Bei einer Werbung mit Testergebnissen ist eine schlecht lesbare Fundstellenangabe einer fehlenden Fundstellenangabe gleichzusetzen

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Beschluss über sofortige Beschwerde


Datum

24. 01. 2012


Aktenzeichen

5 W 161/11


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen den Beschluss des Landgerichts vom 12.12.2011, mit dem dieses den Erlass einer vom Antragsteller beantragten einstweiligen Verfügung abgelehnt hat.

Der Antragsteller ist antragsbefugt gem. § 8 III Nr. 2 UWG. Die Antragsgegnerin bietet über ihre Internetseite „www.f...de“ u.a. Preisvergleiche und Beratung im Hinblick auf verschiedene Finanzprodukte an. Auf verschiedenen Unterseiten hat sie Testurteile mehrerer Fachpublikationen und Testinstitute wiedergegeben, in denen ihr eigenes Angebot bewertet wurde.

Der Antragsteller hält dies für wettbewerbswidrig und führt dazu an, dass die Fundstellen der Testurteile nur schlecht oder gar nicht lesbar seien; hierdurch werde dem Verbraucher eine Information vorenthalten, die er benötige, um eine informierte Entscheidung zu treffen.

Eine Abmahnung der Antragsgegnerin vom 23.11.2011 blieb erfolglos.

Unter dem 05.12.2011 hat der Antragsteller daraufhin den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit der der Antragsgegnerin hatte untersagt werden soll,

im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit der Werbung für die Erbringung von Dienstleistungen für private Krankenversicherungen mit der Wiedergabe von Testurteilen (gemäß Anlage ...) zu werben, ohne die Fundstelle der Veröffentlichung der Tests in deutlich lesbarer Druckgröße wiederzugeben.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. In seiner Beschwerde wiederholt der Antragsteller seine Positionen, hat aber das angestrebte Verbot modifiziert.


II.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde (§ 567 ZPO) ist begründet.

1. Der ursprüngliche Verbotsantrag hätte nicht ohne vorherigen Hinweis zurückgewiesen werden dürfen; das Landgericht hat es versäumt, auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuwirken (§ 139 I ZPO). Der Antragsteller hatte seinen ursprünglichen Verbotsantrag zwar sprachlich unzutreffend formuliert, denn in der Tat erbringt die Antragsgegnerin selbst keine „Dienstleistungen für private Krankenversicherungen“ und hat dementsprechend derartiges auch nicht in ihrem Internetauftritt beworben. Wie sich der Antragsschrift unmissverständlich entnehmen lässt, wendet sich der Antragsteller indes gegen die werbliche Verwendung von Testurteilen in Bezug auf diejenigen Dienstleistungen, die die Antragsgegnerin tatsächlich anbietet. Dass es dem Antragsteller nicht gelungen ist, dies sprachlich zutreffend zu beschreiben, hätte Anlass für einen entsprechenden Hinweis sein müssen. So zeigt auch der Versuch des Antragstellers einer genaueren Formulierung des angestrebten Verbotstenors in der Beschwerdeschrift, dass er daraufhin ein entsprechend modifiziertes Verbot angestrebt hätte, denn dort werden nunmehr die Dienstleistungen, hinsichtlich derer eine entsprechende Werbung verboten werden soll, dahingehend konkretisiert, dass es sich um „vergleichende Bewertung“ handele. Insoweit liegt also entgegen der Ansicht des Landgerichts auch keine Änderung des Streitgegenstandes vor.

