Unlautere Ausnutzung der Wertschätzung einer älteren Marken bei fehlender Verwechslungsgefahr
Gericht
EuGH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
10. 05. 2012
Aktenzeichen
C-100/11 P
Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Helena Rubinstein SNC (im Folgenden: Helena Rubinstein) und die L’Oréal SA (im Folgenden: L’Oréal) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Dezember 2010, Rubinstein und L’Oréal/HABM – Allergan (BOTOLIST und BOTOCYL) (T‑345/08 und T‑357/08, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses – in der Rechtssache T‑345/08 – die Klage von Helena Rubinstein auf Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 28. Mai 2008 (Sache R 863/2007-1) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Allergan, Inc. und der Helena Rubinstein SNC sowie – in der Rechtssache T‑357/08 – die Klage von L’Oréal auf Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 5. Juni 2008 (Sache R 865/2007‑1) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Allergan, Inc. und der L’Oréal SA abgewiesen hat (im Folgenden zusammen: streitige Entscheidungen).
Rechtlicher Rahmen
Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) ist durch die am 13. April 2009 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) aufgehoben und ersetzt worden. Der Rechtsstreit beurteilt sich in Anbetracht des Zeitraums, in den der ihm zugrunde liegende Sachverhalt fällt, gleichwohl nach der Verordnung Nr. 40/94.
Der mit „Relative Eintragungshindernisse“ überschriebene Art. 8 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt in seinem Abs. 5:
„Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke im Sinne des Absatzes 2 ist die angemeldete Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit der älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen eingetragen werden soll, die nicht denen ähnlich sind, für die die ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Gemeinschaftsmarke um eine in der Gemeinschaft bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.“
Nach Abs. 1 Buchst. a des mit „Relative Nichtigkeitsgründe“ überschriebenen Art. 52 dieser Verordnung wird die Gemeinschaftsmarke auf Antrag beim HABM für nichtig erklärt, „wenn eine in Artikel 8 Absatz 2 genannte ältere Marke besteht und die Voraussetzungen des Artikels 8 Absatz 1 oder Absatz 5 erfüllt sind“.
Der mit „Klage beim Gerichtshof“ überschriebene Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt in seinen Abs. 1 bis 3:
„(1) Die Entscheidungen der Beschwerdekammern, durch die über eine Beschwerde entschieden wird, sind mit der Klage beim Gerichtshof anfechtbar.
(2) Die Klage ist zulässig wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des Vertrages, dieser Verordnung oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs.
(3) Der Gerichtshof kann die angefochtene Entscheidung aufheben oder abändern.“
Nach Art. 73 dieser Verordnung sind die Entscheidungen des HABM mit Gründen zu versehen und dürfen nur auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Nach Art. 115 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 sind die Sprachen des HABM Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Abs. 5 dieses Artikels bestimmt, dass Widersprüche und Anträge auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit in einer der Sprachen des HABM einzureichen sind.
In Regel 38 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) heißt es:
„Werden die zur Begründung des Antrags vorgebrachten Beweismittel nicht in der Sprache des Verfalls- oder des Nichtigkeitsverfahrens eingereicht, so muss der Antragsteller eine Übersetzung der betreffenden Beweismittel in dieser Sprache innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Einreichung der Beweismittel vorlegen.“
Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt
Am 6. Mai 2002 meldete Helena Rubinstein beim HABM das Wortzeichen „BOTOLIST“ als Gemeinschaftsmarke nach der Verordnung Nr. 40/94 an. L’Oréal nahm am 19. Juli 2002 eine entsprechende Anmeldung für das Wortzeichen „BOTOCYL“ vor.
Die Marken wurden für folgende Waren der Klasse 3 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Parfüms, Eau de Toilette; Bade- und Duschgele und -salze (nicht für medizinische Zwecke); Toilettenseifen; Deodorants für den persönlichen Gebrauch; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, unter anderem Cremes, Milch, Lotionen, Gele und Puder für die Gesichts-, Körper- und Handpflege; Milch, Gele und Öle zur Hautbräunung und zum Auftragen nach dem Sonnenbaden (Mittel zur Körper- und Schönheitspflege); Schminkmittel; Shampoos; Gele, Schaum und Balsame sowie Mittel in Aerosolform zum Frisieren und zur Haarpflege; Haarlacke; Färbe- und Entfärbungsmittel für Haare; Ondulier- und Dauerwellpräparate; ätherische Öle“.
Die Gemeinschaftsmarken BOTOLIST und BOTOCYL (im Folgenden zusammen: streitige Marken) wurden am 14. Oktober und 19. November 2003 eingetragen.
Am 2. Februar 2005 stellte die Allergan Inc. (im Folgenden: Allergan) einen Antrag auf Nichtigerklärung der streitigen Marken für die in Randnr. 10 des vorliegenden Urteils genannten Waren.
Die Anträge auf Nichtigerklärung stützten sich auf mehrere ältere nationale und Gemeinschaftsbild- und -wortmarken mit dem Zeichen BOTOX, die u. a. für folgende Waren der Klasse 5 des Abkommens von Nizza eingetragen waren: „Pharmazeutische Präparate zur Behandlung von neurologischen Störungen, Muskeldystonien, homogenen Muskelstörungen, autonomen Nervenstörungen, Kopfschmerzen, Falten, Hyperhidrose, Sportverletzungen, Little-Syndromen, Krämpfen, Tremor und Schmerzen“. Die älteste dieser Marken war am 12. April 1991 eingetragen worden, die jüngste am 7. August 2003.
Die Anträge auf Nichtigerklärung wurden auf die Gründe nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 4 und Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 gestützt.
Mit Entscheidungen vom 28. März und 4. April 2007 wies die Nichtigkeitsabteilung die beiden Anträge auf Nichtigerklärung zurück.
Am 1. Juni 2007 erhob Allergan beim HABM gegen die beiden Entscheidungen der Widerspruchsabteilung jeweils eine Beschwerde.
Mit den streitigen Entscheidungen gab die Erste Beschwerdekammer des HABM den beiden Beschwerden statt. Sie ging insbesondere davon aus, dass zwar eine Verwechslung der streitigen Marken mit der „älteren Marke“ nicht in Betracht komme, jedoch die auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 gestützten Anträge auf Nichtigerklärung begründet seien.
Das Verfahren vor dem Gericht und das angefochtene Urteil
Mit am 22. August und 1. September 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschriften erhoben Helena Rubinstein und L’Oréal jeweils eine Klage gegen die streitigen Entscheidungen. Das Ziel der Klage von Helena Rubinstein war die Aufhebung der Entscheidung des HABM vom 28. Mai 2008, das der Klage von L’Oréal die Aufhebung der Entscheidung des HABM vom 5. Juni 2008.
Durch Beschluss des Präsidenten der Dritten Kammer des Gerichts vom 11. Mai 2010 wurden die Rechtssachen T‑345/08 und T‑357/08 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
Die Rechtsmittelführerinnen stützten ihre Klagen jeweils auf zwei in beiden Verfahren identische Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund wurde ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 und mit dem zweiten ein Verstoß gegen Art. 73 dieser Verordnung gerügt.
Hinsichtlich des ersten Klagegrundes führte das Gericht in den Randnrn. 38 bis 41 im Rahmen von Vorbemerkungen aus, dass sich die Anträge auf Nichtigerklärung auf mehrere nationale und Gemeinschaftsbild- und -wortmarken mit dem Zeichen BOTOX stützten, von denen die meisten vor der am 6. Mai bzw. 19. Juli 2002 erfolgten Anmeldung der Marken BOTOLIST und BOTOCYL eingetragen worden seien.
