Kein eintöniges Essen auf Kreuzfahrt / Abtretung von Ansprüchen in Reisebedingungen ausgeschlossen

Gericht

AG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

17. 06. 2010


Aktenzeichen

8B C 419/09


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Reisepreisminderung.

Er buchte für sich und die Mitreisende eine Flugpauschalreise, die eine Nilkreuzfahrt von Luxor nach Assuan für die Zeit vom 10.4.2009 bis 17.4.2009 zum Gesamtpreis von 1.928,- EUR bei Vollpension und Unterbringung in einer Doppelkabine beinhaltete. Der Reisepreis enthielt ein Ausflugspaket zum Preis von 330,- EUR.

Mit Schreiben vom 29.4.2009 forderte der Kläger von der Beklagten eine Reisepreisminderung von 30 %. Mit weiterem Schreiben seines Rechtsanwaltes vom 18.5.2009 ließ der Kläger die Beklagte nochmals unter Fristsetzung zum 2.6.2009 zur Zahlung eines Betrages von 578,40 EUR sowie der berechneten Kosten seines Rechtsanwaltes von 83,54 EUR auffordern.

Die Beklagte zahlte nicht.

Der Kläger behauptet, er habe die Reise auf dem 5-Sterne-Schiff, "Nil" gebucht.

Der Speiseplan auf der Nilkreuzfahrt sei eintönig gewesen. Es habe täglich dieselben Speisen gegeben. Ein vegetarisches Gericht, Gemüse, Kartoffeln, Fisch und Desserts seien nie angeboten worden. Es habe täglich nur eine Sorte Nudeln und Reis als Beilage gegeben. Die warmen Speisen seien jeweils nach 30 Minuten alle gewesen und nicht mehr nachgefüllt worden. Wegen jedes Getränkes habe der Kellner gesucht werden müssen. Alle Mängel habe er am zweiten Tag gegenüber dem Reiseleiter gerügt. Dieser habe erklärt, das Essen an Bord könne er nicht ändern. Ein schriftliches Protokoll habe er von dem Reiseleiter nicht erhalten. Nahezu alle Passagiere hätten sich über das Essen beschwert.

Hilfsweise stützt der Kläger seine Ansprüche auch auf die Abtretung sämtlicher Schadensersatz- und Minderungsansprüche gegen die Beklagte durch die Mitreisende gemäß undatierter schriftlicher Abtretungserklärung. …

Die Beklagte macht geltend, für etwaige Ansprüche der Mitreisenden auf Reisepreisminderung sei der Kläger nicht aktivlegitimiert. Der Abtretung dieser Ansprüche stehe das Abtretungsverbot gemäß ihren ARB entgegen, die im Rahmen der Vertragsverhandlungen Vertragsbestandteil geworden seien. ...

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Klage ist nicht begründet.

Der Reisepreis der streitgegenständlichen Reise ist nicht infolge von Reisemängeln gemäß § 651d Abs. 1 BGB gemindert.

