Außenkabine mit eingeschränkter Sicht nach außen
Gericht
AG Rostock
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
21. 03. 2012
Aktenzeichen
47 C 390/11
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Klägerin fordert Entschädigung bzw. macht Minderungen wegen einer Flugzeitenänderung verbunden mit einer Zwischenlandung sowie eingeschränkter Sicht aus einer Außenkabine geltend.
Die Klägerin buchte bei der Beklagten für sich und ihren Ehemann eine Südostasienrundreise auf der X. vom 21.11. 2010 bis 6.12.2010 zu einem Gesamtreisepreis in Höhe von 4.966,- EUR. Bestandteil der Buchung war ein An- und Abreisepaket von Frankfurt a. M. nach Bangkok und zurück. Hinsichtlich der Kabine buchte die Klägerin eine Außenkabine im Tarif VARIO. Dies bedeutet, dass die Kabinenauswahl der Beklagten überlassen bleibt. Die Beklagte wies der Klägerin und ihrem Ehemann die Kabine 4105 zu. Die Kabine befindet sich im Bugbereich des Schiffes und ist mit Bullaugen ausgerüstet. Zwischen der Kabine und der Außenwand des Schiffes befindet sich eine 1-1,5 Meter lange Stahlröhre. Durch dieses Bullauge kann der Kabinengast allenfalls einen kleinen runden Ausschnitt vom Himmel sehen. Im Katalog der Beklagten wird darauf hingewiesen, dass "die Außenkabinen (...) teilweise über Bullaugen (verfügen)".
In den Hinweisen zu den Flügen heißt es im Katalog der Beklagten u.a.:
"Es handelt sich vorwiegend um Nonstop-Flüge ohne Zwischenlandungen. Wenn Ihr Flug ein Direktflug ist, heißt das: Auf dem Weg zu Ihrem X. Schiff gibt es eine oder mehrere Zwischenlandungen.
Genaue Angaben zu Ihren Flugdaten, wie z. B. Flugzeiten oder Fluggesellschaften, erhalten Sie, sobald X. diese Informationen vorliegen, spätestens mit den Reiseunterlagen. Bitte beachten Sie, dass sich leider nicht alle Hinflüge in den Morgenstunden und alle Rückflüge in die Abendsstunden legen lassen. Der An- und Abreisetag dient in erster Linie zur Erbringung der Beförderungsleistungen und wird als Reisetag bewertet.
Änderungen des Flugplanes, wie z. B. der geplanten Flugstrecke und Flugzeiten sowie des Fluggerätes, auch nach Ticketerstellung, sind vorbehalten."
Im Katalog der Beklagten ist die Art des Fluges von Frankfurt a. M. nach Südostasien und zurück nicht beschrieben. Andere Flüge enthalten die Einschränkung, dass es sich hierbei nicht um Direktflüge handelt.
Entsprechend den der Klägerin zugesandten Reiseunterlagen war vorgesehen, dass die Klägerin und ihr Partner mit dem Lufthansaflug Nummer 783 direkt von Bangkok nach Frankfurt a.M. zurückfliegen sollten. Geplanter Abflug in Bangkok war 23:55 Uhr; das Flugzeug sollte um 5:25 Uhr in Frankfurt a.M. landen. Da das Schiff bereits am Abend des 5.12.2010 den Hafen von Bangkok erreichte, hatten die Klägerin und ihr Partner geplant, den Tag in Bangkok zu verbringen. Während der Reise erhielten sie die Mitteilung, dass der Rückflug umgebucht worden sei und sie mit dem Unternehmen Condor von Bangkok zurück nach Frankfurt fliegen würden. Dieser Flug beinhaltete eine Zwischenlandung in Bahrain. Der Flug startete um 13:00 Uhr, so dass die Klägerin und ihr Lebenspartner bereits um 9:00 Uhr den Transfer vom Hafen zum Flughafen antraten. Aufgrund der geänderten Ankunftszeit in Frankfurt a.M. (22:35 Uhr) verlängerte sich der Heimweg von Frankfurt a.M. nach München um fünf Stunden.