Das Gericht stellte fest, die Beschwerdekammer sei „von dem Ansatz, den die Nichtigkeitsabteilung verfolgt hatte, die ihre Entscheidungen allein auf die unter der Nr. 2015832 erfolgte Eintragung der älteren Gemeinschaftsbildmarke BOTOX gestützt hatte, abgewichen, indem sie annahm, dass zu bekannten Marken sowohl die Bild- als auch die Wortmarken BOTOX geworden seien, die vor dem 6. Mai 2002 eingetragen worden seien, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Gemeinschafts- oder nationale Marken handele“. Dieser Ansatz der Beschwerdekammer zeige sich darin, dass sie in den streitigen Entscheidungen nicht auf den Bildbestandteil der Gemeinschaftsmarke BOTOX Bezug genommen habe.
In diesem Zusammenhang vertrat das Gericht in Randnr. 40 des angefochtenen Urteils die Auffassung, dass sich seine Prüfung auf die beiden älteren nationalen Marken mit dem Zeichen BOTOX, die am 14. Dezember 2000 im Vereinigten Königreich für die Behandlung von Falten eingetragen worden seien (im Folgenden: ältere Marken), beschränken könne, da es sich dabei um das Gebiet handele, für das Allergan die meisten Beweise beigebracht habe, und da es ausreiche, dass ein relatives Eintragungshindernis in einem Mitgliedstaat festgestellt werde, um die Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 zu rechtfertigen.
Das Gericht führte demgemäß in Randnr. 41 des angefochtenen Urteils aus, dass es prüfen werde, ob die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift im vorliegenden Fall erfüllt seien, nämlich ob erstens „die [älteren Märken] im Vereinigten Königreich bekannt“ seien, ob zweitens „die streitigen Marken den betreffenden älteren Marken ähnlich“ seien und ob schließlich drittens „eine Benutzung der streitigen Marken die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marken ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde“. Ergänzend wies es darauf hin, dass, da diese Voraussetzungen zusammen erfüllt sein müssen, die Anwendbarkeit von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 schon dann ausgeschlossen sei, wenn nur eine von ihnen nicht vorliege.
Was erstens die Bekanntheit der älteren Marken betrifft, hat das Gericht in den Randnrn. 46 bis 63 des angefochtenen Urteils die verschiedenen Beweise geprüft, die Allergan zur Untermauerung der Anträge auf Nichtigerklärung und der Beschwerden vorgelegt hatte, nämlich die Umsätze, die in den Jahren 1999 bis 2003 in 14 Mitgliedstaaten mit dem Verkauf von unter der Marke BOTOX vertriebenen Waren erzielt wurden, die Werbung, die für diese Marke in den Jahren 1999 und 2001 durch in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlichte englischsprachige Artikel gemacht wurde, die umfangreiche Medienberichterstattung über unter dieser Marke vertriebene Waren seit dem Jahr 2001, insbesondere in der englischen Presse, die Aufnahme des Stichworts „BOTOX“ in mehrere englischsprachige Wörterbücher, die dieses Wort als Marke anerkannt hätten, eine Entscheidung des United Kingdom Intellectual Property Office vom 26. April 2005 über einen Antrag auf Nichtigerklärung der im Vereinigten Königreich für Kosmetika eingetragenen Marke BOTOMASK und eine Erklärung eines Geschäftsführers von Allergan sowie eine in den Monaten September und Oktober 2004 im Vereinigten Königreich durchgeführte Marktstudie.
Was speziell die Zulassung der englischsprachigen Presseartikel angeht, die die Rechtsmittelführerinnen vor dem Gericht mit der Begründung beanstandeten, dass diese erst nach der Anmeldung der streitigen Marken veröffentlicht worden seien, weist das Gericht in Randnr. 52 des angefochtenen Urteils auf die Rechtsprechung hin, wonach „die Bekanntheit einer älteren Marke zwar zum Zeitpunkt der Anmeldung der angefochtenen Marke feststehen [muss], Dokumenten, die auf einen späteren Zeitpunkt datieren, aber nicht die Beweiskraft abgesprochen werden kann, wenn sie Rückschlüsse auf die Situation zum Zeitpunkt der Anmeldung erlauben“.
Das Gericht hat in Randnr. 54 des angefochtenen Urteils ebenso das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zurückgewiesen, dass die in wissenschaftlichen Zeitschriften und der allgemeinen Presse veröffentlichten Artikel nicht hätten zugelassen werden dürfen, weil sie nicht ins Französische, die Verfahrenssprache vor dem HABM, übersetzt worden seien. Nach Ansicht des Gerichts stellte die bloße Existenz dieser Artikel „einen für die Ermittlung der Bekanntheit … der Marke BOTOX … in der breiten Öffentlichkeit relevanten Umstand dar, und zwar unabhängig vom positiven oder negativen Inhalt dieser Artikel“.
Das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, dass die Entscheidung des United Kingdom Intellectual Property Office vom 26. April 2005 nicht hätte zugelassen werden dürfen, weil sie nach der Anmeldung der streitigen Marken ergangen sei, ist vom Gericht unter Hinweis auf die in Randnr. 52 des angefochtenen Urteils angeführte Rechtsprechung zurückgewiesen worden.
Was schließlich das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen betrifft, dass die Erklärung des Geschäftsführers von Allergan und die Marktstudie nicht hätten zugelassen werden dürfen, weil diese Beweismittel zum ersten Mal vor der Beschwerdekammer vorgelegt worden seien, hat das Gericht in Randnr. 62 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass das HABM laut Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 „Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen [braucht]“, so dass die Beschwerdekammer über ein weites Ermessen verfüge. Da keine ausdrückliche Entscheidung der Beschwerdekammer zur Zulässigkeit dieser Beweismittel vorliege, habe diese jene stillschweigend, aber zwangsläufig als zulässig erachtet.
In Randnr. 64 des angefochtenen Urteils ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beschwerdekammer in Anbetracht sämtlicher von Allergan vorgelegten Beweismittel nicht gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen habe, als sie davon ausgegangen sei, dass die Marke BOTOX „für pharmazeutische Präparate zur Behandlung von Falten“ im Vereinigten Königreich bekannt gewesen sei.
Was zweitens die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken betrifft, hat das Gericht in den Randnrn. 69 bis 79 des angefochtenen Urteils geprüft, ob die Beschwerdekammer rechtsfehlerfrei angenommen hat, dass zwischen den älteren Marken und den streitigen Marken ein derartiger Ähnlichkeitsgrad bestehe, dass die Verkehrskreise die Marken gedanklich miteinander verknüpften.
Das Gericht hat sich im Wesentlichen den Erwägungen der Beschwerdekammer angeschlossen, die im Hinblick auf die Bewertung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken den Umstand berücksichtigt hatte, dass ihnen die Vorsilbe „Boto“ gemein ist. Dem Gericht zufolge, und entgegen der von den Rechtsmittelführerinnen vertretenen Ansicht, hat die Silbe „Bot“ keine bestimmte Bedeutung und ist kein Hinweis auf den Wirkstoff des von Allergan vertriebenen pharmazeutischen Präparats, nämlich Botulinumtoxin. Es sei auch kein Grund genannt worden, aus dem ersichtlich wäre, weshalb der Silbe „Bot“ gegenüber der von der Beschwerdekammer berücksichtigten Vorsilbe „Boto“ der Vorzug zu geben sei.
