Schweiz: Verwechslungsgefahr bei Wort-/Bildmarken

Gericht

Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

12. 03. 2012


Aktenzeichen

B-8006/2010


Tatbestand


Sachverhalt:


A.
Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin der am 29. März 2006 aufgrund einer deutschen Basismarke eingetragenen internationalen Registrierung Nr. 888'743 viva! (fig.). Das Zeichen beansprucht in der Schweiz unter anderem Schutz für services d'édition (à l'exception des travaux d'imprimerie); édition et publication des produits d'une maison d'édition; activités sportives et culturelles in Klasse 41. Die Wort-/Bildmarke präsentiert sich wie folgt:

B.
Gestützt auf diese Marke erhob die Beschwerdegegnerin am 17. Oktober 2007 gegen die am 29. Juni 2007 unter anderem für Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Betrieb von Fitnesszentren, insbesonders bezüglich der Figur in Klasse 41 eingetragene und am 17. Juli 2007 veröffentlichte Schweizer Marke Nr. 559'779 viva figurstudios für frauen (fig.) bei der Vorinstanz hinsichtlich der in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen Widerspruch. Das angefochtene Zeichen sieht wie folgt aus:

Zur Begründung des Widerspruchs führte die Beschwerdegegnerin aus, dass das jüngere Zeichen das kennzeichnungskräftige Hauptelement der Widerspruchsmarke übernehme, was zu einer Zeichenähnlichkeit und in Verbindung mit der Dienstleistungsgleichartigkeit zu einer Verwechselbarkeit der Marken führe.

C.
Nachdem das Verfahren wegen Vergleichsverhandlungen sistiert und infolge Ergebnislosigkeit wieder aufgenommen worden ist, brachte die Beschwerdeführerin mit Stellungnahme vom 5. Oktober 2009 im Wesentlichen vor, dass der Markenbestandteil "viva" gemeinfrei und die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke daher gering sei. Zudem würden sich die Zeichen in ihrem Gesamteindruck wesentlich unterscheiden.

D.
Nachdem die Beschwerdegegnerin stillschweigend auf eine weitere Stellungnahme verzichtet hatte, hiess die Vorinstanz den Widerspruch mit Verfügung vom 13. Oktober 2010 gut und widerrief die angefochtene Marke für sämtliche Dienstleistungen der Klasse 41. Zur Begründung führte sie aus, dass zwischen den beanspruchten Dienstleistungen zumindest eine Gleichartigkeit bestehe. Auch liege eine Zeichenähnlichkeit vor, seien doch weder die angefügte, im mündlichen Geschäftsverkehr nicht zur Geltung kommende, Silhouette einer Frau noch das als beschreibend wahrgenommene Wortelement "Figurstudios für Frauen" geeignet, das jüngere Zeichen in seinem Gesamteindruck genügend von demjenigen der Widerspruchsmarke zu unterscheiden, zumal die angeblich schwache Kennzeichnungskraft des Wortelementes "viva" nicht habe belegt werden können. Selbst wenn die Unterschiede zwischen den beiden Zeichen erkannt würden, bliebe das Risiko, dass aufgrund der bestehenden Ähnlichkeiten falsche Zusammenhänge im Sinne einer mittelbaren Verwechslungsgefahr vermutet würden, bestehen.

E.
Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin am 15. November 2010 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragte, den angefochtenen Entscheid unter Kosten- und Entschädigungsfolge aufzuheben und den Widerspruch abzuweisen. Zur Begründung machte sie geltend, dass weder eine Dienstleistungsgleichartigkeit noch eine Zeichenähnlichkeit vorliege. Einerseits habe sie zur Vermeidung von Konflikten unter der Klasse 41 einengend und klarstellend "insbesondere Betrieb von Fitnesszentren, insbesonders bezüglich der Figur" erwähnt. Andererseits sei der Begriff "viva" gemeinfrei oder zumindest stark verwässert, existierten doch zahlreiche dieses Wortelement enthaltende Marken, und würden sich die beiden gegenüberstehenden Zeichen vom Wortlaut sowie von der grafischen Gestaltung her stark unterscheiden. Im Übrigen sei die Beschwerdeführerin zeitlich prioritär zur Widerspruchsmarke im Handelsregister unter der Firma "Viva Figurstudios AG" eingetragen.

F.
Mit Vernehmlassung vom 24. Januar 2011 verzichtete die Vorinstanz auf die Einreichung einer Stellungnahme und beantragte, unter Hinweis auf die Begründung der angefochtenen Verfügung, die Beschwerde unter Kostenfolge abzuweisen.

G.
Mit Beschwerdeantwort vom 5. Mai 2011 beantragte die Beschwerdegegnerin die Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolge abzuweisen. Zur Begründung brachte sie vor, dass sowohl eine Dienstleistungsgleichartigkeit als auch eine Zeichenähnlichkeit vorläge, woraus eine Verwechslungsgefahr resultiere. Einerseits stelle "insbesondere Betrieb von Fitnesszentren, insbesonders bezüglich der Figur" keine Einschränkung sondern eine beispielhafte Aufzählung der durch die Beschwerdeführerin beanspruchten Dienstleistungen dar, wobei diese ohnehin unter den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Oberbegriff "activités sportives" fielen. Andererseits komme dem Markenelement "viva" ein normaler Schutzumfang zu, zumal eine Verwässerung nicht belegt sei, und sei der Schriftzug des angefochtenen Zeichens nicht markant genug, um das schwammige Erinnerungsbild des Durchschnittskonsumenten massgeblich beeinflussen zu können.

H.
Nach erfolglosen aussergerichtlichen Vergleichsverhandlungen wurde der Schriftenwechsel mit Verfügung vom 6. Oktober 2011 abgeschlossen.

I.
Eine Parteiverhandlung wurde nicht durchgeführt.

Auf die Argumente der Parteien wird, soweit sie für den Entscheid erheblich erscheinen, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Entscheidungsgründe


Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen der Vorinstanz in Widerspruchsverfahren zuständig (Art. 31, 32 und 33 Bst. d des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG; SR 173.32]). Die Beschwerde wurde in der gesetzlichen Frist von Art. 50 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021) am 15. November 2010 eingereicht. Der verlangte Kostenvorschuss wurde rechtzeitig bezahlt. Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und durch den Entscheid beschwert (Art. 48 VwVG). Somit ist sie zur Beschwerde legitimiert. Aus diesen Gründen ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.
Vom Markenschutz sind Zeichen ausgeschlossen, die einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt (Art. 3 Abs. 1 Bst. c des Bundesgesetzes vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben [Markenschutzgesetz, MSchG; SR 232.11]).

2.1.
Art. 3 Abs. 1 MSchG schliesst jüngere Zeichen vom Markenschutz aus, wenn sie einer älteren Marke derart ähnlich sind, dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt. Die Gefahr der Verwechslung bedeutet, dass ein Kennzeichen in seinem Schutzbereich durch gleiche oder ähnliche Zeichen in seiner Funktion der Individualisierung bestimmter Personen oder Gegenstände gefährdet wird. Dabei können schlechter berechtigte, gleiche oder ähnliche Zeichen Fehlzurechnungen derart verursachen, dass die Adressaten die gekennzeichneten Gegenstände für jene halten, die mit den besser berechtigten Zeichen individualisiert werden (unmittelbare Verwechslungsgefahr). Ferner können die schlechter berechtigten Zeichen eine mittelbare Verwechslungsgefahr schaffen, indem die Adressaten die Zeichen zwar auseinander zu halten vermögen, aber auf Grund der Ähnlichkeit falsche Zusammenhänge vermuten, insbesondere an Serienmarken denken, die verschiedene Produktlinien des gleichen Unternehmens oder von mehreren, wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen kennzeichnen (BGE 128 III 146 E. 2a VW; BGE 128 III 441 E. 3.1 Appenzeller; BGE 127 III 160 E. 2a Securitas).

2.2.
Ob zwei Marken sich hinreichend deutlich unterscheiden oder im Gegenteil verwechselbar sind, ist nicht aufgrund eines abstrakten Zeichenvergleichs, sondern stets vor dem Hintergrund der gesamten Umstände zu beurteilen. Der Massstab, der an die Unterscheidbarkeit anzulegen ist, hängt einerseits vom Umfang des Ähnlichkeitsbereichs ab, dessen Schutz der Inhaber der älteren Marke beanspruchen kann, und anderseits von den Waren und Dienstleistungen, für welche die sich gegenüberstehenden Marken hinterlegt sind (BGE 122 III 382 E. 1 Kamillosan).

2.3.
Der Schutzumfang einer Marke bestimmt sich nach ihrer Kennzeichnungskraft. Für schwache Marken ist der geschützte Ähnlichkeitsbereich kleiner als für starke. Bei schwachen Marken genügen daher schon bescheidenere Abweichungen, um eine hinreichende Unterscheidbarkeit zu schaffen. Als schwach gelten insbesondere Marken, deren wesentliche Bestandteile sich eng an Sachbegriffe des allgemeinen Sprachgebrauchs anlehnen. Stark sind demgegenüber Marken, die entweder aufgrund ihres fantasiehaften Gehalts auffallen oder aber sich im Verkehr durchgesetzt haben (BGE 122 III 382 E. 2a Kamillosan, mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 4C.258/2004 vom 6. Oktober 2004 E. 2.2 Yello).

2.4.
Je näher sich die Waren und Dienstleistungen sind, für welche die Marken registriert sind, desto grösser wird das Risiko von Verwechslungen und desto stärker muss sich das jüngere Zeichen vom älteren abheben, um die Verwechslungsgefahr zu bannen. Ein besonders strenger Massstab ist anzulegen, wenn beide Marken für weitgehend identische Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind (BGE 126 III 315 E. 6b/bb apiella; BGE 122 III 382 E. 3a Kamillosan). Im Weiteren ist von Bedeutung, an welche Abnehmerkreise sich die Waren richten und unter welchen Umständen sie gehandelt zu werden pflegen. Bei Massenartikeln des täglichen Bedarfs, wie beispielsweise Lebensmitteln, ist mit einer geringeren Aufmerksamkeit und einem geringeren Unterscheidungsvermögen der Konsumenten zu rechnen als bei Spezialprodukten, deren Absatzmarkt auf einen mehr oder weniger geschlossenen Kreis von Berufsleuten beschränkt bleibt (BGE 126 III 315 E. 6b/bb apiella; BGE 122 III 382 E. 3a Kamillosan; Urteil des Bundesgerichts 4C.258/2004 vom 6. Oktober 2004 E. 2.3 Yello).

3.
In einem ersten Schritt sind demnach die massgeblichen Verkehrskreise der im Widerspruch stehenden Dienstleistungen zu bestimmen. Bei letzteren handelt es sich im Wesentlichen um die der Klasse 41 zugeordneten Dienstleistungsoberbegriffe Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten. Diese richten sich zu weiten Teilen an den Endverbraucher und somit an den Durchschnittskonsumenten. Von dessen Verständnis hat das Bundesverwaltungsgericht bei der Prüfung, ob eine Zeichenähnlichkeit, eine Dienstleistungsgleichartigkeit sowie eine daraus resultierende Verwechslungsgefahr gegeben sind, auszugehen, gilt es doch die Beurteilung grundsätzlich nach der Wahrnehmung der schwächsten und irreführungsanfälligsten repräsentativen Gruppe von Verkehrsteilnehmern zu richten (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-6222/2009 vom 30. November 2010 E. 3 LOUIS BOSTON mit Hinweisen).

4.
In einem nächsten Schritt gilt es zu überprüfen, ob die beanspruchten Dienstleistungen der sich gegenüberstehenden Marken aus Sicht der Abnehmerkreise gleichartig sind.

4.1.
Gleichartigkeit liegt vor, wenn die angesprochenen Abnehmerkreise auf den Gedanken kommen können, die unter Verwendung identischer oder ähnlicher Marken angepriesenen Waren und Dienstleistungen würden angesichts ihrer üblichen Herstellungs- und Vertriebsstätten aus ein und demselben Unternehmen stammen oder doch wenigstens unter der Kontrolle des gemeinsamen Markeninhabers von verbundenen Unternehmen hergestellt werden (Urteil des BVGer B-4159/2009 vom 25. November 2009 E. 3.1 EFE [fig.]/EVE, mit Verweis u.a. auf: LUCAS DAVID, Kommentar zum Markenschutzgesetz, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Lucas David, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Markenschutzgesetz/Muster- und Modellgesetz, Basel 1999, Art. 3 N. 35).

4.2.
Dienstleistungen sind dann gleichartig, wenn sie im weitesten Sinne verstanden dem gleichen Markt zuzurechnen sind. Im Vordergrund steht die Frage nach einer einheitlichen Organisationsverantwortung, respektive ob der Abnehmer die beiden Dienstleistungen als sinnvolles Leistungspaket wahrnimmt (EUGEN MARBACH, Markenrecht, in: Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. III/1, Basel 2009, N. 851 f.; vgl. auch CHRISTOPH WILLI, Markenschutzgesetz, Kommentar zum schweizerischen Markenrecht unter Berücksichtigung des europäischen und internationalen Markenrechts, Zürich 2002, Art. 3, N. 35; GALLUS JOLLER, in: Michael Noth/Gregor Bühler/Florent Thouvenin, Markenschutzgesetz, Bern 2009, Art. 3, N. 290). Die Zuordnung zum selben Markeninhaber hängt namentlich von der Art und dem Verwendungszweck der strittigen Dienstleistungen ab (WILLI, a.a.O., Art. 3, N 35; JOLLER, a.a.O., Art. 3, N. 280 ff.; Urteil des BVGer B-7514/2006 vom 31. Juli 2007 E. 4 Quadrat [fig.]/Quadrat [fig.]).

4.3.
Der Widerspruch richtet sich gegen die von der Beschwerdeführerin für ihr Zeichen in der Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Betrieb von Fitnesszentren, insbesonders bezüglich der Figur. Bei "insbesondere Betrieb von Fitnesszentren, insbesonders bezüglich der Figur" handelt es sich um eine beispielhafte Aufzählung von Dienstleistungen, welche unter den Oberbegriff "sportliche Aktivitäten" fallen. Zwischen sportlichen und kulturellen Aktivitäten und den von der Widerspruchsmarke in der Klasse 41 beanspruchten activités sportives et culturelles herrscht eine Dienstleistungsgleichheit. Ferner lassen sich Unterhaltung sowie activités sportives et culturelles nicht klar abgrenzen. Einerseits beansprucht Unterhaltung häufig für sich, einen kulturellen Beitrag zu leisten, andererseits hat sich der Sport in den letzten Jahrzehnten zu einer Unterhaltungsindustrie hin entwickelt. Ebenfalls in enger Beziehung zu activités sportives et culturelles stehen Ausbildung und Erziehung. Zum einen verwischen die Grenzen zwischen reiner Unterhaltung und der Ausbildung, wird doch immer häufiger versucht, lehrreiche Inhalte mit einem unterhaltenden Rahmen zu versehen, was mittels des Begriffs „Infotainment“ umschrieben wird. Zum Anderen besteht bereits seit der Antike eine enge Verknüpfung zwischen Erziehung und Sport, war letzterer doch stets ein Bestandteil der ersteren, woher die Bezeichnung Leibeserziehung herrühren dürfte. Zudem dienen die mittels sportlicher und kultureller Veranstaltungen gegenüber Menschen und Kulturen vermittelten Werte und Einstellungen der Erziehung in einem weiteren Sinn. Zusammenfassend lässt sich folglich festhalten dass zwischen den sich gegenüberstehenden Dienstleistungen, soweit nicht eine Gleichheit zumindest eine Gleichartigkeit besteht.

5.
Ausgehend von einer Dienstleistungsgleichartigkeit gilt es in einem weiteren Schritt die beiden Marken auf ihre Zeichenähnlichkeit hin zu überprüfen.

5.1.
Die Markenähnlichkeit beurteilt sich nach dem Eindruck, den die Zeichen als Ganzes beim angesprochenen Verkehrskreis hinterlassen. Abzustellen ist stets auf den Markeneintrag und nicht auf den allenfalls davon abweichenden Markengebrauch, wobei nicht das Resultat eines gleichzeitigen Vergleichs, sondern allein der Eindruck im Erinnerungsvermögen des Abnehmers massgebend ist. Besondere Bedeutung kommt dem prägenden Markenbestandteil zu, verleiht er doch einem Zeichen seine Individualität. Aber auch die – für sich alleine genommen schutzunfähigen – gemeinfreien Elemente vermögen den Gesamteindruck mitzubeeinflussen (vgl. DAVID, a.a.O., Art. 3 MSchG N 11 und 15 mit Hinweisen). Massgebend für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist bei Marken der Wortklang, das Erscheinungsbild und gegebenenfalls der Sinngehalt; dabei genügt für die Annahme einer Ähnlichkeit, wenn diese in Bezug auf nur eines dieser drei Kriterien vorliegt (RKGE in sic! 2006, S. 270 Michel (fig.)/Michel Comte Waters mit Hinweisen). Der anwendbare Massstab hängt vom Schutzbereich der älteren Marke ab, der sich nach ihrer Kennzeichnungskraft bestimmt. Demnach ist der geschützte Ähnlichkeitsbereich für schwache Zeichen kleiner als für starke. Während die Beschwerdegegnerin den Schutzumfang einer zumindest durchschnittlichen Marke beansprucht, spricht die Beschwerdeführerin von einem schwachen Zeichen mit geringer Schutzfähigkeit. Es gilt daher vorweg den Schutzumfang der Widerspruchsmarke zu prüfen.

5.2.
Als schwach haben Marken zu gelten, deren wesentliche Elemente eng mit Sachbegriffen verbunden sind und zum allgemeinen Sprachgebrauch gehören; stark sind hingegen Marken, welche durch die Phantasie ihres Inhaltes auffallen oder sich beim Publikum eingeprägt haben (BGer in sic! 2000, S. 196 CAMPUS/LIBERTY CAMPUS). Die Widerspruchsmarke besteht im Wesentlichen aus dem Wortelement "viva". Dabei handelt es sich einerseits im Italienischen um ein Adjektiv, in weiblicher Form Einzahl, welches sich mit "lebhaft" übersetzen lässt. Andererseits stellt der Begriff in der italienischen Sprache die dritte Person Singular bzw. Höflichkeitsform der zweiten Person Singular Imperativ sowie die erste bis dritte Person Konjunktiv Präsenz und in rätoromanischen Sprache die dritte Person Singular Präsens sowie die zweite Person Singular Imperativ der mit "leben" übersetzbaren Verben "vivere" bzw. "viver" dar. Dabei dürfte in beiden Landessprachen der im Sinne einer Exklamation mit der Bedeutung "lebe hoch!" bzw. im Rätoromanischen zusätzlich mit der Bedeutung "Prosit!" verwendete Imperativ im Vordergrund stehen (vgl. Langenscheidts Handwörterbuch Italienisch, 8. Aufl., München 2007, S. 996; www.pledarigrond.ch). Der Sinngehalt des Wortes "viva" ist demnach in den beiden Sprachen auf den Ausdruck von Zustimmung, Lebensfreude und guten Wünschen gerichtet (RKGE in sic! 2001, S. 814 Viva/CoopViva [fig.]). In Zusammenhang mit den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 vermag der Begriff "viva" möglicherweise positive Assoziationen zu erwecken. Jedoch wird dadurch, selbst wenn es sich bei der Herbeiführung von Lebensfreude um einen allfälligen Zweck oder eine mögliche Wirkung dieser Dienstleistungen handeln sollte, keine direkt beschreibende Aussage vermittelt. Ausserdem gelingt es der Beschwerdeführerin nicht, die behauptete Verwässerung der Widerspruchsmarke zu belegen. Einerseits vermag der Umstand dass im Schweizer Markenregister für Dienstleistungen der Klasse 41 mehrere das Wortelement "viva" enthaltende Zeichen eingetragen sind, den Gebrauch dieser Marken in der Schweiz nicht glaubhaft zu dokumentieren. Andererseits mangelt es bei den eingereichten Resultaten einer Internetsuche nach dem Begriff "viva" auf Schweizer Internetseiten oft an einem markenmässigen Gebrauch bzw. an einem Bezug zu Produkten der Klasse 41. Unter den genannten Umständen sieht das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung, nicht von einem durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Wortelement bzw. normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke auszugehen.

