Automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit 67 trotz niedriger Rente keine Altersdiskriminierung

Gericht

EuGH


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

05. 07. 2012


Aktenzeichen

C-141/11


Entscheidungsgründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16).

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, den Herr Hörnfeldt gegen seinen früheren Arbeitgeber Posten Meddelande AB führt, weil sein Arbeitsverhältnis am letzten Tag des Monats, in dem er das 67. Lebensjahr vollendete, beendet wurde.


Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Die Erwägungsgründe 8, 9 und 11 der Richtlinie 2000/78 lauten:

„(8) In den vom Europäischen Rat auf seiner Tagung am 10. und 11. Dezember 1999 in Helsinki vereinbarten beschäftigungspolitischen Leitlinien für 2000 wird die Notwendigkeit unterstrichen, einen Arbeitsmarkt zu schaffen, der die soziale Eingliederung fördert, indem ein ganzes Bündel aufeinander abgestimmter Maßnahmen getroffen wird, die darauf abstellen, die Diskriminierung von benachteiligten Gruppen, wie den Menschen mit Behinderung, zu bekämpfen. Ferner wird betont, dass der Unterstützung älterer Arbeitnehmer mit dem Ziel der Erhöhung ihres Anteils an der Erwerbsbevölkerung besondere Aufmerksamkeit gebührt.

(9) Beschäftigung und Beruf sind Bereiche, die für die Gewährleistung gleicher Chancen für alle und für eine volle Teilhabe der Bürger am wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben sowie für die individuelle Entfaltung von entscheidender Bedeutung sind.

(11) Diskriminierungen wegen … des Alters … können die Verwirklichung der im EG-Vertrag festgelegten Ziele unterminieren, insbesondere die Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus und eines hohen Maßes an sozialem Schutz, die Hebung des Lebensstandards und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, die Solidarität sowie die Freizügigkeit.“

Art. 6 („Gerechtfertigte Ungleichbehandlung“) der Richtlinie 2000/78 bestimmt in Abs. 1 Buchst. a:

„Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

a) die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen“.

Schwedisches Recht

Die Bestimmungen der Richtlinie 2000/78 über Diskriminierungen wegen des Alters wurden durch das Gesetz (2008:567) über Diskriminierungen (diskrimineringslagen [2008:567]) umgesetzt.

Die grundlegenden Bestimmungen über den Kündigungsschutz enthält das Gesetz (1982:80) über den Kündigungsschutz (lagen [1982:80] om anställningsskydd, SFS 1982, Nr. 80, im Folgenden: LAS), dessen § 32a Folgendes vorsieht:

„Ein Arbeitnehmer hat das Recht, seinen Arbeitsplatz bis zum Ende des Monats zu behalten, in dem er das 67. Lebensjahr vollendet, sofern aus diesem Gesetz nichts anderes hervorgeht.“

Nach § 33 LAS muss „ein Arbeitgeber[, der] möchte, dass ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz am Ende des Monats, in dem er das 67. Lebensjahr vollendet, aufgibt, … dies dem Arbeitnehmer schriftlich mindestens einen Monat im Voraus mitteilen“.

Die §§ 32a und 33 LAS bilden zusammen die sogenannte „67-Jahre-Regel“. Danach haben Arbeitnehmer ein an keine Bedingungen geknüpftes Recht, bis zum Ende des Monats zu arbeiten, in dem sie 67 Jahre alt werden; am Ende dieses Monats kann das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung beendet werden.

Aus den beim Gerichtshof eingereichten Akten geht hervor, dass die nationalen Bestimmungen, wonach ein Arbeitsverhältnis beendet werden kann, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Altersrente hat oder ein bestimmtes Alter erreicht, 1974 im schwedischen Recht eingeführt wurden. In den 80er Jahren wurde das Renteneintrittsalter und damit das Alter, bei dessen Erreichen das Arbeitsverhältnis endete, von 67 auf 65 Jahre gesenkt. 1991 wurde das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre angehoben, doch war es gesetzlich nach wie vor gestattet, durch Tarifvertrag zu vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis vor Erreichen dieses Alters endet. Nach der 67-Jahre-Regel darf seit dem 31. Dezember 2002 weder durch Individual- noch durch Tarifvertrag ein zwingendes Renteneintrittsalter von weniger als 67 Jahren festgelegt werden.