Selbst unter der Annahme, dass sich das Zeichen „BOTOX“ in „Bo“ für Botulinum und „tox“ für Toxin aufspalten ließe, kommt diesem Zeichen nach Ansicht des Gerichts zumindest im Vereinigten Königreich originäre oder durch Benutzung erlangte Kennzeichnungskraft zu.
Das Gericht hat in Randnr. 76 des angefochtenen Urteils außerdem festgestellt, dass der „bedeutende Marktanteil von BOTOX im Vereinigten Königreich in Höhe von 74,3 % im Jahre 2003 ebenso wie der Bekanntheitsgrad der Marke von 75 % beim mit der pharmazeutischen Behandlung von Falten vertrauten Fachpublikum [genüge], um den hohen Wiedererkennungswert auf dem Markt zu belegen“.
Nach Ansicht des Gerichts hat die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt, dass die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren zwar unterschiedlich seien, da Allergan pharmazeutische Präparate zur Faltenbehandlung und die Rechtsmittelführerinnen Kosmetika vertrieben, diese Produkte aber „benachbarten Marktbereichen“ angehörten.
Das Gericht gelangte demzufolge zu dem Ergebnis, dass die Beschwerdekammer zu Recht angenommen habe, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die streitigen Marken und die bekannte Marke BOTOX gedanklich miteinander verknüpften, noch bevor sie eine Verbindung mit „Botulinum“ herstellten.
Was drittens die Bewertung der Auswirkungen der Benutzung der streitigen Marken auf die älteren Marken betrifft, führte das Gericht in Randnr. 81 des angefochtenen Urteils aus, dass insoweit drei unterschiedliche Gefahren bestünden. So könne zunächst die Benutzung einer angemeldeten Marke ohne rechtfertigenden Grund die Unterscheidungskraft der älteren Marke beeinträchtigen. Ferner könne eine solche Benutzung die Wertschätzung der älteren Marke beeinträchtigen. Schließlich könne der Inhaber einer angemeldeten Marke durch deren Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen. Es genüge, dass eine einzige dieser drei Arten von Gefahren vorliege, damit Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 Anwendung finde.
Das Gericht hat zwar in Randnr. 87 des angefochtenen Urteils eingeräumt, dass die Feststellungen der Beschwerdekammer zu den Auswirkungen der Benutzung der streitigen Marken recht knapp ausgefallen seien, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass die Begründung der Beschwerdekammer für diesen Mangel, nämlich der Umstand, dass die maßgeblichen Verkehrskreise zwangsläufig eine Verknüpfung zwischen den einander gegenüberstehenden Marken herstellten, Gegenstand eingehender Erörterungen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens und des Verfahrens vor dem Gericht gewesen seien.
In Randnr. 88 des angefochtenen Urteils ist das Gericht auf das Vorbringen von Allergan eingegangen, dass mit den streitigen Marken konkret die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der Marke BOTOX im Bereich der Faltenbehandlung ausgenutzt werden sollten, was eine Wertminderung dieser Marke bewirke. Nach Ansicht des Gerichts ist diese Gefahr hinreichend schwerwiegend und gegenwärtig, um die Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 zu rechtfertigen. Das Gericht hob hervor, die Rechtsmittelführerinnen hätten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass ihre Waren zwar kein Botulinumtoxin enthielten, dass sie aber dennoch das Image dieses Produkts ausnutzen wollten, das sich in der Marke BOTOX finde, die eine in diesem Zusammenhang einmalige Marke sei.
Das Gericht hat daher den ersten Klagegrund in vollem Umfang zurückgewiesen.
Hinsichtlich des zweiten Klagegrundes führte das Gericht in Randnr. 93 des angefochtenen Urteils aus, dass die Beschwerdekammer in den streitigen Entscheidungen nachvollziehbar begründet habe, weshalb die Marke BOTOX eine bekannte Marke sei.
Es hat in Randnr. 94 des angefochtenen Urteils außerdem angenommen, dass die streitigen Entscheidungen eine hinreichende Begründung in Bezug auf die Auswirkungen der Benutzung der streitigen Marken ohne rechtfertigenden Grund enthalten hätten, so dass die Rechtsmittelführerinnen über alle maßgeblichen Angaben hätten verfügen können, die es ihnen ermöglicht hätten, die von der Beschwerdekammer angenommenen Gründe vor dem Gericht anzufechten.
Das Gericht wies demzufolge den zweiten Klagegrund zurück und die Klage insgesamt ab.
Die beim Gerichtshof gestellten Anträge
Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen,
– das angefochtene Urteil aufzuheben;
– die Beschwerden von Allergan gegen die Entscheidungen der Nichtigkeitsabteilung vom 28. März und 4. April 2007 zurückzuweisen;
– dem HABM die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, des Verfahrens vor dem Gericht sowie des Verfahrens vor der Beschwerdekammer des HABM aufzuerlegen.
Das HABM und Allergan beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen.
Zum Rechtsmittel
Die Rechtsmittelführerinnen machen vier Rechtsmittelgründe geltend. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird ein Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 gerügt. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, dass das Gericht gegen Art. 115 der Verordnung Nr. 40/94 in Verbindung mit Regel 38 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen habe. Mit dem dritten und dem vierten Rechtsmittelgrund wird eine Verletzung von Art. 63 bzw. 73 der Verordnung Nr. 40/94 gerügt.
Zum ersten Rechtsmittelgrund
Der erste Rechtsmittelgrund gliedert sich in vier Teile.
Zum ersten Teil
– Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe mit seiner Annahme, dass der Antrag auf Nichtigerklärung anhand der beiden im Vereinigten Königreich eingetragenen älteren Marken geprüft werden dürfe, obwohl diese für die streitigen Entscheidungen nicht die Grundlage gebildet hätten, einen Rechtsfehler begangen. Die Beschwerdekammer des HABM habe ihre Entscheidungen ausschließlich auf die ältere Gemeinschaftsmarke Nr. 2015832 gestützt, die aus dem Bildzeichen „BOTOX“ bestehe.
Das HABM und Allergan vertreten die Auffassung, dass der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zu verwerfen sei, weil die Beschwerdekammer in den streitigen Entscheidungen nicht ausdrücklich auf die Eintragung dieser älteren Gemeinschaftsbildmarke Bezug genommen habe.
– Würdigung durch den Gerichtshof
In Randnr. 38 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass die Anträge auf Nichtigerklärung auf der Eintragung mehrerer nationaler und Gemeinschaftsbild- und -wortmarken mit dem Zeichen BOTOX beruhten, von denen die meisten eingetragen worden seien, bevor die Marken BOTOLIST und BOTOCYL am 6. Mai bzw. 19. Juli 2002 angemeldet worden seien. Das Gericht hat insoweit auf Randnr. 2 der streitigen Entscheidungen verwiesen, in denen die betreffenden Marken aufgelistet seien.