5.3.
Vorliegend gilt es die Verwechslungsgefahr zwischen zwei Wort-/Bildmarken – der Widerspruchsmarke viva! (fig.) und dem angefochtenen Zeichen viva figurstudios für frauen (fig.) – zu beurteilen. Aus der Übernahme des Hauptbestandteils "viva" der Widerspruchsmarke in die angefochtene Marke darf nicht per se auf eine Zeichenähnlichkeit geschlossen werden. Ob eine solche vorliegt, beurteilt sich anhand des Erscheinungsbilds, des Wortklangs und gegebenenfalls des Sinngehalts.

5.3.1.
Während sich die grafische Gestaltung der Widerspruchsmarke in einem schnörkellosen Schriftzug mit nicht verbundenen Buchstaben – wobei dahingestellt bleiben kann, ob es sich im Sinne von "VIVa!" um drei Grossbuchstaben und einen über Versalhöhe verfügenden Kleinbuchstaben "a" oder im Sinne von "viva!" um vier Kleinbuchstaben mit einem "i", dessen Punkt fehlt, und einem Ausrufezeichen, das keine Oberlänge besitzt, handelt – erschöpft, wird das Erscheinungsbild des angefochtenen Zeichens durch eine stilisierte weibliche Silhouette auf der linken Seite sowie rechts davon durch die beiden in Kleinbuchstaben und Kurrentschrift gehaltenden Wortelemente "viva" und, in kleinerer Schriftgrösse darunter, "figurstudios für frauen" – wobei der i-Punkt des ersteren Elementes dem Kopf der Silhouette entspricht und wie letztere heller als die restlichen Markenbestandteile schattiert ist – geprägt. Anders als das ältere Zeichen, welches einen eher kräftigen und kompakten Eindruck hinterlässt, vermittelt die jüngere Marke aufgrund des weiblichen Schattenbildes und der feingliedrigen Schrift Feminität und Feinheit. Aus dem Umstand, dass die Widerspruchsmarke über kein besonders auffälliges Schriftbild verfügt, darf nicht geschlossen werden, dass ihr der Schutzumfang einer Wortmarke zukommt. Insgesamt mutet dem Bundesverwaltungsgericht die Ähnlichkeit zwischen den beiden gegenüberstehenden Marken hinsichtlich des Erscheinungsbildes, trotz des übereinstimmenden Wortbestandteils "viva" als eher gering an.

5.3.2.
Einen anderen Eindruck vermittelt die Gegenüberstellung des Wortklanges der beiden Marken. In akustischer Hinsicht übernimmt das jüngere Zeichen die Widerspruchsmarke vollumfänglich. Das angefügte Element "Figurstudios für Frauen" dürfte als rein beschreibender Hinweis auf die Natur der Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin verstanden werden. Aufgrund der mangelnden Kennzeichnungskraft, der Länge sowie des Umstandes, dass das Wortelement am Schluss des Zeichens steht, dürfte es im täglichen Markengebrauch zumeist gar nicht ausgesprochen werden, womit das jüngere Zeichen wie die ältere Marke mit "viva" bezeichnet würde. In klanglicher Hinsicht herrscht demnach zwischen den beiden Zeichen eine sehr hohe Ähnlichkeit.

5.3.3.
Soweit in den beiden Marken ein Sinngehalt erkannt wird, dürfte er auf den Ausdruck von Zustimmung, Lebensfreude und guten Wünschen gerichtet sein (vgl. E. 5.2). Somit spricht auch dieses Kriterium eher für als gegen eine Markenähnlichkeit.

5.4.
Es lässt sich folglich festhalten, dass zwischen den beiden im Streite stehenden Marken, zumindest vom Klangbild her, eine hohe Ähnlichkeit besteht, weshalb das Vorliegen einer Zeichenähnlichkeit insgesamt zu bejahen ist.

5.5.
Zu keinem anderen Resultat führt auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung betreffend die Übernahme des prägnanten Hauptbestandteils einer älteren Marke. Diese ist ausnahmsweise zulässig, wobei eine solche Ausnahme voraussetzt, dass der Sinngehalt des Zeichens durch das hinzugefügte Element verändert wird oder dass es sich beim übernommenen Element um ein schwaches Zeichen handelt und dieses mit einem kennzeichnungskräftigen Bestandteil verbunden wird. Eine solche Ausnahme liegt in casu nicht vor. Einerseits verfügt das Wortelement "viva" über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und dürfte der Zusatz "Figurstudios für Frauen" als rein beschreibender Hinweis verstanden werden (E. 5.2 und E 5.3.2). Andererseits wird der Sinngehalt im angefochtenen Zeichen kaum verändert (E. 5.3.3).

6.
Ausgehend von einer Dienstleistungsgleichartigkeit, einer normal kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke sowie von einer hohen Markenähnlichkeit gilt es in einer abschliessenden Gesamtbetrachtung die Verwechslungsgefahr zu beurteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein wesentlicher Teil der von den beiden Marken beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 alltäglicher Natur ist und sich an ein breites Publikum, von welchem für die Prüfung der Markenunterschiede keine besondere Aufmerksamkeit erwartet werden darf, richtet. Unter all den genannten Umständen erscheint dem Bundesverwaltungsgericht die Wahrscheinlichkeit von Fehlzurechnungen sehr hoch, zumal selbst wenn das Publikum die Unterschiede zwischen den beiden Zeichen erkennt, die Gefahr besteht, dass es aufgrund der bestehenden Ähnlichkeiten im Sinne einer "mittelbaren Verwechslungsgefahr" falsche Zusammenhänge vermutet. Die Voraussetzungen der relativen Ausschlussgründe gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG sind demnach erfüllt.

7.
Im Übrigen brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie zeitlich prioritär zur Widerspruchsmarke im Handelsregister unter der Firma "Viva Figurstudios AG" eingetragen sei. Dabei verkennt die Beschwerdeführerin, dass Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nach Art. 31 ff. MSchG allein die Prüfung ist, ob die Voraussetzungen des Art. 3 MSchG vorliegen, um eine Marke vom Markenschutz auszuschliessen. Die Beantwortung dieser Frage kann nur durch einen Vergleich beider Marken in ihrer registrierten Form erfolgen. Demgegenüber ist eine Reihe von Fragen – wie z.B. lauterkeits-, firmen- oder namensrechtliche Argumentationen – die für die endgültige Berechtigung an einer Marke bedeutsam sein können, im Widerspruchsverfahren nicht zu berücksichtigen. Die Prüfung von Einwendungen, welche nicht im Zeichen selbst begründet sind, bedingt regelmässig ein umfangreiches Beweisverfahren, welches dem Zivilprozess vorbehalten bleiben muss (Entscheid des IGE im Widerspruchsverfahren 10573 vom 19. März 2010, E. III A 3 REWAG/REWAG).

8.
Die Beschwerde erweist sich demzufolge als unbegründet, womit sie abzuweisen und die Verfügung der Vorinstanz zu bestätigen ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig und es steht der Beschwerdegegnerin einen Anspruch auf Parteientschädigung zu (Art. 63 Abs. 1 und Art. 64 Abs. 1 VwVG).

9.
Die Gerichtsgebühr ist nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien festzulegen (Art. 63 Abs. 4bis VwVG, Art. 2 Abs. 1 des Reglements über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 21. Februar 2008 [VGKE; SR 173.320.2]). Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist dafür ein Streitwert zu veranschlagen (Art. 4 VGKE). Im Widerspruchsverfahren besteht dieser Streitwert vor allem im Schaden der Widersprechenden im Fall einer Markenverletzung durch die angefochtene Marke. Es würde aber zu weit führen und könnte im Verhältnis zu den relativ geringen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens abschreckend wirken, wenn dafür im Einzelfall stets konkrete Aufwandsnachweise verlangt würden. Mangels anderer streitwertrelevanter Angaben ist der Streitwert darum nach Erfahrungswerten auf einen Betrag zwischen Fr. 50'000.- und Fr. 100'000.- festzulegen (BGE 133 III 492 E. 3.3 Turbinenfuss mit Hinweisen). Von diesem Erfahrungswert ist auch im vorliegenden Verfahren auszugehen. Es sprechen keine konkreten Anhaltspunkte für einen höheren oder niedrigeren Wert der strittigen Marke. Nach dem Gesagten rechtfertigt es sich, die Verfahrenskosten insgesamt auf Fr. 4'000.- festzulegen.

10.
Der obsiegenden Beschwerdegegnerin ist eine Parteientschädigung "für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten" des Beschwerdeverfahrens zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG). Im vorliegenden Verfahren hat die Beschwerdegegnerin dem Bundesverwaltungsgericht eine Kostennote eingereicht. Sie enthält jedoch lediglich das Honorar und eine Pauschale für übrige Auslagen. Da sich somit weder die Stundenansätze noch der Zeitaufwand überprüfen lassen, mangelt es an einer detaillierten Kostennote im Sinne des Reglements über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Parteientschädigung wird deshalb aufgrund der Akten und des geschätzten Aufwands durch das Gericht festgesetzt. Nach den gegebenen Umständen erscheint eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'500.- (exkl. MWSt) als angemessen. Die Mehrwertsteuer ist nur für Dienstleistungen geschuldet, die im Inland gegen Entgelt erbracht werden, nicht jedoch im vorliegenden Fall, in dem die Dienstleistung des Rechtsvertreters der Beschwerdegegnerin mit Sitz im Ausland erbracht worden ist (Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer [Mehrwertsteuergesetz, MWSTG, SR 641.20] i.V.m. Art. 18 Abs. 1 MWSTG und Art. 9 Abs. 1 Bst. c VGKE, siehe auch Art. 112 MWSTG).

11.
Gegen dieses Urteil steht keine Beschwerde an das Bundesgericht zur Verfügung (Art. 73 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG; SR 173.110]). Es ist deshalb rechtskräftig.


Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 4'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 4'000.- verrechnet.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das Beschwerdeverfahren mit Fr. 2'500.- (exkl. MWSt) zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Einschreiben; Beschwerdebeilagen zurück)

  • die Beschwerdegegnerin (Einschreiben)

  • die Vorinstanz (Einschreiben; Vernehmlassungsbeilagen zurück)


Der vorsitzende Richter:
Hans Urech

Der Gerichtsschreiber:
Marc Hunziker

Rechtsgebiete

Markenrecht