundsatz auszugehen, dass die Schutzunfähigkeit des Lizenzgegenstandes regelmäßig weder die Rechtsverbindlichkeit des Lizenzvertrages noch die Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Lizenzgebühren berührt (vgl. BGHZ 115, 69, 74 f. - Keltisches Horoskop).
Die Zahlungspflicht des Lizenznehmers eines Scheinrechts ist bei gewerblichen Schutzrechten in zeitlicher Hinsicht daran geknüpft, dass das Schutzrecht in Geltung steht. Die Schutzrechte, für die bislang nach der Rechtsprechung die Grundsätze der Leerübertragung gelten, erlangen und verlieren ihre Schutzwirkung jeweils aufgrund eines formellen Aktes. Die gesetzlichen Wirkungen des Patents treten mit der Veröffentlichung der Patenterteilung im Patentblatt ein (§ 58 Abs. 1 Satz 3 PatG); der Schutz des Gebrauchsmusters und des Geschmacksmusters entsteht mit der Eintragung des Musters im Register (§ 11 GebrMG, § 27 Abs. 1 GeschmMG). Die Wirkungen des Patents gelten mit dem Widerruf (§ 21 PatG) oder der Nichtigerklärung (§ 22 PatG) als von Anfang an nicht eingetreten (§ 21 Abs. 3 Satz 1, § 22 Abs. 2 PatG); der Schutz des Gebrauchsmusters und des Geschmacksmusters entfällt mit der Löschung (§ 15 GebrMG, § 36 GeschmMG). Dementsprechend erlischt die Zahlungspflicht des Lizenznehmers eines Scheinrechts mit dem Widerruf oder der Nichtigerklärung des Patents bzw. der Löschung des Gebrauchsmusters oder des Geschmacksmusters. Für das Markenrecht gilt Entsprechendes.
Entstehung und Beendigung des Urheberrechtsschutzes setzen dagegen keinen formellen Akt voraus (vgl. A. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 64 UrhG Rn. 1). Der Urheberrechtsschutz entsteht durch die Werkschöpfung (§ 2 Abs. 2 UrhG) und endet mit dem Ablauf der Schutzfrist (§§ 64 ff. UrhG). Deshalb kann die Zahlungspflicht des Lizenznehmers eines urheberrechtlichen Scheinrechts in zeitlicher Hinsicht nicht an einen formellen Akt anknüpfen (vgl. BGHZ 115, 69, 74 - Keltisches Horoskop). Sie endet daher mit der Beendigung des urheberrechtlichen Nutzungsvertrages, der dem Lizenznehmer des urheberrechtlichen Scheinrechts eine wirtschaftliche Vorzugsstellung verschafft. Da der Nutzungsvertrag ein Dauerschuldverhältnis ist, kommt wegen des Nichtbestehens des Schutzrechts in der Regel zwar kein Rücktritt vom Vertrag (§ 326 Abs. 5 BGB), aber eine Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist in Betracht (§ 314 Abs. 1 BGB).
c) Die Grundsätze zur Vergütungspflicht bei Leerübertragungen urheberechtlicher Scheinrechte greifen im Streitfall jedoch nicht ein, weil die Parteien in den Berechtigungsverträgen eine von diesen Grundsätzen abweichende Regelung getroffen haben.
aa) Den Parteien eines Lizenzvertrages ist es unbenommen, von den Grundsätzen der Leerübertragung abweichende Absprachen zu treffen und die Rechtsfolgen der Übertragung eines Scheinrechts anders zu regeln (vgl. BGH, GRUR 1977, 107, 109 - Werbespiegel). Insbesondere können sie vereinbaren, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn der Lizenzgeber nicht nachweist, dass die materiellen Schutzvoraussetzungen des eingeräumten oder übertragenen Rechts vorliegen.
bb) So verhält es sich im Streitfall. Nach § 6 Buchst. a der zwischen den Parteien geschlossenen Berechtigungsverträge in der Fassung des Jahres 1996 bildet der Verteilungsplan einen Bestandteil dieser Verträge. Gemäß § 2 der Allgemeinen Grundsätze zum Verteilungsplan für das Aufführungs- und Senderecht haben nur diejenigen Bezugsberechtigten einen Anspruch auf Berücksichtigung bei der Verteilung, die an den während des Geschäftsjahres zur Aufführung gelangten Werken nachgewiesenermaßen beteiligt sind. Danach setzt ein Anspruch auf Beteiligung am Vergütungsaufkommen bei berechtigten Zweifeln nicht nur den Nachweis voraus, dass der Bezugsberechtigte tatsächlich Komponist, Textdichter, Bearbeiter oder Verleger des Werkes ist (§ 4 Ziffer 1 der Allgemeinen Grundsätze zum Verteilungsplan, Abschnitt I Ziffer 2 der Ausführungsbestimmungen zum Verteilungsplan der GEMA für das Aufführungs- und Senderecht). Vielmehr erfordert ein solcher Anspruch darüber hinaus, dass der Bezugsberechtigte in Zweifelsfällen das Vorliegen der Schutzvoraussetzungen des Werkes nachweist (Abschnitt I Ziffer 16 der Ausführungsbestimmungen zum Verteilungsplan). Der Bezugsberechtigte muss zudem gegebenenfalls nachweisen, dass das von ihm geschaffene Werk wirtschaftlich verwertbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - I ZR 41/99, GRUR 2002, 332, 334 = WRP 2002, 442 - Klausurerfordernis).