Der Kläger ist weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht berechtigt, eine Minderung des auf die Mitreisende entfallenden Reisepreises in Höhe der Hälfte des Gesamtreisepreises geltend zu machen, vielmehr kann er, soweit Mängel vorlagen, nur aus dem auf ihn entfallenden Reisepreisanteil von 964,- EUR, abzüglich des auf ihn entfallenden Preises für das Ausflugspaket, Minderung verlangen. Aus der Buchungsbestätigung der Beklagten ergibt sich nur, dass Reiseteilnehmer der Kläger und die Mitreisende sein sollten, ohne dass erkennbar wird, in welcher Beziehung diese beiden Personen zueinander stehen. Es ist davon auszugehen, dass bei der Buchung seitens des Klägers nicht angegeben wurde, dass er das Angebot auf Abschluss eines Reisevertrages in Vertretung für die Beklagte abgegeben hat, da der Kläger auf dem Standpunkt steht, er allein habe den Reisevertrag mit der Beklagten geschlossen. Nach § 164 Abs.1 BGB ist in diesem Fall auf die Umstände der Buchung abzustellen, wobei es nicht auf den inneren Willen des Erklärenden, sondern darauf ankommt, wie sich die zu würdigenden Buchungsumstände für die Beklagte als Erklärungsempfängerin darstellen. Das Hauptkriterium ist dabei der Nachname. Liegt hier eine Übereinstimmung vor, ist der Schluss auf ein besonderes Näheverhältnis in Gestalt einer verwandtschaftlichen Beziehung gerechtfertigt. Aufgrund einer erkennbaren Nähebeziehung sowie dem Zweck der Buchung - Antritt einer gemeinsamen Reise - liegt dann aus Sicht der Beklagten der Abschluss nur eines Reisevertrages unter Begründung von Rechten des Mitreisenden nach § 328 Abs. 1 BGB nahe, wofür auch die Auslegungsregel des § 328 Abs. 2 BGB spricht. Fehlt es aber, wie im vorliegenden Fall, an einer erkennbaren Nähebeziehung, muss der Veranstalter nach § 164 Abs. 1, S. 2 BGB davon ausgehen, dass der Mitreisende den Anmeldenden mit seiner Stellvertretung beauftragt hat. Allein die Tatsache, dass der Kläger für sich und seine Mitreisende ein Doppelzimmer gebucht hat, reicht zur Annahme einer trotz Namensverschiedenheit bestehenden Nähebeziehung nicht aus. Unter Berücksichtigung der heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse ist das Buchen eines Doppelzimmers für einen Zeitraum von einer oder mehreren Wochen kein Zeichen für eine familienähnliche Vertrautheit. Es ist durchaus üblich, dass Freunde oder auch nur Bekannte in unterschiedlichen Geschlechterkombinationen aus lediglich finanziellen oder praktischen Erwägungen heraus ein Doppelzimmer buchen. Die Angabe nur einer Rechnungsanschrift ist ein bloßes technisches Erfordernis und bedeutet nicht, dass die weiteren Reiseteilnehmer keine eigenen Rechte begründen wollen.

Es liegen danach zwei Reiseverträge vor.

Der Kläger kann die Ansprüche der Mitreisenden auch nicht aus von dieser abgetretenem Recht verfolgen; denn die undatierte Abtretung verstößt gegen das Abtretungsverbot gemäß Ziffer 10.3. der ARB der Beklagten. Nach dieser Klausel ist eine Abtretung von Ansprüchen eines Reiseteilnehmers an Dritte, auch Ehegatten und Verwandte ausgeschlossen. Die Klausel stößt auf keine klauselrechtlichen Bedenken. Der BGH (NJW 1989, 2750) hat die grundsätzliche Zulässigkeit von Abtretungsverboten im Reisevertragsrecht bestätigt. Er hat eine Abtretungsausschlussklausel nur für den Fall für unwirksam erklärt, wenn diese eine Beschränkung auf den Anmeldenden vorsieht, weil sie dann zu einer unangemessenen Benachteiligung führen kann. Eine derartige Beschränkung enthält das streitgegenständliche Abtretungsverbot jedoch nicht. Mit dem Verbot wird keine Beschränkung oder Erschwerung der Rechtsdurchsetzung bezweckt, vielmehr soll es zunächst eine Konzentration von Ansprüchen in der Hand einer Person vermeiden. Die Beklagte hat ein berechtigtes Interesse daran, dass sie ohne größere Schwierigkeiten prüfen kann, ob sie mit dem Anspruchsteller in vertraglichen Beziehungen steht oder nicht. Dieses auf Rechtsklarheit zielende Interesse der Beklagten bei der Abwicklung von Ansprüchen gerade auch im Hinblick auf die Frage, ob die anspruchsanmeldenden Reisenden ihre Obliegenheiten am Reiseort erfüllt haben, wird erfahrungsgemäß erheblich erschwert, wenn durch Abtretungen nur eine Person Anspruchsteller einer Vielzahl unterschiedlicher Ansprüche wird. Hinzu kommt noch die Prüfung der Wirksamkeit der Abtretungen, die erforderlich ist, um sich vor einer weiteren Inanspruchnahme zu schützen, wenn sich eine Abtretung als unwirksam herausstellen sollte. Dass durch ein Abtretungsverbot in dem einen oder anderen Fall eine Zeugenstellung eines Reiseteilnehmers vereitelt wird, steht diesem Interesse nicht entgegen; denn bei Reiseprozessen stehen typischerweise eine Vielzahl von Reisebekanntschaften als Zeugen zur Verfügung.

Die ARB der Beklagten sind unstreitig Bestandteil der Reiseverträge geworden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Reise mit Verpflegungsmängeln behaftet war. Andere Mängel hat der Kläger nicht geltend gemacht.

Zunächst ist davon auszugehen, dass der Kläger ein 4-Sterne-Kreuzfahrtschiff gebucht hat. Den Beweis, dass ein 5-Sterne-Schiff gebucht war, ist der Kläger schuldig geblieben. Die Verpflegung ist daher, was die Auswahl und Darbietung angeht, an einem 4-Sterne-Standard zu messen. Der Kläger hat bemängelt, dass das Essen eintönig gewesen sei. Hiervon kann nach der Überzeugung des Gerichtes aufgrund der Aussage der Zeugin jedoch nicht ausgegangen werden.

Nach der Aussage dieser Zeugin soll das in Büffetform gereichte Essen zwar recht eintönig gewesen sein; an die Speisenfolge und viele Einzelheiten konnte die Zeugin sich jedoch nicht mehr genau erinnern, so dass ein Beleg für diese Wertung der Zeugin fehlt. Aus der Aussage der Zeugin ergibt sich, dass sowohl zum Frühstück als auch zum Mittag- und Abendessen eine vielfältige Auswahl an Speisen geboten wurde. So konnte die Zeugin erinnern, dass es zum Frühstück süße Brötchen, frisch zubereitete Spiegel- und Rühreier sowie frisch zubereitete Crepes mit Puderzucker oder Honig gab. Ob es Marmelade, Nutella, Wurst, Käse, Obst oder Gemüse gab, wusste bzw. erinnerte die Zeugin nicht. Das schließt nicht aus, dass auch diese Frühstücksbestandteile angeboten wurden. Zu Müsli, Cornflakes und ähnlichem befragt, äußerte die Zeugin, es könne sein, dass es das gegeben habe. An Getränken standen zum Frühstück Kaffee, Tee und Säfte bereit. Ein solches Frühstücksbüffet bietet nach der Auffassung des Gerichtes für den Gast eine ausreichende Vielfalt an Wahlmöglichkeiten.

Das Mittags- und Abendbüffet stellt die Zeugin wie folgt dar: Es gab zwei verschiedene Fleischsorten, jeweils mit Sauce, in großen Pfannen angerichtet. Ab und zu gab es Hühnerteile, einmal gab es Calamaris-Ringe in Sauce. Als Beilagen wurden in großen Pfannen Reis und Nudeln gereicht. Es gab auch ein Salatbüffet, bestehend aus ca. 8 Schüsseln mit verschiedenen Salatsorten und wohl 2 Dressings. Als Dessert seien Obst und Kuchen gereicht worden. Es habe mehrere Kuchensorten, ca. 5 bis 6, gegeben. Wenn jemand Geburtstag gehabt habe, sei eine Eistorte gereicht worden. Die Zeugin meinte sich zu erinnern, dass es Suppe gegeben habe. Abends wurden zusätzlich Eier zubereitet und zu den Nudeln gab es Tomatensauce. Außerdem gab es süße Brötchen. Auf dem Tisch stand Tafelwasser, die Getränke musste man beim Kellner bestellen.

Diese Büffets boten nach der Auffassung des Gerichtes eine ausreichende Vielfalt an Wahlmöglichkeiten, so dass von "eintönigem Essen" nicht ausgegangen werden kann. Der Umstand, dass es nach Aussage der Zeugin weder Kartoffeln noch Pommes Frites gab, mag zwar dem Kläger und seiner Mitreisenden nicht gefallen haben; es stellt jedoch allenfalls eine hinzunehmende Unannehmlichkeit dar, insbesondere auch mit Rücksicht darauf, dass diese Beilagen nicht als landesüblich zu bezeichnen sind. Auch dass das Obst - nach Aussage der Zeugin grüne Bananen und fallobstähnliche Äpfel, die ungenießbar erschienen - möglicherweise nicht appetitlich war, stellt sich mit Blick auf die gesamte Speisenauswahl lediglich als Unannehmlichkeit dar, die nicht zur Minderung des Reisepreises berechtigt.

Ihre Aussage, dass ab dem zweiten oder dritten Tag das Essen nicht mehr gereicht habe, weil eine belgische Gruppe dazu gekommen sei, hat die Zeugin selbst relativiert, indem sie ausgesagt hat, sie habe immer genug zu Essen gehabt, der Kläger habe einmal geäußert, dass er gerne noch etwas essen würde, tatsächlich sei nichts mehr da gewesen. Es ist aus dieser Aussage nicht erkennbar, dass der Kläger über dieses eine Mal hinaus infolge nicht ausreichenden Speiseangebotes hungrig geblieben wäre. Zu den behaupteten Servicemängeln ergibt sich aus der Aussage der Zeugin nichts. …

Rechtsgebiete

Reiserecht