Nach dem Grundsatz der Berücksichtigung der während des gesamten Erwerbslebens erzielten Einkünfte, der durch die neue Altersrentenregelung am 1. Januar 1996 eingeführt wurde, dienen die während des gesamten Erwerbslebens erzielten Einkünfte als Grundlage für die Ermittlung der Höhe der Altersrente.

Das Arbeitsverhältnis von Herrn Hörnfeldt fiel unter den Tarifvertrag zwischen der Arbeitgebervereinigung Almega Tjänsteförbunden und der Gewerkschaft für Dienstleistungen und Kommunikation (SEKO).


Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Herr Hörnfeldt begann 1989 beim damaligen Postverk (Postdienst) zu arbeiten. Obwohl er mehrfach darum bat, in größerem Umfang arbeiten zu dürfen, arbeitete er von 1989 bis 2006 lediglich einen Tag pro Woche auf Stundenbasis. Von 2006 bis 2008 arbeitete er im Umfang von 75 %. Vom 11. Oktober 2008 bis 31. Mai 2009 stand er in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis im Umfang von 75 %.

Am 15. Mai 2009 vollendete Herr Hörnfeldt sein 67. Lebensjahr, und am letzten Tag dieses Monats endete sein Arbeitsverhältnis aufgrund der 67-Jahre-Regel, die im LAS und in dem einschlägigen Kollektivvertrag festgelegt war. Die Höhe der von Herrn Hörnfeldt seither bezogenen Altersrente soll sich auf 5 847 SEK monatlich belaufen.

Mit seiner Klage beim vorlegenden Gericht begehrt Herr Hörnfeldt die Aufhebung der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Begründung, dass die 67-Jahre-Regel eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstelle.

Das vorlegende Gericht vertritt – insbesondere gestützt auf das Urteil vom 22. November 2005, Mangold (C‑144/04, Slg. 2005, I‑9981) – die Auffassung, dass nationale Gesetze und nationale Tarifverträge, die bewirkten, dass Arbeitsverhältnisse am letzten Tag des Monats endeten, in dem der Arbeitnehmer das 67. Lebensjahr vollende, eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung darstellten. Fraglich sei daher, ob diese Ungleichbehandlung als objektiv und angemessen und als durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt angesehen werden könne und ob sie zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sei.

Die 67-Jahre-Regel sei eingeführt worden, um den Einzelnen das Recht zu geben, länger zu arbeiten und ihre Altersrente zu verbessern. Diese Regel lasse sich als Ergebnis einer Abwägung zwischen Zielen der Staatsfinanzen, der Beschäftigungspolitik und der Arbeitsmarktpolitik begreifen. Allerdings werde das an keine Bedingungen geknüpfte Recht des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis zum betreffenden Stichtag zu beenden, in den Vorarbeiten zur Aufnahme dieser Regel in das LAS nicht ausdrücklich begründet.

Aus dem Urteil vom 16. Oktober 2007, Palacios de la Villa (C‑411/05, Slg. 2007, I‑8531), gehe hervor, dass eine Bedingung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers wegen Erreichens eines bestimmten Alters sei, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich in Gestalt einer beitragsbezogenen Altersrente habe. Im Urteil vom 12. Oktober 2010, Rosenbladt (C‑45/09, Slg. 2010, I‑9391), habe der Gerichtshof dabei nicht auf die Höhe der Rente verwiesen, die die betroffenen Personen erhielten. Im vorliegenden Fall stehe die 67-Jahre-Regel in keinerlei Zusammenhang mit der Höhe der Rente, die der Arbeitnehmer beanspruchen können werde.