In Randnr. 39 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass die Beschwerdekammer dem Ansatz, den die Nichtigkeitsabteilung verfolgt habe, indem sie ihre Entscheidungen allein auf die Eintragung der älteren Gemeinschaftsbildmarke Nr. 2015832 gestützt habe, nicht gefolgt sei und angenommen habe, dass zu bekannten Marken sowohl die Bild- als auch die Wortmarken BOTOX geworden seien, die vor dem 6. Mai 2002 eingetragen worden seien, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Gemeinschafts- oder nationale Marken handele. Dieser Ansatz der Beschwerdekammer zeigt sich dem Gericht zufolge darin, dass sie in den angefochtenen Entscheidungen nicht auf den Bildbestandteil der älteren Gemeinschaftsmarke Nr. 2015832 Bezug genommen habe.
In Anbetracht dieser verschiedenen Gesichtspunkte durfte das Gericht seine Prüfung auf die älteren nationalen Marken beschränken, die am 14. Dezember 2000 im Vereinigten Königreich für die Behandlung von Falten eingetragen worden waren, da es sich dabei um das Gebiet handelte, für das Allergan die meisten Beweise beigebracht hat.
Ferner ist festzustellen, dass sich die Rechtsmittelführerinnen darauf beschränken, in allgemeiner Weise zu rügen, dass die Beschwerdekammer ebenso wie die Nichtigkeitsabteilung ihre Beurteilung allein auf die ältere Gemeinschaftsbildmarke gestützt habe, ohne diese Behauptung durch irgendetwas zu belegen.
Der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist demnach zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil
– Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es zu dem Schluss gekommen sei, dass die älteren Marken bekannt seien.
Hinsichtlich der maßgeblichen Verkehrskreise beanstanden sie zwar nicht die diesbezügliche Beurteilung des Gerichts, wonach die relevanten Verkehrskreise aus der breiten Öffentlichkeit und Angehörigen von Berufen des Gesundheitswesens bestünden, vertreten aber die Auffassung, dass das Gericht die Bekanntheit der betreffenden Marken nicht spezifisch für jede dieser beiden Personenkategorien, aus denen sich die relevanten Verkehrskreise zusammensetzten, analysiert habe.
Was das maßgebliche Gebiet betreffe, enthalte das angefochtene Urteil keine Feststellung zu dem Gebiet, in dem die älteren Marken als bekannt angesehen worden seien.
Was den Beweis der Bekanntheit angeht, bestreiten die Rechtsmittelführerinnen die Beweiskraft bestimmter von Allergan angeführter Beweiselemente, nämlich des in den Randnrn. 46 und 47 des angefochtenen Urteils behandelten Absatzvolumens der unter der Marke BOTOX vertriebenen Waren sowie der in den Randnrn. 48 und 49 des Urteils erörterten Werbung für die Marke BOTOX in wissenschaftlichen Zeitschriften. Was die in den Randnrn. 50 bis 54 des Urteils erwähnte umfangreiche Berichterstattung in den Medien angehe, so habe das Gericht dieses Beweismittel verfälscht, da nicht bewiesen worden sei, dass die Zeitungen oder Zeitschriften, in denen die Artikel über die unter der Marke BOTOX vertriebenen Waren veröffentlicht worden seien, im Vereinigten Königreich verbreitet gewesen seien. Die vom Gericht in den Randnrn. 55 und 56 des angefochtenen Urteils vorgenommene Würdigung der Aufnahme des Stichworts „BOTOX“ in mehrere Wörterbücher beruhe auf einer Tatsachenverfälschung. Außerdem habe das Gericht in den Randnrn. 60 bis 63 des angefochtenen Urteils hinsichtlich der in den Monaten September und Oktober 2004 im Vereinigten Königreich durchgeführten Marktstudie die Beweismittel verfälscht. Denn diese Studie sei irrelevant, da sie keine – von Allergan vorzulegenden – Belege dafür enthalte, die einen Rückschluss von den in ihr enthaltenen Daten auf die zum Zeitpunkt der Anmeldung der streitigen Marken bestehende Situation ermöglichten.
Die Entscheidung des United Kingdom Intellectual Property Office vom 26. April 2005 hätte das Gericht nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen nicht als Beweismittel zulassen dürfen, da sie einen anderen Rechtsstreit betreffe, an dem die Rechtsmittelführerinnen nicht beteiligt gewesen seien.
Nach Ansicht des HABM ist der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als teils unzulässig und teils unbegründet zu verwerfen.
Was erstens den Bekanntheitsgrad der älteren Marken bei den einzelnen Personenkategorien angeht, aus denen sich die relevanten Verkehrskreise zusammensetzen, ist nach Ansicht des HABM bei einer Marke, die der breiten Öffentlichkeit bekannt sei, davon auszugehen, dass sie auch Fachkreisen geläufig sei.
Was zweitens das maßgebliche Gebiet betrifft, vertritt das HABM die Auffassung, dass das Gericht mit der Beschränkung seiner Prüfung auf die beiden älteren Marken, die im Vereinigten Königreich eingetragen worden seien, eindeutig zu erkennen gegeben habe, dass das maßgebliche Gebiet das Vereinigte Königreich sei.
Was drittens den Beweis der Bekanntheit anbelangt, geht nach Ansicht des HABM und von Allergan das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zum einen deshalb fehl, weil diese versuchten, die Beweiskraft der einzelnen Beweismittel in Frage zu stellen, wohingegen diese Beweismittel in einer Gesamtschau zu würdigen seien, und ist zum anderen unzulässig, da es sich auf Tatsachenfragen beziehe.
– Würdigung durch den Gerichtshof
Es ist erstens festzustellen, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, wonach das Gericht im Zusammenhang mit der Bekanntheit der älteren Marken bei den beiden Personenkategorien, aus denen sich die relevanten Verkehrskreise zusammensetzten, einen Rechtsfehler begangen habe, auf einem falschen Verständnis des angefochtenen Urteils beruht.
Aus den Randnrn. 48, 49 und 54 des angefochtenen Urteils ergibt sich nämlich, dass das Gericht als Beweismittel für die Bekanntheit der älteren Marken die Werbung für die Marke BOTOX geprüft hat, die insbesondere durch die Veröffentlichung englischsprachiger Artikel sowohl in wissenschaftlichen Zeitschriften, die speziell für Ärzte bestimmt sind, als auch in der allgemeinen Presse erfolgt war.
Ferner ist – wie das HABM ausgeführt hat – bei einer Marke, die der breiten Öffentlichkeit bekannt ist, grundsätzlich davon auszugehen, dass sie auch Fachleuten geläufig ist. Es lässt sich daher nicht mit Erfolg behaupten, dass die Bekanntheit der Marke BOTOX, die sich aus der umfangreichen Berichterstattung über unter der Marke BOTOX vertriebene Waren in den Medien für die breite Öffentlichkeit oder der Aufnahme des Stichworts „BOTOX“ in englischsprachige Wörterbücher ergab, Fachleuten des Gesundheitswesens verborgen geblieben sein könnte.
Somit hat das Gericht, nachdem es diese Feststellungen getroffen hatte, aus denen sich ergibt, dass es sowohl die breite Öffentlichkeit als auch Angehörige von Gesundheitsberufen berücksichtigte, keinen Rechtsfehler begangen, als es in Randnr. 64 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Marke BOTOX zum Zeitpunkt der Anmeldung der streitigen Marken, d. h. am 6. Mai bzw. 19. Juli 2002, für „pharmazeutische Präparate zur Behandlung von Falten“ bei den jeweiligen Personenkategorien, aus denen sich die maßgeblichen Verkehrskreise zusammensetzen, bekannt war.
