Kündigung nur bei erheblichem Zahlungsverzug der Miete und wegen Eigenbedarf nur bei engem Familienkreis

Gericht

AG Merzig


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

05. 08. 2005


Aktenzeichen

23 C 1282/04


Tenor


Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Beklagten mieteten von den Klägern in dem Anwesen … Räumlichkeiten an. Gemäß diesem Mietvertrag bestehen die Räume aus 6 Zimmern, 1 Kammer, 1 Küche, 1 Diele, 1 Bad, 1 Toilette, 1 Toilette mit Bad/Dusche sowie einem Bodenraum. Inclusive des Treppenhauses soll die vermietete Fläche insgesamt 194,19 qm betragen, wohingegen die reine Wohnfläche 162 qm betragen soll. Weiterhin gehören nach dem Mietvertrag zum Mietgegenstand zwei Fahrzeugeinstellplätze sowie ein Gartenbereich. Das Mietverhältnis begann zum 1.8.2002. Der Mietzins beläuft sich auf 600,- EUR kalt zuzüglich 100,- EUR Nebenkostenvorauszahlungen. Im Laufe des Jahres 2004 kam es mehrfach zum Schriftwechsel.

Hintergrund waren dabei diverse Streitigkeiten zwischen den Parteien. So wurde unter anderem von den Beklagten das Schloss zur Haustür ausgetauscht. Die Kläger wohnen im gleichen Hausanwesen, haben aber einen separaten Eingang. Der Zugang, welchen die Beklagten nutzen, war zum damaligen Zeitpunkt der einzige, welcher zur gemeinsamen Heizungsanlage führte. In der Folgezeit wurde die Eingangstür durch die Kläger aufgebrochen, wobei die Hintergründe für das Gesamtgeschehen zwischen den Parteien streitig sind. Es kam dann weiterhin zur Rüge verschiedener Mängel durch die Beklagten sowie auf der anderen Seite zur Abmahnung wegen verspäteter Mietzinszahlung und Zurückweisung der Mängelrügen. Am 30.9.2004 kam es dann zur Kündigung wegen Eigenbedarf zum 31.12.2004 durch die Kläger. Hierbei führten sie aus, dass der Neffe des Klägers sowie dessen Ehefrau im Dezember 2004 Nachwuchs erwarteten und deshalb aus ihrer derzeitigen Wohnung mit ca. 70 qm in eine größere Wohnung ziehen wollten. Zwischen dem Kläger und seinem Neffen bestünde ein verwandtschaftliches Verhältnis. Darüber hinaus sei der Neffe sein Patenkind. Dementsprechend sei der Eigenbedarf berechtigt. Diese Kündigung ließen die Beklagten mit Schreiben vom 25.10.2004 zurückweisen. Im Laufe des Rechtsstreites kündigten die Kläger das Mietverhältnis unter dem 8.4.2005 fristlos sowie ordentlich unter Hinweis darauf, dass die Beklagten den Mietzins für den Monat April 2004 in Höhe von 60,- EUR, für den Zeitraum Oktober bis Februar 2005 mit jeweils 100,- EUR, also insgesamt 500,- EUR und den Mietzins für den Monat März in Höhe von 150,- EUR schuldig geblieben seien. Darüber hinaus kündigten die Kläger mit weiterem anwaltlichen Schriftsatz vom 19.4.2005 das Mietverhältnis wiederum fristlos sowie hilfweise ordentlich unter Berufung darauf, dass ständige, schwerwiegende vertragliche Pflichtverletzungen vorliegen würden. Für die im Kündigungsschreiben im einzelnen aufgeführten Gründe wird auf dieses ausdrücklich Bezug genommen.

Die Kläger begehren die Räumung des Wohnraums.