Vor diesem Hintergrund hat das Södertörns tingsrätt das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Kann eine nationale Vorschrift, die wie die 67-Jahre-Regel eine Ungleichbehandlung wegen des Alters beinhaltet, gerechtfertigt sein, selbst wenn sich weder aus dem Zusammenhang, in dem die Vorschrift entstanden ist, noch aus anderen Anhaltspunkten klar ergibt, welches Ziel oder welcher Zweck der Vorschrift zugrunde liegt?

2. Geht eine nationale Vorschrift über die Versetzung in den Ruhestand wie die 67-Jahre-Regel, die ausnahmslos gilt und u. a. nicht die Rente berücksichtigt, die ein Einzelner beanspruchen können wird, über dasjenige hinaus, was zur Erreichung des angestrebten Ziels oder Zwecks angemessen und erforderlich ist?


Zu den Vorlagefragen

Mit seinen zusammen zu prüfenden Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die einem Arbeitgeber erlaubt, das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers aus dem bloßen Grund zu beenden, dass dieser das 67. Lebensjahr vollendet hat, und die nicht die Höhe der Rente berücksichtigt, die ein Einzelner beanspruchen können wird.

Wie aus der Vorlageentscheidung und den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen hervorgeht, steht außer Frage, dass die 67-Jahre-Regel, wonach Arbeitnehmer ein an keine Bedingungen geknüpftes Recht haben, bis zum Ende des Monats zu arbeiten, in dem sie 67 Jahre alt werden, und vorbehaltlich einer anderen Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis am Ende dieses Monats ohne Kündigung endet, eine Ungleichbehandlung wegen des Alters im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 darstellt.

Nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 stellen Ungleichbehandlungen wegen des Alters allerdings keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Um die Vorlagefragen beantworten zu können, ist daher zu prüfen, ob die 67-Jahre-Regel durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zu seiner Erreichung angemessen und erforderlich sind.

Zu prüfen ist, welche Folgen es hat, dass das LAS nicht genau das Ziel nennt, das mit der 67-Jahre-Regel und insbesondere mit § 33 LAS verfolgt wird. Laut vorlegendem Gericht wird im LAS nämlich nicht eindeutig angegeben, welches Ziel die 67-Jahre-Regel mit der Festsetzung der Altersgrenze für Arbeitnehmer auf 67 Jahre verfolgt.

Dieser Umstand ist jedoch nicht ausschlaggebend. Aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 lässt sich nämlich nicht ableiten, dass eine nationale Regelung, die das angestrebte Ziel nicht genau angibt, automatisch von einer Rechtfertigung nach dieser Bestimmung ausgeschlossen ist. Fehlt es an einer solchen genauen Angabe, ist allerdings wichtig, dass andere – aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete – Anhaltspunkte die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können (vgl. Urteil vom 21. Juli 2011, Fuchs und Köhler, C‑159/10 und C‑160/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Wie sich der Vorlageentscheidung entnehmen lässt, sind in den Vorarbeiten zum LAS und zum Gesetz (2008:567) über Diskriminierungen mehrere Ziele genannt, die sich auf die Beschäftigungs- und die Arbeitsmarktpolitik beziehen. Die 67-Jahre-Regel diene insbesondere dazu, die künftige Rente zu verbessern, indem noch nach Vollendung des 65. Lebensjahrs gearbeitet werden dürfe, und den Arbeitskräftemangel auszugleichen, der aufgrund der bevorstehenden Rentenabgänge zu erwarten sei. Das vorlegende Gericht weist außerdem darauf hin, dass die 67-Jahre-Regel nach Ansicht des Ombudsmanns gegen Diskriminierung (Diskrimineringsombudsmannen) dadurch gerechtfertigt sei, dass sie Platz für jüngere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt schaffe.

Die schwedische Regierung macht geltend, dass die 67-Jahre-Regel erstens verhindern solle, dass Arbeitsverhältnisse unter für die Arbeitnehmer erniedrigenden Bedingungen aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters beendet würden, zweitens eine Anpassung der Altersrentenregelungen an den Grundsatz der Berücksichtigung der während des gesamten Erwerbslebens erzielten Einkünfte ermöglichen solle, drittens die Schranken für diejenigen abbauen solle, die nach Erreichen des Alters von 65 Jahren weiter arbeiten wollten, viertens eine Anpassung an demografische Entwicklungen anstrebe und der Gefahr eines Arbeitskräftemangels zuvorkommen solle sowie fünftens dazu berechtigen, nicht aber dazu verpflichten solle, bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs zu arbeiten, indem das Beschäftigungsverhältnis nach Vollendung des 65. Lebensjahrs fortgesetzt werden könne. Die Festsetzung eines zwingenden Ruhestandsalters erleichtere zudem den Zugang junger Leute zum Arbeitsmarkt.

Eine solche Altersgrenze spiegle den politischen und sozialen Konsens wider, der seit Langem zwischen den Sozialpartnern bestehe. Dieser Konsens sei Ausdruck des beschäftigungspolitischen Ziels, älteren Arbeitnehmern Anreize dafür zu geben, ihre berufliche Laufbahn fortzusetzen, und schaffe einen Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitnehmer, lange zu arbeiten, und dem Bestreben, einen schonenden Übergang vom Berufsleben zum Ruhestand zu fördern.

Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die automatische Beendigung der Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die die das Alter und die Beitragszahlung betreffenden Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente erfüllen, seit Langem Teil des Arbeitsrechts zahlreicher Mitgliedstaaten und in den Beziehungen des Arbeitslebens weithin üblich ist. Dieser Mechanismus beruht auf einem Ausgleich zwischen politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen und/oder haushaltsbezogenen Erwägungen und hängt von der Entscheidung ab, die Lebensarbeitszeit der Arbeitnehmer zu verlängern oder, im Gegenteil, deren früheren Eintritt in den Ruhestand vorzusehen (Urteil Rosenbladt, Randnr. 44).

Die Förderung von Einstellungen ist nach der Rechtsprechung unbestreitbar ein legitimes Ziel der Sozial- oder Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten, zumal wenn es darum geht, den Zugang jüngerer Personen zur Ausübung eines Berufs zu fördern (Urteile vom 18. November 2010, Georgiev, C‑250/09 und C‑268/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 45, sowie Fuchs und Köhler, Randnr. 49).

Daher sind Ziele der Art, wie die schwedische Regierung sie angeführt hat, grundsätzlich als solche anzusehen, die eine Ungleichbehandlung wegen des Alters wie die in § 33 LAS vorgesehene im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 als „objektiv und angemessen“ erscheinen lassen und „im Rahmen des nationalen Rechts“ rechtfertigen (vgl. entsprechend Urteil Rosenbladt, Randnr. 45).

Ferner muss, wie schon aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 hervorgeht, geprüft werden, ob die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Angesichts des weiten Ermessensspielraums, der den Mitgliedstaaten und gegebenenfalls den Sozialpartnern auf nationaler Ebene nicht nur bei der Entscheidung über die Verfolgung eines bestimmten sozial- und beschäftigungspolitischen Ziels, sondern auch bei der Festlegung der für seine Erreichung geeigneten Maßnahmen zusteht, erscheint es nicht unvernünftig, wenn sie der Auffassung sind, dass eine Maßnahme wie die 67-Jahre-Regel zur Erreichung der vorgenannten Ziele angemessen sein kann (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Rosenbladt, Randnrn. 41 und 69).

Zum einen kann angenommen werden, dass die 67-Jahre-Regel, indem sie dazu berechtigt, bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs zu arbeiten, es ermöglicht, die Schranken für diejenigen abzubauen, die nach Erreichen des Alters von 65 Jahren weiter arbeiten wollen, die Altersrentenregelungen an den Grundsatz der Berücksichtigung der während des gesamten Erwerbslebens erzielten Einkünfte anzupassen, eine Anpassung an demografische Entwicklungen vorzunehmen und der Gefahr eines Arbeitskräftemangels zuvorzukommen.