Nach Abschnitt I Ziffer 16 Buchst. a der Ausführungsbestimmungen zum Verteilungsplan prüft der Werkausschuss der GEMA in Zweifelsfällen die Schutzfähigkeit der ihm vorgelegten Werke. Betrachtet er das Werk als aufführungsrechtlich ungeschützt, so hat die GEMA für das Werk weder Aufführungsgebühren zu erheben noch solche zu verrechnen (Abschnitt I Ziffer 16 Buchst. b der Ausführungsbestimmungen). Entscheidet der Werkausschuss, dass das Werk aufführungsrechtlich schutzfähig ist, so werden hierfür seitens der GEMA Aufführungsgebühren erhoben, die nach den Bestimmungen des Verteilungsplans verrechnet werden (Abschnitt I Ziffer 16 Buchst. c der Ausführungsbestimmungen). Gegen die Entscheidung des Werkausschusses kann der Bezugsberechtigte Beschwerde beim Aufsichtsrat einlegen und - falls er dessen Entscheidung nicht billigt - den ordentlichen Rechtsweg beschreiten (vgl. Abschnitt I Ziffer 16 Buchst. c der Ausführungsbestimmungen).
Danach ist die Beklagte zur Erhebung und Verrechnung von Aufführungsgebühren nur berechtigt und verpflichtet, wenn die Kläger in Zweifelsfällen nachweisen, dass die aufgeführten Musikstücke urheberrechtlich geschützt sind. Entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung werden die Kläger dadurch nicht unangemessen benachteiligt. Das Gebot der möglichst leistungsgerechten Verteilung des Aufkommens (vgl. BGHZ 163, 119, 134 - PRO-Verfahren) verlangt, dass die Beklagte nur diejenigen Bezugsberechtigten an ihren Gesamteinnahmen beteiligt, die eine urheberrechtlich schützenswerte Leistung erbracht haben. Zudem ist es der Beklagten im Blick auf die Vielzahl der angemeldeten Werke (vgl. § 5 Satz 1 des Berechtigungsvertrages) nicht zumutbar, schon bei deren Anmeldung zuverlässig festzustellen, ob sie Urheberrechtsschutz genießen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass nach dem Berechtigungsvertrag die Berechtigten das Risiko tragen, dass sie die materiellen Schutzvoraussetzungen nicht nachweisen können und in einem solchen Fall auch dann keine Vergütung beanspruchen können, wenn sie aufgrund des Berechtigungsvertrages von einer eigenen Verwertung der Musikstücke abgesehen haben.
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Feststellung des Landgerichts gebunden, die Kläger hätten nicht bewiesen, dass es sich bei den von den Klägern zu 1 und 2 geschaffenen Musikstücken um urheberrechtlich geschützte Werke handele. Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden.
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.
b) Die Feststellung des Landgerichts, es sei nicht bewiesen, dass es sich bei den in Rede stehenden Musikstücken um urheberrechtlich geschützte Werke handele, beruht - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auf einem Verfahrensfehler. Das Berufungsgericht hat sich daher zu Unrecht an diese Feststellung gebunden gesehen.
aa) Das Landgericht hat angenommen, die Kläger als für die Voraussetzungen des Anspruchs beweisbelastete Partei hätten keinen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten. Von der Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen nach § 144 ZPO gemäß Beweisbeschluss vom 20. März 2007 habe die Kammer Abstand genommen, nachdem die Kläger im Schriftsatz vom 11. Dezember 2006 ausdrücklich darum gebeten hätten, von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abzusehen. Die Beauftragung eines Gutachters gegen den offen ausgesprochenen entgegenstehenden Willen einer Partei sei nicht veranlasst. Auch ein von Amts wegen einzuholendes Gutachten berge ein nicht unerhebliches Kostenrisiko für die Kläger, bei denen ein nach § 17 Abs. 3 GKG zu erhebender Auslagenvorschuss beizutreiben wäre. Zudem liege es im freien Ermessen einer Partei, sich ohne Angabe der Gründe gegen die Einholung eines Gutachtens auszusprechen.
