Bundespatengericht zur Eintragungsfähigkeit von Wort-Bildmarken

Gericht

BPatG


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

30. 11. 2011


Aktenzeichen

26 W (pat) 539/11


Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. August 2011 aufgehoben.

Entscheidungsgründe


Gründe

I.

Mit Beschluss vom 5. August 2011 hat die Markenstelle für Klasse 21 IR des Deutschen Patent- und Markenamts der international registrierten, in weiß, schwarz, grau und rot gehaltenen Marke IR 854 668

für die Waren

“Class 8: Hand-operated hand tools and implements; cutlery, forks and spoons; side arms, razors.

Class 14: Precious metals and their alloys and goods in precious metals or coated therewith, not included in other classes; jewellery, precious stones; horological and chronometric instruments.

Class 20: Furniture, mirrors, picture frames; goods (not included in other classes) of wood, cork, reed, cane, wicker, horn, bone, ivory, whalebone, shell, amber, mother-of-pearl, meerschaum, and substitutes for all these materials, or of plastics.

Class 21: Household or kitchen utensils and containers (not of precious metal or coated therewith); combs and sponges; brushes (except paintbrushes); brushmaking materials, articles for cleaning purposes; steel wool; unworked or semiworked glass (except building glass); glassware, porcelain and earthenware not included in other classes.

Class 24: Textiles and textile goods, not included in other classes; bed and table covers.

Class 28: Games, toys; gymnastic and sporting articles not included in other classes, decorations for Christmas trees”

den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland verweigert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem Zeichen fehle das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. „Cosy & Trendy“ werde vom angesprochenen, durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen inländischen Durchschnittskäufer der hier fraglichen Waren in seiner Bedeutung „behaglich und modisch“ verstanden. Die sloganartige Wortfolge erschöpfe in einem anpreisenden Hinweis auf die Beschaffenheit der so gekennzeichneten Waren. Die mit der Schutzerstreckung beanspruchten Waren folgten in ihrer Form- und Farbgestaltung aktuellen Trends. Wie die Markenstelle im Einzelnen näher ausgeführt hat, sei „Cosy“ als Hinweis auf die bequeme Bedienbarkeit, gute Ergonomie, leichte Pflege und gute Praktikabilität einer Vielzahl der beanspruchten Waren erkennbar. Auch für diejenigen der Waren, die dieser Wortbestandteil nicht unmittelbar beschreibe, stehe die sachbezogene Information derart im Vordergrund, dass die angesprochenen Verkehrskreise . „Cosy & Trendy“ insgesamt nicht als Herkunftshinweis ansehen würden. Die grafische Ausgestaltung des Zeichens begründe schließlich nicht seine Schutzfähigkeit. Die zweizeilige Anordnung der Wörter und die gewählten Schriftarten seien werbeüblich. Auch die verwendete Farbgestaltung und die zwei „&-Zeichen“ dienten der bloßen Hervorhebung und Ausschmückung, nicht aber der Kennzeichnung.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie hält das Anmeldezeichen mit dem Argument für unterscheidungskräftig, dass der Wortbestandteil des Zeichens die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder unmittelbar beschreibe, noch in einem engen sachlichen beschreibenden Bezug zu ihnen stehe. Der angesprochene deutsche Durchschnittsverbraucher werde „Cosy“ keinen spezifischen Begriffsinhalt zuordnen. Zur Schutzfähigkeit verhelfe dem Zeichen jedenfalls seine grafische Ausgestaltung. Ein Freihaltebedürfnis bestehe nicht. Die Anmelderin beruft sich auf Voreintragungen von ihrer Ansicht nach vergleichbaren Drittzeichen.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. August 2011 aufzuheben.


II.

Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der von der Markenstelle geäußerten Rechtsauffassung erschöpft sich der durch die Verbindung mehrerer Bestandteile bewirkte Gesamteindruck der international registrierten Marke „Cosy & Trendy“ unter Berücksichtigung ihres grafischen Zeichenbestandteils nicht in deren bloßer Summenwirkung. Dem Zeichen kann das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Es ist in seiner konkreten Ausgestaltung auch nicht freihaltebedürftig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Gemäß §§ 119, 124, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in Verbindung mit Art. 5 PMMA, Art. 6quinquies B PVÜ war ihm daher der beantragte Schutz in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu verweigern.

1.
Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517 - Linde, Winward und Rado). Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsindentität der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rn. 59 - Libertel; GRUR 2004, 674, Rn. 123 - Postkantoor). Kann einer Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, so entbehrt diese jeglicher Unterscheidungseignung und damit jeglicher Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice). Um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden, reicht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft aus (vgl. z. B. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2008, 1002 Rn. 29 - Schuhpark). In seiner Gesamtheit kann dem Zeichen „Cosy & Trendy“ für die Waren, für welche die Internationale Registrierung Schutz begehrt, das hiernach erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft“ nicht abgesprochen werden.

In ihren bereits durch die Markenstelle nachgewiesenen Bedeutungen „behaglich“ und „modisch“ sind die Wortbestandteile „Cosy“ und „Trendy“ zwar zumindest den angesprochenen Fachverkehrskreisen für Einrichtungen und Einrichtungsgegenstände bekannt, deren Verständnis für sich gesehen für die Frage der Unterscheidungskraft von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (vgl. Ströbele/ Hacker, MarkenG, 9. Aufl., Rn. 81 zu § 8; EuGH GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 50) – Henkel; EuGH GRUR 2004, 674, 677 (Nr. 77) - POSTKANTOOR). Insbesondere das englische Adjektiv „Cosy“ zählt in dieser Branche zu dem den Verkehrskreisen geläufigen, fachlichen Grundwortschatz. Auch das kaufmännische „&“-Zeichen wird im Verkehr lediglich als Synonym der Konjunktion „und“ aufgefasst (vgl. EuGH GRUR-RR 2008, 47 (Nr. 34) – MAP & GUIDE; vorgehend EuG GRUR Int. 2006, 1021 (Nr. 44 – 47) map & guide; BPatGE 24, 235, 239 – E&J; BPatG PAVIS PROMA 29 W (pat) 37/03 – Body & Soul; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl. Rn. 153 zu § 8). Die internationale Registrierung beansprucht Schutz für Haushalts- und Einrichtungsgegenstände sowie Accessoires der Klassen 8, 14, 20, 21 und 24, außerdem Christbaumschmuck, Spiele, Spielzeug, Sport- und Gymnastikartikel der Klasse 28. Angesichts dessen hat die Markenstelle zutreffend festgestellt, das der Verkehr den zur Kennzeichnung dieser Waren verwendeten Wortbestandteil „Cosy & Trendy“ als werbewirksam anpreisenden Hinweis darauf verstehen wird, dass die so gekennzeichneten Waren entweder zu einer behaglichen und modischen Wohnungseinrichtung beitragen können, oder selbst einem aktuellen modischen Trend entsprechen und beim Käufer für Behaglichkeit sorgen.

Unterscheidungseignung und damit Unterscheidungskraft erlangt das Anmeldezeichen für sämtliche Waren und Dienstleistungen allerdings durch die Kombination seiner Bestandteile. Ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis kann durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile erreicht werden, sofern der durch die Verbindung bewirkte Gesamteindruck über die bloße Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgeht und sich nicht lediglich in deren bloßer Summenwirkung erschöpft (vgl. EuGH GRUR 2004, 678, Rn. 98–100 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 39–41 - BIOMILD; GRUR 2006, 229, 230, Rn. 31 - BioID; GRUR 2008, 608 Rn. 45, 69 - EUROHYPO; BGH GRUR 2009, 949, Rn. 13 - My World; BGH GRUR 2011, 65 - 68 – Buchstabe T mit Strich; Ströbele, in Ströbele/ Hacker, MarkenG, 10. Aufl., Rn. 151, 157). Besteht das Prüfzeichen aus mehreren Bestandteilen, darf sich die Prüfung nicht darauf beschränken, ob Eintragungshindernisse hinsichtlich eines oder mehrerer Zeichenbestandteile bestehen. Die Eintragung ist vielmehr nur zu versagen, wenn das Zeichen auch in seiner Gesamtheit die Voraussetzungen eines Schutzhindernisses erfüllt. Damit hängt, auch wenn die Unterscheidungskraft einzelner Bestandteile eines Zeichens zunächst getrennt geprüft werden kann, die Unterscheidungskraft des Zeichens als solches in jedem Fall von einer Prüfung der Gesamtheit ab, die diese Merkmale bilden (vgl. BGH GRUR 2011, 65 – 69, Rn. 10 – Buchstabe T mit Strich; EuGH GRUR 2004, 943 Rn. 28 - SAT 1, m. w. N.).

