Nacherfüllungspflicht des Werkunternehmers

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

05. 05. 2011


Aktenzeichen

VII ZR 28/10


Leitsatz des Gerichts

Ist die Mängelbeseitigung nur auf eine bestimmte Weise möglich, ist der Unternehmer verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und damit untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen (Bestätigung von BGHZ 149, BGHZ Band 149 Seite 289 [BGHZ Band 149 Seite 293] = NJW 2002, NJW Jahr 2002 Seite 1262 = NZBau 2002, NZBAU Jahr 2002 Seite 266).

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 21. Januar 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand


Tatbestand:

[1] Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aus einem Vertrag über den Einbau einer Treppe.

[2] Der Beklagte hatte für den Kläger in dessen Haus im Jahre 1996 eine Buchenholztreppe vom Erdgeschoss zum ersten Obergeschoss errichtet. Im Jahre 2002 führte der Beklagte die Treppe vom ersten Obergeschoss zum Spitzboden weiter. Zwischen den Parteien ist streitig, welcher Werklohn vereinbart wurde. Nach der Grobmontage machte der Kläger Mängel geltend, verweigerte eine geforderte Abschlagszahlung und verlangte Mängelbeseitigung. Der Beklagte verlangte im Oktober 2002 für den vereinbarten Werklohn Sicherheit gemäß § 648a BGB. Der Kläger übergab dem Beklagten deswegen eine Bankbürgschaft in Höhe von 6.648 €.

[3] In einem selbständigen Beweisverfahren stellte der Sachverständige Mängel an der Treppe fest, die im eingebauten Zustand nicht zu beheben seien. Er hielt deswegen eine Wertminderung von 15 % für angemessen. In einem Ergänzungsgutachten stellte der Sachverständige weitere Mängel fest, für deren Beseitigung er einschließlich Ansätzen für Wertminderung einen Betrag von 1.762,04 € für angemessen hielt.

[4] Der Kläger verlangt die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 11.900 €, Herausgabe der Bürgschaft über 6.648 € und Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, die zukünftig entstehenden Kosten im Zusammenhang mit dem Ein- und Ausbau der Treppe zu tragen.

[5] Der Beklagte verlangt mit seiner Widerklage Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 9.400 € Zug um Zug gegen Übergabe der Treppenanlage und der Originalbürgschaft sowie Feststellung des Annahmeverzugs des Klägers. Nach Erhebung der Widerklage erweiterte der Kläger die Klage auf Rückzahlung einer angeblichen Überzahlung in Höhe von 1.850,16 €.

[6] Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 8.847,27 € stattgegeben.

[7] Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers, mit der dieser sein Klagebegehren weiterverfolgt und die Abweisung der Widerklage begehrt hat, zurückgewiesen.

[8] Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger dieses Ziel weiter.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

[10] I. 1. Das BerGer. hält die Klage für unbegründet.

[11] Der Kl. habe den Werkvertrag mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten am 15. 1. 2004 gem. § BGB § 649 S. 1 BGB gekündigt. Er bleibe daher verpflichtet, dem Bekl. in den Grenzen des § BGB § 649 S. 2 BGB die vereinbarte Vergütung zu bezahlen. Ein außerordentliches Kündigungsrecht wegen unberechtigter Verweigerung der Nacherfüllung durch den Bekl. habe dem Kl. nicht zugestanden. Aus dem zwischen den Parteien vorgelegten Schriftverkehr ergebe sich, dass der Bekl. grundsätzlich zur Mängelbeseitigung bereit gewesen sei. Zur Nachbesserung sei es deswegen nicht gekommen, weil der Kl. auf einem Ausbau der Treppe zur Mängelbeseitigung bestanden habe. Dem Unternehmer stehe ein Wahlrecht zu, ob er die geschuldete Nacherfüllung durch eine bloße Mängelbeseitigung oder durch Neuherstellung des Werkes erbringe. Er bestimme grundsätzlich auch die Art und Weise der Nachbesserung. Der Bekl. sei daher berechtigt gewesen zu entscheiden, auf welche Art und Weise er die vom Sachverständigen festgestellten Mängel beseitige. Der Kl. habe ihm durch sein Verhalten diese Möglichkeit genommen.

[12] 2. Die Widerklage des Bekl. hält das BerGer. in Höhe von 8847,27 Euro für begründet.