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beweisbeschluss des Landgerichts vom 20. März 2007 habe nur aufgrund eines Beweisantrags der Kläger ergehen können. Dieser sei in dem Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 16. März 2007 zu sehen, das Gericht könne den in Aussicht genommenen Sachverständigen beauftragen, wenn es sich keine eigene Einschätzung aufgrund eines Abhörens der Musikstücke zutraue. Von der Anordnung einer Beweiserhebung von Amts wegen habe das Landgericht zu Recht abgesehen. Denn eine solche Beweiserhebung sei nicht bereits deshalb veranlasst, weil eine Partei den ihr für ihren Beweisantritt auferlegten Auslagenvorschuss nicht eingezahlt habe. Vielmehr habe das Landgericht bei der Ausübung seines Ermessens berücksichtigen dürfen, dass auch bei der Beauftragung eines Sachverständigen von Amts wegen ein nicht unerhebliches Kostenrisiko zu Lasten der Kläger verbleibe.
(1) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts beruht der Beweisbeschluss des Landgerichts vom 20. März 2007 nicht auf einem Beweisantrag der Kläger. Vielmehr handelt es sich dabei um eine gemäß § 144 Abs. 1 ZPO von Amts wegen angeordnete Begutachtung durch Sachverständige. Das Landgericht hat mit diesem Beschluss die Beweiserhebung über die Behauptung der Kläger angeordnet, die auf den CDs enthaltenen Titel stellten eine individuelle schöpferische Leistung der Kläger zu 1 und 2 dar. Es hat den Klägern unter anderem aufgegeben, einen Kostenvorschuss für das Sachverständigengutachten einzuzahlen und die verwendeten Computerprogramme zu benennen. Das Landgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, die Kläger hätten keinen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten, und ist dementsprechend „von der Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen nach § 144 ZPO gemäß Beweisbeschluss vom 20. März 2007“ ausgegangen. In dem Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 16. März 2007, das Gericht könne den in Aussicht genommenen Sachverständigen beauftragen, wenn es sich keine eigene Einschätzung durch Abhören der Musikstücke zutraue, hat das Landgericht demnach ersichtlich keinen Beweisantrag der Kläger, sondern eine Anregung zur Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen gesehen.
(2) Das Landgericht hat von der mit Beweisbeschluss vom 20. März 2007 angeordneten Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen rechtsfehlerhaft Abstand genommen. Die Revision rügt mit Recht, dass das Landgericht bei seiner Beurteilung, die Kläger hätten im Schriftsatz vom 11. Dezember 2006 ausdrücklich darum gebeten, von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abzusehen, entscheidungserhebliches Vorbringen der Kläger außer Acht gelassen hat. Die Kläger haben im Schriftsatz vom 11. Dezember 2006 darum gebeten, von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abzusehen, weil sie die Sachkunde des Gerichts zur Beurteilung des Urheberrechtsschutzes der Musikstücke für ausreichend und die Beauftragung eines Sachverständigen deshalb für zeitraubend und überflüssig hielten. Im Schriftsatz vom 16. März 2007 haben sie ausgeführt, das Gericht könne den in Aussicht genommenen Sachverständigen beauftragen, wenn es sich keine eigene Einschätzung durch Abhören der Musikstücke zutraue. Es kann danach nicht angenommen werden, die Kläger hätten auch für den Fall, dass das Landgericht sich nicht dazu in der Lage sieht, die Frage des Urheberrechtsschutzes der Musikstücke selbst zu beurteilen, darum gebeten, von der Beauftragung eines Sachverständigen abzusehen. Dem Schriftsatz der Kläger vom 11. Dezember 2006 kann im Übrigen auch deshalb keine Bitte entnommen werden, von der durch Beweisbeschluss vom 20. März 2007 angeordneten Einholung eines Sachverständigengutachtens abzusehen, weil der Beweisbeschluss bei Abfassung dieses Schriftsatzes noch nicht ergangen war.
III. Danach ist auf die Revision der Kläger das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil sie aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Feststellung des Landgerichts, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass die von den Klägern zu 1 und 2 geschaffenen Musikstücke urheberrechtlich geschützt sind, auf einem Verfahrensfehler beruht, ist zur Frage des Urheberrechtsschutzes der Musikstücke eine erneute Feststellung geboten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu den Forderungen getroffen, mit denen die Beklagte gegen die Forderungen der Kläger aufgerechnet hat. Auch dies wird gegebenenfalls nachzuholen sein.
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