Sie behaupten, dass zu dem Neffen und Patenkind des Klägers ein derart enges, persönliches Verhältnis vorhanden sei, wie dies praktisch bei eigenen Kindern der Fall sei. Es liege ein sehr herzliches Verhältnis vor, wobei der Neffe oft seine Ferien bei den Klägern verbracht habe. Auch sei er bei dem Umbau behilflich. Darüber hinaus sei vorgesehen, dass der Nachwuchs des Neffen von der Ehefrau des Klägers beaufsichtigt werde, sobald diese ihre Arbeitstätigkeit wieder aufnehme. Darüber hinaus seien auch die beiden weiteren fristlosen Kündigungen gerechtfertigt. Zum einen stünden erhebliche Mietzinsrückstände offen, wobei dem Beklagten weder ein Mietzinsminderungsrecht noch ein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Darüber hinaus ergebe sich aus der Gesamtkorrespodenz und den vorliegenden schweren Pflichtverletzungen dass die notwendige Vertrauensbasis zwischen den Parteien endgültig zerstört sei. Auch hieraus ergebe sich, dass der Räumungsanspruch begründet sei.

Die Kläger beantragen,

die Beklagten werden verurteilt als Gesamtschuldner dem linken Hausanwesen … angemietete Wohnung, bestehend aus 6 Zimmern, 1 Kammer, 1 Korridor, 1 Toilette und 1 Toilette mit Bad sowie einem Bodenraum inklusive Treppenhaus sowie die 2 Fahrzeugabstellplätze im Gartenbereich zum 31. Dezember 2004 zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten, dass die notwendige enge Verbundenheit bzw. die moralische Pflicht zur Unterhaltsgewährung oder sonstigen Fürsorge bestehe. Der Eigenbedarf sei lediglich vorgeschoben. Dies gründe in den zwischen den Parteien bestehenden Differenzen. Ein hinreichender Mietzinsrückstand bestehe für eine fristlose Kündigung nicht. Zum einen fehle es bereits an der gesetzlichen Voraussetzung. Zum anderen stehe den Beklagten ein Zurückbehaltungs- und Mietzinsminderungsrecht zu. Insoweit bestünden erhebliche Mängel im Bodenraum, im Esszimmer und im Wohnzimmer. Diese Mängel seien mehrfach gerügt und um Abhilfe gebeten worden. Eine Reaktion sei nicht erfolgt. Dementsprechend bestehe ein Mietzinsminderungs- und Zurückbehaltungsrecht. Darüber hinaus lägen auch keine erheblichen Pflichtverletzungen vor. Die Kündigungsgründe, welche in dem Kündigungsschreiben vom 19.4.2005 vorgebracht worden seien lägen sämtliche nicht vor.

Für das weitere Vorbringen der Parteien im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Klage ist unbegründet.

Den Klägern steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Räumung der von den Beklagten innegehaltenen Wohnung zu.

Der Anspruch auf Räumung ergibt sich nicht aus der fristlosen Kündigung vom 8.4.2005.

Für eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs gem. § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB sind deren Voraussetzungen nämlich nicht gegeben. Nach Nr. 3 a müssten die Beklagten für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug gewesen sein. Gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB gilt ergänzend, dass der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen ist, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend offensichtlich nicht gegeben. Die Miete beträgt brutto 700,- EUR (600,- EUR netto + 100,- EUR Nebenkostenvorauszahlungen). Nach den Angaben im Kündigungsschreiben belaufen sich jedoch die Rückstände für den Monat April 04 auf 60,- EUR, für die Monate Oktober 04 bis Februar 05 auf je 100,- EUR, also insgesamt 500,- EUR und für den März 05 auf 150,- EUR. Der Gesamtrückstand beläuft sich daher auf 710,- EUR, wobei keiner der einzelnen Rückstände auch nur annähernd den Betrag von einer Monatsmiete erreicht. Mithin ist bereits diese Voraussetzung der Nr. 3 a nicht gegeben. Aber auch die Voraussetzung der Nr. 3 b des § 543 Abs. 2 BGB liegen nicht vor. Dies ist nur dann der Fall, wenn über einen Zeitraum, der sich über mehr als zwei Monate erstreckt, der Mieter mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete von zwei Monaten erreicht. Auch dies ist hier offensichtlich nicht der Fall. Die Miete beträgt brutto 700,- EUR, das heißt, zwei Monatsmieten belaufen sich auf den Betrag von 1.400,- EUR. Dass der rückständige Betrag von 710,- EUR diese Summe nicht erreicht ist offensichtlich. Hierbei braucht auf die Frage, ob die Beklagten zu Recht die Miete mindern bzw. ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen nicht weiter eingegangen zu werden, da die Kündigungstatbestandsvoraussetzungen schon per se auch nach dem Sachvortrag der Klägerseite nicht gegeben sind.

