Minderung wegen unzureichender All-Inclusive-Leistungen

Gericht

AG Charlottenburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

16. 07. 2012


Aktenzeichen

233 C 165/10


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Klägerin buchte bei der Beklagten für sich und eine weitere Person eine All-Inclusive-Pauschalreise nach Ras Al Khaimah / Dubai, Hotel Al Hamra Village Golf Resort für die Zeit vom 2.1.2010 bis 23.1.2010 zum Gesamtpreis von 4.803,- EUR. Das Angebot lautetet u.a. "All Inclusive-Frühstück, Mittag- und Abendessen i. d. R. vom Buffet nur im Hauptrestaurant von Al Hamra Village. Außerdem erhalten Sie Mineralwasser, Erfrischungsgetränke, Bier, Wein, Kaffee und Tee im Hauptrestaurant oder an der Poolbar im Al Hamra Village (11 Uhr bis 22 Uhr)".

Die Ankunft erfolgte am 3.1.2010 um 6:40 Uhr, der reisevertraglich zugesicherte Transfer vom Flughafen zum Hotel erfolgte nicht. Nach Anruf im Hotel wurde der Klägerin mitgeteilt, dass keine Buchung vorläge. Die Klägerin fuhr mit einem Taxi zum Hotel und zahlte hierfür umgerechnet 55,- EUR.

Für den gesamten Urlaubsaufenthalt bestand hinsichtlich der Getränkeversorgung keine All-Inclusive-Leistung. Vom 3.1.2010 bis einschließlich 6.1.2010 mussten die Klägerin und ihr Partner sämtliche Getränke selbst zahlen. Auf Beschwerde der Klägerin wurden ab dem 7.1.2010 zum Mittag- und Abendessen je zwei Saft- und alkoholische Getränke angeboten, für die nicht bezahlt werden musste. Neben Frühstück und Abendessen wurde der Klägerin und ihrem Partner zum Mittagessen je ein Essen im Wert von 90 Dhs. angeboten, für ein teureres Mittagessen hätte der entsprechende Mehrpreis gezahlt werden müssen. …

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des geminderten Reisepreises gemäß § 651d BGB in Höhe von 347,64 EUR.

Die Reise war mit Fehlern behaftet und der Reisepreis in Höhe von 347,64 EUR gemindert.

Das Fehlen von vertraglich vereinbarten All-Inclusive-Leistungen stellte ein minderungsrelevantes Defizit bei der Bereitstellung der Verpflegungsleistungen dar (AG Kleve, NJW-RR 2001, 1560). Unstreitig waren die Klägerin und ihr Partner vom 3.1.2010 bis einschließlich 6.1.2010 gezwungen, sich kostenpflichtig mit Getränken zu versorgen. Ab dem 7.1.2010 wurden zumindest zu den Mahlzeiten je 2 Saft- und alkoholische Getränke gereicht, die nicht zu bezahlen waren. Dass dies nicht einer All-Inclusive-Versorgung entspricht und die angebotene Menge an Getränken nicht zur Deckung des täglichen Getränkebedarfs genügt, ist unbestritten.

Die vorzunehmende Minderung beläuft sich auf 10 Prozent für die ersten vier Reisetage (4.803,- EUR Gesamtreisepreis / 21 Tage = 228,71 EUR Tagesreisepreis; 10% = 22,87 EUR x 4 Tage = 91,48 EUR), sowie 7 % für die weiteren 16 Tage (7% = 16,01 EUR x 16 Tage = 256,16 EUR), insgesamt mithin auf 347,64 EUR.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass für die Klägerin jederzeit die Möglichkeit der Ersatzversorgung mit Getränken bestand und die Beeinträchtigung der Reise in dem Mehraufwand an Zeit und Kosten für die Beschaffung der Getränke bestand, ist eine zehnprozentige Minderung für die ersten vier Tage und eine siebenprozentige Minderung für die weiteren 16 Tage angemessen.

Die Auffassung der Klägerin, dass ihr ein Minderungsrecht in Höhe der Differenz zwischen einer Reise mit Vollpension und der von ihr gebuchten All-Inclusive-Reise zustehe, teilt das Gericht nicht. Bei der Preiskalkulation einer Reise spielen insbesondere auch die Saison und die Reiseroute eine Rolle. Das von der Klägerin vorgelegte Angebot für eine Reise mit Vollpension ist als Vergleichsmaßstab und Bemessungsgrundlage ungeeignet. Zwar gilt dieses Angebot auch für einen dreiwöchigen Pauschalurlaub in demselben Hotel, jedoch liegt der Reisezeitraum im April und nicht im Januar. Des Weiteren handelt es sich bei dem Reiseweg um einen Direktflug Frankfurt - Dubai und nicht um einen wie von der Klägerin gebuchten mit Umstieg: Berlin - München - Dubai. Der Vortrag der Beklagten, die Differenz zwischen einer All-Inclusive-Versorgung und Vollpension hätte 5,- EUR pro Tag und pro Person betragen, ist unsubstanziiert. Sie hat nicht dargelegt, wie sich diese 5,- EUR ergeben.

Der Vortrag der Klägerin, das Mittagessen habe "Kantinenniveau" gehabt, ist unsubstanziiert. Für die Annahme eines Mangels, der eine weitergehende Minderung rechtfertigte, hätte es einer ausführlichen Darstellung bedurft, worin genau die Qualitätsmängel bestanden (Tonner, Der Reisevertrag [5. Aufl.], Anhang zu § 651c - Mängelliste, Rn. 89). Die bloße Bezeichnung "Kantinenniveau " sowie der Verweis auf den Preis (90 Dhs.) genügt jedenfalls nicht.

Die Klägerin hat zudem einen Anspruch auf Erstattung der Taxikosten für den Transfer vom Flughafen zum Hotel in Höhe von 55,- EUR gemäß § 651c Abs. 3 BGB. Sie war zur sofortigen Abhilfe berechtigt, § 651c Abs. 3 S. 2 Alt. 2 BGB. Es ist abwegig von der Klägerin zu fordern, sie hätte sich am Anreisetag früh um 6:40 Uhr Ortszeit in Dubai zunächst an die Beklagte in Deutschland (Ortszeit Berlin: 4:40 Uhr) wenden müssen. Vielmehr konnte die Klägerin davon ausgehen, dass sie zur sofortigen Abhilfe berechtigt war, da ein Abhilfeverlangen wohl nicht gefruchtet hätte und nach einem Übernachtflug mithin ein besonderes Interesse vorlag, das Hotel zu erreichen, um den Urlaub nunmehr zu beginnen.

Ein immaterieller Schadensersatzanspruch gemäß § 651f Abs. 2 BGB wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit steht der Klägerin hingegen nicht zu. Allein die Minderleistung an Getränken im Rahmen der All-Inclusive-Versorgung genügt jedenfalls nicht zur Begründung eines solchen Schadensersatzanspruchs. Es lag aufgrund dieses vorgetragenen Mangels keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vor. Voraussetzung für die Geltendmachung eines Schadensersatzes wegen vertaner Urlaubszeit ist, dass die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wurde. Es kann dahinstehen, ob der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, dass dies erst bei Mängeln der Fall ist, die eine Minderung von mindestens 50% rechtfertigen (LG Düsseldorf, Urt. v. 22.2.2007 - 22 S 380/05, zitiert nach juris; MünchKomm-BGB / Tonner [5. Aufl.], § 651f Rn. 49 m.w.N.) zu folgen ist. Jedenfalls im vorliegenden Fall liegt nach Auffassung des Gerichts unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls allein in der Tatsache, dass die Klägerin Getränke selbst kaufen und bezahlen musste und dies lediglich eine Minderung von 10% für die ersten vier Tage bzw. 7% für weitere 16 Tage rechtfertigt, objektiv keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vor.

Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ist gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs.2, 286, 288 Abs. l BGB begründet.

Aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB ergibt sich ebenso ein Anspruch auf Zahlung der vorprozessualen Anwaltsgebühren. Dieser besteht jedoch nur insoweit wie auch der Klageanspruch begründet war (Gegenstandswert: 402,64 EUR; 45,- EUR x 1,3 Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG = 58,50 EUR + 11,70 EUR Post- und Telekommunikationsauslagen Nr. 7002 VV RVG = 70,20 EUR + 19% Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG = 83,54 EUR). Die bloße Behauptung der Klägerin, die Angelegenheit sei für sie von sehr großer Bedeutung gewesen und weise eine gewisse tatsächliche und rechtliche Schwierigkeit auf, genügt nicht, um einen Anspruch von 1,7 Geschäftsgebühren zu rechtfertigen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die vorprozessuale anwaltliche Tätigkeit von einer durchschnittlichen Tätigkeit bei vergleichbaren Fällen abweichen soll, zumal sich die vorprozessuale Tätigkeit im Wesentlichen auf eine Zahlungsaufforderung beschränkte. …

Rechtsgebiete

Reiserecht