Das Vorbringen, dass das Gericht die Bekanntheit der älteren Marken nicht spezifisch für jede dieser beiden Personenkategorien, aus denen sich die relevanten Verkehrskreise zusammensetzen, analysiert habe, ist demzufolge zurückzuweisen.
Was zweitens das Fehlen von Feststellungen zu dem Gebiet betrifft, für das eine Bekanntheit der Marken angenommen wurde, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass sich aus dem Umstand, dass das Gericht seine Prüfung auf die beiden nationalen Marken beschränkt hat, die am 14. Dezember 2000 im Vereinigten Königreich eingetragen worden waren, eindeutig ableiten lässt, dass es das Vereinigte Königreich als relevantes Gebiet angesehen hat.
Zum anderen ergibt sich aus den verschiedenen Beweismitteln, die das Gericht berücksichtigt hat – wie den englischsprachigen Artikeln, die in wissenschaftlichen Zeitschriften oder englischen Tageszeitungen veröffentlicht wurden, der Aufnahme des Stichworts „BOTOX“ in englischsprachige Wörterbücher und der Entscheidung des United Kingdom Intellectual Property Office –, dass die Prüfung der Bekanntheit der älteren Marken im Hinblick auf das gesamte Gebiet des Vereinigten Königreichs vorgenommen wurde.
Folglich ist das Vorbringen, dass das Gericht bei der Abgrenzung des maßgeblichen Gebiets einen Rechtsfehler begangen habe, zurückzuweisen.
Was drittens den Beweis der Bekanntheit der Marke BOTOX betrifft, ist zunächst festzustellen, dass das Gericht, wie sich aus Randnr. 64 des angefochtenen Urteils ergibt, eine Gesamtwürdigung der von Allergan vorgelegten Beweise vorgenommen hat. Das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, mit der der Nachweis der Bekanntheit dieser Marke in Zweifel gezogen werden soll, bezieht sich hingegen auf jeden einzelnen dieser Beweise für sich betrachtet. Daher würde – wie der Generalanwalt in Nr. 20 seiner Schlussanträge ausgeführt hat –, auch wenn der Gerichtshof einige der von den Rechtsmittelführerinnen vorgebrachten Argumente als begründet ansehen sollte, dadurch trotzdem nicht die vom Gericht vorgenommene Würdigung in Frage gestellt, da immer noch zu ermitteln bliebe, welches Gewicht das auszuschließende Beweismittel bei der vom Gericht durchgeführten Gesamtprüfung hatte. Dazu ist jedoch von den Rechtsmittelführerinnen im Rahmen des Rechtsmittels nichts vorgetragen worden.
Unbeschadet dessen genügt, soweit die Rechtsmittelführerinnen den Beweiswert bestimmter Beweismittel wie das Absatzvolumen der unter der Marke BOTOX vertriebenen Waren oder die Werbung für diese Marke in wissenschaftlichen Zeitschriften in Abrede stellen, zu diesem Vorbringen die Feststellung, dass sie mit ihm in Wirklichkeit eine neue Würdigung dieser Beweismittel vor dem Gerichtshof zu erreichen suchen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gerichtshof jedoch weder für die Feststellung der Tatsachen zuständig noch grundsätzlich befugt, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht seine Feststellungen zu diesen Tatsachen gestützt hat. Sind nämlich diese Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und die Beweisaufnahme eingehalten worden, so ist es allein Sache des Gerichts, den Beweiswert der ihm vorgelegten Beweismittel zu beurteilen. Diese Würdigung ist somit, sofern die Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (Urteil vom 8. Mai 2008, Eurohypo/HABM, C‑304/06 P, Slg. 2008, I‑3297, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Da insoweit keine Verfälschung geltend gemacht worden ist, ist demzufolge das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, mit dem die Beweiskraft bestimmter Beweismittel in Frage gestellt werden soll, als unzulässig zurückzuweisen.
Soweit die Rechtsmittelführerinnen geltend machen, dass das Gericht hinsichtlich des Umfangs der Medienberichterstattung über die unter der Marke BOTOX vertriebenen Waren und der in den Monaten September und Oktober 2004 im Vereinigten Königreich durchgeführten Marktstudie die Beweise verfälscht habe und seine Würdigung der Aufnahme des Stichworts „BOTOX“ in mehrere Wörterbücher auf einer Tatsachenverfälschung beruhe, ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen sich zwar auf eine Verfälschung von Beweismitteln und Tatsachen berufen, sich aber darauf beschränken, deren Maßgeblichkeit mit allgemeinen und unsubstantiierten Behauptungen zu bestreiten, und in Wirklichkeit eine neue Würdigung dieser Beweismittel durch den Gerichtshof zu erreichen suchen.
Wie jedoch aus der in Randnr. 74 des vorliegenden Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung hervorgeht, ist ein solches Vorbringen als unzulässig zurückzuweisen.
Was schließlich das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen betrifft, dass die Entscheidung des United Kingdom Intellectual Property Office vom 26. April 2005 nicht zugelassen werden könne, da sie einen anderen Rechtsstreit betreffe, ist darauf hinzuweisen, dass die in dieser Entscheidung getroffenen Feststellungen als solche eine Tatsache darstellen, die, wenn sie relevant ist, vom Gericht im Rahmen seiner freien Tatsachenwürdigung als Beleg für die Bekanntheit der älteren Marken im Vereinigten Königreich berücksichtigt werden darf. Im Übrigen haben die Rechtsmittelführerinnen nichts vorgetragen, was die Richtigkeit der in dieser Entscheidung enthaltenen Feststellungen in Frage stellen könnte, und zwar weder vor dem HABM noch vor dem Gericht, wie aus Randnr. 58 des angefochtenen Urteils hervorgeht.
Das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, dass die Entscheidung des United Kingdom Intellectual Property Office vom 26. April 2005 nicht zuzulassen sei, ist demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist daher teils als unzulässig, teils als unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Teil
– Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Mit dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es aufgrund des gemeinsamen Bestandteils „Bot“ oder „Boto“ das Bestehen einer gedanklichen Verknüpfung zwischen den älteren Marken BOTOX und den streitigen Marken bejaht habe, da dieser gemeinsame Bestandteil als Verweis auf Botulinumtoxin beschreibend oder ein Gattungsbegriff sei. Eine solche Verknüpfung dürfe nicht angenommen werden, da es dem Anmelder einer Marke erlaubt sein müsse, in seine Marke einen solchen beschreibenden Bestandteil aufzunehmen.
Das HABM und Allergan vertreten die Ansicht, dass der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unzulässig zu verwerfen sei, da er eine Tatsachenfrage betreffe, die der freien Würdigung durch das Gericht unterliege.
– Würdigung durch den Gerichtshof
Soweit die Rechtsmittelführerinnen mit dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes die Analyse beanstanden, die das Gericht in den Randnrn. 70 bis 73 des angefochtenen Urteils mit dem Ergebnis vorgenommen hat, dass die Vorsilbe „Bot“ oder „Boto“ beschreibend sei, ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine Tatsachenwürdigung handelt.
Nach den Art. 256 AEUV und 58 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt, und daher ist allein das Gericht für die Feststellung der Tatsachen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und für ihre Würdigung zuständig. Die Tatsachenwürdigung stellt, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (vgl. u. a. Urteile vom 5. Juni 2003, O’Hannrachain/Parlament, C‑121/01 P, Slg. 2003, I‑5539, Randnr. 35, sowie vom 2. April 2009, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission, C‑431/07 P, Slg. 2009, I‑2665, Randnr. 137).
Da in Bezug auf die in den Randnrn. 70 bis 73 des angefochtenen Urteils enthaltene Würdigung keine Verfälschung der Tatsachen oder der dem Gericht vorgelegten Beweismittel behauptet wird, ist der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes, soweit mit ihm diese Würdigung beanstandet wird, als unzulässig zurückzuweisen.
Hingegen machen die Rechtsmittelführerinnen mit diesem Teil des ersten Rechtsmittelgrundes auch geltend, dass es dem Markenanmelder erlaubt sein müsse, in seine Marke einen Bestandteil aufzunehmen, der in der älteren Marke eines Dritten enthalten sei, soweit der betreffende gemeinsame Bestandteil beschreibend sei. Bei einem solchen Vorbringen handelt es sich um eine Rechtsfrage, die der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt.
Dieses Vorbringen beruht auf der Prämisse, dass der gemeinsame Bestandteil „Bot“ oder „Boto“ beschreibend sei.
Aus den Randnrn. 70 bis 73 des angefochtenen Urteils geht jedoch zum einen hervor, dass das Gericht angenommen hat, dass die Vorsilbe „Bot“ oder „Boto“ nicht beschreibend sei. Zum anderen kann, wie sich aus den Randnrn. 83 bis 85 des vorliegenden Urteils ergibt, das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, mit dem diese Würdigung in Zweifel gezogen werden soll, nicht vom Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels geprüft werden.
Unter diesen Bedingungen geht der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ins Leere, mit dem die Rechtsmittelführerinnen geltend machen, berechtigt zu sein, in die streitigen Marken einen Bestandteil aufzunehmen, den diese mit einer älteren Marke gemeinsam hätten, soweit dieser Bestandteil beschreibend sei.
Demzufolge ist der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
Zum vierten Teil
– Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Mit dem vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es angenommen habe, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Wertschätzung der älteren Marken dargetan sei. Die Wertung des Gerichts in Randnr. 88 des angefochtenen Urteils, dass mit den streitigen Marken konkret die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der älteren Marken BOTOX im Bereich der Faltenbehandlung ausgenutzt werden sollten, werde durch kein Beweismittel untermauert. Wenn die streitigen Marken möglicherweise einen Hinweis auf Botulinumtoxin enthielten, würde damit weder beabsichtigt noch gewünscht oder gewollt, dass sie mit der Marke BOTOX in Verbindung gebracht würden, die für verschreibungspflichtige Arzneimittel eingetragen sei.
Das HABM und Allergan vertreten die Auffassung, dass dieser Teil des Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen sei. Die gedankliche Verknüpfung zwischen den älteren Marken und den streitigen Marken könne nämlich eine Aneignung der Wertschätzung der älteren Marken nach sich ziehen, da sie suggeriere, dass die Kosmetika der Rechtsmittelführerinnen eine ähnliche Wirkung hätten wie die mit dem Präparat BOTOX erzielte. Dadurch würde eine Wertminderung der älteren Marken bewirkt.
– Würdigung durch den Gerichtshof
Um in den Genuss des Schutzes gemäß Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 zu gelangen, muss der Inhaber der älteren Marke den Nachweis erbringen, dass die Benutzung der jüngeren Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde. Insoweit ist der Inhaber der älteren Marke nicht verpflichtet, das Vorliegen einer tatsächlichen und gegenwärtigen Beeinträchtigung seiner Marke im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 nachzuweisen. Ist nämlich vorhersehbar, dass sich eine solche Beeinträchtigung aus einer möglichen Benutzung der jüngeren Marke durch deren Inhaber ergeben würde, kann der Inhaber der älteren Marke nicht dazu verpflichtet sein, das tatsächliche Eintreten dieser Beeinträchtigung abzuwarten, um diese Benutzung untersagen lassen zu können. Der Inhaber der älteren Marke muss allerdings das Vorliegen von Gesichtspunkten dartun, aus denen auf die ernsthafte Gefahr einer künftigen Beeinträchtigung geschlossen werden kann (vgl. entsprechend Urteil vom 27. November 2008, Intel Corporation, C‑252/07, Slg. 2008, I‑8823, Randnrn. 37 und 38).
Zur Feststellung, ob die Benutzung eines Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt, ist außerdem eine umfassende Beurteilung aller relevanten Umstände des konkreten Falles vorzunehmen (Urteil vom 18. Juni 2009, L’Oréal u. a., C‑487/07, Slg. 2009, I‑5185, Randnr. 44).
Das Gericht ist somit in Randnr. 82 des angefochtenen Urteils zu Recht davon ausgegangen, dass der Inhaber der älteren Marke nicht verpflichtet sei, das Vorliegen einer tatsächlichen und gegenwärtigen Beeinträchtigung seiner Marke nachzuweisen, sondern Gesichtspunkte anführen müsse, aus denen dem ersten Anschein nach auf die nicht nur hypothetische Gefahr einer künftigen unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung geschlossen werden könne, und dass eine solche Schlussfolgerung insbesondere auf der Grundlage logischer Ableitungen erreicht werden könne, die auf einer Wahrscheinlichkeitsprognose beruhten und für die die Gepflogenheiten der einschlägigen Branche sowie alle anderen Umstände des betreffenden Falles berücksichtigt worden seien.
Es ist außerdem festzustellen, dass eine Analyse verschiedener Gesichtspunkte das Gericht zu dem Ergebnis geführt hat, dass zwischen den älteren Marken und den streitigen Marken eine gedankliche Verknüpfung bestehe. So hat es insbesondere in den Randnrn. 70 bis 72 des angefochtenen Urteils die Übereinstimmung der einander gegenüberstehenden Marken in der Vorsilbe „Boto“, die nicht als Abkürzung für „botulinisch“ oder „Botulinum“ angesehen werden könne, konstatiert sowie weiter in den Randnrn. 73 und 74 seines Urteils die Verkehrsdurchsetzung des Zeichens „BOTOX“, in Randnr. 76 des Urteils den großen Bekanntheitsgrad der älteren Marken und in Randnr. 78 des Urteils die Zugehörigkeit der betreffenden Waren zu „benachbarten Marktbereichen“ festgestellt. Es hat außerdem ausgeführt, dass die relevanten Verkehrskreise diese gedankliche Verknüpfung herstellten, noch bevor sie die streitigen Marken mit „Botulinum“ in Verbindung brächten. Das Gericht hat in Randnr. 88 des angefochtenen Urteils ferner festgestellt, dass die Rechtsmittelführerinnen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hätten, dass ihre Waren zwar kein Botulinumtoxin enthielten, dass sie aber dennoch das Image dieses Produkts ausnutzen wollten, das sich in der Marke BOTOX finde.
Somit ist das Gericht – wie der Generalanwalt in Nr. 36 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – anhand einer umfassenden Beurteilung der relevanten Umstände des Einzelfalls in Randnr. 88 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass mit den streitigen Marken die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der älteren Marken BOTOX ausgenutzt werden sollten. Infolgedessen ist das Argument der Rechtsmittelführerinnen, der Befund, dass eine Absicht der Ausnutzung gegeben sei, sei durch keinen Beweis gestützt, nicht haltbar.