Ebensowenig steht den Klägern ein Anspruch auf Räumung der Wohnung aufgrund der außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 19.4.2005 zu. In dem dortigen Kündigungsschreiben haben die Kläger als Vermieter folgende Pflichtverstöße den Beklagten vorgeworfen:

Der Beklagte zu 2) habe mit seiner Geliebten, die er als seine Schwägerin vorgestellt habe, die Wohnung besichtigt. Tatsächlich sei aber die Beklagte zu 1) eingezogen, wobei diese sich tagtäglich bei ihnen über die Liebesaffäre des Beklagten zu 2) ausgeweint habe. Weiterhin liege ein Pflichtverstoß darin, dass die Beklagte zu 1) sich nackt im Garten sonne und räckele. Dieses Verhalten sorge bei Nachbarn und der Dorfgemeinschaft für Gesprächsstoff. Zusätzlich hätten die Beklagten den Zugang zum Heizungskeller und dem Stromkasten für beide Haushälften verweigert, obwohl eine Abmahnung vorgelegen habe. Darüber hinaus habe der Heizungsmonteur festgestellt, dass die Beklagten sich unberechtigter Weise an der Heizungsanlage zu schaffen gemacht hätten, weshalb die Heizung ständig ausgefallen und der Wärmemengenzähler defekt gewesen sei. Weiterhin lägen unberechtigte Manipulationen am gemeinsamen Sicherheitskasten vor. Den Zutritt zum Sicherungskasten werde verweigert. Auch sei das Motorrad des Klägers auf dem Hof beschädigt worden. In der Nacht vom 15.4.2005 sei bis tief in die Nacht hinein Musik laut betrieben worden. Schlussendlich habe der Mieterverein für die Beklagten am 7.4.2005 mit einer einstweiligen Verfügung gedroht. All dies rechtfertige die Annahme eines völlig zerstörten Hausfriedens.