Zum anderen kann davon ausgegangen werden, dass die 67-Jahre-Regel, indem sie dem Arbeitgeber erlaubt, das Arbeitsverhältnis zu beenden, wenn der Arbeitnehmer das 67. Lebensjahr vollendet hat, es ermöglicht, zu verhindern, dass Arbeitsverhältnisse unter für Arbeitnehmer im fortgeschrittenen Alter erniedrigenden Bedingungen beendet werden. Ebenso vorstellbar ist, dass diese Regel, wenn die Zahl der Beschäftigten wegen der Lage auf dem betreffenden Arbeitsmarkt oder im betreffenden Unternehmen beschränkt ist, den Zugang jüngerer Personen zum Arbeitsmarkt und/oder ihren Verleib auf diesem Markt erleichtert.

Das vorlegende Gericht ist sich nicht sicher, ob der in § 33 LAS vorgesehene Mechanismus der automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unbedingt erforderlich ist, da diese Bestimmung nicht vorsieht, dass die Höhe der Rente berücksichtigt wird, die ein Einzelner beanspruchen können wird.

Herr Hörnfeldt trägt hierzu vor, er sei, weil er über lange Zeit Teilzeitarbeit geleistet habe, außergewöhnlich kurz auf dem Arbeitsmarkt geblieben, und seine Altersrente sei daher unverhältnismäßig niedrig. Bestünde sein Arbeitsverhältnis noch zwei oder drei Jahre fort, würde sich seine Altersrente um ungefähr 2 000 SEK monatlich erhöhen. Für Arbeitnehmer, die wie er weiter arbeiten wollten, sei daher eine Ausnahme von der 67-Jahre-Regel zuzulassen.

Das in der Richtlinie 2000/78 aufgestellte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ist im Licht des in Art. 15 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Rechts, zu arbeiten, zu sehen. Daraus folgt, dass auf die Teilnahme älterer Arbeitnehmer am Berufsleben und damit am wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben besonderes Augenmerk zu richten ist. Ihr Verbleiben im Berufsleben fördert die Vielfalt im Bereich der Beschäftigung, die ein im 25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78 anerkanntes Ziel ist. Es trägt außerdem entsprechend dem in den Erwägungsgründen 8, 9 und 11 zum Ausdruck gebrachten Anliegen des Unionsgesetzgebers zu ihrer persönlichen Entfaltung und Lebensqualität bei (Urteil Fuchs und Köhler, Randnrn. 62 und 63).

Um zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren fragliche Maßnahme über das zur Erreichung der angestrebten Ziele Erforderliche hinausgeht und die Interessen von Arbeitnehmern, die das 67. Lebensjahr vollenden, übermäßig beeinträchtigt, ist sie in dem Regelungskontext zu betrachten, in den sie sich einfügt, und sind sowohl die Nachteile, die sie für die Betroffenen bewirken kann, als auch die Vorteile zu berücksichtigen, die sie für die Gesellschaft im Allgemeinen und die diese bildenden Individuen bedeutet (Urteil Rosenbladt, Randnr. 73).

Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Sozialpartner nach der 67-Jahre-Regel in Individual- oder Tarifverträgen vom Mechanismus der automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst ab Vollendung des 67. Lebensjahrs des Arbeitnehmers Gebrauch machen dürfen, da § 32a LAS untersagt, ein zwingendes Renteneintrittsalter von weniger als 67 Jahren vorzusehen. § 32a LAS verleiht dem Arbeitnehmer somit ein an keine Bedingungen geknüpftes Recht, eine Berufstätigkeit auszuüben, bis er das Alter von 67 Jahren erreicht, insbesondere um die Einkünfte zu erhöhen, auf deren Grundlage seine Altersrente berechnet wird, und so deren Betrag anzuheben.