Im Übrigen ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zu verwerfen, dass die streitigen Marken für den Fall, dass sie einen Hinweis auf Botulinumtoxin enthielten, nicht darauf abzielten, mit der Marke BOTOX in Verbindung gebracht zu werden. Denn mit diesem Vorbringen soll die vom Gericht vorgenommene Beurteilung in Frage gestellt werden, dass die Vorsilbe „Boto“ nicht beschreibend sei, auf der die Feststellung des Gerichts in Randnr. 88 des angefochtenen Urteils beruht. Eine solche Beurteilung kann jedoch nach der in Randnr. 84 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, da es sich hierbei um eine Tatsachenwürdigung handelt, vom Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels keiner Kontrolle unterzogen werden.
Folglich ist der vierte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zu verwerfen. Der erste Rechtsmittelgrund ist daher in vollem Umfang zurückzuweisen.
Zum zweiten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, dadurch gegen Art. 115 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 38 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen zu haben, dass es den Klagegrund zurückgewiesen habe, mit dem sie die Entscheidung der Beschwerdekammer gerügt hätten, die englischsprachigen Presseartikel zuzulassen, obwohl diese in die Verfahrenssprache vor der Beschwerdekammer, also ins Französische, hätten übersetzt werden müssen.
Das HABM vertritt, darin unterstützt von Allergan, die Ansicht, dass der zweite Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen sei, da die das Nichtigkeitsverfahren betreffende Regel 38 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 keine Sanktion für den Fall vorsehe, dass der Antragsteller keine Übersetzung der zur Begründung seines Antrags auf Nichtigerklärung vorgebrachten Beweismittel in die Verfahrenssprache vorlege.
Würdigung durch den Gerichtshof
Nach der Rechtsprechung ist die Regel, wonach die zur Begründung des Antrags auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit der Marke vorgebrachten Beweismittel in der Verfahrenssprache vorzulegen sind oder ihnen eine Übersetzung in diese Sprache beizufügen ist, durch das Erfordernis gerechtfertigt, in Verfahren inter partes den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und die Waffengleichheit zwischen den Beteiligten zu wahren (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 30. Juni 2004, GE Betz/HABM – Atofina Chemicals [BIOMATE], T‑107/02, Slg. 2004, II‑1845, Randnr. 72, und vom 6. November 2007, SAEME/HABM – Racke [REVIAN’s], T‑407/05, Slg. 2007, II‑4385, Randnr. 35).
Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Fehlen einer Übersetzung der in englischer Sprache vorgelegten Presseartikel die Rechtsmittelführerinnen in der Ausübung ihrer Verteidigungsrechte beeinträchtigt hat, da diese in der Lage waren, den Beweiswert dieser Artikel vor dem Gericht anzufechten, sie in Randnr. 112 ihrer Rechtsmittelschrift einräumen, deren Inhalt verstanden zu haben, und Englisch die Sprache des Klageverfahrens vor dem Gericht war.
Außerdem haben die Rechtsmittelführerinnen – wie das Gericht in Randnr. 54 des angefochtenen Urteils festgestellt hat – weder vor der Widerspruchsabteilung noch vor der Beschwerdekammer irgendwelche Einwände oder Beanstandungen in Bezug auf die Berücksichtigung der Beweismittel erhoben, die als Anlagen zum Antrag auf Nichtigerklärung der streitigen Marken in englischer Sprache vorgelegt worden waren.
Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum vierten Rechtsmittelgrund
Im Interesse einer geordneten gerichtlichen Prüfung ist der vierte Rechtsmittelgrund vor dem dritten zu behandeln.
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, gegen Art. 73 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen zu haben, weil es den Klagegrund zurückgewiesen habe, mit dem sie gerügt hätten, dass die streitigen Entscheidungen keine Begründung für die Annahme enthielten, dass die älteren Marken BOTOX bekannt seien und die Gefahr ihrer Beeinträchtigung bestehe.
Das HABM ist der Auffassung, dass der vierte Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen sei, da die Rechtsmittelführerinnen lediglich wiederholten, was sie insoweit vor dem Gericht als Klagegrund vorgetragen hätten.
Jedenfalls sei, so tragen das HABM und Allergan weiter vor, dieser Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen, da die Beschwerdekammer weder ihre Beurteilung ausdrücklich in Bezug auf den Beweiswert jedes einzelnen Beweismittels begründen noch ihre Begründung mit Tatsachen untermauern müsse.
Würdigung durch den Gerichtshof
Mit ihrem Vorbringen, dass das Gericht gegen Art. 73 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen habe, als es den Klagegrund, mit dem sie die mangelnde Begründung der streitigen Entscheidungen gerügt hätten, zurückgewiesen habe, beanstanden die Rechtsmittelführerinnen die vom Gericht vorgenommene Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts. Somit können die im ersten Rechtszug geprüften Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden. Könnte nämlich ein Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel nicht in dieser Weise auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Klagegründe und Argumente stützen, so würde dies dem Rechtsmittelverfahren einen Teil seiner Bedeutung nehmen (vgl. u. a. Urteile vom 6. März 2003, Interporc/Kommission, C‑41/00 P, Slg. 2003, I‑2125, Randnr. 17, und vom 18. Dezember 2008, Les Éditions Albert René/HABM, C‑16/06 P, Slg. 2008, I‑10053, Randnr. 110). Der vierte Rechtsmittelgrund ist somit zulässig.
Wie das Gericht in Randnr. 92 zutreffend ausgeführt hat, dient die in Art. 73 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehene Pflicht des HABM, seine Entscheidungen zu begründen, dem doppelten Ziel, zum einen die Beteiligten über die Gründe für die erlassene Maßnahme zu unterrichten, damit sie ihre Rechte verteidigen können, und zum anderen es dem Unionsrichter zu ermöglichen, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen.
Eine derartige Verpflichtung kann erfüllt werden, ohne dass es erforderlich wäre, ausdrücklich und erschöpfend auf jedes einzelne Argument eines Klägers einzugehen.
Vorliegend hat das Gericht in Randnr. 93 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Beschwerdekammer in den streitigen Entscheidungen die Gründe für die Bekanntheit der Marke BOTOX dargestellt habe. Es hat hierzu ausgeführt, dass diese „Gründe … sowohl aus der Zusammenfassung des für die Beurteilung relevanten Sachverhalts als auch aus der eigentlichen rechtlichen Beurteilung, die die Beschwerdekammer in den streitigen Entscheidungen vorgenommen hat, hervor[gehen]“.
Ferner belegen die – in Randnr. 27 des angefochtenen Urteils zusammengefassten – detaillierten Argumente, die die Rechtsmittelführerinnen vor dem Gericht vorgetragen haben, um die Beweiskraft oder die Zulässigkeit der verschiedenen für die Bekanntheit der betreffenden Marken angeführten Beweismittel in Zweifel zu ziehen, dass sie in der Lage waren, ihre Verteidigungsrechte wahrzunehmen.
Demzufolge konnte das Gericht den Klagegrund, mit dem gerügt worden war, dass die streitigen Entscheidungen in Bezug auf die Bekanntheit der Marke BOTOX unzureichend begründet seien, rechtsfehlerfrei zurückweisen.