Voraussetzung für eine außerordentliche fristlose Kündigung gem. §§ 569 Abs. 2, 543 Abs. 1 BGB ist es, dass eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Verschuldens der Vertragspartei und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Der Begriff des Hausfriedens wird im BGB nicht definiert. Indes beruht er auf der Erwägung, dass die Nutzung von Wohn- und Geschäftsräumen durch mehrere Mietparteien ein gewisses Maß an Rücksichtnahme voraussetzt. Jede Mietpartei muss sich bei der Nutzung der Mieträume so verhalten, dass die anderen Mieter nicht mehr beeinträchtigt werden, als dies den konkreten Umständen nach unvermeidlich ist. Dasselbe gilt für den Vermieter. Die konkreten Einzelheiten werden dabei durch die vertraglichen Vereinbarungen und die Verkehrssitte bestimmt (vgl. hierzu Schmitt-Futterer/Blank, § 569 BGB Rnr. 17). Bereits hierin bestehen erhebliche Bedenken, ob eine Störung des Hausfriedens hier überhaupt vorliegen kann. Die Beklagten bewohnen mit einem separaten Eingang einen Teil eines renovierten Bauernhofes. Zwar bestehen gemeinsame Gebäudeteile wie etwa der gemeinsame Stromkasten und früher der gemeinsame Heizungskeller. Letzterer ist indes nicht mehr vorhanden, nachdem die Kläger selbst Abhilfe geschaffen haben. Insoweit wurde nämlich der Zugang der Beklagten zum Heizungskeller zugemauert und ein neuer Zugang von dem Anwesen bzw. Gebäudeteil der Kläger aus geschaffen. Weitere Mieter können durch die Beklagten nicht gestört werden. Ein solcher Sachvortrag liegt im Übrigen auch nicht vor. Auch die weiter vorgetragenen Kündigungsgründe in dem Schreiben vom 19.4.2005 deuten zwar auf ein beeinträchtigtes Mietverhältnis hin. Ein solches, dass der Hausfrieden jedoch gestört wurde, liegt hier nicht vor. Die Tatsache, dass bestrittenermaßen die Beklagte zu 1) im Garten nackt gesonnt haben soll, berührt ebenfalls nicht den Hausfrieden. Es ist die freie Entscheidung der Beklagten zu 1) ob und wie sie sich sonnen will. Unterstellt sie habe sich tatsächlich nackt gesonnt und hieran würden Nachbarn Anstoß nehmen, ist dies keine Störung des Hausfriedens nach § 569 Abs. 2 BGB. Dieses betrifft nämlich das Verhältnis der Beklagten zu den Klägern. Ebenso ist von der Beklagtenseite bestritten worden, dass der Beklagte zu 2) mit seiner Geliebten die Wohnung besichtigt hätte. Im Übrigen bestehen bereits Bedenken, wofür dies von Klägerseite eine Relevanz spielen sollte, da der Mietvertrag unstreitig von allen Beteiligten im Rahmen eines Termins unterschrieben wurde. Wer die Mietwohnung tatsächlich bezieht, war den Klägern bekannt. Schlussendlich sind auch die übrigen einzelnen vorgetragenen Hausstörungen durch die Beklagten bestritten worden. Dies gilt sowohl für Manipulationen an der Heizung wie auch für angebliche Manipulationen an dem Sicherheitskasten. Die Kläger sind dabei beweisbelastet mit den für sie günstigen Behauptungen hinsichtlich der vorliegenden Kündigungsgründe. Ein entsprechender Beweisantritt fehlt jedoch. Das Bestreiten der Beklagtenseite war offensichtlich, so dass die Notwendigkeit eines hinreichenden Beweisantritts den Klägern nicht verborgen bleiben konnte. Die Tatsache, dass hier lediglich ein Zeuge N.N. angegeben wurde, reicht für einen hinreichenden Beweisantritt nicht aus. Der Beweisantritt N.N. stellt noch nicht einmal einen ordnungsgemäßen Beweisantritt dar (vgl. BGH NJW 1987, 3077, 2.e) bb)). Ein richterlicher Hinweis gemäß §§ 138, 139 ZPO war im Hinblick auf die offensichtliche Beweisbedürftigkeit angesichts des Bestreitens der Beklagtenseite dabei nicht mehr erforderlich. Letztendlich verbleibt als Pflichtverstoß sowohl im Sinne des §§ 543 Abs. 1 BGB, wie 569 Abs. 2 BGB lediglich, dass die Beklagten zeitweise den Zutritt zur Heizungsanlage bzw. den Sicherungskasten verweigert haben. Hierzu haben die Beklagten zum einen ausdrücklich erklärt, dass insoweit die Zugangsmöglichkeit zum Sicherungskasten und der Änderung der baulichen Maßnahme besteht. Zum anderen haben die Kläger durch die Vornahme baulicher Maßnahmen im Hinblick auf den Heizungskeller bereits zu einem Zeitpunkt vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 19.04. selbst Abhilfe geschaffen. Weiterhin bestritten ist die Behauptung der Klägerseite, dass die Beklagten bis tief in die Nacht hinein Musik gehört haben. Die Androhung einer einstweiligen Verfügung im Hinblick auf den Zugang zu den Ablesemöglichkeiten seitens der Beklagten im Schreiben des Anwaltsvereines stellt im Übrigen ebenfalls kein Pflichtverstoß dar. Hierbei haben nämlich die Beklagten zum einen darauf hingewiesen, dass sie die entsprechenden Ablesungen vornehmen wollen um hier selber die entsprechenden Verbrauchsabrechnungen kontrollieren zu können. Dies stellt ein berechtigtes Interesse der Beklagten dar. Im Hinblick darauf, dass sich bekanntermaßen Verbrauchswerte innerhalb kürzester Zeit erheblich verändern können, ist auch die Androhung mit einer einstweiligen Verfügung als zulässige rechtliche Maßnahme gerechtfertigt, um hier durch eine Verzögerung eventuell Nachteile ihrerseits vermeiden zu können. Dementsprechend fehlt es an einer Störung des Hausfriedens nach § 569 Abs. 2 BGB.