Entgegen der von der Markenstelle geäußerten Rechtsansicht erschöpft sich das Gesamtzeichen hiernach nicht in einer bloßen Aneinanderreihung beschreibender Bestandteile. Zwar enthält auch dieses Zeichen ihrer Typologie nach übliche Druckbuchstaben mit Schattenwurf. Die zweizeilige Anordnung der Wörter sowie die unterschiedliche Farbgestaltung der in der Wortkombination enthaltenen Zeichenbestandteile und die Verwendung der Farbe Rot für das kaufmännische „&“-Zeichen gegenüber den in Weiß mit schwarzem Rahmen und Schattenwurf gehalten Buchstaben der Worte „Cosy“ und „Trendy“ vermögen für sich allein genommen ebenfalls die Unterscheidungskraft des Zeichens nicht zu begründen (vgl. BGH GRUR 2009, (Nr. 17) – Kinder III; GRUR 2010, 640 (Nr. 17) – hey!; Ströbele/Hacker, a. a. O., Rn. 151 zu § 8).

Ihrer Gestaltung nach eigentümlich wirkt jedoch die Wiederholung des kaufmännischen „&“-Zeichens im Hintergrund des Zeichens. Über eine gebräuchliche Verzierung oder Hervorhebung des Schriftbildes der Wortkombination „Cosy & Trendy“ geht dieses Zeichenelement deutlich hinaus. Der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, der das Gesamtzeichen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, bedarf eines wenn auch kleinen gedanklichen Schrittes, um das verschnörkelt in grauer Farbgebung und teilweise doppelter Linienführung dargestellte, im Zeichenhintergrund angeordnete Symbol im Gesamtgefüge als weiteres kaufmännisches „&“-Zeichen wahrzunehmen. Die gewählte graphische Darstellung verhindert, dass das Gesamtzeichen ohne analysierende Betrachtungsweise - die sich bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens verbietet (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 60, Nr. 24 - Companyline; EuGH GRUR Int. 2004, 635, 638 f., Nr. 44 - Dreidimensionale Tablettenform II; GRUR Int. 2005, 135, 137, Nr. 20 - Maglite; ebenso die st. Rspr. in Deutschland, z. B. BGH GRUR 1995, 269, 270 - U-KEY; BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; BGH GRUR 2001, 162,163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) - ausschließlich im Sinne einer Addition zweier anpreisender Adjektive als „behaglich und modisch“ verstanden wird. Eine Reduzierung auf diesen Sinngehalt wird dem besonderen Charakter der angemeldeten Marke nicht gerecht (vgl. hierzu auch BPatG PAVIS PROMA, 27 W (pat) 92/97 - PRO Comfort; BPatG PAVIS PROMA, 25 W (pat) 145/04 – saTVision; BGH GRUR 2008, 1002 Rn. 29 – Schuhpark; BPatG 26 W (pat) 507/10 - Weingärten - Wir sind die Winzer (noch unveröffentl.); BPatG 26 W (pat) 538/11 - BERLINER RUNDFUNK 91 4 (noch unveröffentl.)). Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung kann „Cosy & Trendy““ das für eine Eintragung notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft daher nicht abgesprochen werden.

2.
Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht einer Schutzgewährung des Zeichens für die Bundesrepublik Deutschland und die beanspruchten Waren ebenfalls nicht entgegen. Das Zeichen besteht nicht ausschließlich aus beschreibenden Angaben, da jedenfalls seine besondere grafische Gestaltung von einer reinen Sachangabe wegführt. In seiner konkreten Ausgestaltung ist es zudem nicht freihaltebedürftig.

Aus diesen Gründen war der Beschwerde stattzugeben.


Dr. Fuchs-Wissemann Reker Dr. Schnurr
Bb

Rechtsgebiete

Markenrecht