Die Klägerin fordert für sich und ihren Lebenspartner wegen des Wegfalls des Tages in Bangkok am 6.12.2010 einen Betrag in Höhe von 600,00 EUR (2 x 300,00 EUR), aufgrund der Zwischenlandung in Bahrain sowie der Verlängerung der Flugdauer und der Heimfahrt einen Betrag in Höhe von 600,- EUR (2 x 300,- EUR) sowie der eingeschränkten Sicht aus der Außenkabine bzw. des eingeschränkten Einfalls von Tageslichtes in die Kabine ebenfalls einen Betrag in Höhe von 600,- EUR (2 x 300,- EUR). Mit der Klage bezeichnete die Klägerin diese Forderungen als Minderung, in der Replik als Schadensersatzforderung. …
Auszüge aus den Gründen:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte im Zusammenhang mit der ihr und ihrem Lebenspartner zugewiesenen Kabine sowie mit der Verlegung des Rückfluges von Bangkok nach Frankfurt a.M. weder einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises noch auf Zahlung eines Schadenersatzes.
Gemäß § 651c Abs. l BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern. Im vorliegenden Fall sind diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht festzustellen. Die Beklagte erfüllte die von ihr geschuldeten Leistungen vertragsgerecht.
Die Beklagte war im vorliegenden Fall berechtigt, den Rückflug der Klägerin und ihres Lebenspartners von Bangkok nach Frankfurt zu verlegen bzw. die beiden auf ein anderes Flugzeug umzubuchen bzw. umbuchen zu lassen.
Die Beklagte schuldete gegenüber der Klägerin und ihrem Lebenspartner den Rückflug von der gebuchten Südostasienreise am 6.12.2010. Dieser Verpflichtung kam die Beklagte nach. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses standen die genauen Flugzeiten noch nicht fest. Weiterhin hatten die Parteien keine verbindliche Flugzeit vereinbart. Leicht nachvollziehbar ist, dass mit der Übermittlung der tatsächlichen Flugdaten, hier der Mitteilung, dass der Rückflug mit der Lufthansa-Flug Nr. 783 um 23:55 Uhr ab Bangkok erfolgen sollte, Erwartungen bei der Klägerin und ihrem Lebenspartner geweckt wurde, die auch verständlicherweise entsprechende Planungen wie die Besichtigung Bangkoks am 6.12.2010 zur Folge hatten. Die Beklagte hatte sich jedoch vorbehalten, die Flugzeiten zu ändern. Den Klägern muss bewusst gewesen sein, dass eine Änderung der Flugzeit jederzeit möglich ist. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Beklagte im Zusammenhang mit dem abgeschlossenen Reisevertrag keinen (Besichtigungs-)Aufenthalt der Klägerin und ihres Lebenspartners in Bangkok am 6.12.2010 schuldete. Zu Recht verweist die Beklagte in diesem Zusammenhang auch auf die herrschende Meinung, nach der der An- und Abreisetag in erster Linie Reisetage und keine Erholungstage sind (AG Düsseldorf, …).
Hervorzuheben ist nochmals, dass sich die Beklagte Flugzeitenänderungen vorbehalten hat. Gegen die Wirksamkeit dieses Vorbehaltes bestehen keine Bedenken. Das Gericht folgt insofern der Auffassung des AG Düsseldorf (a.a.O.), welches hierzu ausführte:
"Flugzeitenänderungen innerhalb dieser beiden Tage (Anmerkung: erster und letzter Reisetag) ohne Verlust der Nachtruhe sind als bloße Unannehmlichkeiten hinzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein entsprechender Änderungsvorbehalt in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reiseveranstalters enthalten ist und daher feste Flugzeiten nicht Vertragsbestandteil geworden sind. Auch ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB liegt nicht vor, da ein solcher Änderungsvorbehalt dem Wesen des Charterflugverkehrs entspricht."
Soweit in der Rechtsprechung bei Flugzeitenänderungen trotz entsprechenden Vorbehalts gleichwohl Minderungsansprüche festgestellt wurden, liegen die dort genannten Voraussetzungen hier nicht vor. Soweit ersichtlich lagen diesen Entscheidungen Sachverhalte zugrunde, bei denen es zu einem massiven Eingriff in die Nachtruhe kam.
Ebenfalls kein Minderungsanspruch besteht im Zusammenhang damit, dass es sich bei dem tatsächlichen Rückflug von Bangkok nach Frankfurt a.M. um einen Direktflug im Sinne der Rechtsprechung, d.h. um einen Flug mit einer Zwischenlandung handelte.
Das Gericht stimmt der Klägerin zu, dass für einen Laien nicht erkennbar ist, dass bei einem als Direktflug ausgewiesenen Flug zwischen dem Abflug und Zielort eine Zwischenlandung erfolgt. Dass in der Rechtsprechung eine Unterscheidung zwischen einem Nonstop-Flug und einem Direktflug erfolgt, kann und muss ein juristischer Laie nicht wissen. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch unerheblich. Die Beklagte wies in ihrem Katalog daraufhin, dass es bei Direktflügen zu einer Zwischenlandung kommen kann. Dieser Hinweis ist ausreichend. Die Klägerin durfte aufgrund dieses Hinweises nicht davon ausgehen, bei einem Direktflug ohne Zwischenlandung von Bangkok zurück nach Frankfurt a.M. fliegen zu können.
Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang weiter, dass die Parteien keinen Nonstop-Flug vereinbarten. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 17.1.2012 behauptet, ihr sei von Mitarbeitern des Reisebüros "sehr wohl zugesagt (worden), dass es sich bei den Flügen Frankfurt a.M. - Bangkok und zurück um Direktflüge bzw. Nonstop-Flüge handeln würde" ist dieser Vortrag schon ungenau, weil unklar bleibt, welcher Flug zugesagt worden sein soll. Im Übrigen ist die Behauptung der Zusage eines Nonstop-Fluges strittig. Die Klägerin führt keinen Nachweis für die Richtigkeit ihrer Behauptung bzw. unterbreitet ein entsprechendes Beweisangebot.
Letztlich lassen auch die Licht- bzw. Sichtverhältnisse in der der Klägerin von der Beklagten zugeteilten Kabine keine Feststellung eines Minderungsanspruches zu.
Die Beklagte schuldete eine Außenkabine. Bei der streitgegenständlichen Kabine handelt es sich unzweifelhaft um eine Außenkabine. So verständlich der Ärger der Klägerin über die unstrittig vorhandenen eingeschränkten Sichtverhältnisse und dem nur eingeschränkten Einfall von Tageslicht in die Kabine ist, ändert dies nichts daran, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung entsprechend eine Außenkabine zur Verfügung stellte. Inwiefern hier ein Beratungsverschulden seitens der Beklagten dahingehend vorliegt, dass sie nicht darauf hinweist, dass einzelne Kabinen nicht nur mit Bullaugen ausgestattet sind, sondern dass bei diesen Kabinen weitere erhebliche Sichteinschränkungen durch technische Gegebenheiten (Röhre zwischen Innenfenster und Außenfenster des Bullauges) vorhanden sind, bedarf keiner Entscheidung. Die Klägerin trägt nicht vor, dass sie im Falle eines entsprechenden Hinweises nicht den preislich günstigen VARIO-Tarif in Anspruch genommen hätte.
Unklar ist, ob die Klägerin Minderungs- oder Schadensersatzansprüchen geltend macht. Sie trägt hierzu jeweils ohne Klarstellung vor. Einer Aufklärung hierzu bedarf es nicht, weil Schadenersatzansprüche gemäß § 651f BGB ebenfalls das Vorliegen von Mängeln voraussetzen. Wie bereits dargestellt waren die Leistungen der Beklagten mangelfrei.
Mangels begründeter Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Verzugszinsen oder Erstattung vorgerichtlich entstandener, nicht anrechnungsfähiger Rechtsanwaltskosten. …
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