Aus gleichen Gründen liegt ebenfalls kein schwerer Pflichtverstoß nach § 543 Abs. 1 BGB vor. Grundsätzlich gilt bei einer Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB, dass ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung dann vorliegt, wenn die Durchführung des Vertrages durch Zerstörung der das Schuldverhältnis tragenden Vertrauensgrundlage durch das Verhalten eines Vertragsteils derart gefährdet ist, dass sie dem Kündigenden auch bei strenger Prüfung nicht mehr zumutbar ist (Schmitt-Futterer/Blank, § 543 Rnr. 155). Im Hinblick darauf, dass die einzelnen behaupteten Pfichtverstöße der Beklagtenseite substantiiert bestritten wurden und ein entsprechender Beweisantritt der Klägerseite nicht vorliegt, kann auch nicht von einem pflichtenden Verstoß durch die Beklagten ausgegangen werden. Fehlt es aber hieran, so sind auch hier die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 BGB nicht gegeben.

Weitere außerordentliche Kündigungsgründe sind nicht ersichtlich.

Aber auch eine ordentliche Kündigung gem. § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB gemäß der Kündigung vom 30.9.2004 im Hinblick auf angeblichen Eigenbedarf greift zugunsten der Kläger nicht durch. Nach § 573 Abs. 1 BGB kann der Vermieter nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches liegt nach Absatz 2 insbesondere dann vor, wenn nach Nr. 2 der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörigen seines Haushalts benötigt (sogenannte Eigenbedarfskündigung). Dieser Kündigungstatbestand setzt mithin voraus, dass der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, die zu seinem Haushalt gehörende Person oder seine Familienangehörigen benötigt. Dies ist dann der Fall, wenn der Vermieter die ernsthafte Absicht hat, die Räume selbst als Wohnung zu nutzen oder diesen anderen Angehörigen zu überlassen und wenn diese Absicht auf vernünftigen Erwägungen beruht. Dabei ist im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Kündigungstatbestand so zu praktizieren, dass das Grundrecht des Vermieters auf sein Eigentum nach Art. 14 GG gewahrt wird. Die Entscheidung des Eigentümers über seinen Wohnbedarf muss dabei durch das Gericht grundsätzlich akzeptiert werden und dem Vermieter dürfen nicht fremde Vorstellung über angemessenes Wohnen und weitere Lebensplanung aufgedrängt werden. Andererseits darf im Rahmen der Prüfung nicht übersehen werden, dass der Mieter ebenfalls im Sinne des Art. 14 GG mit seinem Mietbesitz geschützt ist (BVerfG, WUM 1993, 377). Vorliegend stellt sich die entscheidende Frage, ob die Zeugen … und hier insbesondere der Zeuge … als Neffe und Patenkind zum privelegierten Personenkreis des § 573 Abs. 1 Nr. 2 BGB gehört. Nach der herrschenden Rechtsprechung ist zwischen den sogenannten engen Familienangehörigen und denjenigen, die mit dem Vermieter nur weitläufig verwandt oder verschwägert sind, zu unterscheiden. Bei den engen Familienangehörigen genügt die Tatsache der Verwandtschaft. Bezüglich der weiteren entfernten Angehörigen wird gefordert, dass der Vermieter gegenüber den Angehörigen rechtlich oder moralisch zur Unterhaltsgewährung oder sonstigen Fürsorge verpflichtet ist (vgl. Schmitt-Futterer/Blank, § 573 Rnr. 52 m.w.N.). Zu den engen Familienangehörigen gehören ohne Weiteres die Kinder, der Ehegatte und die Eltern des Vermieters. Streit besteht in der Rechtsprechung hingegen darüber, ob Nichten und Neffen zu diesem sogenannten engen Familienkreis oder aber zum weiteren Familienkreis gehören (vgl. hierfür zum einen AG Ludwigsburg WUM 1990, 391 und zum anderen LG Wiesbaden WUM 1991, 491, LG Berlin MM 1992, 356). Entscheidend für das Gericht ist hier die Frage, ob der Kläger tatsächlich im Sinne einer rechtlichen oder moralischen Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung oder sonstigen Fürsorge gegenüber dem Zeugen … verpflichtet ist. Sie gehören offensichtlich nicht zu dem sogenannten engeren Kreis der Familienangehörigen, da eine direkte Verpflichtung hier aus dem unmittelbaren Verhältnis zueinander nicht besteht. Hieran ändert auch nicht die Tatsache, dass es sich bei dem Zeugen … um das Patenkind des Klägers handelt. Dies wäre nur dann der Fall, soweit der Kläger faktisch und tatsächlich in die Elternrolle gegenüber dem Zeugen … eingerückt wäre und sich auch hieraus zu entsprechenden Unterhaltsleistungen verpflichtet gefühlt hätte. Dies ist jedoch nach dem bisherigen Sachvortrag eindeutig nicht der Fall. Auch konnten die Kläger nicht darlegen und beweisen, dass ein entsprechendes persönliches und enges Verhältnis zwischen dem Zeugen … und den Klägern besteht. Den Klägern ist insoweit nicht der notwendige Vollbeweis gem. § 286 ZPO gelungen. Dieser setzt voraus, dass ein für das praktische Leben ausreichender Grad von Gewissheit und nicht nur Wahrscheinlichkeit erreicht wurde, der einem restlichen etwaigen Zweifel Schweigen gebietet, ohne diesen völlig ausschließen zu müssen (vgl. nur BGH NJW 1999, 488, BGH NJW-RR 1994, 567). Von einem solchen Verhältnis kann jedoch nach den Aussagen der beiden Zeugen … nicht ausgegangen werden. Die Zeugin … hat bekundet, dass das Verhältnis zu den Klägern prima sei und man sich regelmäßig zu Geburtstagen und an allen Feiern treffen würde. Auch ansonsten würde man sich außer der Reihe treffen. Ihr Mann der Zeuge … würde den Klägern viel helfen bei Garten und dergleichen. Zuletzt habe ihr Mann, der Zeuge … beim Einpflanzen eines Baumes geholfen und beim Bau des Pools. Was er allerdings dort gemacht habe, wisse sie nicht. Nach einer anderen Wohnung hätte man sich nicht umgesehen, da von Anfang an der Schwangerschaft davon die Rede gewesen sei, dass man in diese Wohnung kommen solle. Auch sei beabsichtigt, dass die Klägerin nach Ablauf der Elternzeit das gemeinsame Kind der Eheleute … beaufsichtige. Es handele sich bei der Beziehung zwischen ihrem Mann und den Klägern um ein Elternkindverhältnis. Über die Miete sei auch schon mal gesprochen worden, es sei von 350,- EUR komplett die Rede gewesen. Nach den Angaben des Zeugen … sei das Gespräch darüber, dass man die streitgegenständliche Wohnung erhalten solle, damals aufgekommen, als seine Frau schwanger gewesen sei. Wann konkret könne er allerdings nicht sagen. Hinsichtlich der Miete sei von einem Betrag von 500,- EUR ohne Nebenkosten die Rede gewesen. Allerdings sei es insoweit lediglich um ein loses Gespräch gegangen. Erst auf Nachfrage hat der Zeuge sich dahingehend beschränkt, dass ein Betrag von maximal 400,- EUR im Raum gestanden habe. Der Zeuge bekundet weiter, dass er sein Verhältnis als ein normales Verhältnis zwischen einem Kind und seinem Patenonkel ansieht. Er sei als Kind früher oft zu Ferienbesuchen gewesen. Heute würde man sich regelmäßig bei Familienbesuchen sehen. Auch ansonsten habe man ein freundschaftliches Verhältnis. Man sehe sich fünf- sechsmal im Monat. Gelegentlich helfe er auch seinem Onkel, dem Kläger. So letztlich bei dem Bau des Pools, wo er einwenig geholfen habe. Auch sei vorgesehen, dass man wechselseitig auf die Kinder aufpasse, soweit die jeweiligen Eltern ausgehen wollten.