Zweitens hat die von Rechts wegen eintretende Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die aus einer Maßnahme wie der in § 33 LAS vorgesehenen resultiert, nicht die automatische Wirkung, dass die Betroffenen gezwungen werden, endgültig aus dem Arbeitsmarkt auszuscheiden. Zum einen wird nämlich mit dieser Bestimmung keine zwingende Regelung zur Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen eingeführt. Sie sieht Voraussetzungen vor, unter denen ein Arbeitgeber vom Grundsatz des Verbots der Diskriminierungen wegen des Alters abweichen und ein Arbeitsverhältnis eines Beschäftigten beenden kann, weil dieser das 67. Lebensjahr vollendet hat.

Zum anderen hat die schwedische Regierung vorgetragen, dass der Arbeitgeber, wenn das Arbeitsverhältnis beendet werde, dem betreffenden Arbeitnehmer ein befristetes Arbeitsverhältnis anbieten könne. Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer könnten die Dauer dieses Verhältnisses frei vereinbaren und es erforderlichenfalls auch verlängern.

Drittens stellt die 67-Jahre-Regel nicht nur darauf ab, dass ein bestimmtes Alter erreicht ist, sondern berücksichtigt auch, dass dem Arbeitnehmer am Ende seiner beruflichen Laufbahn ein finanzieller Ausgleich durch einen Einkommensersatz in Gestalt einer Altersrente zugutekommt (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Rosenbladt, Randnr. 48).

Aus den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen geht nämlich hervor, dass das in § 33 LAS festgelegte Alter zum einen dem Alter entspricht, das im entscheidungserheblichen Zeitraum das gesetzliche Renteneintrittsalter war, und zum anderen höher als das Alter ist, ab dem ein Anspruch auf eine Altersrente besteht, die im Allgemeinen aus drei Bestandteilen besteht, nämlich aus der Einkommensrente, der Prämienrente und der Zusatzrente.

Viertens geht aus den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen hervor, dass, wer keine einkommensbezogene Altersrente oder nur eine niedrige Rente beanspruchen kann, ab Vollendung des 65. Lebensjahrs eine Rente in Form einer Grundversorgung beziehen kann, die in einer Garantierente, Wohngeld und/oder einer Unterhaltsbeihilfe für ältere Menschen besteht.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Gerichtshof in Randnr. 47 des Urteils Rosenbladt zu dem Schluss gelangt ist, dass keine übermäßige Beeinträchtigung der berechtigten Interessen der betroffenen Arbeitnehmer vorlag, obwohl in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, das Rentenalter niedriger als das nach § 33 LAS war und Frau Rosenbladt eine Rente bezog, die deutlich niedriger war als die, auf die Herr Hörnfeldt Anspruch hat.

Angesichts all dieser Umstände, deren Verifizierung Sache des vorlegenden Gerichts ist, kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass die Richtlinie 2000/78 einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehe.

Folglich ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die einem Arbeitgeber erlaubt, das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers aus dem bloßen Grund zu beenden, dass dieser das 67. Lebensjahr vollendet hat, und die nicht die Höhe der Rente berücksichtigt, die ein Einzelner beanspruchen können wird, nicht entgegensteht, sofern sie objektiv und angemessen ist, durch ein legitimes Ziel der Beschäftigungs- und der Arbeitsmarktpolitik gerechtfertigt ist und ein angemessenes und erforderliches Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist.


Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die einem Arbeitgeber erlaubt, das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers aus dem bloßen Grund zu beenden, dass dieser das 67. Lebensjahr vollendet hat, und die nicht die Höhe der Rente berücksichtigt, die ein Einzelner beanspruchen können wird, nicht entgegensteht, sofern sie objektiv und angemessen ist, durch ein legitimes Ziel der Beschäftigungs- und der Arbeitsmarktpolitik gerechtfertigt ist und ein angemessenes und erforderliches Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Schwedisch.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht