Verjährung von Ansprüchen bei fehlerhafter Rechtsberatung
Gericht
OLG Stuttgart
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
13. 04. 2010
Aktenzeichen
12 U 189/09
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 11.09.2009 - 5 O 441/08 - wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Der Berufungsstreitwert beträgt 76.181,25 EUR.
Gründe:
A.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsanwaltsvertrag wegen angeblicher Pflichtverletzungen des Gesellschafters der Beklagten D. auf Schadensersatz in Anspruch, weil Letzterer die Verjährung eines der Klägerin nach ihrer Behauptung zustehenden Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung bzw. -vermittlung gegen einen Herrn F. nicht verhindert habe.
Die Klägerin beteiligte sich im Dezember 1995 an dem geschlossenen Immobilienfonds R.-Immobilienfonds Nr. III GbR (im Folgenden: III) mit einer Investitionssumme von 90.000,00 DM. Den Erwerb der Beteiligung finanzierte die Klägerin mittels zweier Darlehensverträge mit der Kreis- und Stadtsparkasse S. über 76.000,00 DM und 24.000,00 DM. Den Vertragsabschlüssen war eine Anlagevermittlung oder -beratung durch F. vorausgegangen. Nachdem dieser im Herbst 1995 wegen der Beteiligung an dem III Kontakt zur Klägerin aufgenommen hatte, informierte er sie am 27.10.1995 in einem Gespräch im Einzelnen über dieses Anlageobjekt und forcierte im Dezember 1995 den Beitritt der Klägerin, zu dem diese sich aufgrund dessen letztlich entschloss.
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin, wie sie behauptet, durch F. unzureichend oder unrichtig über die sich aus der Beteiligung für sie ergebenden finanziellen Belastungen informiert wurde, ob es dieser unterließ, sie auf die eingeschränkte Verkehrsfähigkeit der gezeichneten Anteile hinzuweisen, sowie ob er sich dadurch der Klägerin gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht hat. Jedenfalls waren der Klägerin seit 1998 alle Umstände bekannt, aufgrund derer ihr nach ihrer Behauptung ein Schadensersatzanspruch gegen F. zustand. Insbesondere war der Klägerin schon wenige Jahre nach dem Erwerb der Beteiligung, spätestens 1998, klar geworden, wie hoch die sie treffenden monatlichen Belastungen, über die falsch informiert zu haben sie F. vorwirft, in Wirklichkeit waren. Zudem entnahm die Klägerin einem ihr spätestens im November 1998 zugegangenen Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten, dass die von ihr erworbenen Anteile in Wirklichkeit unverkäuflich, zumindest nur sehr eingeschränkt verkehrsfähig waren.
Im Oktober 2004 trat die Klägerin an die Beklagte heran, um sich wegen der von ihr erworbenen Beteiligung an dem III rechtlich beraten zu lassen. Sie teilte Rechtsanwalt D. mit, sie habe gehört, dass zum 31.12.2004 eine „große Generalverjährungsfrist“ ablaufe, weshalb sie Kontakt zur Beklagten aufgenommen habe. Es kam in der Zeit von Oktober 2004 bis spätestens Anfang Dezember 2004 zu mehreren Beratungsgesprächen zwischen D. und der Klägerin, deren Inhalt im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist. Jedenfalls war bei diesen Besprechungen nie ernsthaft davon die Rede, dass im Hinblick auf den III gegen F. vorgegangen werden solle. Demgemäß erhob D. zwar mit Schriftsatz vom 20.12.2004 namens der Klägerin Klage gegen die Kreis- und Stadtsparkasse S., leitete gegen F. jedoch keine Maßnahmen ein.
Eine im Juni 2006 gegen F. vom Sohn der Klägerin, an den diese ihre angeblichen Ansprüche gegen Ersteren zuvor abgetreten hatte, zum Landgericht Mosbach erhobene Schadensersatzklage (1 O 107/06) endete im Hinblick auf das Risiko bereits eingetretener Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche mit Prozessvergleich vom 25.10.2006, in dem sich F. zur Zahlung von 5.000,00 EUR an den Sohn der Klägerin verpflichtete; dieser trat die etwaigen Schadensersatzansprüche sodann wieder an die Klägerin ab.