Was die Begründung hinsichtlich der Gefahr einer Beeinträchtigung der älteren Marken betrifft, hat das Gericht zwar festgestellt, dass diese knapp ausgefallen sei, aber dennoch angenommen, dass die streitigen Entscheidungen die Gründe enthielten, die die Feststellung ermöglichten, dass die Rechtsmittelführerinnen mit den streitigen Marken die Unterscheidungskraft der älteren Marken in unlauterer Weise ausnutzen wollten. Das Gericht hat zu diesem Zweck auf die Randnrn. 42 bis 44 der Helena Rubinstein betreffenden Entscheidung und auf die Randnrn. 43 bis 45 der L’Oréal betreffenden Entscheidung verwiesen, die in Randnr. 86 des angefochtenen Urteils wiedergegeben werden. Es hat außerdem darauf hingewiesen, dass die Rechtsmittelführerinnen über alle einschlägigen Informationen verfügt hätten, die es ihnen ermöglicht hätten, diese Begründung im Rahmen ihrer Klage vor dem Gericht anzufechten.
Die Rechtsmittelführerinnen beschränken sich zudem darauf, kategorisch zu behaupten, dass die streitigen Entscheidungen insoweit nicht begründet seien, ohne jedoch diese Behauptung durch irgendein Vorbringen zu untermauern oder darzutun, inwieweit sie das angebliche Fehlen einer Begründung in ihrem Klagerecht beeinträchtigt hätte.
Somit hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es den auf eine mangelnde Begründung hinsichtlich der Gefahr einer Beeinträchtigung der älteren Marken gestützten Klagegrund zurückgewiesen hat.
Der vierte Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund rügen die Rechtsmittelführerinnen, dass das Gericht Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 verkannt habe. Dieser Rechtsmittelgrund besteht aus zwei Teilen.
Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, bei der Prüfung der Bekanntheit der älteren Marken habe das Gericht zum einen andere Marken berücksichtigt als die von der Nichtigkeitsabteilung und der Beschwerdekammer herangezogenen und zum anderen von Allergan vorgelegte Beweismittel im Einzelnen geprüft, obwohl diese von der Beschwerdekammer insoweit in keiner Weise analysiert worden seien.
Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, zu Unrecht Beweismittel für die Bekanntheit der älteren Marken BOTOX berücksichtigt zu haben, die zum ersten Mal vor der Beschwerdekammer vorgelegt worden seien und deren Zulässigkeit von den Rechtsmittelführerinnen bestritten worden sei, nämlich eine Erklärung eines Geschäftsführers von Allergan und eine Marktstudie. Die Beschwerdekammer habe diese Beweismittel nicht berücksichtigt, da sie ausschließlich auf die mittelbare Werbung und eine intensive Berichterstattung in den Medien abgestellt habe.
Das HABM macht, darin unterstützt von Allergan, geltend, dass der dritte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen sei, da das Gericht die für eine gerichtliche Nachprüfung geltenden Grenzen nicht überschritten habe.
Hinsichtlich des ersten Teils dieses Rechtsmittelgrundes weist das HABM darauf hin, dass die Beschwerdekammer nicht gehalten sei, ihre Beurteilung ausdrücklich hinsichtlich des Beweiswerts jedes einzelnen Beweismittels zu begründen. Das Gericht sei lediglich auf jedes einzelne Argument eingegangen, das die Rechtsmittelführerinnen in ihrer Klage vorgetragen hätten.
Hinsichtlich des zweiten Teils des Rechtsmittelgrundes müsse angenommen werden, dass die Beschwerdekammer die Erklärung des Geschäftsführers von Allergan und die Marktstudie als zulässige Beweismittel gewertet habe, da sie, wenn sie diese Beweismittel als verspätet vorgelegt angesehen hätte, nach Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 zu deren Zulässigkeit ausdrücklich hätte Stellung nehmen müssen.
Würdigung durch den Gerichtshof
Der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist aus den Gründen zurückzuweisen, die bei der Prüfung des ersten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes dargelegt worden sind, mit dem gerügt worden ist, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es auf andere ältere Marken als die von der Widerspruchsabteilung und der Beschwerdekammer herangezogenen, nämlich auf die beiden im Vereinigten Königreich eingetragenen nationalen Marken, abgestellt habe.
Was die Rüge betrifft, dass das Gericht jedes von Allergan vorgelegte Beweismittel für die Bekanntheit der älteren Marken im Einzelnen geprüft habe, ist zum einen festzustellen, dass diese auf der Prämisse beruht, dass die Beschwerdekammer keine Einzelprüfung dieser Beweismittel vorgenommen habe, die ihrerseits auf der Feststellung beruht, dass die streitigen Entscheidungen keine Begründung in Bezug auf den Beweiswert jedes einzelnen Beweismittels enthielten. Wie jedoch die Prüfung des vierten Rechtsmittelgrundes ergeben hat, sind die streitigen Entscheidungen in Bezug auf die Feststellung, dass die älteren Marken bekannt seien, rechtlich hinreichend begründet, und die Beschwerdekammer war daher nicht verpflichtet, ihre Beurteilung ausdrücklich im Hinblick auf den Beweiswert jedes einzelnen Beweismittels zu begründen.
Da die Rechtsmittelführerinnen zum anderen das jeweilige Beweismittel in Bezug auf seinen Beweiswert und/oder seine Zulässigkeit beanstandet hatten, sah sich das Gericht dazu veranlasst, die Argumente der Rechtsmittelführerinnen zu prüfen und über sie zu befinden. Infolgedessen gelangte das Gericht, wie der Generalanwalt in Nr. 50 seiner Schlussanträge festgestellt hat, am Ende einer Prüfung dieser Beweismittel zu dem Ergebnis, dass die streitigen Entscheidungen mit keinem Rechtsfehler behaftet seien.
Im Rahmen des zweiten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes beschränken sich die Rechtsmittelführerinnen auf die Behauptung, dass die Beschwerdekammer für die Ermittlung der Bekanntheit der Marke BOTOX ausschließlich auf die mittelbare Werbung und eine intensive Berichterstattung in den Medien abgestellt habe. Insoweit genügt die Feststellung, dass die Bekanntheit dieser Marke der Beschwerdekammer zufolge vor allem auf die mittelbare Werbung für das Präparat durch die Medien zurückzuführen sei. Mit der Verwendung des Ausdrucks „vor allem“ hat die Beschwerdekammer im Hinblick auf die Ermittlung der Bekanntheit der Marke BOTOX das Beweismittel in den Vordergrund gestellt, das sich auf die intensive Medienkampagne zu Anfang der Dekade ab dem Jahr 2000 bezieht, ohne jedoch die anderen von Allergan vorgelegten Beweismittel auszuschließen.
Die Rechtsmittelführerinnen haben folglich kein Argument vorgetragen, das geeignet wäre, die Feststellung des Gerichts in Zweifel zu ziehen, dass die Beschwerdekammer die Erklärung des Geschäftsführers von Allergan und die Marktstudie als Beweismittel für die Bekanntheit der Marke BOTOX berücksichtigt habe. Die Rechtsmittelführerinnen haben vor dem Gericht – wie aus den Randnrn. 44 und 45 ihrer dort eingereichten Klageschriften hervorgeht – vielmehr sogar vorgetragen, dass diese Beweise von der Beschwerdekammer zu Unrecht berücksichtigt worden seien.
Unter diesen Umständen kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, dass es gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen habe; der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist daher als unbegründet zu verwerfen.
Folglich ist der dritte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.
Nach alledem ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.
Kosten
Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Helena Rubinstein und L’Oréal mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen, wie vom HABM beantragt, die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. Die Helena Rubinstein SNC und die L’Oréal SA tragen die Kosten.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Englisch.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen