Ahnungsloser Reiseleiter

Gericht

AG Köln


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

01. 12. 2011


Aktenzeichen

138 C 323/11


Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 312,75 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.Februar 2011, sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 83,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.Juli 2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 7/10, die Beklagte 3/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die Gegenseite ihrerseits vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Klägerin meldete sich bei der Beklagten für eine Äthiopienreise „20 Tage Äthiopien/vom Norden bis zu den Seen“ mit einem Hin- und Rückflug von Frankfurt nach Adis Abeba an. Gegenstand der Reise war eine Rundreise mit Charterbus gemäß Reiseplan. Im Preis inbegriffen war eine deutschsprachige Reiseleitung. Die Reise wurde in der Zeit vom 04. bis zum 23. Januar 2011 durchgeführt. Der Reisepreis betrug 2.085,00 Euro.

Im Reiseprospekt wird einer der Reiseleiter in Äthiopien mit Bild vorgestellt, von dem es heißt, dass er vor ein paar Jahren für den Job des Reiseleiters begeistert wurde und es für ihn inzwischen nichts Schöneres gäbe, als mit den Gästen auf Entdeckungstour durch Äthiopien zu gehen. Die Klägerin war mit der gebrachten Leistung der Reiseleistung auf der durchgeführten Rundreise nicht zufrieden. Insbesondere verweist sie darauf, dass die Reiseleistung nicht dem für eine Erlebnisreise notwendigen Standard entsprach. Der Reiseleiter habe sich praktisch nie aus eigenem Antrieb geäußert, habe nur unzureichend Information zur jeweiligen Tagesplanung, den Sehenswürdigkeiten und der Fauna und Flora gegeben. Im Übrigen sei ihm das Timkat-Fest nicht bekannt gewesen.

Die Klägerin ist der Auffassung, zu einer Reisepreisminderung von 50% = 1.042,50 Euro berechtigt zu sein.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.042,50 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Februar 2011 und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 155,30 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. Juli 2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie verweist darauf, dass die Reiseleitung die im Rahmen einer Erlebnisreise geschuldeten Informationen abgegeben habe. Der Reiseführer sei nicht unqualifiziert und unfähig gewesen. Er habe die Reisegruppe stets äußerst freundlich und verständlich über die Besonderheiten der Reiseroute informiert. Im Übrigen hätte die Klägerin eine Bildungsreise buchen müssen, wenn sie wissenschaftliche Informationen hätte haben wollen.

Das Gericht hat durch Einholung von schriftlichen Zeugenaussagen der Zeugen F., I., V., I. und N. G., S. und T. H., E. und F. F. und Dr. T. Beweis erhoben.

Hinsichtlich der Beweisfrage wird auf den Beweisbeschluss vom 06. Oktober 2011 und hinsichtlich des Beweisergebnisses auf die schriftlichen Aussagen der Zeugen Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten eine Minderung des Reisepreises gemäß § 651 d Abs. 1, 651 c Abs. 1, 638 Abs. 3 BGB für eine nicht ausreichende Reiseleitung in Höhe von 312,75 Euro verlangen.

Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der von der Beklagten gestellte Reiseleiter nicht den im Reiseprospekt mitgeteilten und näher beschriebenen Anforderungsprofil für eine deutschsprachige Reiseleitung auch nach dem Charakter der gebuchten Reise entsprach.

Grundsätzlich richten sich die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Durchführung einer Reise mit Rücksicht auf eine vom Reiseveranstalter geschuldete Reisebegleitung nach den hierzu im Reisevertrag getroffenen Vereinbarungen und zum Anderen danach, welchen Charakter die gebuchte Reise hat und welche Qualifikation der Reisebegleitung im Hinblick auf den konkreten Reisecharakter abzuverlangen ist. Ausweislich der Katalogbeschreibung der Beklagten war eine deutschsprachige Reiseleitung geschuldet, die ausweislich der bebilderten Beschreibung eines Reiseleiters mit Engagement mit den Gästen auf Entdeckungstour durch Äthiopien gehen sollte.

Wie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 21.August 2011 ausführlich erörtert, war zwar von der Reiseleitung nicht zu erwarten, dass sie im Standard einer Bildungsreise Informationen zu geben hatte, jedoch war aufgrund der Beschreibung im Prospekt zu erwarten, dass die Reiseleitung die wesentlichen Informationen und grundlegende Informationen zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten und aufgesuchten Orten abgeben würde.

Diesen Anforderungen genügte der von der Beklagten gestellte Reiseleiter für die Reise der Klägerin nach den Bekundungen der Zeugen F., I., V., G., F. und F. nicht. Vielmehr bekundeten diese Zeugen übereinstimmend, dass der Reiseleiter eher als Reisebegleitung anzusehen gewesen sei und nur unzureichend tätig gewesen sei. Er habe nur wenige Informationen zu den aufgesuchten Sehenswürdigkeiten gegeben und sich im Übrigen auch wenig um die Reisegruppe gekümmert. Demnach sprach die Reiseleitung der Beklagten auch nicht der von ihr selbst mit Schriftsatz vom 02.11.2011 aus ihrem Prospekt mitgeteilten Beschreibung ihrer Reiseleiter, nachdem diese stets deutschsprachige Freunde an der Seite der Reisenden seien. Insoweit entsprach nach den glaubhaften Bekundungen der Zeugen der Reiseleiter auch nicht dem Hinweis der Beklagten, dass sie ihre Reiseleiter sorgfältig auswähle und darauf achte, dass diese gute Deutsch- und Landeskenntnisse hätten.

Wenn insoweit folgt, dass Gericht den detaillierten und überzeugenden Beschreibungen der genannten Zeugen, wenn dabei auch nicht zu übersehen war, dass diese teilweise nach ihrem eigenen Angaben Sprüche gegen die Beklagte ebenfalls geltend machen wollen und daher ein gewisses Eigeninteresse vorhanden war. Angesichts der in sich geschlossenen und nachvollziehbaren Zeugenangaben, ergaben sich aber keinerlei weitere Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen unwahre Angaben gemacht haben. Soweit die Zeugen F. bekundet haben, dass der Reiseleiter für sie zumindest ab dem 2. / 3. Tag ausreichende Informationen gegeben habe, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn die Zeugen haben insoweit ihre Aussage auf ihr Informationsbedürfnis beschränkt, nicht hingegen angegeben, dass auch für die anderen Teilnehmer eine ausreichende Reiseleitung vorgelegen hat. Entsprechend hat die Zeugin F. F. angegeben, dass der Reiseleiter zu wenig Informationen gegeben habe, allerdings auf Anfrage für sie genügend. Insoweit haben diese Zeugen auch ihre Angaben in dem von der Beklagten vorgelegten Fragebogen nicht wiederholt, dass manche Mitreisenden den Reiseleiter arrogant und bösartig kritisiert hätten.

Auch die Aussage des Zeugen Dr. T. ergab keine Bestätigung des Vortrags der Beklagten. Insoweit hat die Beklagte nach dessen schriftlicher Aussage mitgeteilt, dass der Zeuge an der hier streitigen Reise nicht teilgenommen hat, so dass er zu den Beweisfragen keine Angaben machen konnte. Unter Berücksichtigung des Charakters der Reise als Erlebnisreise hält das Gericht eine Reisepreisminderung von 15% = 312,75 € unter Berücksichtigung der Gesamtumstände für angemessen.

Die Zinsforderungen sind gemäß §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten konnten gemäß § 286 jedoch nur anteilig in Höhe der gewährten Minderung zugesprochen werden.

Die Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.042,50 Euro.

Rechtsgebiete

Reiserecht

Normen

BGB §§ 651d I, 651c I, 638 III