2. Ein derartiger Unterlassungsanspruch steht dem Antragsteller zu, insoweit liegen auch die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung vor.

a) Der Antragsteller hat einen Verfügungsanspruch gem. §§ 3, 5 a II, 8 I, III Nr. 2 UWG. Der Antragsteller kann hiernach von der Antragsgegnerin verlangen, dass diese es unterlässt, in der im Unterlassungsantrag bezeichneten Weise gegenüber Verbrauchern zu werben, nämlich für die eigenen Dienstleistungen in Bezug auf private Krankenversicherungen mit Testurteilen zu werben, ohne die Fundstelle der Veröffentlichung in lesbarer Form, insbesondere in hinreichender Schriftgröße wiederzugeben.

b) Nach gefestigter Rechtsprechung handelt unlauter, wer im Rahmen geschäftlicher Handlungen mit der Wiedergabe von Testergebnissen wirbt, wenn dabei der Verbraucher nicht leicht und eindeutig darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann (BGH GRUR 2010, 248, 251 - Kamerakauf im Internet; BGH GRUR 1991, 679 f. - Fundstellenangabe). Fehlt es daran, beeinträchtigt dies die Möglichkeit des Verbrauchers, die testbezogene Werbung zu prüfen und insbesondere in den Gesamtzusammenhang des Tests einzuordnen. Dadurch wird die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte geschäftliche Entscheidung i.S.d. Art. 7 I der Richtlinie 2005/29/EG zu treffen, spürbar beeinträchtigt (BGH GRUR 2010, 248, 251, Tz. 31 - Kamerakauf im Internet). Hierbei ist der gänzlich fehlenden Fundstellenangabe die nicht ausreichend deutlich lesbare gleichzusetzen, denn auch diese erfüllt nicht den verfolgten Zweck, die leichte und eindeutige Nachprüfbarkeit der Angaben über Testurteile zu gewährleisten (KG, Urt. v. 14.09.1993 - 5 U 5035/93, BeckRS 2011, 05592; OLG Gelle, Urt. v. 24.02.2011 - 13 U 172/10; OLG Stuttgart, Urt. v. 07.04.2011 - 2 U 170/11; OLG Bamberg, Urt. v. 27.07.2011 - 3 U 81/11).

Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin hiergegen verstoßen hat: Aus den vorgelegten Ausdrucken aus dem Internetauftritt der Antragsgegnerin ergibt sich, dass diese die Testurteile im Zusammenhang mit ihren Vergleichsdienstleistungen in Bezug auf private Krankenversicherungen werblich eingesetzt hat; dies ergibt sich aus den diesem Beschluss beigefügten Kopien dieser Ausdrucke. Bei dieser Wiedergabe der Testurteile sind die Fundstellen der entsprechenden Tests indes nicht im Ansatz lesbar. Die Antragsgegnerin hat dies im Grundsatz auch in der Antwort auf die Abmahnung nicht in Abrede genommen, sondern lediglich die vom Antragsteller in der geforderten Unterlassungsverpflichtungserklärung vorgenommene Bezugnahme moniert.

Durch diesen Wettbewerbsverstoß ist eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich gleichartiger Verstöße begründet. Der Senat vermag nicht zu erkennen, weshalb es dem Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegen stehen sollte, dass die Antragsgegnerin zwischenzeitlich die angegriffene Werbung mit Testurteilen aus ihrem Internetauftritt entfernt und dem Antragsteller die geltend gemachten Abmahnkosten erstattet hat. Bekanntlich entfällt durch derartige Handlungen nicht die Wiederholungsgefahr.

c) Auch ein Verfügungsgrund liegt vor. Anhaltspunkte, die der Dringlichkeitsvermutung des § 12 II UWG insoweit entgegenstehen könnten, sind nicht vorgebracht oder ersichtlich.

3. ...

4. Der Senat hat den Verbotstenor der einstweiligen Verfügung gem. § 938 ZPO zudem nochmals abweichend vom (modifizierten) Antrag formuliert, um den Verbotsinhalt deutlicher herauszustellen. Zudem hat der Senat der einstweiligen Verfügung zur Klarstellung Kopien derjenigen Ausdrucke aus den angegriffenen Internetseiten als Anlage beigefügt, in denen sich die streitgegenständliche Wiedergabe von Testurteilen fand, auf die sich das Verbot als beispielhafte konkrete Verletzungsform bezieht.

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht