Streit um unklare Klausel im Mietvertrag – Der Vermieter muss den Mieteranwalt bezahlen

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

18. 05. 2009


Aktenzeichen

8 U 190/08


Tenor

Auf die Berufung des Klägers wirft das am 2, 9. 2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof/Kreuzberg abgeändert;

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 659,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. 8. 2007 zu zahlen.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe


Gründe:

Die Berufung ist begründet, weil der Kläger von den Beklagten nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB Ersatz der geltend gemachten Anwaltskosten und dar Kosten für den Voranschlag den ... verlangen kann. Auszugehen ist von Folgendem:


I.

Mit dem Amtsgericht geht der Senat davon aus, dass die (formularmäßig gefassten) Regelungen in § 10 Ziff. 4 des Mietvertrages vom 26./29,10. 2001 betreffend die Übertragung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Kläger nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sind. Sowohl die für die Durchführung der Schönheitsreparaturen als auch die für die Abgeltung bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages vorgesehenen Fristen sind „starr“ mit der Folge, dass der Kläger zur Ausführung von Schönheitsreparaturen in keinem Fall verpflichtet war.


II.

Der Senat kann jedoch der Auffassung des Amtsgerichts, wonach das Schreiben der Hausverwaltung vom 5. 3. 2007 einen Schadensersatzanspruch der Kläger nicht auslösen konnte, nicht folgen.

1. Das auf die fristgemäße Kündigung des Klägers erfolgte Schreiben der Hausverwaltung mit dem Inhalt

„Sehr geehrter Herr ...

hiermit bestätigen wir Ihnen Ihr Kündigungsschreiben vom 28.02.2007. Das Mietverhältnis endet zum 31.05.2007. Im Hinblick auf die Schönheitsreparaturen beachten Sie bitte die Vereinbarung unter § 10 Ziffer 4 des Mietvertrages vom 29.10.2001 ...“

kann nicht nur als bloßer - wertungsfreier - Hinweis auf eine vertragliche Regelung verstanden werden. Wenn das Amtsgericht darauf abstellt, dass das Schreiben der Hausverwaltung nicht zur Durchführung bestimmter, im Einzelnen beschriebener Schönheitsreparaturen auffordert, wird diese Betrachtungsweise dem Sachverhalt nicht gerecht. Aus der maßgeblichen Sicht des Klägers konnte der Wortlaut des Schreibens nur so verstanden werden, dass die Hausverwaltung von einer - in welchem Umfang auch immer - bestehenden Renovierungspflicht des Klägers ausging, also die Durchführung entsprechender Arbeiten bei Beendigung des Mietverhältnisses erwartete. Damit verlangte die Hausverwaltung vom Kläger etwas, was nach dem Mietvertrag nicht geschuldet war, so dass eine den Beklagten nach § 278 BGB zuzurechnende Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB vorlag (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 16.1. 2009 -VZR 133/08, NJW 2009, 1262, Rn. 17 und 18).

2. Die Pflichtverletzung erfolgte auch schuldhaft. Hierbei kann dahinstehen, ob bereits die Aufnahme der unwirksamen Regelungen in den Mietvertrag im Jahre 2001 ein Verschulden begründen konnte. Jedenfalls haben die Beklagten nicht darlegen können, weshalb der Hausverwaltung die Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung bei Abfassung des Schreibens vorn 5, 3. 2007 nicht bekannt sein konnte (vgl. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), so dass von einer fahrlässigen Handlungsweise der Hausverwaltung auszugehen ist. Soweit die Beklagten unter Hinweis auf die Rn. 19 der oben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs meinen, dass es an einem fahrlässigen Verhalten der Hausverwaltung fehle, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Beklagten können nämlich gerade nicht darlegen, dass der von der Hausverwaltung im Schreiben vom 5. 3. 2007 eingenommene Rechtsstandpunkt „plausibel“ war: gerade das war im Hinblick auf die obergerichtliche Rechtsprechung, die der Hausverwaltung bekannt sein musste, nicht der Fall.

3. Aufgrund der Pflichtverletzung war der Kläger auch berechtigt, einen Rechtsanwalt einzuschalten. Auszugehen ist davon, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts jedenfalls dann gerechtfertigt ist, wenn die Rechtslage aus Sicht des Betroffenen nicht eindeutig in die eine oder die andere Richtung einzuordnen ist. So Ist es in der Regel bei der Beurteilung der Wirksamkeit formularmäßig abgefasster Renovierungsklauseln in Mietverträgen: es ist jedenfalls für den juristisch nicht vorgebildeten Mieter nicht von vorneherein klar, ob eine Verpflichtung zur Vornahme der entsprechenden Arbeiten besteht oder nicht (vgl. zur „Eindeutigkeit“ BGH, Urt. v. 8. 11. 1994 - VI ZR 3/94, NJW 1995, 448, 447 I. Sp.).

4. Die für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts geltend gemachten Kosten sind auch der Höhe nach gerechtfertigt,

a) Für die Berechnung der Kosten ist zu Recht der Kostenanschlag der ... vom 8. 5. 2007in Höhe von 2.849,22 € zugrunde gelegt worden. Ob Lackierarbeiten tatsächlich nicht erforderlich waren und die zur Durchführung der Schönheitsreparaturen erforderlichen Kosten entsprechend dem von den Beklagten eingeholten Kostenanschlag der ... vom 15. 5. 2007 nur insgesamt 1.438,90 € betrugen, kann dahinstehen. Lackierarbeiten an Fenstern, Türen und Heizkörpern gehören grundsätzlich zu den auszuführenden Schönheitsreparaturen. Da das Schreiben der Hausverwaltung vom 5. 3. 2007 keine irgendwie formulierte Einschränkung enthielt, musste der Kläger von einer Verpflichtung zur Durchführung sämtlicher Schönheitsreparaturen ausgehen, sodass zutreffend von dem Kostenanschlag der ... ausgegangen worden ist.

b) Auch die vom Kläger in Ansatz gebrachten Gebührentatbestände sind gerechtfertigt.

- für die Geschäftsgebühr nach VV RVG Nr. 2300 ist von einem Gebührensatz von 1,3 auszugehen. Hierbei handelt es sich um eineMittelgebühr, die vom Anwalt regelmäßig zugrunde gelegt werden kann (vgl. Hartmann, Kostengesetze, VV 2300 Rn. 24); nur ein höherer Gebührensatz erfordert eine besondere Begründung hinsichtlich des Umfange oder der Schwierigkeit der Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt tätig war,

- die Verfahrensgebühr nach VV RVG Nr. 3101 mit 0,8 ist ebenfalls zu Recht in Ansatz gebracht worden, weil allein das Telefonat des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit einem Vertreter der Hausverwaltung nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist zur Erklärung, dass keine Schönheitsreparaturen geschuldet waren, diese Gebühr ausgelöst hat. Hierauf ist nach VV RVG Nr. 2303 zu Recht auch ½ der Geschäftsgebühr angerechnet worden.

- die Terminsgebühr nach VV RVG 3104 ist ebenfalls angefallen, sodass unter Hinzurechnung von Auslagenpauschale und Umsatzsteuer ein Betrag in Höhe von 619,81 € zu ersetzen ist.

- Hinzu kommen die für den Kostenanschlag aufgewendeten Kosten in Höhe von 40,00 €, so dass dem Kläger die geltend gemachte Forderung in voller Höhe zusteht.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die Kostentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

Rechtsgebiete

Mietrecht