Nach diesen Angaben der beiden Zeugen kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine moralische oder tatsächliche Pflicht im Sinne einer Fürsorgepflicht seitens der Kläger gegenüber den Zeugen besteht. Eltern pflegen gegenüber Kindern auch Geldgeschenke bzw. regelmäßige Hilfeleistungen in Form von Geld zu erbringen. Solche Hilfeleistungen waren nach den Angaben der Zeugen nicht der Fall gewesen und sind auch nicht vorgetragen. Allein die Tatsache, dass man sich regelmäßig, insbesondere auch anläßlich der Vielzahl von Geburtstagen und sonstigen Familienfeiern sieht, begründet noch kein enges, familiäres Verhältnis, wie es für den Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erforderlich ist. Es handelt sich insoweit nämlich nur um die regelmäßigen verwandtschaftlichen Besuche, die, wie der Zeuge … zutreffend ausgeführt, ein normales Verhältnis zwischen Patenonkel und Patenkind mitbringen. Indes ist in der vorliegenden Situation ein mehr als das normale Verhältnis zwischen Patenkind und Patenonkel gefordert. Dieses besteht gerade eben nicht der wechselseitigen Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung oder sonstigen Unterstützung. Es handelt sich ganz offensichtlich zwischen den Zeugen … und den Klägern um ein gutes Verhältnis, welches jedoch nicht die notwendige Intensität mit sich bringt, wie es für den Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erforderlich wäre. Dieses geht nämlich über das normale verwandtschaftliche bzw. freundschaftliche Verhältnis hinaus. Insofern ist auch das durch den Mietbesitz garantierte Eigentumsrecht der Beklagten zu beachten, weshalb hier kein Recht zur Kündigung aufgrund Eigenbedarfs gegeben ist.

Ebensowenig greift eine Kündigung gem. § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Voraussetzung hierfür ist es, dass die Mieter ihre vertraglichen Pflichten schuldhaft in nicht unerheblicher Art und Weise verletzt hätten. Vertragliche Verletzungen durch die Beklagten sind jedoch in erheblicher Art und Weise für das Gericht nicht erkennbar. Zum einen fehlt es hinsichtlich der angeblichen Vertragsverstöße an einem geeigneten Beweisantritt durch die Klägerseite. Zum anderen kann in der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts oder einer Mietzinsminderung keine erhebliche vertragliche Pflichtverletzung erkannt werden. Der Kündigungstatbestand setzt dabei voraus, dass der Mieter seine vertraglichen Pflichten verletzt. Unter Berücksichtigung des bisher Ausgeführten verbleibt allenfalls die Frage, ob die Zurückbehaltung der Miete bzw. die Kürzung der Miete eine schuldhafte erhebliche Pflichtverletzung seitens der Beklagten darstellt. Hier kann angesichts des Betrages von 710,- EUR in der Gesamtschau nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine erhebliche Pflichtverletzung handelt, zumal sich die weitere Frage des schuldhaften Verhaltens hinsichtlich der Pflichtverletzung durch die Beklagten darüber hinaus stellt. Soweit nämlich die Beklagten tatsächlich ein Mietzinsminderungsrecht zustehen würde, läge kein Verschulden seitens der Beklagten vor, so dass insofern es ebenfalls an den Voraussetzungen des § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB fehlt.

Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Rechtsgebiete

Mietrecht