Die Klägerin hat vorgetragen,
die Beklagte habe ihre Beratungspflichten aus dem Rechtsanwaltsvertrag verletzt, indem sie nicht empfohlen habe, die ihr gegen F. aufgrund dessen Verhalten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile im Jahr 1995 zustehenden Schadensersatzansprüche, deren Verjährung am 31.12.2004 eingetreten sei, rechtzeitig geltend zu machen. Hätte Rechtsanwalt D. sie entsprechend beraten, hätte er ihr insbesondere mitgeteilt, dass die Voraussetzungen, Schadensersatz von F. zu erhalten, wesentlich geringer seien als gegen die finanzierende Bank, hätte sie Auftrag erteilt, auch Klage gegen F. zu erheben bzw. vor Ablauf des 31.12.2004 sonstige verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen.
Sie habe D. geschildert, wie F. ihr die Anlage angedient und vermittelt habe. Allerdings habe sie gegen F. an und für sich keinen persönlichen Groll gehegt. Sie habe D. ferner mitgeteilt, sie störe sich daran, dass sie die Anlage nicht wie eine Eigentumswohnung veräußern könne. D. habe nicht auf die Verjährung der Ansprüche gegen F. zum 31.12.2004 hingewiesen.
Der Erwerb der Anlage habe zu einem Schaden in Höhe der an die Kreis- und Stadtsparkasse S. bezahlten Beträge abzüglich erhaltener Ausschüttungen geführt, den ihr F. habe ersetzen müssen und für den ihr nun die Beklagte hafte.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag i. H. v. 76.181,25 EUR zzgl. Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins p. a. seit 17.12.2007 Zug um Zug gegen Übertragung sämtlicher Rechte, die die Klägerin an dem geschlossenen Immobilienfonds R-Immobilienfonds Nr. III GbR innehat, zu bezahlen. Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit der Annahme der in Satz 1 bezeichneten Rechte in Verzug ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag i. H. v. 2.063,80 EUR zzgl. Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins p. a. seit 17.12.2007 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und vorgetragen,
es lägen keine vorwerfbaren Beratungsfehler vor. D. habe sowohl die Risiken eines Vorgehens gegen die finanzierende Bank aufgezeigt als auch eine Haftung des Anlagevermittlers bzw. -beraters angesprochen und diskutiert. Die Klägerin habe aufgrund der Beratungsgespräche gewusst, dass die Verjährung aller Ansprüche Ende 2004 drohte. Trotz Nachfragens habe die Klägerin kein konkretes tatsächliches Fehlverhalten des F. benannt. Die Klägerin habe mitgeteilt, sie wolle „raus“ aus der Anlage, weil sie keine eigene Wohnung erworben habe, sie habe aber nicht angegeben, dass sie die Beteiligung nicht veräußern könne, es ihr darauf ankomme und F. sie darüber falsch beraten habe. Vielmehr habe die Klägerin geäußert, sie könne sich über F. nicht beklagen, und sie habe sich an den Inhalt ihrer Gespräche mit diesem nicht mehr erinnern können.
Abgesehen davon sei durch das nicht rechtzeitige Vorgehen gegen F. kein Schaden entstanden, weil Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen diesen nicht bestanden hätten.
Jedenfalls seien etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte mit Ablauf des 31.12.2007 verjährt. Der Schaden der Klägerin sei aufgrund deren Vortrags am 31.12.2004 eingetreten, nach ihrem Vorbringen habe die Klägerin auch die erforderliche Kenntnis gehabt, weil sie gewusst habe, dass sie Ansprüche gegen F. besaß, die am 31.12.2004 verjährten.
Das Landgericht hat die am 30.12.2008 eingegangene Klage abgewiesen. Etwaige primäre Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte seien jedenfalls mit Ablauf des 31.12.2007 nach §§ 195, 199 BGB verjährt. Der für den Beginn der Verjährung maßgebliche Schadenseintritt habe mit Ablauf des 31.12.2004 stattgefunden, als etwaige Schadensersatzansprüche gegen F. verjährt seien. Zeitpunkt des Schadenseintritts sei bereits der fruchtlose Fristablauf im Jahr 2004 und nicht erst der 01.01.2005. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin auch Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen gehabt, zumindest sei eine etwaige Unkenntnis grob fahrlässig gewesen. Der Klägerin seien die Umstände hinsichtlich eines etwaigen Schadensersatzanspruchs gegen F. schon nach eigenem Vortrag bereits im Jahr 1998 bekannt gewesen. Nach eigenem Vortrag habe die Klägerin auch vom Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2004 gewusst, denn sie trage vor, D. im Oktober 2004 mitgeteilt zu haben, sie habe gehört, dass zum 31.12.2004 eine „große Generalverjährungsfrist“ ablaufe, und sie sei aus diesem Grund extra im Jahr 2004 noch zur umfassenden Beratung in die Kanzlei der Beklagten gekommen.
Demnach sei die Klage nicht mehr in unverjährter Zeit erhoben worden. Sekundäre Ersatzansprüche stünden der Klägerin von vornherein nicht zu.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihr am 17.11.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.11.2009 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Die Klägerin trägt vor:
Die Auffassung des Landgerichts, der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch sei bereits am 31.12.2004 entstanden, treffe nicht zu. Schadensersatzansprüche gegen F. hätten mangels Verjährung zu jedem Zeitpunkt des 31.12.2004 noch geltend gemacht werden können. Der streitgegenständliche Anspruch sei in dem Zeitpunkt entstanden, als F. sich erstmals mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung habe berufen können, also am 01.01.2005 um 0.00 Uhr. Der gegen die Anwaltskanzlei gerichtete Schadensersatzanspruch könne nicht schon zu einem Zeitpunkt entstehen, in dem der zugrunde liegende Anspruch, dessen Verjährung die Kanzlei verhindern sollte, noch geltend gemacht werden konnte. Andernfalls bestünden - wenn auch nur für einen Augenblick - zwei nur alternativ denkbare Ansprüche gleichzeitig nebeneinander.
Ihr sei auch nicht bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen, dass die Beklagte mit Ablauf des 31.12.2004 keine verjährungshemmenden Maßnahmen gegen F. ergriffen hatte. Eine solche Kenntnis habe die Klägerin allenfalls dann gewinnen können, wenn sie den Silvesterabend des Jahres 2004 mit Rechtsanwalt D. verbracht hätte, was nicht der Fall gewesen sei; selbst dann hätte sie nicht gewusst, ob D. nicht einen Kollegen oder Angestellten mit der Durchführung verjährungshemmender Maßnahmen beauftragt habe. Sie habe damit rechnen können, die Beklagte werde pflichtgemäß alle erforderlichen Maßnahmen zum Jahreswechsel 2004/2005 ergreifen, dass diese untätig bleiben würde, sei ihr nicht positiv bekannt gewesen, denn das sei nicht vereinbart gewesen. Ihr sei frühestens im Jahr 2005 bekannt geworden, dass die Beklagte bis zum Ablauf des 31.12.2004 keine verjährungshemmenden Maßnahmen gegen F. ergriffen hatte.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 76.181,25 EUR zzgl. Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 17.12.2007 p. a. Zug um Zug gegen Übertragung sämtlicher Rechte, die die Klägerin an dem geschlossenen Immobilienfonds R-Immobilienfonds Nr. III GbR innehat, zu bezahlen, ferner festzustellen, dass die Beklagte mit der Annahme dieser Rechte in Verzug ist, ferner die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag von 2.063,80 EUR zzgl. Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins p. a. seit 17.12.2007 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Rüge der Berufung, der etwaige Anspruch gegen die Beklagte sei erst im Jahr 2005 entstanden mit der Folge, dass die Verjährung der Regressforderung erst per Ende 2008 eingetreten sei, sei unbegründet. Die Frage sei in §§ 187, 188 BGB gesetzlich geregelt.
Das angefochtene Urteil habe das subjektive Element der Verjährung der klägerischen Ansprüche zutreffend bejaht. Der Vortrag der Klägerin, sie habe nicht gewusst, dass die Beklagte bzw. D. am Silvesterabend des Jahres 2004 keine verjährungshemmenden Maßnahmen gegenüber F. ergriffen hätten, sei zurückzuweisender neuer Vortrag im Berufungsverfahren. Der Vortrag impliziere, die Klägerin sei davon ausgegangen, D. habe „von sich aus“ verjährungshemmende Maßnahmen gegen F. vorgenommen, was in Widerspruch zum erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin stehe. Diese mache D. gerade zum Vorwurf, er habe sie nicht richtig belehrt, ihr insbesondere nicht empfohlen, rechtzeitig gegen F. vorzugehen, weshalb sie sich dazu nicht entschieden habe. Dieses Vorbringen beinhalte jedoch, der Klägerin sei aufgrund der Beratungsgespräche bewusst gewesen, dass D. im Jahr 2004 nicht gegen F. vorgehen werde.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.
Die Akten des Landgerichts Mosbach - 1 O 107/06 - waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
B.
I.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Sollten der Klägerin gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus §§ 280 Abs. 1, 611, 675 BGB wegen im letzten Quartal des Jahres 2004 erfolgter Verletzung vertraglicher Beratungspflichten durch Rechtsanwalt D. zustehen, wären diese Ansprüche mit Ablauf des 31.12.2007 jedenfalls verjährt. Zu Recht hat das Landgericht daher die Klage auf die Verjährungseinrede der Beklagten hin abgewiesen.
a) Maßgebliche Verjährungsnormen sind §§ 195, 199 BGB.
aa) Auf Schadensersatzansprüche gegen Rechtsanwälte, die nach dem 15.12.2004 entstehen, findet ausschließlich das Verjährungsrecht der §§ 194 ff. BGB Anwendung, selbst wenn das zugrunde liegende Vertragsverhältnis vor diesem Tag begründet wurde (vgl. Zugehör, in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn. 1263; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., Art. 229 § 12 EGBGB Rn. 3 a. E.; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 3. Aufl., § 24 Rn. 2). Ein Schadensersatzanspruch aus der Verletzung einer anwaltlichen Beratungspflicht ist entstanden, sobald aus ihr Schaden entsteht (vgl. Zugehör, in: Zugehör / Fischer / Sieg / Schlee, a.a.O., Rn. 1456; Vollkommer / Greger / Heinemann, a.a.O., § 24 Rn. 3).
bb) Der etwaige streitgegenständliche Schadensersatzanspruch der Klägerin ist auf Grundlage ihres eigenen Sachvortrags nach dem 15.12.2004 entstanden. Standen ihr die von ihr behaupteten Schadensersatzansprüche gegen den Anlageberater oder -vermittler F. zu, so trat deren Verjährung, wegen der sie die Beklagte in Anspruch nimmt, nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB mit Ablauf des 31.12.2004 ein (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 1, 6). Die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlichen subjektiven Voraussetzungen lagen im Hinblick auf den Mitte der 1990er-Jahre ggf. entstandenen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen F. seit 1998 vor, denn nach ihrem eigenen Sachvortrag waren der Klägerin seit dieser Zeit alle Umstände bekannt, aus denen sich Schadensersatzansprüche gegen F. ergeben konnten. Der etwaige Schaden der Klägerin, dessen Ersatz sie von der Beklagten begehrt, trat bereits in dem Moment ein, in dem mögliche Ansprüche gegen F. verjährten (vgl. BGH, NJW 1994, 2822, 2823 f.).
b) Mit Ablauf des 31.12.2004, als etwaige, mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzansprüche der Klägerin i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden (s. soeben unter a bb), lag auf der Grundlage des unstreitigen Parteivortrags bzw. des eigenen Sachvortrags der Klägerin deren Kenntnis von den diese Ansprüche begründenden Umständen und der Person des Schuldners nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
aa) Solche Kenntnis ist gegeben, kennt der Gläubiger die Tatsachen, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Dazu gehören bei Schadensersatzansprüchen die Pflichtverletzung, der Eintritt eines Schadens und die Kenntnis von der eigenen Schadensbetroffenheit (Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 199 Rn. 27). Eine zutreffende rechtliche Würdigung ist grundsätzlich nicht erforderlich, es genügt die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände; eine andere Beurteilung kommt lediglich bei einer unübersichtlichen oder zweifelhaften Rechtslage in Betracht, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag (vgl. BGH NJW-RR 2008, 1237 f.;Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2009, § 199 Rn. 62, 69).
bb) Die Klägerin hatte bereits mit Ablauf des 31.12.2004 nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis von den Umständen, die die ihr möglicherweise gegen die Beklagte zustehenden, streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche begründeten.
(1) Der Klägerin war aufgrund der Beratungsgespräche, die sie zwischen Oktober und spätestens Anfang Dezember 2004 mit D. geführt hatte, und damit schon zu dieser Zeit bewusst, dass dieser im verbleibenden Jahr 2004 nicht gegen F. vorgehen, insbesondere gegen ihn keine Klage erheben oder sonst die Verjährung hindernde Maßnahmen ergreifen werde. Das ergibt sich schon daraus, dass nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in den Besprechungen mit D. nie ernsthaft die Rede davon war, dass auch F. in Anspruch genommen werden solle. Zudem sieht die Klägerin das anwaltliche Fehlverhalten, das sie der Beklagten vorwirft, gerade darin, dass ihr nicht empfohlen worden sei, Ansprüche gegen F. rechtzeitig geltend zu machen. Sie beruft sich darauf, sie hätte, hätte D. sie entsprechend beraten, hätte er ihr insbesondere mitgeteilt, dass die Voraussetzungen, Schadensersatz von F. zu erhalten, wesentlich geringer seien als gegen die finanzierende Bank, Auftrag erteilt, vor Ablauf des 31.12.2004 auch gegen F. vorzugehen. Demnach war der Klägerin schon zum Zeitpunkt der Beratungsgespräche bewusst, dass sie keinen Auftrag zu einem Vorgehen gegen F. erteilt hatte, dass D. ohne einen solchen Auftrag gegen F. aber nicht vorgehen werde.
Das Vorbringen der Berufung ist nicht geeignet, diese Beurteilung in Zweifel zu ziehen. Die Klägerin durfte zwar damit rechnen, die Beklagte werde pflichtgemäß alle erforderlichen Maßnahmen zum Jahreswechsel 2004/2005 ergreifen, ihr war aber aus den Beratungsgesprächen bekannt, dass ein Vorgehen gegen F. nicht geplant war. Sie konnte somit allenfalls annehmen, es sei nicht pflichtwidrig gewesen, gegen F. vor Ablauf des 31.12.2004 keine Maßnahmen zu ergreifen, nicht aber, dass solche Maßnahmen doch ergriffen werden würden. Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung vorbringt, ihr sei frühestens im Jahr 2005 bekannt gewesen, dass bis zum 31.12.2004 keine die Verjährung hindernden Maßnahmen durch die Beklagte gegen F. ergriffen würden, handelt es sich zudem um in Widerspruch zum erstinstanzlichen Vorbringen stehenden neuen Vortrag, der nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen ist.
(2) Die Klägerin kannte ferner mit Ablauf des 31.12.2004 alle tatsächlichen Umstände, aufgrund derer die Untätigkeit von D. gegenüber F. möglicherweise eine Verletzung der Pflichten aus dem Anwaltsvertrag darstellte. Ihr waren alle näheren Umstände bekannt, unter denen sie den Auftrag an die Beklagte erteilt hatte. Ob sie annahm, es sei pflichtgemäß, gegen F. nicht vorzugehen, ist unerheblich; die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände i. S. v. § 199 Abs. 1 S. 2 BGB hängt von der zutreffenden rechtlichen Beurteilung dieses Vorgangs durch die Klägerin nicht ab (s. oben unter aa).
(3) Die Klägerin kannte spätestens mit Ablauf des 31.12.2004 auch alle tatsächlichen Umstände, aus denen sich etwaige Schadensersatzansprüche gegen F. und deren Verjährung zu diesem Zeitpunkt ergaben. Hierfür genügt es, dass der Klägerin nach ihrem eigenen Sachvortrag bereits seit 1998 alle tatsächlichen Umstände bekannt waren, aus denen sich Schadensersatzansprüche gegen F. ergeben konnten (vgl. oben unter a bb). War das der Fall, so kannte die Klägerin auch alle diejenigen tatsächlichen Umstände, aufgrund derer solche Ansprüche mit Ablauf des 31.12.2004 verjährten.
Ob sie die Rechtslage im Hinblick auf etwaige Ansprüche gegen F., insbesondere die Verjährungsfrage, rechtlich zutreffend beurteilte, ist unerheblich (s.oben unter aa). Abgesehen davon war das der Fall. Der Klägerin war, schon als sie im Oktober 2004 die Kanzlei der Beklagten aufsuchte, bewusst, dass etwaige Schadensersatzansprüche gegen F. mit Ablauf des 31.12.2004 verjähren würden. Nach ihrem eigenen Vorbringen suchte sie anwaltliche Hilfe, weil sie gehört hatte, dass zum 31.12.2004 eine „große Generalverjährungsfrist“ ablaufe. Die Klägerin hatte damit nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch Kenntnis vom Verjährungszeitpunkt, unabhängig davon, ob D. sie in den Beratungsgesprächen eigens auf den Verjährungseintritt zum 31.12.2004 hinwies, worüber die Parteien streiten. Eine solche Kenntnis erfordert keine Gewissheit, der Gläubiger braucht sich nicht uneingeschränkt sicher zu sein, restliche Zweifel dürfen verbleiben (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, a.a.O., § 199 Rn. 71). Die Klägerin stellt mit ihrer Berufung auch nicht mehr in Abrede, mit Ablauf des 31.12.2004 über die Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen F. zu diesem Zeitpunkt Bescheid gewusst zu haben.
c) Die maßgebende dreijährige Frist des § 195 BGB begann demnach im Streitfall nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2004 zu laufen. Da Anspruchsentstehung i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB und Kenntnis der Klägerin i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit Ablauf des 31.12.2004 gegeben waren, lagen sie noch im Jahr 2004 vor; denn der Zeitpunkt des Ablaufs eines Tages gehört noch zu diesem Tag (vgl. BAG, NJW 1966, 2081, 2082; LAG Düsseldorf, MDR 1997, 856; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 188 Rn. 5; vgl. ferner auch BGH, NZI 2005, 225). Der Zeitpunkt der Anspruchsentstehung i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Kenntnis der Klägerin i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB fällt hier mit dem Schluss des Jahres i. S. v. § 199 Abs. 1 BGB (hier also des Jahres 2004) zeitlich zusammen. Dieser Schluss des Jahres bildet das für den Fristbeginn maßgebende Ereignis i. S. v. § 187 Abs. 1 BGB (vgl. Staudinger/Repgen, BGB, 2009, § 187 Rn. 6). Folglich begann hier die Verjährungsfrist nach dieser Vorschrift am 01.01.2005, sie endete nach § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 31.12.2007 (vgl. auch das Urteil des Senats vom 27. Oktober 2009, 12 U 49/09 - UA, S. 26). Aus dieser Beurteilung ergibt sich entgegen der Auffassung der Berufung nicht, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt zwei nur alternativ denkbare Ansprüche nebeneinander bestanden. Vielmehr fallen die Vollendung der Verjährung der angeblichen Schadensersatzansprüche gegen F. und die Entstehung der etwaigen Regressforderung in einem Zeitpunkt zusammen. Ein Nebeneinander während eines bestimmten Zeitraums besteht nicht.
d) Die Vollendung der Verjährung etwaiger streitgegenständlicher Ansprüche mit Ablauf des 31.12.2007 verhinderte die am 30.12.2008 bei Gericht eingegangene Klage nicht. Sonstige den Verjährungseintritt zu diesem Zeitpunkt hindernde Umstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Da sich die Verjährung der streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche nach §§ 195, 199 BGB bestimmt (s. oben unter 1 a), kommt eine Sekundärhaftung der Beklagten nicht in Betracht (vgl. Zugehör, in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rn. 1445; Palandt/Ellenberger, a.a.O., Überblick vor § 194 Rn. 21, Art. 229 § 12 EGBGB Rn. 3 a. E.; Vollkommer/Greger/Heinemann, a.a.O., § 24 Rn. 1).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
III.
Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Zwar liegt - soweit ersichtlich - eine höchstrichterliche Entscheidung über den nach §§ 195, 199 BGB zu beurteilenden Beginn der Verjährung einer Regressforderung nicht vor, die sich aus dem Verjährenlassen einer Forderung des Regressgläubigers mit Ablauf des 31.12. eines bestimmten Jahres ergibt. Die insoweit maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben sind jedoch eindeutig; die von der Berufung für richtig gehaltene Rechtsansicht wird weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten. Die aufgeworfene Rechtsfrage bedarf daher nicht der Klärung durch eine höchstrichterliche Leitentscheidung.
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