[13] Da die Parteien keine Einigung über die Höhe der Vergütung erzielt hätten, habe der Bekl. Anspruch auf angemessene Vergütung gem. § BGB § 632 BGB § 632 Absatz II BGB. Nach den Feststellungen des Sachverständigen beliefen sich die Herstellungskosten der Treppenanlage einschließlich des Geländers auf 16 577,32 Euro. Anhaltspunkte für die Anrechnung ersparter Aufwendungen oder anderweitigen Erwerbs i. S. von § BGB § 649 S. 2 BGB bestünden nicht. Von diesem Betrag habe das Erstgericht zutreffend eine Vorschusszahlung in Höhe von 3068,01 Euro sowie eine Teilzahlung von 2900 Euro und Mängelbeseitigungskosten von 1762,04 Euro abgezogen, so dass sich eine Restforderung von 8847,27 Euro ergebe. Weitere Abzüge kämen nicht in Betracht. Auf der Auftragsbestätigung des Bekl. finde sich zwar ein Vermerk, wonach der Kl. am 15. 2. 2000 eine Zahlung von 2644,61 Euro (= 5172,44 DM) geleistet habe. Eine weitere Abschlagszahlung sei jedoch nicht vermerkt. Unabhängig davon, dass der Vortrag des Kl. bezüglich dieser Zahlung nicht schlüssig sei, habe der Bekl. diese auch bestritten und der Kl. hierfür keinen Beweis angeboten. Weitere Zahlungsansprüche wegen der Mangelhaftigkeit der Treppe habe der Kl. schon deswegen nicht, weil er keine wirksame Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe. In sämtlichen Schreiben habe er zum Ausdruck gebracht, dass er nur eine Nachbesserung akzeptiere, bei der die Treppenanlage ausgebaut werde.

[14] II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

[15] 1. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das BerGer. zu Unrecht angenommen, der Kl. sei zu einer außerordentlichen Kündigung des Vertrags nicht berechtigt gewesen.

[16] Nach den Feststellungen des BerGer. hat der Sachverständige in seinem Erstgutachten zusammenfassend festgestellt, dass die von ihm erkannten Mängel der Treppe im eingebauten Zustand nicht zu beheben seien. In der Revision ist mangels anderweitiger Feststellungen des BerGer. davon auszugehen, dass dies der Fall ist. Auf dieser Grundlage sind die Ausführungen des BerGer. dazu, dass der Bekl. die Mängelbeseitigung nicht endgültig verweigert und dem Kl. daher eine Fortsetzung des Vertrags nicht auf Grund des vertragswidrigen Verhaltens des Bekl. unzumutbar gewesen sei, rechtsfehlerhaft.

[17] Wenn die Mängel der Treppe im eingebauten Zustand nicht zu beheben waren, war der Bekl. – so er nicht aus anderen Gründen zur Leistungsverweigerung berechtigt war – verpflichtet, die Treppe zum Zweck der Mängelbeseitigung auszubauen. Es ist zwar grundsätzlich Angelegenheit des Unternehmers, wie er den vertragsgerechten Zustand herstellt. Ist die Mängelbeseitigung jedoch nur auf eine bestimmte Weise möglich, so ist er dazu verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und damit untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen (BGHZ 149, BGHZ Band 149 Seite 289 [BGHZ Band 149 Seite 293] = NJW 2002, NJW Jahr 2002 Seite 1262 = NZBau 2002, NZBAU Jahr 2002 Seite 266 und BGH, NJW-RR 1997, NJW-RR Jahr 1997 Seite 1106 = BauR 1997, BAUR Jahr 1997 Seite 638 = ZfBR 1997, ZFBR Jahr 1997 Seite 249).

[18] Soweit das BerGer. eine Vertragsverletzung des Bekl. verneint, weil der Kl. durch sein Verhalten dem Bekl. die Möglichkeit genommen habe, die Mängel zu besichtigen, fehlt es schon an Feststellungen dazu, wie der Kl. sich verhalten hat und warum dem Bekl., der beim Ortstermin des Sachverständigen anwesend war, nochmals die Möglichkeit der Besichtigung hätte eingeräumt werden müssen. Der Senat kann deshalb nicht beurteilen, inwieweit ein vertragswidriges Verhalten des Kl. dazu geführt hat, dass der Bekl. seiner Verpflichtung, den Mangel durch Ausbau der Treppe zu beseitigen, nicht nachgekommen ist, und inwieweit sich dieses Verhalten bei der Beurteilung der Frage, ob dem Kl. ein außerordentliches Kündigungsrecht zustand, auswirkt.

[19] Dass der Bekl. die Mängelbeseitigung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten gem. § BGB § 635 BGB § 635 Absatz III BGB verweigern konnte, hat das BerGer. nicht festgestellt. Deswegen hat es auch keine Wertminderung ausgeurteilt. Die Feststellungen des LG, auf die das BerGer. nicht Bezug nimmt, sind unvollkommen. Sie lassen unberücksichtigt, dass eine nicht geringe Anzahl von Mängeln vorliegt, an deren Beseitigung der Kl. unter anderem auch wegen der Störung des optischen Gleichklangs mit der bereits vorhandenen Treppe ein erhebliches Interesse haben kann. Die Einordnung des Sachverständigen, der weitgehend nur einen Minderwert angesetzt hat, ist nicht maßgeblich. Sie lässt nicht erkennen, dass sie sich an dem Maßstab des Gesetzes orientiert.

[20] 2. Die Verurteilung des Kl. zur Zahlung von 8847,27 Euro Werklohn kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Vergütung nach § BGB § 649 S. 2 BGB ausgeurteilt worden ist. Handelt es sich – wovon in der Revision nach Vorstehendem zu Gunsten des Kl. auszugehen ist – um eine außerordentliche Kündigung, so steht dem Bekl. nur ein Anspruch auf Vergütung der erbrachten Leistungen zu. Zudem können dem Kl. die Rechte wegen Mängeln dieser Leistung auf Grund der getroffenen Feststellungen nicht deshalb aberkannt werden, weil er den Ausbau der Treppe verlangt hat. Soweit das BerGer. ausführt, der Kl. habe eine Mängelbeseitigung in dem tatsächlich von dem Bekl. geschuldeten Umfang abgelehnt, fehlen jegliche Feststellungen, welche Mängelbeseitigung der Bekl. nach Auffassung des BerGer. schuldet.

[21] a) Die Revision beanstandet darüber hinaus zu Recht die Auffassung des BerGer., die Parteien hätten keine wirksame Einigung über die vom Kl. zu zahlende Vergütung getroffen und daher sei die übliche Vergütung geschuldet. Das BerGer. verweist insoweit auf die Ausführungen des LG. Dieses hat gemeint, die Auftragsbestätigung vom 28. 6. 2002 könne nicht zur Bemessung der Vergütung herangezogen werden, weil sie nach Beginn der Arbeiten erstellt worden sei und keine vertragliche Vereinbarung bezüglich der Höhe der streitgegenständlichen Treppe darstelle (richtig: Höhe der Vergütung für die streitgegenständliche Treppe).

[22] Eine Auftragsbestätigung verliert nicht allein deshalb ihre rechtliche Bedeutung, weil sie nach Beginn der Arbeiten erteilt worden ist. Im Übrigen werden die besonderen Umstände der Auftragsbestätigung, die in der Anknüpfung an den bereits erledigten Auftrag und der erst Jahre später erfolgten Aufnahme des Anschlussauftrags liegen, unberücksichtigt gelassen. Das Schreiben vom 28. 6. 2002 kann, wenn es keine Bestätigung eines bereits geschlossenen Vertrags und auch keine Annahme eines zuvor erteilten Angebots beinhaltete, im Übrigen als Angebot zur Erbringung der darin aufgeführten Leistungen zum dargestellten Preis zu verstehen sein. Ein solches Angebot könnte konkludent angenommen worden sein. Letztlich berufen sich beide Parteien nunmehr auf die Gültigkeit der im Schreiben vom 28. 6. 2002 bestätigten Auftragserteilung. Dass der Kl. dazu zunächst eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, steht einer rechtlichen Würdigung, wonach der Vertrag mit dem Inhalt des Schreibens vom 28. 6. 2002 zu Stande gekommen ist, nicht entgegen.

[23] b) Zu Recht beanstandet die Revision weiter, dass die Berechnung des BerGer. auch insofern fehlerhaft ist, als es eine vom Kl. behauptete weitere Abschlagszahlung von 5144,61 Euro unberücksichtigt lässt. Das BerGer. führt insoweit aus, auf der Auftragsbestätigung vom 28. 6. 2002 sei nur ein Betrag von 2644,61 Euro (= 5172,41 DM) vermerkt. Dabei hat das BerGer. verkannt, dass auf der Auftragsbestätigung ein Betrag von 2644,61 Euro sowie ein weiterer Betrag von 2500 Euro ausgewiesen ist, woraus sich ein Gesamtbetrag von 5144,61 Euro ergibt. Auf diesen Abzugsbetrag hat sich der Kl., gestützt auf den Vermerk des Bekl. in der Auftragsbestätigung, bereits im Schriftsatz vom 19. 7. 2007 in erster Instanz berufen und dies in der Berufungsbegründung wiederholt. Entgegen der Ansicht des BerGer. ist dieser Vortrag schlüssig. Ein Beweisantritt war nicht erforderlich, weil die Zahlung vom Bekl. erst nach der Verhandlung vom 17. 12. 2009 beim BerGer. in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz bestritten worden ist.

[24] III. Danach hat das Urteil keinen Bestand. Es wird aufgehoben und die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückverwiesen. Der Senat macht von der Möglichkeit des § ZPO § 563 ZPO § 563 Absatz I 2 ZPO Gebrauch und verweist die Sache an einen anderen Senat des BerGer.

Rechtsgebiete

Baurecht

Normen

BGB §§ 633, 648, 649