Die Anwalts-Firmenzeile „& Associates“ ist irreführend, wenn nur eine weitere Rechtsanwaltskollegin in der Anwaltspraxis tätig ist

Gericht

OLG Karlsruhe


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

28. 03. 2012


Aktenzeichen

6 U 146/10


Tatbestand


Sachverhalt:

Die Beklagte, Rechtsanwältin Dr. R., war alleinige Inhaberin einer Anwaltskanzlei. Bei ihr war Frau Rechtsanwältin M. angestellt. Die Beklagte firmierte auf ihrer Homepage sowie auf ihrem Briefkopf unter der Bezeichnung "Dr. R. & Associates". Die Klägerin beanstandet das als irreführend, solange die Kanzlei nicht aus mehr als zwei Berufsträgern bestehe. Das Landgericht hat der Klage (u.a. auf Unterlassung) stattgegeben, die Berufung bleibt erfolglos.

Entscheidungsgründe


Aus den Gründen:

Der Klägerin steht der ... geltend gemachte Unterlassungsanspruch ... zu, §§ 8, 3, 5 UWG... Die werbliche Darstellung der Beklagten auf ihrer Homepage ... und auf dem Briefkopf ihrer Kanzlei mit dem Zusatz "& Associates" stellt eine gem. §§ 3, 5 UWG irreführende geschäftliche Handlung dar.

Die Wahl der Bezeichnung einer Anwaltskanzlei stellt ebenso wie die Gestaltung und Verwendung des Briefkopfs oder -bogens ein werbendes Verhalten dar, das darauf abzielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistungen dieser Kanzlei zu gewinnen (vgl. BGH v. 17.4.1997 - I ZR 219/94, MDR 1998, 67 = NJW 1997, 3236; v. 12.2.2001 - AnwZ [B] 11/00, MDR 2001, 657 = NJW 2001, 1573; v. 23.9.2002 - AnwZ [B] 67/01, MDR 2003, 360 = NJW 2003, 346; v. 3.11.2008 - AnwSt [R] 10/08, AnwBl. 2009, 451 ff.). Damit handelt es sich zugleich um eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Angabe "& Associates" begründet eine relevante Gefahr der Irreführung über die geschäftlichen Verhältnisse der Beklagten gem. § 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3 UWG. ... Der durchschnittlich informierte und situationsadäquat aufmerksame Rechtssuchende wird durch den Zusatz "& Associates" zu der Annahme veranlasst, dass in der Kanzlei der Beklagten neben ihr selbst mindestens zwei weitere Berufsträger tätig sind. Der Begriff "& Associates" ist der englischen Sprache entnommen, was der durchschnittliche Adressat erkennt. Es bedarf keiner abschließenden Beurteilung, ob der Geschäftsverkehr den Begriff als Hinweis auf ein in Wahrheit nicht bestehendes Gesellschafts-, Partnerschaft- oder Sozietätsverhältnis mit den so Bezeichneten versteht (ebenfalls offen gelassen in BGH v. 3.11.2008, AnwSt. [R] 10/08 - Rz. 7, juris) oder nachvollzieht, dass die Praxis mit dieser Bezeichnung häufig die in einem Anstellungsverhältnis tätigen jüngeren Anwältinnen und Anwälte bezeichnet. Maßgeblich ist, dass er als Folge des durch die Kennzeichnung "&" geprägten Zusammenhangs mit einem namentlich genannten Berufsträger davon ausgeht, dass es sich um weitere Berufsträger handelt. ... Weiter ist der durchschnittliche Adressat der englischen Sprache so weitgehend mächtig, dass er die Endungs- als Pluralform des Substantivs erkennt und davon ausgehend schließt, dass neben der in der Firmenbezeichnung zunächst genannten Beklagten mehrere Berufsträger dauerhaft tätig sind. Dies war zum Zeitpunkt der Abmahnung aber nicht der Fall, da neben Frau Rechtsanwältin M... kein weiterer Berufsträger dauerhaft tätig war.

Diese Auffassung des Senates steht nicht im Widerspruch zu der ... Entscheidung des BGH v. 3.11.2008 - AnwSt. (R) 10/08, AnwBl. 2009, 451. Auch der BGH geht ... davon aus, dass bei dem "& Associates"-Zusatz der Verbraucher dieser Angabe entnimmt, "dass der Betroffene (...) sich mit anderen Berufsträgern zu einer auf Dauer angelegten beruflichen Zusammenarbeit zusammengeschlossen hat" (BGH, a.a.O. - Rz. 7). Der BGH nennt den "Betroffenen" und geht von mehreren Berufsträgern aus, die sich mit dem "Betroffenen" zu einer auf Dauer angelegten beruflichen Zusammenarbeit zusammengeschlossen haben müssen. Lediglich bei der von der Beklagten zitierten Stelle verwendet der BGH den Singular ("zumindest einem Berufsträger", Rz. 9), um im darauffolgenden Satz wieder den Plural ("eine solche Zusammenarbeit mit anderen Berufsträgern") zu verwenden. In dem vom BGH entschiedenen Fall wurde die Zahl der Mitarbeiter gar nicht problematisiert. Die Zielrichtung der zitierten Äußerung war eine ganz andere. ... Es wäre fernliegend, ... zu entnehmen, dass der BGH auch die dauerhafte Mitarbeit nur eines Berufsträgers für den im Plural gehaltenen Zusatz genügen lassen würde.

Die irreführende Verwendung des Zusatzes "& Associates" ist wettbewerblich relevant. Die Größe einer Kanzlei ist für den verständigen Rechtsratsuchenden ein nicht unerhebliches Kriterium bei seiner geschäftlichen Entscheidung über die Wahl seines Beraters. ...

Vorinstanzen

LG Karlsruhe - 4 O 108/10

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht

Normen

UWG §§ 3, 5, 8